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Donnerstag, 26. Februar 2015

Bauernschläue oder vom Umgang mit zeitlichen Zyklen


In der vergangenen Woche wollte ich bei einem Bäcker in Münster eine Dinkelbrot kaufen. Vor mir wurde gerade ein Mann von der Verkäuferin bedient. "Haben Sie es eilig?" fragte er mich. "Sie dürfen ruhig vor mir bestellen."
Die Verkäuferin zögerte nicht lange und bediente mich. Während meine drei Brote geschnitten wurden begann ich mit dem Mann ein Gespräch. Er ging an einem Krückstock und genoss wohl die Unterbrechung seines Alltags am Schreibtisch. Ich erzählte ihm, dass ich als Berater und Lebenslagencoach arbeite worauf er erwiderte, dass er mich in der vergangenen Woche gut hätte gebrauchen können. Unser Gespräch war sehr humorig und er erzählte mir etwas von seiner Schwester. Und darum geht es mir eigentlich jetzt. Sie schreibt ihm also eine Mail und klagt darin ihr Leid. Dann macht er sich Sorgen. Drei Tage später kommt eine erneute Mail mit dem Hinweis, alles ist wieder gut. In seiner Bauernschläue kam er auf den Gedanken, dass er sich seine Sorgen hätte sparen können, wenn er nicht so oft die Mails seiner Schwester lesen würde.
Wenn er also nur alle sieben Tage die Mails liest würde er lesen: "Mir geht es gut!" Das Loch könnte er einfach überspringen. Man würde sich ja manchmal völlig nutzlos Sorgen machen wenn später alles eh wieder gut ist.
Der Mann aus der Bäckerei brachte bei mir die Erfahrung in Erinnerung, dass wir Menschen oft zyklisch in unseren Ereignissen sind. Ich bekomme z.B. immer um Karneval herum eine Grippe. In diesem Jahr um eine Woche verspätet zwar, aber jetzt sitze ich hier mit einer Triefnase.
Ich habe Menschen erlebt, die eine bestimmte Anzahl von Jahren in einer Beziehung sein können und sich dann trennen. Die Zahl sieben ist ein beliebter Rhythmus. Oft sind diese Zyklen unbewusst und es ist spannend, diese zeitlichen Abstände aufzudecken und so möglicherweise zu durchbrechen.
Bist du neugierig geworden auf deine zeitlichen Eigenarten? Wann kaufst du neue Kleidung ein? Wann wechselst du dein Auto? Wann bestellst du deine Ferienwohnung? Und wie geht es dir, wenn du deine Rhythmen nicht einhältst?
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Mittwoch, 25. Februar 2015

Liest du noch die Speisekarte oder isst du schon!


Auf den ersten Blick klingt dieser Satz vielleicht eigenartig. Darum will ich ein paar Sätze dazu schreiben.
Stell dir vor, du gehst mit Freunden in ein Restaurant. Der Kellner heißt euch willkommen und zeigt euch einen Platz, wo ihr sitzen könnt. Ihr setzt euch und der Kellner bringt die Speisekarte. Er überreicht dir sehr freundlich diese Karte und empfiehlt dir auch eine von den Speisen. "Suchen sie vegetarisch? Das finden Sie hier! Und auf dieser Seite stehen die Tagesgerichte! Der Fisch ist heute besonders zu empfehlen!"
Du bedankst dich beim Kellner und dann lest ihr alle die Speisekarte rauf und runter. Ihr tauscht euch aus. "Was nimmst du?" "Ja wie toll, das klingt auch ganz lecker!" Vor deinem geistigen Auge siehst du die toll angerichteten Speisen. Dein Magen ruft: "Hurra!" in seiner unnachahmlichen Art. Dann kommt der Kellner wieder und es geschieht etwas merkwürdiges. Du gibst dem Kellner die Speisekarte zurück und deine Freunde machen es ebenso. Ihr bedankt euch bei dem freundlichen Mann für das Austeilen der Karten, entrichtet eine kleine Leihgebühr und verlasst das Lokal.
"Hä!" wirst du jetzt denken, oder? Das ist doch völlig schräg! Man geht doch in ein Lokal um zu essen. Du liest zwar die Speisekarte, aber das Ziel ist doch das Essen. In meiner Geschichte gibt es aber keine Bewusstheit vom Essen, sondern nur die Bewusstheit einer Speisekarte. Dort werden die Speisen gelesen, aber nicht konsumiert. In meiner Geschichte ist das völlig in Ordnung so. Meine Besucher kennen es nicht anders. Sie gehen in eine Lokal um Speisekarten zu lesen.
Du würdest jetzt vielleicht mit deinem erweiterten Bewusstsein sagen: "Wie schräg ist denn das! Das Eigentliche haben die Gäste doch verpasst. Das Wesentliche kommt erst nach der Bestellung. Es geht um das Essen, das Genießen und das Sattwerden. Vom Lesen wirst du nicht satt!"
Jetzt wirst du vielleicht fragen warum ich diesen Gedanken mit dir teile. Ich möchte dich einladen, diese Geschichte auf dein Leben zu übertragen. Wo liest du noch die Speisekarte und merkst nicht, dass du eigentlich essen dürftest?
Ich wage einmal eine Übertragung. In der Kirche erzählt dir der Pfarrer im Rahmen seiner Predigt etwas über Gott. Er erzählt, dass er gütig ist und dass man ihm vertrauen kann. Er liest dir vor, was in der Bibel steht und erklärt dir, wie du das verstehen kannst. Mit meinen Worten. Er liest eine Speisekarte vor. Aber isst du auch? Du hörst vielleicht etwas über Gott, aber du isst ihn nicht. Du spürst ihn nicht in dir und hast keine Gespür dafür in ihm zu leben. Du bekommst selten eine Anleitung zum "Gott spüren". Gerade in spirituellen Fragen habe ich oft den Eindruck, dass wir alle Speisekarten lesen und gar nicht wissen, dass es ums Essen geht.
Stell dir doch einmal vor, dass die Predigt ausfällt. Der Pfarrer würde sagen: "Herzlich willkommen! Schließe deine Augen und achte auf deinen Atem wie er kommt und geht. Nimm wahr, welche Bilder in dir auftauchen und welche Gedanken entstehen. Hörst du die Stimme Gottes? Was sagt er gerade. Was nimmst du wahr?" Dann - Stille. Zeit zum Wirken! Nach einer Weile lädt der Pfarrer ein zum Teilen: "Wer möchte erzählen, was geschehen ist?"
Auf einmal gäbe es eine Demokratisierung von Religion. Alle würden von den kostbaren Speisen erzählen, die sie gerade gegessen haben. Alle würden merken, dass sie den Sprung geschafft haben vom Lesen der Speisekarte hin zum Genießen der Speisen.
Die Gotteserfahrung ist meine Herzensangelegenheit. Ich weiß nicht, ob dir mein Bild etwas sagt. Vielleicht lässt es sich auch auf andere Situationen übertragen. Du hörst von Musik aber in dir gibt es keine Melodie. Dir erzählt jemand von Farben aber deine Welt ist schwarz und weiß. Du hörst, dass es die Liebe gibt, aber dein Herz bleibt bei der Sehnsucht stehen. Darum noch einmal meine Frage: Liest du noch die Speisekarte oder isst du schon?
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Dienstag, 24. Februar 2015

Hängst du noch an der Nabelschnur oder trinkst du schon aus dem Glas?


Ich erlebe häufig, dass wir als erwachsene Menschen quasi innerlich abrutschen. Gerade noch habe ich völlig erwachsen gedacht und gehandelt und plötzlich fühle ich mich wieder wie ein Kind. Der Abteilungsleiter ermahnt dich, dass du irgendetwas nicht richtig gemacht hast. Du hörst dir die Kritik nicht einfach an, sondern du stellst gleich dein ganzes Leben in Frage. "Was habe ich nur angestellt! Der ist jetzt ganz böse mit mir! Was wird das für Folgen haben?" Wer spricht da in dir, wenn du solche Gedanken hast?
Oder. Du bist glücklich verheiratet. Plötzlich sagt deine Frau zu dir: "Du könntest dich mal wieder schick machen!" Als Mann kommt dir deine Frau dann wie deine Mutter vor: "Zieh dir eine saubere Hose an! Wie siehst du nur wieder aus! Gerade erst habe ich dir eine frische Hose herausgelegt!" Wenn deine Frau sagt: "Du könntest dich mal wieder schick machen!" Und du reagierst mit kränkenden Gefühlen, wer spricht da in dir?
Es ist das kleine Kind. Ganz oft springt das kleine Kind in dir an. Du verlässt die Erwachsenenebene und reagierst wie ein kleines Kind. Darum heute meine Frage: "Hängst du noch an der Nabelschnur oder trinkst du schon aus dem Glas?"
Schnell machst du deine Partnerin oder deinen Arbeitgeber oder die Politiker verantwortlich. Wenn die nur anders wären, dann ginge es mir gut. "Die sind alle so böse zu mir! Das finde ich gemein!" Wer spricht dann aus dir heraus? Du gibst die Verantwortung ab an irgendwelche imaginäre Ersatzeltern. Du suchst dir sozusagen ständig eine Nabelschnur, die dich ernährt. Im positiven wie auch im negativen Sinne.
Wenn du immer und ständig die Verantwortung übernimmst für dich, dann hast du dich von der Nabelschnur abgelöst und nimmst das Glas in die Hand. Nicht dein Chef ist böse, auch nicht deine Partnerin! Die sind wie sie sind! Es kommt darauf an, wie du reagierst. Bleib auf Augenhöhe! So oft und so lange es geht! Und wenn du mal abrutschst auf die Kinderebene dann komm nach einer gewissen Zeit zurück.
Wenn du die Verantwortung für dein Leben übernimmst dann brauchst du keine Nabelschnur mehr und du begibst dich nicht in Abhängigkeit. Du wirst frei!
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Montag, 23. Februar 2015

Ach du grüne Neune!


Ach du grüne Neune! Man weiß es nicht. Wahrscheinlich oder möglicherweise oder eher noch eventuell könnte es möglich sein, dass das Wort von der "grünen Neun" aus Berlin kommen könnte und dass es sich dabei um den Hintereingang eines Lokales handelte welches an der Grünstraße gelegen habe und die Hausnummer neun getragen hätte.
Viel wahrscheinlicher jedoch, so vermutet Wikipedia, handle es sich dabei eher um die Abwandlung des französischen Spielkartenblattes "Pik Neun", die welche, wenn man sie bei einem Wahrsager auf dem Jahrmarkt gezogen hätte, Unglück verheißen könnte. Und diese ursprüngliche schwarze französische Pik Neun könnte sich umgewandelt haben in das deutsche Blatt einer "Gras" Neun.
Noch viel unwahrscheinlicher könnte es sich um einen esoterischen Ursprung drehen. Da ginge es dann um ein Buch aus dem 18. Jahrhundert, längst verschollen, wo sich neun Frauen versammelten aus der lateinischen, griechischen und christlichen Vergangenheit, die gemeinsam den Aufstieg zur mythischen Drei zum Quadrat gefunden hätten, wobei es sich da um einen bildhaften Ausdruck der Erlösung zu Lebenszeiten gehandelt haben könnte.
Herzlichen Glückwunsch! Du hast diesen Text bis hier gelesen! Hast du ihn verstanden? Nein? Ich auch nicht, obwohl ich ihn geschrieben habe. Ach du grüne Neune! Wie bin ich bloß an dieses Wort gekommen? Niemand kennt den Ursprung! Ach du grüne Neune! Die meisten verstehen immerhin, was es bedeutet.

Jetzt stelle ich mir Wörter und Sätze vor, die heute entstehen und deren Ursprung morgen keiner mehr kennt. Dann werden Sätze aus der Werbung Eugen Drewermann zugeschrieben. Oder die Grüne Neune bekommt einen neuen Ursprung. Was zeigt uns die "Grüne Neune"? Wir Menschen sind sehr erfinderisch im Erzählen von Ursprüngen und Geschichten.
Und? Kannst du deine eigene Lebensgeschichte auch neu erfinden? Kannst du sie umschreiben? Vielleicht liest du jetzt noch deine Lebensgeschichte als eine Geschichte der Unterdrückung durch deine Eltern. Mit Hilfe der "grünen Neune" könntest du deine Geschichte verändern. "Meine Eltern versuchten ständig, mich zu besiegen. Bis heute haben sie es nicht geschafft, obwohl sie alles versuchten! Ach du grüne Neune!
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Freitag, 20. Februar 2015

Was kannst du von Programmierern lernen?


Bei meinen Recherchen zum Thema "Grübeln" stieß ich auf die interessante Internetseite von Friedrike Löwe. Auf happyhacker.de schreibt sie unter anderem über das Thema Verantwortung und beschäftigt sich mit Fragen, die ich auch spannend und wichtig finde. Heute schreibt sie einen Gastbeitrag für meine Seite und ich für sie.

Programmierer entwickeln bekanntlich Software. Kann man sich die Techniken der Software-Entwicklung auch für die innere Entwicklung eines Menschen zu Nutze machen? Kann man sich selbst wie Software entwickeln?

Es gibt durchaus einige Parallelen zwischen diesen beiden Arten der Entwicklung. Drei davon möchte ich dir vorstellen:

1. Beteiligte identifizieren
Zu Beginn eines Software-Projekts werden die sogenannten Stakeholder identifiziert. Das sind verschiedene Gruppen von Menschen, die irgendein Interesse an dem Projekt haben. Also z.B. die späteren Anwender der Software, die Support-Abteilung, die Entwickler, das Management...

Eine sehr hilfreiche Frage für die Persönlichkeitsentwicklung ist: Wer ist daran beteiligt? Friedemann Schulz von Thun schreibt über ein „inneres Team“ und meint damit die unterschiedlichen Impulse innerhalb deines Bewusstseins. Besonders deutlich kann man die Existenz des inneren Teams wahrnehmen, wenn man etwas tut und sich dabei über sich selbst ärgert. Dann gibt es also mindestens zwei Teammitglieder, die unterschiedlicher Meinung sind. Einer ist dafür, dass ich das tue (und hat sich offensichtlich gerade durchgesetzt), einer ist dagegen und macht mir nun ein schlechtes Gewissen. An so einer inneren Diskussion können aber auch mehr als zwei Teammitglieder beteiligt sein. Hast du mal darauf geachtet, welche Meinungen, Impulse oder Tendenzen es in dir regelmäßig gibt? Möglicherweise gibt es da ja den inneren Schweinehund, das moralische Gewissen und jemanden, der gerne akzeptiert werden möchte? Nimm dir mal Zeit und schreibe auf, wer sich da regelmäßig zu Wort meldet. Wer bevölkert dein inneres Team?

Eine weiteres Modell, dass dir beim Finden von Beteiligten hilft, sind die Lebensrollen oder auch Lebenshüte. Frage dich, welche Rollen du in deinem Leben aktuell spielst. Bist du Elternteil, Partner in einer Beziehung, Kind, Freund, Schatzmeister, Chef, Klarinettist? Schreibe auch deine Rollen mit auf.

Auch sehr wichtige Personen in deinem Leben könnten deine Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen dürfen, wenn du das erlaubst. Gibt es Personen, die dir so viel bedeuten, dass du für sie bestimmte Entwicklungsschritte machen möchtest? Möchtest du zum Beispiel geduldiger mit deinen Kindern umgehen?

2. Ziele formulieren
Wenn die Interessensgruppen für ein Software-Projekt feststehen, ist die große Frage: Was wollen die Beteiligten? Welche Interessen haben die denn am Projekt? Und welche Interessen haben die höchste Priorität? Aus den Antworten auf diese Fragen werden die sogenannten Anforderungen formuliert, die beschreiben, welche Kriterien die Software später einmal erfüllen soll.

Jetzt könntest du daran gehen und dich fragen, welche Anforderungen die Beteiligten in deinem Leben haben. Welche Anforderungen haben die Mitglieder deines inneren Teams? Welche Anforderungen entstehen aus den Rollen, die du spielst? Welche Anforderungen haben deine Liebsten an dich?

Das kann eine ganz schön lange Liste werden. Deshalb frage dich: Welche dieser Anforderungen möchtest du erfüllen? Welche Wünsche und Träume hast du? Hast du eine Lebensvision? Worauf möchtest du an deinem 80. Geburtstag zurückblicken? Was soll auf deiner Beerdigung mal über dich gesagt werden?

Wenn du die Anforderungen kennst, kennst du deine Ziele und kannst daraus die nächsten Schritte ableiten, die du auf dem Weg dorthin gehen kannst.

3. Regelmäßig Rückschau halten und Anpassungen vornehmen
Wenn es mit der Programmierung dann endlich losgehen kann, wird seit einigen Jahren oft auf einen sogenannten iterativen Prozess zurückgegriffen. Das bedeutet unter anderem, dass die Entwickler in regelmäßigen Abständen einen Schritt zurück treten und sich ansehen, wo sie jetzt stehen. Ist alles gut gelaufen? Gab es Schwierigkeiten? Wollen wir in Zukunft etwas anders machen? Und: Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Und vor allem: Ist das Ziel, das wir mal festgelegt haben, immer noch sinnvoll – oder haben wir vielleicht etwas gelernt, das erfordert, dass wir den Weg oder sogar das Ziel anpassen?

Diese Fragen sollte man sich auch im Laufe seines Lebens regelmäßig stellen. Ein guter Moment dafür ist z.B. der Jahreswechsel. Wie war das letzte Jahr? Bin ich meinen Zielen näher gekommen? Wie ist es gelaufen? Haben sich meine Ziele verändert? Wie will ich von hier aus weiter machen?

Das ist ja alles ganz schön viel Planerei...
Das liest sich so, stimmt's? Ich denke, wem die strategische und voll-organisierte Art der Programmierer nicht so liegt, kann diese Ideen auch spaßiger nutzen: Ich denke da an bunte Mindmaps oder Collagen von den „Stimmen in meinem Kopf“, an Steckbriefen von meinen Lebensrollen, an unverblümte Anforderungssätze, an eine bewegende Grabrede und an eine epische Formulierung und Gestaltung deiner Herzensziele. Worauf wartest du?


Autorin: Friederike Löwe ist Software-Entwicklerin und schreibt auf happyhacker.de darüber, wie du dein Leben in die Hand nehmen kannst, um etwas Großartiges daraus zu machen.

Die Passivität pflegen!


Sei nicht so passiv!
Werde doch mal aktiver!
Du sitzt da nur herum!
Ich habe dir das doch schon so oft gesagt!
Tu endlich mal etwas!
Du bringst mich zur Weißglut!

Du machst mich ganz verrückt!
Wenn ich dich schon sehe, wie du da herumsitzt!
Ist dir denn alles egal?
Muss erste die Welt untergehen, bevor du tätig wirst?
Nur ein mal!
Nur ein mal möchte ich erleben, dass du was machst!
Und nicht nur so herumsitzt!
Wenn jeder das täte!
Wenn alle nur so passiv wären!
Wie würde die Welt dann aussehen!

Ich weiß schon nicht mehr was ich sagen soll!
Ich habe alles versucht!
Ich kann nicht mehr!
Ich gebe auf!
Ich setze mich jetzt hin und komm erst mal zur Ruhe!

So stark verbal würde ich zwar nicht reagieren, aber im Kopf manchmal so oder so ähnlich denken.

Vor einigen Tagen sagte mir jemand: "Ich pflege meine Passivität." Das hat angesichts des aufgeregten Aktionismus durchaus etwas für sich. Manche Dinge erledigen sich von selbst. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Du bleibst in einem erholsamen Entspannungszustand und sparst Adrenalin und Cortisol. Du kannst mehrmals tief durchatmen... und dann noch einmal durchatmen. Und du kannst denken: "Angesichts der Ewigkeit ist dieses Problem doch sehr gering!"

Die Person am Aktionismus-pol provoziert geradezu eine totale Passivität beim Gegenüber. Und jemand in totaler Passivität provoziert umgekehrt den Aktionismus. Interessanterweise sprechen wir aber vom Aktion -"ismus" und nicht vom Passiv-"ismus". "Ismen" haben immer etwas negatives. Sie übertreiben. "Alkoholismus" und "Individualismus" gehören z.B. dazu. Das Wort "passiv" wird nicht mit "ismus" verbunden sondern mit "Ivität". Bei "Ivität" fällt mir ein "Objektivität" oder "Konstruktivität". Vom Wortspiel scheint "Passivität" mit der innewohnenden "Ivität" eher wertschätzend zu klingen. Nun denn, ich pflege jetzt mal die Passivität und beende diesen Text.
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Donnerstag, 19. Februar 2015

Kein Opfer der Liebe sein!


Im Zuge habe ich eine Radiosendung gehört über die indische Religion der Jains. Dort suchen die Eltern für die Kinder den Ehepartner aus. Interessant fand ich den Kommentar des interviewten Mannes dazu. Er sagte: "Das ist ganz gut, dass unsere Eltern den Ehepartner aussuchen. Dann wird man nicht so schnell zu einem Opfer der Liebe!"
Wer seine Partnerin, seinen Partner aussucht kann also schnell zu einem "Opfer der Liebe" werden. Nach unserer westlichen Gedankenvorstellung bedeutet die Liebe doch Freiheit oder nicht? Wir schätzen es, dass wir uns verlieben dürfen und dass die Liebe gelebt wird. Menschen heiraten, weil sie sich von ganzem Herzen lieben und eine große Sehnsucht haben, das Leben miteinander zu verbringen.
Der Mann aus dem Interview kennt dieses Prinzip sicherlich auch. Er sieht, wie die Menschen um ihn herum aus Liebe heiraten. Vielleicht schaut er aber mit einem anderen Blick darauf. Was sieht er wohl? Er sieht vielleicht, dass Menschen sich verlieben. Sie blicken sich an mit der rosaroten Brille. Sie wachen auf und stellen fest, dass die Liebe nicht mehr da ist. Sie fangen vielleicht sogar an sich zu hassen. Aus Liebe wird Abneigung und Hass! Die Liebe verspricht Glück bis in Ewigkeit. Sie zeigt sich wie eine Krake. Bist du in ihren Fängen verschlingt sie dich mit Haut und Haaren. Du wirst zum "Opfer der Liebe". Unser indischer Freund kommt zu dem Schluss: Es ist besser, sich nicht zu verlieben oder diese Form der Liebe zu leben. Am Ende gehst du darin unter.
Ich finde diese Sichtweise gar nicht so verkehrt. Wenn die Eltern die Ehepartner aussuchen, sozusagen ohne Liebe und aus praktischen Erwägungen gibt es nicht die Irrungen und Wirrungen der Liebe. Den Kindern wird viel Unglück erspart. Die erste Liebe setzt sich eh nur zusammen aus Hormonen und rosaroter Farbe. Wenn die verschwindet beginnt die Realität und das eigentliche Leben. Da treffen wir dann wieder unseren indischen Jain, der dieses Kapitel einfach überspringt.
Was lehrt mich das? Die Freiheit der Liebe bleibt für mich ein hohes Gut, muss es aber nicht sein! Das Aussuchen durch die Eltern finde ich nicht so prickelnd, muss aber nicht zwangsläufig schlecht sein.
Ich finde es aber interessant, einmal mit den Jains-Augen einen anderen Blick auf die Liebe zu werfen. Die Erkenntins daraus: Achte drauf, dass du die Liebe lebst und nicht zu ihrem "Opfer" wirst! Zum Opfer wird es, wenn du verkrampft daran festhältst und etwas erzwingen willst was nur freiwillig geht.
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Mittwoch, 18. Februar 2015

Ein Zug fährt nie zu früh ab, oder?!

Ich fahre häufig mit der Bahn. Der Zug kommt leider nicht immer pünktlich. Er kommt eher zu spät und öfter als mir lieb ist. Man könnte sagen, dass die Bahn da sehr unzuverlässig ist. Manchmal ärgere ich mich darüber. Aber nicht oft! Ich habe das schon in meinem Zeitplan einkalkuliert. Die Bahn bekommt von mir die innere Erlaubnis bis zu fünfzehn Minuten. Innerhalb dieses Zeitraumes bleibe ich völlig gelassen. Das sage ich der Bahn jedoch nicht. Sonst strengen sie sich nicht mehr an.

Ich war auf einer Tagung und eine Teilnehmerin erzählte mir auf dem Rückweg zum Bahnhof, dass sie gerne ein paar Minuten eher am Bahnsteig ist. Lieber zu früh als zu spät. Das Gefühl kenne ich auch. Besser etwas früher am Bahnhof sein. Es könnte ja auf dem Weg etwas dazwischen kommen. Du wirst an der Ampel aufgehalten. Du läufst länger als du gedacht hast...

Dabei kam mir ein Gedanke, der mich tief berührte. Ein Zug fährt nie zu früh ab! Wenn die Bahn pünktlich ist, dann rollt der Zug erste los wenn der Sekundenzeiger von der Zwölf wieder auf die Eins wechselt. In meinem ganzen Bahnleben ist nie ein Zug zu früh abgefahren. Die Bundesbahn ist in dieser Frage unglaublich zuverlässig.

Ich stelle mir den Zugführer vor, wie er mit den Füßen scharrt und auf die Uhr schaut. Obwohl er abfahrbereit ist wartet er noch. Sekunde um Sekunde übt er sich in Geduld und wartet, bis der Zeiger sagt: "Jetzt!" Dann geht es los. Nicht vorher!

Dieser Gedanke bringt mich auf die Idee einmal die Menschen in den Blick zu nehmen, die in der Regel unpünktlich sind. Ich habe solche Freundinnen und Freunde. Die beschweren sich manchmal über die Bahn aber selber kommen sie auch immer zu spät. Ich habe aufgehört mich über diese Menschen zu ärgern. Das ist wie mit der Bahn. Wenn du dich über die Unpünktlichkeit ärgerst fährst du doppelte Negativität ein: Die Tatsache der Unpünktlichkeit und deinen Ärger! So viel Macht gebe ich weder der Bahn noch den Freunden, auch noch ärgerlich zu sein. Wie mache ich das?

Nun, ich bewundere meine unpünktlichen Freunde. Ich bewundere sie für die heitere Gelassenheit. Wenn sie kommen und ich demonstrativ auf die Uhr schaue dann bemerken sie meine Geste nicht einmal. Und wenn ich etwas sage kommt die Antwort: "Ach ja? Wirklich?" Dann bewundern sie ausgibig dein Outfit und erzählen von ihrem interessanten Tag. In Wirklichkeit sind die Unpünktlichen genauso zuverlässig wie ich. Sie sind zuverlässig in ihrer Unpünktlichkeit, zuverlässig in ihrer Gelassenheit, zuverlässig in ihrer Freundschaft, zuverlässig in ihrem offenen Zeitmanagement. Sie sind genau betrachtet viel zuverlässiger als ich.

Die Bahn auch! Ich kann mich total darauf verlassen, dass sie nie vor der Zeit abfährt. Das gibt mir ein sehr beruhigendes Gefühl. Ich muss nicht früher am Bahnsteig stehen. Das mache ich zwar weiterhin, weil ich nicht weiß, ob die Zuverlässigkeit der Bahn auch morgen noch bleibt. Ich gehe früher zum Bahnsteig wegen meines guten Gefühles. Und auch wenn die Bahn demnächst nie mehr pünktlich ankommt bleibt meine Welt bestehen. Mein Zug wird zuverlässig nicht vor der Zeit abfahren. Meine unpünktlichen Freunde werden auch mit dieser kleinen Schwäche ganz zu mir stehen.
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Dienstag, 17. Februar 2015

Der wahre Lohn eines guten Werkes liegt stets in diesem selbst. (Ägypten)



Die erste Einseitigkeit: Tue Gutes und rede darüber. Erst das darüber Reden macht die gute Tat wertvoll.

Die zweite Einseitigkeit: Erst wenn mein Werk gewürdigt wird, vielleicht sogar auch mit dem entsprechenden Lohn, erhält es seinen Wert.



Die erste Grundaussage: Ja, es ist wichtig, gute Taten ins Wort zu bringen, sie zu würdigen und entsprechend zu entlohnen.

Die zweite Grundaussage: Ja, im guten Werk selbst liegt der wahre Lohn.


Schlussfolgerung: Wenn du gute Werke schaffst mit dem „Lohn“ der inneren Freude, bist du nicht mehr abhängig vom „Lohn“, der von außen kommt. Der „Lohn“ von außen wird dann zu einer freiwilligen und zusätzlichen Gabe. Das ist dann das Tüpfelchen auf dem I und das Sahnehäubchen für deine Seele. 
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Sonntag, 15. Februar 2015

Einen sorgenfreien Karneval!




Der folgende Text entstand im Rahmen unseres Kirchenkabaretts! Mein Beitrag für die karnevalistischen Tage!

Ich bin ein Sorgenmensch. Das sieht man mir zwar nicht an, aber es ist wirklich so.
Ich bin ein richtiger Sorgenmensch. Ich habe zwar keine großen Sorgen, ich habe ja Arbeit und ein Dach über dem Kopf, also keine großen Sorgen; aber manchmal hätte ich lieber große Sorgen, dann hätte ich die vielen kleinen Sorgen nicht. Die würden halt durch die großen überlagert.

Ich mache mir fürchterlich viele Sorgen, z.B. ob die Butter in der Butterdose am nächsten Morgen noch reicht oder ob ich ein anderes Stück bereitlegen soll;
und wenn ich es bereit legen würde hätte ich Sorge, dass es bis zum Morgen vielleicht ranzig werden könnte. Bei kaltem Wetter entfällt diese Sorge, aber bei heißem Wetter wäre sie da, unausweichlich. Bei kaltem Wetter gäbe es da noch die andere Sorge: ist die Butter noch zu hart? Lässt sie sich noch streichen? Ist sie zu hart – wie früh muss ich sie ins Wohnzimmer stellen, damit sie streichfähig wird. Da ist nur noch die Sorge – eine zu weiche Butter mag ich nicht; sie sollte eher kühl sein; so ein Hauch von Kühle und Frische. Diese Sorge kann mich die ganze Nacht beschäftigen.

Wenn es nur die eine Sorge um die Butter wäre, würde es mir ja noch ganz gut gehen.
Aber da ist auch noch der Kaffee. Wie viel Pulver genau tue ich in den Filter?
Was ist, wenn ich das Maß nicht treffe? Koche ich neuen oder trinke ich eher das Schlabberwasser? Wenn ich die Plörre trinke, wie gehe ich dann in den Tag hinein?
Wer muss dann alles unter meiner schlechten Laune leiden? So wird aus einem halben Gramm Kaffee eine riesengroße Sorge.

Oder das mit der Wurst. Ist noch genug Wurst da? Ist auch ja nicht zu viel Wurst da?
Die geschnittene Wurst sieht so schnell unappetitlich aus. Sage ich der Haushälterin, dass sie weniger Wurst kaufen soll? Was wird sie dann denken? Bin ich denn keine gute Haushälterin? Ich kaufe doch sonst auch immer richtig ein! Das macht mir dann auch wieder Sorge; ich könnte sie verärgern. Wenn ich sie verärgere kocht sie nicht mehr so gut. Vielleicht spuckt sie ja ins Essen. Und wenn ich glaube, dass sie ins Essen spuckt, esse ich ihr Essen vielleicht nicht mehr. Ich müsste sie dann entlassen.
Dann machte ich mir Sorge, dass sie keine Arbeit mehr findet, ihr Haus nicht abbezahlen kann, sich von ihrem Mann trennt und in die Obdachlosigkeit landet – nur wegen einer Scheibe Wurst.

Das sind so meine Frühstückssorgen, jedenfalls ein Teil davon. Ich mache mir auch Sorgen beim Treppensteigen. Gehe ich schnell oder langsam. Gehe ich langsam denken die anderen: Ach jeh, ist der schon alt! Gehe ich schnell, habe ich Sorgen, dass ich zu sehr außer Atem gerate. Dann muss ich schwitzen, ich erkälte mich, ich bekomme eine Lungenentzündung, ich sterbe und habe noch kein Testament gemacht.
Also denke ich, bevor ich eine Treppe hochsteige: Mach zuerst dein Testament.

Dann mache ich mir auch Sorgen um meine Hände. Benutze ich beim Treppensteigen mit ihnen das Geländer oder nicht. Rutsche ich daran hoch oder fasse ich immer wieder neu zu. Wenn ich daran hochrutsche mache ich mir Sorgen, es könnte Blasen geben. Die Blasen könnten sich entzünden. Die Entzündung könnte fortschreiten und die Hand müsste amputiert werden und das, wo ich noch nicht einmal ein Testament geschrieben habe. Oder soll ich lieber immer wieder loslassen und zugreifen.
Dann mache ich mir Sorgen, ich könnte beim Loslassen die Treppe herunterfallen. Oder meine Hände leiden unter möglichen Abnutzungserscheinungen. Vorzeitiges Altern, oder Rheuma oder die Gicht. Gott sei Dank steige ich die Treppe immer erst nach dem Frühstück hoch. So kann ich die Sorgen sinnvoll aufteilen.

Ich habe aber auch berufliche Sorgen. Ich habe viele Sorgen um den Messwein.
Zunächst einmal habe ich Sorge, wie viel Wein die Küsterin in das Kännchen schüttet.
Ist es zu wenig, ist es zu viel? Ist es zu viel – was macht sie dann mit dem Rest?
Schüttet sie ihn weg, oder zurück in die Flasche? Verträgt das dann der Wein?
Die Weinkenner sagen, es schadet! Oder kippt sie es in den Ausguss?
Dann mache ich mir Sorgen um den vielen Wein, der im Laufe der Jahre im Ausguss landet. Vielleicht kann man sich ja eines Tages dafür ein Haus kaufen.
Viel mehr Sorgen mache ich mir jedoch beim Einschütten in den Kelch.
Nehme ich viel oder nehme ich wenig. Ich nehme am liebsten nur einen Schluck, keinen zu großen und keinen zu kleinen; nehme ich einen zu großen Schluck habe ich Sorgen, dass ich mich verschlucke; das wäre mir schrecklich peinlich. Ich müsste husten, ich könnte nicht mehr sprechen, ich könnte sogar die Stimme verlieren und müsste meinen Beruf aufgeben und Handwerker werden, wo ich doch zwei linke Hände habe. Nehme ich wenig, dann habe ich die Sorge, es könnte nicht zu einem richtigen Schluck reichen. Ich hätte dann gar nicht das Gefühl, getrunken zu haben. Und wenn ich nicht getrunken habe, hätte ich die Angst zu verdursten. Das geht dann ziemlich schnell. Ich würde verdursten und hätte noch kein Testament gemacht.
Also etwas weniger als ein halbes Schnapsglas voll; ein angenehmer Schluck.
Doch wie kann ich erkennen, wann es zu viel wird. Manchmal denke ich, ich könnte im Kelch eine Markierung einritzen; dann wüsste ich genau wie viel?
Aber ich traue mich nicht; würde ich es tun, dann hätte ich Sorgen es kämen Metallpartikel in den Wein und ich bekäme eine Metallvergiftung. Daran sind schon viele gestorben.
Ich mach mir aber auch Sorgen um den Tropfen Wasser, der in den Wein kommt.
Ab wann ist ein Tropfen ein Tropfen? Wenn der Tropfen zu groß ist – ist das dann nicht schon ein kleiner Schluck? Im Messbuch steht aber nichts von einem Schluck Wasser, der in den Wein kommt.
Im Laufe der Jahre habe ich den Eindruck, ich kriege das irgendwie schon hin.
Wenn da nicht die Sorgen wären um die großen Messdiener und die Kommunionhelfer.
Alle haben einen unterschiedlichen Schluck. Die vorherige Berechnung für den Kelch macht mir große Sorgen: Wie viele werden daraus trinken, wie viel trinkt jeder einzelne.
Die männlichen Messdiener und die Kommunionhelfer nehmen eher einen großen Schluck. Die weiblichen Messdienerinnen und Kommunionhelferinnen nippen eher.
Aber nicht alle weiblichen Wesen nippen und nicht alle männlichen Wesen nehmen einen großen Schluck. Nehme ich dann lieber ein durchschnittliches Mittel? Aber ist es eher ein kleines oder ein großes durchschnittliches Mittel? Das muss ich alles in dem einen Augenblick entscheiden, wo das Messweinkännchen kommt.
Dazu kommt noch die Sorge, ob der Messdiener mit seiner langen Kutte auch oben heil ankommt; ob dann, wenn er fällt noch genügend Wein da ist. Da ist auch die Sorge, ob die Übergabe klappt. Lässt der Messdiener bei mir angekommen das Kännchen fallen oder lasse ich es fallen, bevor ich eingeschüttet habe.
Ich mache mir auch noch Sorgen um die Fliegen, die in den Kelch fallen könnten;
wie viel trinken sie davon, bevor sie ertrinken. Wie groß muss mein Schluck sein, damit ich die Fliege mitschlucken kann. Verschlucke ich mich dann oder, was viel schlimmer ist;  ist an der Fliege etwas Giftiges – eine Bazille von einem anderen Kirchenbesucher? Ich bekomme eine Grippe oder Speiseröhrenkrebs. Ich könnte daran sterben und dabei habe ich immer noch kein Testament gemacht.

Jetzt habe ich Gott sei Dank eine Lösung gefunden: im Internet – ein Angebot aus Amerika. Dort gibt es die Kommunion in hygienisch abgepackten Einzelportionen, 60 Stück an der Zahl;  auch noch romantisch verpackt: "Rememberence, Individual Communion Wafer and Juices Sets – combination in a two-part container."
Vielleicht denken Sie jetzt, ich bin wohl völlig übergeschnappt. Wenn Sie das denken, macht mir das wieder neue Sorgen; darum habe ich Ihnen das Sorglospaket aus Amerika mitgebracht. Nicht für jeden, das wäre auch übertrieben, jetzt kümmere ich mich um die übrigen Sorgen. Ihnen wünsche ich ein sorgenfreies Leben.

Samstag, 14. Februar 2015

Ohne große Zwischenfälle





Einen Tag nach Altweiberkarneval hörte ich in den Nachrichten am Morgen: Der Karneval verlief ohne größere Zwischenfälle. Ein merkwürdiger Satz. In der Regel bestehen Nachrichten doch aus einem positiven Inhalt. Irgendetwas ist geschehen und nicht: Irgendetwas ist nicht geschehen. Man stelle sich vor, in den Nachrichten hieße es: Angela Merkel ist heute nicht ins Kanzleramt gekommen. Oder: In Norwegen ist heut nichts nennenswertes passiert. Na und? 
Wenn ich Nachrichten höre möchte ich doch wissen, was geschehen ist und nicht, was nicht geschehen ist. Außerdem, woher weiß die Nachrichtenredaktion, dass der Karnevall ohne größere Zwischenfälle abgelaufen ist. Und wenn, ist das dann positiv und sollen wir alle erleichtert sein? Gott sei Dank, es ist niemand gestorben! Man hört doch immer wieder, dass neun Monate nach Karneval die Anzahl der Geburten sprunghaft ansteigt. Dann kommt eine echte Nachricht in den Medien: "Im Oktober sind die Geburten sprunghaft angestiegen". Die Zeugung an Karneval schätze ich als größeren Zwischenfall ein, mit Sicherheit vor allem für die unmittelbar Betroffenen. 
Sucht der Karnevalist nicht geradezu den Zwischenfall? Man stelle sich den Straßenkarneval ganz ohne Zwischenfälle vor. Du begegnest niemanden! Dir fallen keine Kamelle vor die Füße! Dir wird kein Schnaps angeboten! Du schreist dir kein Helau aus der Seele! Dir fällt kein Hut vom Kopf und kein Knopf reißt von den schlecht zusammengenähten Kostümhosen ab! Der Karneval lebt vom Zwischenfall. Du hättest ja sonst nichts zu erzählen am nächsten Tag, am Aschermittwoch, wenn alles vorbei ist. 
Ich wünsche dir einen Karneval mit vielen schönen und humorvollen Zwischenfällen. Mögest du genug Erzählstoff sammeln für die Tage der Fastenzeit. Helau!

Freitag, 13. Februar 2015

Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum. (Mark Aurel)

Über die Welt ärgere ich mich nicht. Ich ärgere mich über Menschen, die viel schwätzen ohne dass ich dazwischen komme. Ich ärgere mich über Menschen, die ständig über das Essen meckern. Ich ärgere mich über die Drängler auf der Straße und über alte Brötchen am Morgen im Hotel.
Bei so manchem Ärger könnte ich jedoch mal einen Moment verweilen. Dann stelle ich fest: Ich schwätze auch oft, ohne dass noch jemand dazwischen kommt. Ich mecker gerne über das Essen, wenn es nicht frisch ist. Und wenn ich ungeduldig bin, dann kann ich auch auf der Straße drängeln. Leider hat mein Polo nicht genug PS um an Schleicher vorbeizukommen.
Um all diesen Ärger kann ich mich gut kümmern. Der Ärger über die Anderen ist zum größten Teil der Ärger über mich selbst. Ich schaue da wie in einen Spiegel und erkenne im Gegenüber mich selbst.
Aber der allgemeine Ärger über die Welt lohnt sich nicht. Mein Ärger verändert leider nichts. Der Welt ist es nahezu egal, was ich von ihr halte. Die Welt ist da wie ist und ich darf mich darin tummeln. Es ist eine schöne Spielwiese sowohl für meinen Ärger als auch für meine Freude. Na denn...!
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Donnerstag, 12. Februar 2015

Liebe für alle!


Vor einigen Tag saß ich im Auto und las an der Ampel den Aufkleber eines Autos vor mir: "Liebe für Alle, Hass für Keinen."
"Liebe für Alle" erschien mir ganz sinnvoll. Aber wieso "Hass für Keinen"? Bei der Recherche stieß ich darauf, dass es sich hier um einen Slogan handelt einer muslimischen Bewegung, die sich Ahmadiyya nennt und sich für den Frieden einsetzt.
"Liebe für alle" gefällt mir! Du achtest jedes Lebewesen auf dieser Welt. Du bist erfüllt von Respekt und lebst in tiefer Verbundenheit mit allen Geschöpfen auf der Erde. Du begegnest mit großem Wohlwollen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Nationalität und Religion. Alle zu lieben ist ein total ausfüllendes Lebensprogramm und beinhaltet, sich mit den eigenen Schattenseiten auseinanderzusetzen, damit Liebe nicht nur ein Wort bleibt sondern auch fließt.
Aber warum "Hass für Keinen"? Wenn ich alle liebe, dann ist doch dieser Satz überflüssig! Er irritiert eher. Zu lieben beinhaltet doch schon alles. Energetisch steht da auf einmal das Wort "Hass" auf der Heckscheibe dieses Autos. Diesen Teil finde ich überflüssig und er erweckt sogleich Hass-Assoziationen nach dem Motto: Das "nicht" denken geht nicht. Das bekannte Beispiel: "Denk mal nicht an einen Elefanten." Das funktioniert auch nicht. Meine Bestätigung fand ich im Internet. es gibt eine Plattform, wo man den anderen Aufkleber bestellen kann. "Hass für alle, Liebe für keinen." Im Denken und Aussprechen des Hasses wird ein Wort in die Welt gesetzt. Sätze und Slogans können schnell umgedreht werden. Vielleicht ist ein solcher Spruch markig, aber nicht immer hilfreich.
Mir fällt da übrigens auch ein Spruch zu ein. Vielleicht gefällt er dir: "Liebe für Alle und Alle für die Liebe!" Es grüßen die drei Musketiere mit viel Energie! Bei einer solchen Bewegung würde ich übrigens sofort mitmachen, ohne Bedenken."Liebe für Alle und Alle für die Liebe!"
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p.s. Musketiere haben nichts mit "Muskeln" und "Tiere" zu tun, sondern kommt aus dem Französischen. Der mit der Muskete ist ein Musketier.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Ein quasi intime Augenblick, die Fortsetzung vom Vortag!


Ich sitze im Zug und bin auf dem Heimweg. Ich sitze wieder einer Frau gegenüber. Deja vu. Das war doch erst gestern. Die Frau mit dem Smartphone. Die da schrieb und lachte und ich der sie beobachtete und beschämt beiseite schaute. Die Frau, die nicht mit den Fingern schrieb, sondern mit dem Gesichtsausdruck.
Jetzt sitze ich wieder im Zug. Dieses Mal sitzt dort eine andere Frau mir schräg gegenüber. Türkische Herkunft? Langes grünes Kleid, Kopftuch in Pink. In der rechten Hand eine Gebetskette. Sie legt die Kette fort und liest ihre Mails? SMS? Ich kann nichts im Gesicht ablesen. Ich wollte mich auch nicht wieder erwischen lassen und ich blicke weg. Dann holt sie aus ihrem Rucksack einen Terminkalender und einen Kugelschreiber. Sie will etwas übertragen vom Smartphone in das Heft. Doch der Kugelschreiber ist defekt. Irgendetwas mit der Feder klemmt. Jetzt kommt Bewegung in das Gesicht. Ungeduld, Ärger, Hilflosigkeit. Sie öffnet die Müllklappe und wirft den Stift weg.
Da öffne ich meinen Rucksack und hole einen Kugelschreiber heraus. Ich reiche dieser Frau mir schräg gegenüber den Stift: "Für Sie! Schenke ich Ihnen!" Mehr nicht. Sie antwortet vielleicht ein wenig verlegen: "Ich habe zu hause einen Stift, nur nicht hier. Danke!" Dann wendet sie sich wieder ihren Eintragungen zu. Wir schauen uns nicht weiter an. An der Haltestelle steige ich aus und unsere Augen treffen sich noch einmal kurz. "Tschüss". 
Was die Frau in Grün mit Kopftuch und Gebetskette nicht wusste war, dass meinem Kugelschreiber eine gewisse Scham klebte. Mein Kugelschreiber für sie hatte etwas zu tun mit der Begegnung vom Vortag. Ich wollte etwas wieder gut machen, obwohl es nichts gut zu machen gab. Vielleicht habe ich am Vortag nur einen Blick gestohlen und musste jetzt wieder etwas zurückgeben.
Ohne die Frau vom Vortag hätte ich meinen Kugelschreiber behalten. Und so gab es zwei intime Momente. Der Augenblick, als ich im Gesicht der Frau das Lachen las und der Augenblick als ich dafür den Kugelschreiber verschenkte.
Warum erzähle ich das? Für mich besteht das Leben im Wesentlichen genau in solchen Momenten des Ungeplanten, des Überraschenden, des Geschenkes. Da taucht auf einmal etwas auf wie der Duft einer Blume oder das Lächeln eines Menschen. Da schaut dich jemand an und es entsteht eine Verbindung. In solchen Augenblicken öffnet sich der Himmel und du weißt, wer du eigentlich bist. Und du du weißt es ohne Worte und es ist ein tiefes inneres Wissen wie ein großes "Ja".
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Dienstag, 10. Februar 2015

Ein quasi intimer Augenblick!


Ich sitze im Zug. Mir gegenüber sitzt eine Frau, die sich in ihr Smartphone vertieft hat. Sie schreibt mit den Daumen was das Zeug hält. Und ich? Ich lese mit! Warum nicht, was soll ich sonst machen?
Was schreibt sie? Das kann ich nicht lesen, ich sitze ihr ja gegenüber. Der Blick auf dem Display ist mir verstellt.
Aber ich lese! Ich lese in ihrem Gesicht. Sie runzelt die Stirn. Sie beißt sich auf die Lippen. Sie fährt mit der Zunge darüber. Sie verzieht die Lippen langsam zu einem Lächeln. Sie grinst! Jetzt lächelt sie wieder, dieses mal etwas hintersinnig! Sie wirkt konzentriert.
Sie macht eine Pause beim Schreiben und liest wohl ihren Text noch einmal durch. Und wieder! Ein Lächeln, ein Lachen, ein Grinsen, etwas Koboldhaftes in den Augen! Und dann?
Dann schaut sie auf! So ganz plötzlich! So Unerwartet! Sie blickt mich kurz an! Nur den Hauch einer Sekunde!
Sie hat mich erwischt! Erwischt auf frischer Tat! Ich schaue ganz schnell weg und tue so, als sei nichts gewesen. Ich schäme mich! Zumindest ein bisschen! Ich sage mir, dass ich die Nachricht ja gar nicht gelesen habe, dass ich gar nicht weiß worum es geht. Und dass ich die Frau gar nicht kenne! Dass mich das Ganze ja auch gar nichts angeht!
Und doch, ich war Zeuge! Ich war Zeuge eines intimen Momentes des Grinsens, des Lachens und einer diebischen und koboldhaften Freude. Und mir wird klar, warum ich einfach an diesem Gesicht kleben musste. Ich mag diese Art von Freude und kann ihr einfach nicht widerstehen!
Und jetzt? Jetzt habe ich die gleiche diebische Freude weil ich mir vorstelle, dass du diesen Text liest und mir zustimmst: "Das kenne ich auch!" 
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Montag, 9. Februar 2015

Ich und die Polizei!


Ich und die Polizei
Schon der Gedanke löst etwas in mir aus
Ich will es nicht
Aber es kommt fast sofort
So ein Gefühl
Und ein Gedanke
Viele Gefühle
Viele Gedanken

Erwischt
Ich bin es nicht gewesen
Ich habe nichts gemacht
Ich tauche ab
Ich werde unsichtbar
Bloß nichts falsch machen
Das wird teuer
Das ist verboten
Das wird bestraft
Das war doch nicht so schlimm
Nicht einmal eine Straftat
Nur eine Ordnungswidrigkeit
Sei bitte nett zu mir

Ihre Papiere bitte
Die habe ich nicht dabei
Die habe ich nie dabei
Das sag ich aber nicht der Polizei
Die setzen noch eins drauf
Noch mehr Strafe
Noch mehr Beschuldigungen

Lass den Streifenwagen an mir vorüberziehen
Schau in die andere Richtung
Du hast doch wohl keine Angst vor der Polizei
Dein Freund und Helfer
Die tun doch nichts
Die machen auch nur ihren Job
Alles halb so schlimm

Sag das mal der Angst
Das sind nur Sätze für den Kopf
Wer beschützt mich

Du merkst, ich vermeide schon die Punkte, die Fragezeichen und die Ausrufezeichen. Bis hinein in die Satzzeichen werde ich vorsichtig. Was ist die Geschichte zu diesem Bild? Wo liegen die Wurzeln dieser Erfahrungen?
Ach ia, ich ahne schon! Das sind die Eltern, die Lehrer, die Pfarrer, der Gott. Je nachdem wie du dich verhältst holen sie die Uniform raus. "Bist du auch lieb gewesen? Da steigen alte Kindheitserinnerungen auf und du kannst sie nicht einfach abschütteln wie einen Spritzer Wasser.
Tief durchatmen! Annehmen! Hineingehen! Sich daneben setzen!
Ich und die Polizei. Das nächste Mal "vergesse" ich meine Papiere und wenn die Polizei mich anhält und danach fragt werde ich sagen: "Danke, dass Sie da sind, damit ich meine Polizeiphobie mit Ihrer Hilfe therapieren kann."
So nebenbei! Eine merkwürdige Frage, die Erwachsene die Kinder fragen: "Bist du lieb gewesen?" Was soll sich ein Kind da vorstellen. Wann ist man lieb? Woran würden Eltern das merken? Und wieso "gewesen"?
Wäre es nicht gut immer in der Liebe zu sein? Wenn du in der Liebe bist dann erfährst du Bestätigung, Zuwendung, Ermutigung und Stärkung. Wenn Eltern fragen "Bist du lieb gewesen?" dann wollen sie wissen ob du nichts angestellt hast und ob du dich richtig verhalten hast. Viel schöner fände ich die Frage von Eltern an die Kinder: "Na, bist du in der Liebe?" Das eröffnet einen neuen Horizont. Wenn das Kind nicht in der Liebe ist kann ich fragen was es dafür bräuchte. Wenn es in der Liebe ist, dann ist eh alles gut!

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