Wie kannst du im Dschungel der vielen Herausforderungen dein Leben meistern ohne die Angst vor dem Untergang. Ich gehe davon aus, dass wir Menschen drei Energiezentren haben, die uns zur Verfügung stehen beim Bestehen des Lebens.
Der
Verstand bildet die mentale Ebene. Wir machen dort Pläne, überlegen, grübeln
und sortieren. Im Herzen verorte ich die Gefühlsebene. Dort erleben wir das
Energiezentrum, das uns Impulse gibt von Freude, Angst, Ärger, Trauer und
Scham. Dort tanken wir auf um die Kraft zum Handeln zu bekommen. Vom
Bauchzentrum her gehen wir in die konkrete Handlung, in die Aktion und in die Umsetzung.
Nicht jeder Mensch ist im gleichen Zentrum gleich stark. Du kannst ja einmal
überlegen ob du eher verkopft bist oder stark fühlst oder immer gleich in die
Handlung gehst.
Die Gefahr
besteht nun darin, sich in einem Zentrum zu verlieren ohne sich noch selbst
steuern zu können. Du grübelst zum Beispiel ständig über ein bestimmtes Thema
und nimmst gar nicht wahr, dass dir niemand mehr zuhört. Oder du bist so
traurig über einen Verlust, dass du sehr einsam wirst und dich in dein
Schneckenhaus verkriechst. Oder du landest in eine Art Aktivismus und brichst
vor Erschöpfung zusammen.
Es fehlt
also in meinem Energiemodell noch der Teil, der alles zusammenhält. Diesen Teil
nenne ich den inneren Beobachter oder den Regisseur oder spirituell gesehen das
„Höhere Selbst.“ Wenn du mit deinem Bewusstsein dir vorstellst, dass es für den
Beobachter in dir einen eigenen Ort gibt außerhalb des Körpers kraft deiner
Vorstellung wirst du feststellen, dass er sich unterscheidet von den drei Zentren.
Dort ist es ruhig. Es gibt dort nichts zu tun. Alles ist an diesem Ort in
Ordnung. Es wird dort nicht gewertet. Alles darf, und nichts muss sein. Wenn es
um die Frage geht, was wirklich zählt, dann gehört es unbedingt dazu, dass du
diese Position des inneren Beobachters für dich entdeckst und ausfüllst. Von
dieser Position aus kannst du entscheiden ob du mit dem Grübeln aufhörst, ob es
Sinn macht, jetzt zu handeln und auch, was du mit deinen heftigen Gefühlen
machst.
Von der
Position des Beobachters aus schwemmen dich die Gefühle nicht weg und du
ertrinkst nicht darin, sondern du kannst entscheiden, was du jetzt mit diesen
Gefühlen machst. Bist du die Angst oder fühlst du sie lediglich? Begleitest du
die Trauer oder identifizierst du dich damit? Durchatmest du Wut und zerplatzt
du in dem Gefühl? Du überlässt es nicht einfach den aufkommenden Gefühlen was
geschieht, sondern du wirst zum Surfer deines Lebens.
Zum Surfen
gehören ein paar hilfreiche Grundideen oder Glaubenssätze, die aus der Position
des Beobachters heraus deinem Leben mehr Profil und Tiefe geben. Du erinnerst
dich an den ersten Teil, wo es um die Selbstliebe ging, um die angstfreie
Weiterentwicklung und um die Entscheidung, sich immer wieder zu verbinden.
Heute geht es weitere Impulse, deine Beobachterposition zu stärken.
Rufe in den richtigen Wald
hinein!
Ich traf
einmal eine Frau, die sehr unglücklich war. Sie erzählte mir, dass sie zu ihren
Arbeitskollegen immer nett und freundlich sei. Sie würde alle am Morgen grüßen
und sich am Abend verabschieden. Aber niemand würde höflich zurückgrüßen. Und
wenn diese Kollegen nicht mehr mit ihr reden, dann würde sie auch nicht mehr
mit ihnen sprechen wollen. Der Satz würde nicht stimmen: „So, wie du in den
Wald hineinrufst, so kommt es auch zu dir zurück.“ Sie würde sich immer bemühen,
aber es würde nichts nutzen. Sie könne sich anstrengen so sehr sie wolle.
Dann fragte
ich sie, in welchen Wald sie denn hineinrufe? In den Wald der Kolleginnen und
Kollegen oder in den eigenen inneren Wald. Da stutzte sie einen Moment. Ihr
wurde klar, dass sie gar nicht nach außen rief. Die Kolleginnen nahm sie gar
nicht richtig wahr. Sie blickte in ihren eigenen einsamen, verlassenen und
unfreundlichen Wald. Wie kann ein verdorrter Wald im eigenen Inneren einen
blühenden Wald in der Außenwelt grüßen und glauben, da käme freundlich etwas zurück.
Die Frau
erzählte mir, dass sie über die Jahre hin einsam geworden sei. Sie glaubte
nicht mehr an das Glück an ihrem Arbeitsplatz und überhaupt. Irgendwann
resignierte sie und gab innerlich auf. Ihr wurde klar, dass sie erst einmal
ihren eigenen inneren Wald wiederbeleben muss. Noch war nicht alles verloren.
Wurzeln graben sich tief ein und können längere Zeiten überstehen. Was braucht
der innere Wald, damit er sich lebendig anfühlt und damit er freudig in andere
Wälder hineinrufen kann? Eine gute Portion Selbstliebe! Selbstvertrauen und
Glaube. Ein inneres Wissen, selber die Schöpferin und der Schöpfer des Waldes
zu sein. Der innere Wald lebt oder vertrocknet in der Weise, wie ich es
gestalte. Zu meinem inneren Wald hat niemand sonst einen Zutritt und niemand
trägt die Verantwortung dafür außer mir selbst.
Seitdem
beobachte ich mich verstärkt, wie es denn so ist mit meiner Außenwirkung. Wenn
ich voller Freude durch die Welt gehe rufe ich viel lebendiger und liebevoller.
Es kommt unweigerlich Liebe und Freude zurück. Und wenn mal nichts zurückkommt
macht das nichts. Ich bin ja nicht darauf angewiesen. Um meinen inneren Wald
kann ich mich immer kümmern.
Erinnerst
du dich an die Anfangsfrage im letzten Brief, ob du noch ertrinkst oder schon
surfst? Ein Ertrinkender wird zum Bettler, der schreit, ob ihn jemand rettet.
So wie es Ertrinkende tun müssen. Wenn du surfst muss dich niemand retten. Du
nimmst die Wellen wie sie kommen und gleitest durch das Auf und Ab hindurch.
Dein inneres freies Kind erwacht und lacht und jauchzt. Du brauchst ein gutes
Körpergefühl, ein gesundes Selbstvertrauen und die klare Vorstellung, dass du
das kannst.
So wie du
in deinen inneren Wald hineinrufst, so verlässt es deinen Körper und erreicht
die Welt. Was andere tun kannst du nicht steuern und beeinflussen. Du bist
davon auch nicht abhängig. Du bist nur der Hüter deines eigenen inneren Waldes.
Da kannst du flüstern und rufen. Schmeicheln und flirten. Spaß machen und trösten.
Nicht ohne deine Lieblingsmenschen!
Glücksforscher
haben schon lange herausgefunden, dass ein Mensch nicht allein leben kann. Er
braucht gute soziale Kontakte um sich wohlzufühlen. Du brauchst ein Gegenüber
und schon Martin Buber hat gesagt. Der Mensch wird am Du zum Ich.
Denke an
deine wirklichen Lieblingsmenschen. Verbinde dich jetzt in diesem Augenblick
mit ihnen. Lächle innen und außen und winke diesen Menschen zu. Vielleicht
gehören welche dieser Lieblingsmenschen zu deiner Familie. Vielleicht auch eher
zu deinen Freunden und Freundinnen. Sind männlich und/oder weiblich. Vielleicht
hast du aber auch einen Lieblingsmenschen, der dich gar nicht kennt. Ein
verstorbener Dichter oder eine Schriftstellerin, ein Mensch aus der fernen
Vergangenheit. Oder ein Mensch in deiner Fantasie!
Stell dir
einen Kreis von Menschen vor und du bist ein Teil dieses Kreises. In diesem
Kreis stehen jetzt deine Lieblingsmenschen. Sie alle bekommen jetzt in diesem
Augenblick mit, dass sie deine Lieblingsmenschen sind. Vorher waren sie es auch
schon, aber jetzt sagst du es ihnen. „Hallo mein Lieblingsmensch! Schön, dass
du mit mir in diesem Kreis bist!“ Schau dabei nach und nach jeden einzeln an.
Wenn du diese Menschen gedanklich und gefühlt in deinen Kreis stellst, was
glaubst du, wie du dich fühlen wirst? Einsam? Auf keinen Fall! Es macht dir
deutlich, dass du zu einer Familie gehörst, blutsmäßig oder per Wahl.
Jederzeit
kannst du deine Lieblingsmenschen zu dir einladen oder sie besuchen. Du kannst
das physisch nicht immer, aber gedanklich auf jeden Fall. Du kannst dir dessen
bewusst werden, dass du Lieblingsmenschen hast. Du bist nicht allein. Wenn du
an deine Lieblingsmenschen denkst und dich mit ihnen verbindest wächst dir
Kraft und Freude zu. In der Bibel wird erzählt, dass Gott die ersten Menschen
erschuf. Auch er fühlte sich dann nicht mehr allein sondern hatte ein Gegenüber.
Er konnte so kommunizieren und musste nicht mehr Selbstgespräche führen. Wer
nur mit sich spricht wird wahrscheinlich zum Eigenbrötler. Vielleicht musste
Gott den Menschen erschaffen damit er nicht zu eigenbrötlerisch wird. Auch er
schuf sich Lieblingsmenschen. Wusstest du schon, dass du zu seinem Kreis
dazugehörst? Im Kreis deiner Lieblingsmenschen kannst du dich satt hineinsetzen
und dich ausgefüllt und wohlfühlen.
Und dann
gibt es noch die ganz große Herausforderung. Ich meine die Gruppe der Menschen,
die nicht zu deinen Lieblingsmenschen zählen. Die Gruppe, mit der du nicht
kuschelst. Die aber dennoch wichtig sind für dich. Ich spreche von den
„Entwicklungsmenschen“. Die Menschen, die dich herausfordern. Die dich ärgern.
Die du nicht magst. Die dir fremd sind. Mit denen du Konflikte hast. Um die du
einen großen Bogen machst. Die du auf keinen Fall in den Kreis der Lieblingsmenschen
holst. Alle diese Menschen sind sehr wertvoll für dich. An denen kannst du
wachsen und reifen. Sie sind dein kostbarstes Geschenk. Ohne sie würdest du
einschlafen und dahindümpeln. Du würdest in deiner Kuschelgruppe ersticken. Du
wünschst dir diese Menschen weit weg von dir. Und vielleicht hast du inzwischen
festgestellt, dass dir das nicht gelingt. In der Familie hast du ein schwarzes
Schaf, in der Nachbarschaft diesen penetranten Ordnungsfanatiker. Am Arbeitsplatz
die faule Socke, die sich um jede Arbeit drückt. Manchmal erscheint dir die
Welt voll mit „Entwicklungsmenschen“ und du freust dich auf den Himmel, weil du
dann endlich von ihnen befreit bist.
Irrtum! Du
triffst sie wieder. Alle! Sie sind einfach da. In dieser Welt und in der jenseitigen
auch. Und es wird Menschen geben für die du selbst ein „Entwicklungsmensch“
bist. Die auch hoffen, dich so selten wie möglich zu sehen. Und? Musst du
deshalb weichen? Auf keinen Fall! Du bist ja wichtig für die Weiterentwicklung
dieses dir fremden Menschen.
So wichtig
deine Lieblingsmenschen sind für deinen Kuschelfaktor so wichtig sind auch
deine „Entwicklungsmenschen“.
Falls du
feststellst, dass dir noch ein paar Lieblingsmenschen fehlen und du mehr
„Entwicklungsmenschen“ an deiner Seite hast – herzlichen Glückwunsch. Du nimmst
die Herausforderungen des Lebens ernst. Du willst dich wirklich weiterentwickeln!
Und zugleich genieße es, dass du Lieblingsmenschen haben darfst. Mindestens
einen!
Du gehörst dazu kraft deines
Willens und deiner Entscheidung
Hattest du
in deinem Leben auch die Phase, wo du das Gefühl hattest, nicht zu deiner
Familie dazuzugehören? Dir war völlig klar, dass deine Eltern dich irgendwann
einmal adoptiert und es dir verschwiegen hatten. Du kamst dich so verschieden
vor von deinen Eltern und fühltest dich sehr fremd.
Kennst du
das heute auch noch, dass du dich in deinem Verein umschaust und eine gewisse
Distanz bemerkst? Da sind die anderen und da bist du. Alle lachen über eine
komische Situation und nur du findest es nicht witzig. Du machst dir Sorgen
über irgendein Thema und alle anderen schauen dich befremdlich an. Du bist der
einzige Mensch, der noch raucht oder nicht Vegetarier ist. Du sitzt im Zug und
denkst, dass alle Menschen sich dort fremd sind und niemand mit niemandem
verbunden ist.
Du gehörst
nicht dazu. Die Vorstellung kann sich in deinem Inneren so ausbreiten, dass es
dich völlig isoliert. Oder die Sehnsucht in dich wachruft zu der Welt
zurückzukehren, wo du eigentlich hingehörst. Denn wahrscheinlich bist du ein
verlorener Engel oder bist das Wesen von einem fremden Planeten. Du bist auf
der Erde nur zu Besuch und wirst gleich wieder verschwinden.
Dieses
Gefühl der „Nichtdazugehörigkeit“ ist für mich ein ganz natürlicher Bestandteil
des Erdendaseins. Wir sind ja alle irgendwie nur Gast auf dieser Erde. Wir sind
einmal gekommen und gehen wieder. Wir leben für ein paar Jahre in und mit
unserer Herkunftsfamilie und gehen wieder auseinander. Entweder haben wir eine
gute und erfüllte Zeit miteinander oder auch nicht. Aber wir werden uns auf jeden
Fall eines Tages wieder trennen und neue Menschen finden.
Ich gehöre
zu Tausenden von Welten nicht dazu. Ich fahre mit dem Zug von Hamm nach Berlin
und komme an viele Städte vorbei mit vielen Menschen, zu denen ich nicht
gehöre. Es ist normal, nicht dazuzugehören. Ich gehöre nur manchmal zu etwas
ein wenig dazu. Zu meiner Familie, zu den Menschen in der Nachbarschaft, zu
meinem Freundeskreis, zu meinen Arbeitskollegen. Ein Teil in mir wird immer
auch die Fremdheit spüren können.
Schwierig
wird es, wenn sich die „Nichtdazugehörigkeit“ vertieft hin zu Isolation,
Entfremdung, Depression und Abgetrennt sein. Wenn es dazu kommt dann bist du zu
weit in diesen Pol hineingerutscht. Das tut niemandem gut. Und es stimmt auch
nicht. Denn du gehörst ja dazu.
Und das ist
ganz einfach. Du bist auf dieser Welt und darum gehörst du dazu. Du musst dich
nicht extra anstrengen. So nach dem Motto: „Ach, ich gehöre nicht dazu. Was
müsste ich denn leisten, damit ich es mir verdiene? Soll ich besonders nett
sein? Besonders angepasst oder auffallend humorvoll? Soll ich ein paar Bücher
lesen und schlau werden? Oder mehr aus meinem Äußeren machen?“ Nein, das alles
musst du nicht. Du gehörst dazu, weil du existierst.
Zugleich
darfst du aber auch eine Entscheidung treffen. Auch das macht einen
Unterschied. Du kannst am Tisch sitzen mit deiner Familie und das Gefühl von
Fremdheit hochkommen lassen oder du kannst dich satt hineinsetzen. Du kannst
dich einfach entscheiden dazuzugehören. Wenigstens für diesen einen Augenblick. „Jetzt gehöre ich dazu.“ Du
schaust dich um und dir wird bewusst, dass du mit jedem in der Runde etwas
erlebt hast. Mit jedem in deiner Familie hast du eine Geschichte. Vielleicht
nicht immer eine glücklicher, aber trotzdem eine gemeinsame. Ohne dich hätte
das Ereignis nicht stattgefunden oder ganz anders. Du hast diese Begegnung
einmalig gemacht. Deine Schwester und du, ihr habt euch einmal in die Augen
geschaut und euch gegenseitig wahrgenommen. Und schon gibt es diese
Zugehörigkeit. Du kannst deine Schwester oder deinen Bruder jetzt wieder
anschauen und dich erinnern, dass ihr einen kleinen Abschnitt miteinander
unterwegs wart. Ihr habt einen kleinen Ausschnitt der Weltgeschichte
miteinander geschrieben. Einen winzig kleinen, aber dennoch einen sichtbaren.
Zumindest für euch. Dann gehörst du zu dieser Geschichte dazu.
Du kannst
dich auch in den Zug setzen und an einem ganz bestimmten Tag nach Köln fahren.
Dann gehörst du zu diesem Ereignis der Menschen dazu, die mit dir nach Köln
gefahren sind.
Je länger
du über deine „Nichtzugehörigkeiten“ nachdenkst und dir dessen bewusst wirst,
desto mehr sorgst du dafür, dass ein dazu gehöriges Gefühl sich in dir
ausbreitet. Du erschaffst dir mehr und mehr ein schweres und leeres Dasein. Je
mehr du dir deiner „Dazugehörigkeiten“ bewusst
wirst, desto mehr vergrößerst du das Feld der Daseinsberechtigung. Du entscheidest
also ob du verhungerst oder ob du satt wirst.
Lebe den Raum zwischen allen
Polen
Manche
mögen es eindeutig. Ein klares Nein oder ein klares Ja. Entweder/oder. Schwarz
oder weiß. Ich kann es oder ich kann es nicht. Ich liebe oder ich liebe nicht.
Beliebt ist dann das Bild von der Schwangerschaft, dass ein bisschen schwanger
sein auch nicht geht.
Stell dir
ein Pendel vor. Es schlägt nach beiden Seiten hin aus und erreicht jeweils für
einen Augenblick in voller Höhe die andere Seite bevor es wieder in die andere
Richtung geht. Den größten Teil der Zeit bewegt sich das Pendel jedoch zwischen
beiden Polen.
Es gibt
immer so etwas wie einen Höhepunkt oder einen Gipfel. Das Ziel der Reise. Das
Ja-Wort bei der Trauung. Den Höhepunkt der Show. Den Augenblick wo jemand ein
Geschenk auspackt. Der Tag, an dem das Geld auf meinem Konto landet. Ich kann
mir angewöhnen diesen Moment besonders zu schätzen. Ich kann aber auch dahin
kommen, nur noch solche Augenblicke wahrzunehmen und wertzuschätzen.
Was ist
jedoch, wenn das Geschenk mir nicht gefallen wird? Wenn das Ziel sich als
völlig unattraktiv entpuppt? Wenn das Geld auf dem Konto mich nicht so befriedigt,
wie ich es erhoffte? Es kann passieren, dass ich nur auf wenige Momente im
Leben hin lebe. Immer auf den Moment, wo das Pendel den Wendepunkt erreicht.
Ich müsste ständig jagen nach dem teuersten Auto nach der schönsten Frau oder
dem reichsten Mann. Nach dem besten Restaurant und nach dem günstigsten Supermarktangebot.
Ich käme mir vor wie ein Jäger, der nie zur Ruhe kommt.
Ich
erinnere mich an Exerzitien mit einem Jesuitenpater, der uns instruierte, mit
welcher Entscheidung wir Priester werden sollten. So ähnlich klangen seine
Worte: „Geben Sie sich ganz hin! Machen Sie keine halben Sachen. Gott spuckt
auf Menschen, die ihr Herz nicht ganz öffnen.“ Seine Sprache wurde immer
deftiger. Ich wurde innerlich immer stiller.
Wenn ich
ehrlich bin, dann sehe ich mein Leben eher als eine Ansammlung von Alltag. Ein
wenig Hingabe und viel Routine. Treue zu
den alltäglichen Dingen wie Brot essen und Zähne putzen. Jeden Tag
freundlich sein und das Wetter so annehmen wie es gerade ist. Die völlige
Hingabe an das Leben oder an die Liebe gibt es und es ist auch schön. Aber es
findet nicht 24 Stunden lang statt an jedem Tag. Das Leben ist alltäglich. Sehr
alltäglich! Und noch alltäglicher! Aber – ich kann es wertschätzen. Ich kann es
mögen. Ich kann es erforschen und ich kann darauf neugierig sind. 99 Prozent
der Menschen sind Könige und Königinnen des Alltags, bewegen sich zwischen den
Polen. Sind ein kleiner, aber wichtiger Punkt im Gitternetzwerk aller Menschen
weltweit. Wenn du den Raum zwischen den Polen lebst wird dir kein Augenblick
wertlos erscheinen. Dein Pendel bewegt sich und bewegt sich. Es verändert
ständig ein wenig die Position und du bekommst einen neuen Blickwinkel. Das
Geschenk der kleinen Dinge. Heute trägt deine Rose eine kleine Knospe, die
vorgestern noch nicht da war. Du kannst dich so sehr über diese kleine
Entwicklung freuen, dass dir die völlig entfaltete Rose gar nicht so wichtig
erscheint. Du erlebst das Wunder des Alltags. Das alltägliche Wunder! Und du
kannst dich wiederum dafür entscheiden. Du kannst dich entscheiden, die Peaks
im Leben für nicht mehr so wichtig zu nehmen, sondern dich zu konzentrieren auf
die wundervollen Zwischenräume. Stell dir vor, dass du dich ausdehnst. Langsam
und beständig. So wie das ganze Weltall. Du konzentrierst dich auf das Ausdehnen
und bewohnst mehr und mehr deinen ganzen Raum. Du lässt dich nicht davon
ablenken dass du irgendeinen Pol oder ein Ziel erreichen müsstest. Du konzentrierst
dich auf den Prozess. Auf das Wahrnehmen dessen, was jetzt gerade ist.
Von der
Position des Beobachters aus kannst du beides zugleich machen. Du bist
ausgerichtet auf den Gipfel und den Höhepunkt. Und zugleich bist du mit aller
Kraft im Erleben des Hier und Jetzt zwischen den Polen.
Vielen Dank
für das Lesen meiner Gedanken und dass du meinen Gedanken deine Zeit geschenkt
hast. Was zählt für dich? Was habe ich vergessen? Was wirklich zählt ist ja
eine sehr persönliche Frage. Wenn du dir die Frage stellst und danach handelst
kannst du dir deine Lebenszeit besser einteilen. Du verzichtest vielleicht auf
Überflüssiges und konzentrierst dich auf das Wesentliche. Manche Menschen
können es auf einen einzigen Satz zusammenfassen. Ich kann die Idee von Augustinus
gut teilen wenn er sagte: Liebe und tue, was du willst.
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