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Dienstag, 10. Februar 2015

Ein quasi intimer Augenblick!


Ich sitze im Zug. Mir gegenüber sitzt eine Frau, die sich in ihr Smartphone vertieft hat. Sie schreibt mit den Daumen was das Zeug hält. Und ich? Ich lese mit! Warum nicht, was soll ich sonst machen?
Was schreibt sie? Das kann ich nicht lesen, ich sitze ihr ja gegenüber. Der Blick auf dem Display ist mir verstellt.
Aber ich lese! Ich lese in ihrem Gesicht. Sie runzelt die Stirn. Sie beißt sich auf die Lippen. Sie fährt mit der Zunge darüber. Sie verzieht die Lippen langsam zu einem Lächeln. Sie grinst! Jetzt lächelt sie wieder, dieses mal etwas hintersinnig! Sie wirkt konzentriert.
Sie macht eine Pause beim Schreiben und liest wohl ihren Text noch einmal durch. Und wieder! Ein Lächeln, ein Lachen, ein Grinsen, etwas Koboldhaftes in den Augen! Und dann?
Dann schaut sie auf! So ganz plötzlich! So Unerwartet! Sie blickt mich kurz an! Nur den Hauch einer Sekunde!
Sie hat mich erwischt! Erwischt auf frischer Tat! Ich schaue ganz schnell weg und tue so, als sei nichts gewesen. Ich schäme mich! Zumindest ein bisschen! Ich sage mir, dass ich die Nachricht ja gar nicht gelesen habe, dass ich gar nicht weiß worum es geht. Und dass ich die Frau gar nicht kenne! Dass mich das Ganze ja auch gar nichts angeht!
Und doch, ich war Zeuge! Ich war Zeuge eines intimen Momentes des Grinsens, des Lachens und einer diebischen und koboldhaften Freude. Und mir wird klar, warum ich einfach an diesem Gesicht kleben musste. Ich mag diese Art von Freude und kann ihr einfach nicht widerstehen!
Und jetzt? Jetzt habe ich die gleiche diebische Freude weil ich mir vorstelle, dass du diesen Text liest und mir zustimmst: "Das kenne ich auch!" 
www.matthias-koenning.de


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