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Mittwoch, 31. August 2016

Von der Pflicht zur Kür!


Beim Eislaufen und beim Tanzen gibt es zwei Programme. Es gibt die Pflicht und es gibt die Kür. Dein Leben teilst du manchmal auch so ein. Die verfplichtende Arbeit und die Freizeitkür. Beide kämpfen häufig miteinander. Die Pflicht hat die Angst, nicht erfüllt zu werden und die Kür hat die Sorge, dass die Freude zu kurz kommt.
Am Morgen schaust du in der Regel auf den Tag und überlegst, was du alles erledigen musst. Unter erledigen verstehe ich die Vorstellung, dass wir bestimmte Pflichtaufgaben haben. Von diesen so genannten Pflichten kommen einige zusammen. Essen zubereiten, einkaufen, putzen, aufräumen, waschen usw. Manchmal arbeitest du dich durch diese Aufgaben und hakst in Gedanken ab, was du geschafft hast. Das Wort "erledigen" drückt dabei eine Menge aus. Am Ende bist du erledigt und erschöpft von deinen Pflichten. Du freust dich auf deine freie Zeit und lebst in der Dualität, im Gegensatz von Arbeit und Vergnügen.
Wenn du das Wort "erledigen" nun ersetzt durch "gestalten" betonst du deine Freiheit und deine Kreativität. Du entscheidest, was du machst und wann du es machst. Du entscheidest auch, ob du es mit Liebe tust oder mit Widerwillen. Du kannst die Aufgaben so gestalten wie Kinder ihre Spiele spielen. Der Tag ist ein Geschenk und darfst ihn für dein Vergnügen mit Inhalt und Freude füllen.
In der Bibel wird die Geschichte von Adam und Eva im Paradies erzählt. Vor dem "Sündenfall" mussten sie auch im Garten arbeiten, aber sie vergnügten sich. Nach dem "Sündenfall" verwandelte sich der Tag in Mühsal und Plage. Ob es Mühsal und Plage ist oder Freude, Siel und Vergnügen - diese Entscheidung findet in deinem Kopf und in deinem Herzen statt.
Je bewusster du den Beginn des Tages beginnst und in den Tag hineinmeditierst, desto eher hast du die Chance, die lebensfrohe Seite in den Blick zu nehmen. Vielleicht geht das nicht zu hundert Prozent, aber vom Grundsatz her ist eine Veränderung immer möglich.
Letztlich geht es wirklich um die Kunst, Pflichten in Küren zu verwandeln und am Ende die Dualität aufzuheben. Mark Twain erzählt von Tom Sawyer, der aus Strafe einen Zaun streichen "muss". Da müssen verwandelt er in ein Privileg und lässt alle Freunde und Bekannte dafür bezahlen, dass sie auch ein Stück Zaun streichen dürfen. Wer über den Dingen oder sich außerhalb stellt kann das Leben neue erfinden.
Vom Ende des Lebens her betrachtet hören ja mit dem Tod alle Pflichten auf und es beginnt die Kür des Himmels. Wenn du in diese Kür nicht eingeübt bist und nur die Pflichten kennst, wie wirst du den Himmel genießen können? Stell dir vor, dass Petrus dich an der Himmelspforte begrüßt und dich gerne an diesen Ort willkommen heißt. Du gehst dort auf und ab und brauchst nichts zu tun. Du darfst da sein und genießen. Innerlich jedoch treibt dich eine gewisse Unruhe voran und dir wird bewusst: Du suchst die Pflichten. Du kannst nicht ohne sie auskommen! Dann gehst du zu Petrus und erzählst ihm von deinem Leiden. Dieser antwortet dann: "Ah, alles klar. Du hast dich nur vertan! Du wolltest eigentlich in die Hölle! Die befindet sich ein Stockwerk tiefer!"

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Dienstag, 30. August 2016

Die Schuld bei anderen suchen, warum nicht?

Plagt dich auch manchmal das schlechte Gewissen?
Du hast nicht aufgepasst. Du hast dich nicht genug gekümmert. Du hast etwas nicht richtig gemacht. Du warst zu früh oder zu spät. Du hast nicht das Richtige angezogen. Du hast einen vergesslichen Eindruck gemacht. Du warst nicht ganz da. Du hast etwas vergessen. Gefällt dir meine Liste? Kannst du noch was hinzufügen?
Ich könnte stundenlang weiterschreiben. Da meldet sich ständig diese überflüssige Simme in mir, die mich ermahnt und erinnert. Ich kann sie manchmal nicht ertragen. Sie zeigt mit dem Finger auf mich und sagt mir mit strengen Augen: "Du bist schuldig!" Ja, ich trage die Schuld, dass etwas nicht mehr funktioniert, dass meine Familie unglücklich ist, dass es nicht bei der Arbeit läuft. Ich trage die Schuld! Wer möchte schon mit Schuld und Schulden herumlaufen. Wer Schulden hat, muss zurückzahlen. Der erhobende Zeigefinger droht nämlich weiter: "Mach das nie wieder! Mach das schön wieder gut! Sonst..." Klar möchte ich keine Folgen tragen, nicht ausgeschlossen werden. Ich möchte nicht aus dem Paradies verbannt werden. Die Stimme in mir hört aber erst auf, wenn ich mich entschuldige, wenn ich etwas wieder gut mache. Schrecklich! Sie hört nicht einmal auf, wenn alles wieder gut ist. Da bleibt der drohende Zeigefinger mit dem "nie wieder!"
Da lese ich auf der Spruchkarte: "Man muss die Schuld auch mal bei anderen suchen." Das ist doch wirklich mal eine Entlastung. Warum immer ich? Jeder trägt doch etwas zum Geschehen in der Welt bei. Warum nicht die anderen! Wenn die Schuld haben, bin ich befreit! Super! Die anderen haben sich nicht genug gekümmert. Die anderen sind nicht richtig. Was habe ich damit zu tun!
Eine schöne Abwechslung! Dennoch beschleicht mich der Gedanke nach einer Alternative. Ein Leben jenseits von Schuld und schlechtem Gewissen. Schulden müssen zurückgezahlt werden. Da klebt ein Gewicht an mir oder an anderen. Da muss etwas ausgeglichen werden. Sonst stimmt die Welt nicht. Ich plädiere für einen Schuldenerlass. Grundsätzlich. Jeden Tag wieder neu. Durch ein Wort bin ich sie los. Ich spreche dich frei von allen Schulden. Ich mich selbst auch. Mache ich einfach. Du sprichst dich auch frei. Dann ereignet sich das Wunder und wir leben wie Adam und Eva am ersten Tag im Paradies.
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Montag, 29. August 2016

Genug ist genug!


Ich war eingeladen zu einem Essen. Die Frau des Hauses bot mir gerne von dem leckeren und reichhaltigen Mahl an. Irgendwann war ich satt und bedankte mich als mir die Schüssel gereicht wurde. "Schade, aber ich kann nicht mehr." "Vielleicht doch noch ein wenig?" "Nein, wirklich nicht mehr." "Nicht doch noch einmal, es schmeckt Ihnen doch so gut!" "Nein wirklich nicht!" Ich wurde zusehends ärgerlicher. Konnte sie mich nicht verstehen? Wollte sie mich freundlich zwingen? Konnte sie nicht mein Nein akzeptieren?
Bei mir gibt es eine Grenze und die heißt: "Genug ist genug." Irgendwann ist es einfach genug. Ich möchte nicht mehr. Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr. Zu einer bestimmten Uhrzeit möchte ich ins Bett und irgendwann kann ich nicht mehr zuhören. Für ein bestimmtes Produkt möchte ich nicht mehr Geld ausgeben und diesen Pullover will ich nicht mehr anziehen, weil er kratzt. Genug ist genug!
Kennst du deine Grenzen? Kannst du das auch deutlich ins Wort bringen. Mit Entschiedenheit sagen: Nein, ich möchte nicht! Bist du bereit, die Ablehnung in Kauf zu nehmen? Das wäre vielleicht der Preis, den du zahlen müsstest. Dabei finde ich das völlig selbstverständlich. Ich glaube, dass wir zu oft über unsere Grenzen hinaus gehen und nicht mehr wahrnehmen, wann es genug ist.
Dabei sagt es ja schon das Wort. Genug heißt ja, dass es für mich eine ausreichende Menge ist. Ich bin von dem jetzt satt. Mein "Topf" ist voll. Mehr geht nicht rein. Manche Menschen haben jedoch Angst vor dem Mangel. Es könnte ungenügend sein. Lieber zu viel als zu wenig. Manche muss man ja auch zu ihrem Glück zwingen, weil sie so bescheiden sind.
Es gibt ja zwei Seiten. Die eine Seite kann nicht nein sagen und die andere Seite überschreitet die Grenzen. Beide könnten an sich arbeiten. Lebst du ausgewogen? Kannst du ein Nein akzeptieren ohne gekränkt zu sein? Kannst du selber nein sagen und dennoch kein schlechtes Gefühl haben? Ich wünsche dir ein gutes Maß an Fürsorge mit dir und mit den anderen.
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Freitag, 26. August 2016

Die Ros ist ohn warum...



Angelus Silesius schrieb folgenden Vers im  „cherubinischen Wandersmann“
„Die Ros ist ohn warum; sie blühet, weil sie blühet,
Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.“
Die Rose ist einfach da. Sie fragt nicht, wie sie wirkt, was andere über sie denken. Bin ich schön genug? Genüge ich? Bin ich richtig? Sie fragt nicht, warum sie auf der Welt ist und wohin sie geht, wenn sie verblüht. Das macht sie frei, einfach nur zu sein.
Wenn du dich mit der Rose vergleichst, was kommt dir da in den Sinn? Gelingt es dir auch, so unbeschwert da zu sein? Oder stehst du schon am Morgen vor dem Kleiderschrank und überlegst, was du dir anziehen sollst und wie es dir steht? Fragst du dich, was die anderen über dich denken, wenn du dieses trägst, jenes sagst und etwas anderes wiederum tust? Bist du frei und unabhängig in deinem Denken, Fühlen und Handeln?
Die Ros ist ohne warum. Sie ist! Mach es der Rose gleich!

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Donnerstag, 25. August 2016

Freundschaft ist das Seil das hält, wenn alle Stricke reißen!

Da gibt es die Angst davor, dass alle Stricke reißen, nicht wahr? Ein Seil besteht ja aus vielen einzelnen Stricken. Schön, wenn das ganze Seil ein Leben lang hält. Aber manchmal löst sich ein Faden. Das Seil wird älter und brüchiger und muss so einiges aushalten.
Über weite Strecken passt du auf dein Lebensseil gut auf. Du kümmerst dich um dein Leben und übernimmst Verantwortung für Familie, Beruf, Hobbys, ... Manchmal jedoch wird es dir zu viel. Oder es passt nicht mehr. Oder dir fehlt die nötige Kraft. Je älter du wirst, desto deutlicher wird dir, dass dein Seil eines Tages reißen wird. Spätestens auf dem Sterbebett. Eines Tages reißen deine Stricke. In dem Spruch heißt es nun: "Freundschaft ist das Seil das hält, wenn alle Stricke reißen." Wie schön, wenn es etwas gibt außerhalb deines Stricksystems. Etwas, das alles überdauert und alles trägt, sogar die Trennung und den Tod. Hast du einen Menschen an deiner Seite, der diese Qualiät besitzt?
Hättest du gerne so jemanden? Oder empfindest du das auch als eine Überforderung?
Vielleicht erfährst du das als Geschenk. Dann freue dich und sei dankbar dafür. Was zeichnet die Freundschaft aus, die stärker ist als jeder Teil eines Strickes? Mein Gedanke geht zur Freundschaft mit mir selbst. Wenn alle Stricke reißen, was bleibt? Die Freundschaft mit mir selbst wird noch länger dauern als die Freunschaft mit irgendeinem Menschen. Ab einem bestimmten Abschnitt im Leben gehst du allein. Da ist est gut, mit sich selbst gut Freund und Freundin zu sein, nicht wahr?
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Mittwoch, 24. August 2016

Ich werde Schattenküsser!

Es gibt Eingschaften und Fähigkeiten, die du an dir magst.  Die Seite in uns, die wir nicht anschauen mögen, die wir verleugnen, verdrängen oder bekämpfen nennen wir Schatten.
Wir schauen auf unseren dicken Bauch und mögen uns so unförmig nicht leiden. Wir wären gerne schlanker. Damit wir den dicken Bauch nicht ansehen müssen tun wir so, als sei er gar nicht vorhanden.
Du ärgerst dich über deine Unpünktlichkeit und deine Unfähigkeit, deinen Tag ordentlich zu strukturieren und zu planen. Diese Seite an deiner Persönlichkeit magst du überhaupt nicht und wenn dich jemand auf deine Unpünktlichkeit hinweist, dann gehst du hoch wie eine Rakete.
Welche deiner Schattenseiten sind dir vertraut? Wenn du Vorsätze für das neue Jahr gefasst hast, dann beschäftigst du dich gerade mit einem Teil deiner Schattenseiten. In diesem Augenblick sind sie dir schon bewusst geworden und aus dem Schatten in das Licht getreten. Sie sind dir zwar bewusst, aber du magst sie nicht. Du magst nicht deinen dicken Bauch und und magst nicht deine Unpünktlichkeit.
Aber, diese Seiten sind dir jetzt bewusst. Sie sind im Licht und nicht mehr im Schatten. Wenn du deine Vorsätze nicht erfüllst dann kann das ein Zeichen sein, dass du deinen Schatten wieder aktiviert hast. Darum meine Idee für den Umgang mit dem Schatten: Küsse ihn!
Den Schatten magst du nicht, aber er gehört zu dir. Es ist ein Teil deiner Persönlichkeit. Du wünschst dir ja auch sonst von allen deinen Freunden und Freundinnen und deiner Familie, dass sie dich so annehmen, wie du bist. "Liebe mich doch so, wie ich bin!" Die Schattenseiten gehören zu dir wie alle anderen Seiten, die du magst.
Wie wird mit den "schwarzen Schafen" in deiner Familie umgegangen? Werden sie ignoriert, ausgegrenzt oder beschimpft? So, wie du mit den "schwarzen Schafen" im Außen umgehst, wirst du vermutlich auch mit den "inneren schwarzen Schafen" umgehen. Die "inneren schwarzen Schafe" gehören zu dir, sie sind ein Teil von dir. Wenn du sie gut behandelst, behandelst du dich insgesamt gut.
Den Schatten zu küssen ist mehr, als ihn nur anzunehmen. Im "Annehmen" kommt eher zum Ausdruck, dass du mit Anstrengung und ein wenig Widerwillen dich dazu durchringst, endlich nach einem langen abwehrenden Weg anzufangen, mit dem Schatten einverstanden zu sein. Den Schatten zu küssen heißt, den Sprung ins kalte Wasser wagen, etwas völlig Ungewöhnliches zu tun, eine wirklich neue Erfahrung zu machen, den Kopf umzukrempeln und die Wirklichkeit neu zu erfinden.
Also, viel Freude beim Küssen des Schattens und der Erfindung einer neuen Wirklichkeit!

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Dienstag, 23. August 2016

Herzlichen Glückwunsch!

Ich muss nur die gratulieren, die ich mag und die Ferwanten. Wie schön! Ich könnte schnell zu viel gratulieren. Da gibt es ja schon so etwas wie einen Zwang. Du hörst, dass da jemand Geburtstag hat und schon rennst du hin und drückst ihm die Hand. Wenn du das nicht machst, dann bist du ein echter Muffel und Griesgram. Aber immerhin: Du musst nicht!

Weil ich dich mag und du außerdem noch mein Ferwanter bist möcht ich dir heute gratulieren. Im Spanischen heißt es felicitar - so viel wie "glücklich preisen". Das gefällt mir noch besser. Dann preise ich dich mal glücklich heute!

Du Mensch!
Du wundervoller Mensch!
Du großartiges Wesen!
Du göttliche Einmaligkeit!
Du!

Ich freue mich, mit dir hier in diesem Universum zu leben. An deiner Seite. Mit dir im Geiste und im Herzen verbunden. Bekannt und immer schon vertraut von Ewigkeit her. Ich gratuliere dir grundlos. Es reicht aus, dass du da bist. Und dass ich da bin, um es dir sagen zu können. Damit ich es sage und du es hörst. Wie schön, dass wir beide so einmalig sind und zugleich so herrlich einer von diesen ganz gewöhnlichen Menschen sind. Dass wir gemeinsam diese Welt bewohnen. Du bist mir nach und mein totaler Ferwanter!
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Montag, 22. August 2016

unabhängige Olympiateilnehmer

Ich schaue mir den Medaillenspiegel der olympischen Spiele an. Dabei entdecke ich, dass "unabhängige Olympiateilnehmer" eine Gold- und eine Bronzemedaille bekommen haben. "Unabhängige Teilnehmer?" Das war mir neu. Diese Gruppe kannte ich noch nicht. Ich dachte, dass die Sportler immer für ein ganz bestimmtes Land antreten und es repräsentieren.
Die Unabhängigen ziehen mit der olympischen Flagge ein. Sie können aus einem Land kommen, dass gerade politisch nicht existiert. Bei jeder Olympiade gibt es also Sportler, die gerade mal nirgendwo hingehören. Aber sie dürfen mitmachen. Sie gehören irgendwie zu Olympia. So etwas wie All Nations-Status für ein paar wenige Wochen.
Im Umkehrschluss müssen also alle anderen Sportler "abhängige Olympiateilnehmer" sein. Sie sind abhängig von dem Land, aus dem sie stammen. Wenn ich genauer hinschaue, dann sehe ich viele Abhängigkeiten. Abhängig von Ehrgeiz und Leistungen. Abhängig von den Medien. Abhängig von den inneren Erwartungen. Abhängig von den Erwartungen der Funktionäre und des ganzen Heimatlandes. Ich hörte schon, dass es bislang nicht genug Medaillen gab.
"Unabhängige Olympiateilnehmer" werden von diesen Fragen nicht berührt. Sie sind ja unabhängig. So lautet die Defintion. Sie können anreisen und Spaß am Spielen haben. Es heißt ja auch olympische "Spiele" und nicht "Kämpfe". Die meisten Sportler aus abhängigen Ländern kämpfen. Sie müssen ja gewinnen wegen der Medaillen. Die Unabhängigen dürfen hingegen spielen.
So viel zu Olympia. Und nun zu dir und mir. Bist du selber abhängig oder unabhängig? Wenn ja, in welchen Bereichen deines Lebens? Ist das in Ordnung? Oder wäre es einfach mal spannend, das "Land der Erwartungen" abzustreifen.Wenn du dich unabhängig machst, darfst du spielen. Sonst musst du kämpfen. Ich lade dich ein zu einer heimlichen Übung. Innerlich gehst du in die Selbstermächtigung. Du legst die Hand aufs Herz und sprichst mir nach: "Hiermit erkläre ich mich unabhängig von allen Abhängigkeiten und bekenne mich zur Freiheit. Ich darf dazugehören und ich muss nicht. Ich werde alle versklavenden Situationen aufdecken und mich von ihnen befreien. Ich entscheide mich, weil und wenn ich mich selbst entscheide. Das überlasse ich keinem anderen Menschen. Und ich bin bereit, dafür die volle Verantwortung zu übernehmen. Denn ich bin unabhängig!"
Denke und fühle diesen Gedanken und nimm wahr, wie sich das auswirkt auf dein Leben. Willkommen in der Freiheit!
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Samstag, 20. August 2016

Auf deine Kompetenz kommt es an und nicht auf deine Qualfikation!

Ich treffe immer wieder Menschen, die eine bestimmte Stelle nicht bekommen, weil sie nicht qualfiziert sind. Es ist gut, wenn du viele Scheine vorweisen kannst. Viele Prüfungen mit Siegel und Unterschrift. Dabei gilt eine Qualifikation von einer Universität sicherlich mehr als ein Papier von einem "Noname"-Institut. Manchmal schaue ich beim Aufräumen in meine Zeugnismappe und blicke auf meine zahlreichen Qualfikationen. Ich bin z.B. zertifizierter Kurzschriftpaktizierender und  "Bibliothekshelfer". Ein Zeugnis erzählt, dass ich EDxTM kann und außerdem habe ich auch noch ein Abiturzeugnis. Die Summe meiner Qualifikationen insgesamt wären in der Lage, mein Ego gut aufzublasen.
Doch die entscheidende Frage ist: bin ich auch kompetent? Ich bin kompetent im Kochen von Linsensuppe habe dazu jedoch keine Qualifikation. Ich besitze eine Qualifikation in Kurzschrift und bin Null kompetent. In der Bewältigung von Aufgaben zählt für mich die Kompetenz. Und da begegnen mir sehr viele Menschen. Ich kenne sehr kompetente Mütter und Väter, "LeckerköchInnen", Reinigungskräfte, TrösterInnen, handwerklich Begabte, "FreizeittherapeutInnen" und "WeltversteherInnen". Denen vertraue ich!
Manchmal kommt auch beides zusammen: Qualifikation und Kompetenz. Ist auch nicht schlecht! Mir würde es gefallen, wenn Menschen mit Kompetenz mehr Achtung bekämen, auch finanziell in ihren Berufen. Denn die Kompetenten gestalten die Welt.
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Freitag, 19. August 2016

Die Schildkröte sagt: Arbeit, die schon begonnen wurde, ist so gut wie fertig. (Igbo)

Wir sind die Konstrukteure unserer Wirklichkeit. In der Regel ist es so, dass du zu Beginn deiner Arbeit den weiten Weg siehst, der noch vor dir liegt. So viel muss ich heute noch schaffen! Der Berg vor mir ist riesig! Wie soll ich alles nur bewältigen! Wenn ich daran denke, gerate ich jetzt schon in Stress!
Ich kann meine Arbeit vom Anfang her sehen mit den vielen Aufgaben, die vor mir liegen. Oder ich kann die Arbeit von hinten her sehen mit dem Blick darauf, was ich alles schon geschafft habe. Stressfreier und für die Psychohygiene hilfreicher ist der zweite Blickwinkel.
Die Spitze einer veränderten Wirklichkeitskonstruktion nimmt die Schildkröte ein. Die Arbeit, die du beginnst, ist schon so gut wie fertig. Zwei Ideen stecken dahinter. Die erste Idee heißt:
Fang mit deiner Arbeit an und denk nicht so viel nach. Manchmal ist die Überwindung des Kopfes der wichtigste Schritt. Also, vom Kopf in die Handlung.
Die zweite Idee heißt: Wenn du das Gefühl hast, alles ist so gut wie fertig, bekommst du für deine Arbeit die nötige Leichtigkeit. Das, was dir sonst mühsam erscheint, erledigst du auf einmal spielend. So merkst du nicht einmal, dass du schon so gut wie fertig bist. In diesem Sinne... Schaue dir etwas von der Schildkrötenphilosophie ab.

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Donnerstag, 18. August 2016

In den Arm nehmen und ganz doll drücken...

Ich erinnere mich an meine Weiterbildung in systemischer Familientherapie. Da erzählte der Lehrtherapeut von Virginia Satir, die als Sozialarbeiterin in New York gearbeitet hatte. Sie stellte fest, dass viele Familien sehr defizitorientiert denken und leben.
Es wird immer nur geschaut, was nicht klappt. Ständig wird gemeckert und genörgelt. Kaum ein freundliches Wort, wenig Zuwendung und selten ein positives Feedback. Menschen können in einem sozialen Umfeld leben wo es einem Wunder gleicht, wenn da niemand psychisch krank wird.
Virginia Satir schlug solchen Familien vor, sich gegenseitig Blumen zu schenken. Auf Papier gemalte Blumen. Blumen der Anerkennung. "Ich schenke dir diese Blume, weil du mich so freundlich angeschaut hast." "Ich schenke dir diese Blume, weil du mir beim Abräumen geholfen hast." Die Sichtbarkeit der Blumen veränderte die Atmosphäre in den Familien. Weg vom Defizit und hin zu mehr Achtung und Anerkennung.
Wie schön, wenn du jemanden zum ganz doll drücken hast. Wenn du jemanden findest, der dich in den Arm nimmt und dir seine Zuneigung ausdrückt. Jeder braucht das Gefühl, irgendwo hin zu gehören. Für jemanden wichtig zu sein.
Nicht vergessen! Schnell bist du wieder beim Mangel. bei den Defiziten. Bei dem, was nicht rund läuft. Meckern geht schnell und auf das Lob wird auch schnell mal verzichtet. Wie würde sich wohl die Welt verändern, wenn wir alle knuddeln täten? Merkel mit Trump, Putin mit Obama, die Gewerkschaft mit dem Arbeitgeber...
Die Zeitungen hätten nichts mehr zu berichten! Welchen Menschen möchtest du jetzt mal ganz doll drücken und ihm deine Zuneigung zeigen? Viel Freude dabei!
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Mittwoch, 17. August 2016

Hallo! Bist du da?

Bin ich wirklich online? Ja, mein PC ist eingeschaltet. Das Signal zeigt an, dass ich mit dem Netz verbunden bin. Ich kann Mails empfangen und verschicken. Ich kann surfen im Internet. Auf meiner Facebookseite sehe ich auch die anderen PCs, die online sind, ebenso die bei skype. Aber bin ich online? Wenn ich mich vom PC wegbewege, bleibt das Gerät zwar online, aber ich selber? Ich kann mich im Haus bewegen oder sonst wo unterwegs sein. Bin ich online?
Hinter diesem Satz verbirgt sich mehr. Wenn ich mit einer Gruppe locker beim Essen zusammensitze fragt mich manchmal einer: "Hallo! Bist du da?" Dann wache ich auf und merke, dass ich geträumt habe und mich an einem ganz anderen Ort befand. Meine Gedanken waren zwar online, aber nicht verbunden mit den Menschen am Tisch.
Bist du immer wirklich online? Wenn ich mit anderen Menschen zusammenbin, wünsche ich mir, so präsent zu sein, wie es irgendwie nur geht. Das stelle ich mir so vor: Ich bin körperlich anwesend, mit meinen Gedanken bin ich aufmerksam bei meinem Gesprächspartner. Auch mein Herz ist geöffnet und ich spüre die Energien, die hin und her fließen. Ich fühle mich verbunden. Dann bin ich wirklich online!
Leider sind wir Menschen ganz schön störanfällig, so wie das weltweite Netz. Manchmal stürzt du ab, manchmal funktionierst du nur halb, manchmal gibt es ein unerklärliche Störung und manchmal willst du oder kannst du einfach nicht.
Im Gespräch könnte es sinnvoll sein, deinem Partner ein Signal zu geben, ob du online oder offline bist. Dein Körper allein drückt das nicht immer aus.

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Montag, 15. August 2016

Von der Kunst, durch indirektes Fragen auch ans Ziel zu gelangen!


Ein Freund sagte vor Kurzem zu mir: Ich traue mich gar nicht, dich zu fragen, ob du einmal Zeit für mich hast. Für einen Augenblick stutzte ich. Moment mal! Wie raffiniert ist das denn? Er traut sich nicht zu fragen und fragt dann doch! Sehr geschickt, auf diese Weise seine Schüchternheit zu überwinden und das zu erhalten, was man sich wünscht. Du fragst einfach, indem du nicht fragst. Das ist eine wunderbare Art, die Hindernisse und Hürden zu überwinden oder geschickt zu umgehen.
Probier es doch einmal aus!
"Ich traue mich nicht, dir zu sagen, dass ich dich liebe, weil ich nicht weiß, wie du darauf reagieren wirst. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du einfach Nein zu mir sagst!" statt: "Ich liebe dich."
"Ich traue mich nicht, Ihrer geschickten Verkaufsstrategie jetzt am Telefon zu widerstehen. Sie könnten mir böse sein und mich beim nächsten Anruf über den Tisch ziehen." statt. "Ich möchte nichts!"
"Ich traue mich nicht, von Ihnen eine kostenloses Angebot für eine Heizung machen zu lassen, weil ich mein schlechtes Gewissen fürchte, wenn ich das Angebot nicht annehme und Sie umsonst gekommen sind." statt "Machen Sie mir ein kostenloses Angebot!"
Manche Dinge lassen sich nicht einfach direkt sagen, aber indirekt geht es leichter. Es ist wie mit den dicken Pillen. Schluckst du sie pur hinunter, könnten sie dir im Hals steckenbleiben. Legst du sie auf einen Löffel mit Joghurt rutscht es wie von selbst.
Überlege einmal, wie oft du am Tag indirekte Fragen stellst oder Wünsche äußerst und hoffst, der andere versteht dich. Direkte Fragen und Wünsche vermeidest du, damit du dir keine Abfuhr holst. Du sagst: "Kommt morgen nicht die Müllabfuhr?" statt: "Stell doch bitte den Müll raus!" "Ist noch Tee im Schrank?" statt: "Kochst du mir einen Tee?" "Bis zum Fußballplatz ist es ziemlich weit!" statt: "Könntest du mich dahinfahren?"
Niemand mag so gerne eine Zurückweisung im Nein. Oftmals hören wir im "Nein" zu einer ganz bestimmten einzelnen Frage gleich eine grundsätzliche Ablehnung. Indirektes Fragen verkompliziert leider das Leben ein wenig es sei denn, du machst das so geschickt wie mein Freund.

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Samstag, 13. August 2016

Bei allem, was du sagst, achte auf den rechten Augenblick. Reden zur unpassenden Zeit sind nicht beliebt. (aus Ägypten)



Dein Sohn hat den Tisch nicht abgeräumt und als Vater oder Mutter ärgerst du dich darüber. In deinem spontanen Ärger weist du deinen Sohn zurecht, er möge doch Absprachen und Familienregeln einhalten. Der Ärger in deiner Stimme ist deutlich spürbar. Und wie reagiert dein Sohn?
Er wird bockig, er widerspricht, er legt sich mit dir an. Er spiegelt deinen Ärger zurück und dicke Luft ist im Raum.
Immer wieder erlebe ich Paare, die mit "aller Gewalt" versuchen, ihre Konflikt zu klären, wenn sie im Gefühl des Ärgerst und der Wut sind. "Ich muss jetzt mit dir reden!" "Das müssen wir hier und jetzt klären!" "So geht das nicht weiter!" "Immer machst du das, nur um mich zu ärgern!" Kennst du diese oder ähnliche Sätze? In der Regel steht am Ende kein Ergebnis wo alle zufrieden sind. Am Ende resigniert einer oder beide sind erschöpft.
Der ägyptische Spruch erinnert dich an den "rechten Augenblick". Auch bei Konflikten gibt es einen rechten Augenblick. Wenn du dich mitten im Gefühl des Ärgers und der Kränkung befindest, ist es sehr schwer, mit deinem Konfliktgegner in einer guten Verbindung zu sein. Er ist eben dein Gegner und nicht mehr dein Partner. Du hast den Eindruck, du musst kämpfen. Du willst dein Recht, du willst gesehen werden, du vermisst das Verständnis und dein Gegenüber empfindet genauso wie du.
Beruhige erst einmal deinen Geist, geh auf Abstand, schlaf eine Nacht drüber, atme ein paar tiefe Atemzüger und triff eine Vereinbarung, wann du reden möchtest, eben... Suche mit deinem "Konfliktgegner" den rechten Augenblick, damit er/sie zu einem Konfliktpartner wird.
Stell dir dabei vor, dass ihr euch nicht gegenübersteht wie Kontrahenten, sondern ihr setzt euch nebeneinander auf eine Bank und schaut in die gleiche Richtung. Ihr schaut gemeinsam auf einen Baum und eine Blume. Dieser Baum oder diese Blume steht als Symbol da für eure Partnerschaft oder eure Freundschaft. Gemeinsam schaut ihr den Baum an und fragt: "Wie geht es gerade der Ehe, der Freundschaft, der Partnerschaft? Was braucht sie von dir und dem anderen? Was hat gefehlt und wer kann was dafür tun, dass das Fehlende ergänzt wird."
Der richtige Augenblick ist dann, wenn in deinem Herzen wieder mehr Weite als Enge zu spüren ist.

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Freitag, 12. August 2016

Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast. (Igbo)




Bevor du eine Entscheidung triffst, von der Glück oder Unglück anderer Menschen abhängt, schlaf mal eine Nacht drüber. Nicht alles muss sofort entschieden werden. Bedenke alles, wiege es hin und her und dann lass es wieder los. Schiebe es in den kosmischen Brutkasten und belass es dort für eine Weile.
Wenn du zu schnell handelst und dabei Menschen verletzt oder kränkst, nur weil du es zu eilig hattest, musst du den Preis der schlaflosen Nächte zahlen.
Die Art deiner Nächte kann ein wichtiger Hinweis sein, wie gelassen du mit deinem Leben umgehst. Kannst du gut loslassen? Deine Gedanken, deine Pläne, dein möglicherweise schlechtes Gewissen?

Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast.

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Donnerstag, 11. August 2016

Auf der Brücke winken

Als Kind habe ich auf Brücken gestanden und den Autofahrern zugewunken. Wildfremden Menschen. Manchmal reagierten sie und manchmal auch nicht. Gemeinsam winken war eindrucksvoller als alleine winken. Allein winken traute ich mich auch nicht.
Es gibt sie immer noch. Die Winker von den Brücken. Jetzt sitze ich als Fahrer im Auto und lasse mich gerne bewinken. "Hallo ihr fremden Menschen. Schön, dass ihr mir zuwinkt! Ich winke gerne zurück." Im Winken ohne Worte kannst du so schön Botschaften hineinlegen.

Komm gesund an und auch wieder zurück!
Ich kenne dich!
Erkennst du mich? Ich bin es!
Schön, dich zu sehen!
Einen schönen Urlaub!
Viel Erfolg bei deinen Geschäften!
Wir sehen uns bald und ich freue mich!
Ich habe dich gesehen! Du mich auch?

Im Alltag gehe ich an fremden Menschen grußlos vorüber. Sie existieren nicht für mich und ich existiere nicht für sie. Ich könnte einen ganzen in der Fußgängerzone auf und abgehen und würde niemanden anschauen. Niemandem zuwinken. Ein Eremit auf einer Insel würde nicht einsamer sein. Winken von der Brücke verbindet Menschen miteinander. So! Und jetzt winke ich dir zu. Fremd oder bekannt und wünsche dir einen schönen Tag! :-)
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Dienstag, 9. August 2016

Home sweet home

Urlaubsimpressionen12

Ich sitze am Küchentisch in unserem Ferienhaus und blicke auf den Lampenschirm. Da fällt mir das kleine schwarze Etikett auf mit der Aufschrift: "home sweet home".
Bald werde ich von hier aufbrechen und die Familie, der dieses Haus gehört, wird in ihr "home" zurückkehren. Vielleicht erleben sie hier wieder die Süße der Heimat nach dem Urlaub. Warum fahren wir eigentlich fort, wenn die Heimat so süß ist? Kennst du dieses eigenartige Gefühl? Du bist zu Hause und erlebst deinen Alltag. Manches gefällt dir und vieles geht dir auf die Nerven. Irgedwann hast du die Nase voll und willst nur noch raus. Abstand gewinnen, Urlaub machen. Etwas anders sehen und hören. Du bekommst Fernweh!
Dann bist du in der Urlaubsfremde und atmest die ersten Tage durch. Keine Verpflichtungen mehr, Entspannung pur. Ausruhen dürfen. Die Seele baumeln lassen. Irgendwann wird die Erinnerung an die Heimat in dir wach. Wie hoch ist der Rasen gewachsen? Was machen die Nachbarn? Wie schläft es sich noch mal im eigenen Bett? Du sehnst dich nach mehr Platz. Dir fehlt das eine Buch oder ein bestimmtes Gerät. Du bekommst Heimweh!
Ich habe im Laufe des Lebens festgestellt, dass die meisten Menschen irgendwo hin tendieren. Manche sind eher Heimweh und andere Fernwehtypen. Und dann gibt es noch diejenigen, die immer hin un herpendeln. Das sind die "Seefahrertypen". Die wünschen sich immer genau woanders als da, wo sie gerade sind.
Wir brechen bald auf und steuern unsere Heimat an. Unser sweet home? Was ist mein sweet home? Die vier Wände, in denen ich meinen Alltag lebe? Meine Seele? Mein Herz? Der Mensch, den ich liebe? Von allem etwas? Das Geheimnis liegt im hin und her wandern. Der Entzug der Heimat lässt die Sehnsucht nach ihr wachsen. Die Süße liegt nur in der Vorstellung, nicht in der Umsetzung. Gut, wenn ich die süße Heimat in mir selbst verankern kann.
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Montag, 8. August 2016

Von innen nach außen oder von außen nach innen?



Urlaubsimpressionen 11

Ich stehe in meinem Ferienhaus in der Küche und schaue durch die Lamellen der Jalousien nach draußen in den Garten. An dieser Stelle befindet sich ein kleines Loch, der mir den Ausblick ermöglicht. Gehe ich näher ran, dann wird es weiter und ich kann den ganzen Garten sehen. Trete ich einen Schritt zurück nehme ich nur noch einen kleinen Ausschnitt wahr.
Im Leben finde ich da eine Parallele. Ich suche mir oft einen Ort, wo ich mir einen Überblick verschaffen kann.Von wo aus kann ich alles besser sehen? Wo habe ich das Gesamte im Blick? So laufe ich in einem mir unbekannten Supermarkt nicht einfach blind herum, sondern ich schaue zuerst, wie der so organisiert ist. Welchen Weg ich dann am sinnvollsten ablaufe.
Zugleich kommt mir in den Sinn, dass es im Leben da manchmal Jalousien gibt, die ich gar nicht mehr bemerke. Ich bin zufrieden mit dem kleinen Ausschnitt und komme nicht auf die Idee, mal die Vorhänge beiseite zu schieben. Wie viele Dinge nehmen wir einfach so selbstverständlich hin. Ein einfacher Handgriff und schon gibt es eine Verbesserung. Ein kleiner anderer Gedanke, schon gibt es eine neue Wirklichkeit.
Ich stehe jetzt draußen vor dem gleichen Fenster und schaue hinein in die Küche meines Ferienhauses. Ich muss ganz nah dran gehen um etwas sehen zu können. Das Loch in der Jalousie gewährt mir nur einen kleinen Einblick. Wenn ich einen Schritt zurückgehe, sehe ich nichst mehr von dem, was da drinnen los ist.
Manchmal muss ich im Leben auch ganz nah dran gehen. Genau hinschauen. Mich um die Details kümmern. Sonst bekomme ich das Problem nicht mit.
Und dann fällt mir noch ein, dass es auch sonst ganz gut ist, gedanklich mal aus sich auszusteigen und sich selbst von außen wahrzunehmen. Dann lässt sich manche Frage leichter klären - mit Hilfe der Außenperspektive. Wenn ich mitten drin bin, bin ich zu stark betroffen. Sehe ich viele Dinge gleichzeitig und kann nicht gut gewichten. Habe viele Abers im Kopf.
Ich kann auch abwechseln. Ich gehe in die Küche und schaue von innen nach außen und ich gehe nach draußen und schaue von außen nach innen. Ich wiederhole diesen Prozess und merke einen Unterschied. Innen oder außen nehme ich die gleiche Wirklichkeit wahr, aber jeweils anders.
Wenn du verheiratet bist, dann steig doch mal für einen Tag aus. Betrachte deine Ehe von außen, als seist das gar nicht du, der da verheiratet ist. Tu mal so, als seist du Single. Du wirst feststellen, dass du sowieso mehrere Stunden am Tag dich wie unverheiratet anfühlst. Das ist also gar nicht so neu und auch gar nicht so verkehrt. Dann kehrst du wieder zurück zu deiner "Eheidentität". Dabei nimmst du die Singlemomente mit in dir hinein und sorgst dadurch dafür, dass deine Ehewünsche und Paarvorstellungen ein wenig Entlastung erfahren.
Die Jalousien in der fremden Küche laden mich ein, die Positionen immer wieder mal zu verändern und zu schauen was dann geschieht, wenn ich das mache.
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Samstag, 6. August 2016

Ich packe meinen Koffer und nehme mit ...



Erinnerst du dich noch an das Spiel vom Kofferpacken aus Kindertagen. „Ich packe meinen Koffer und nehme ...“. Dabei geht es darum, einen Gegenstand für die Reise zu benennen. Die nachfolgenden Spieler wiederholen das Wort und fügen ein neues hinzu. Wer sich verhaspelt oder etwas vergisst scheidet aus.
Das Spiel erinnert mich an Urlaubsvorbereitungen. Was muss ich mitnehmen. Welcher Koffer ist für mich geeignet von der Größe und von den Transportmöglichkeiten. Schieben, rollen, tragen! Am Kofferpacken kleben viele Themen. Was sagt so ein Koffer über mein Leben aus? Über meinen Charakter? Über meine Ängste und Stärken? Darüber möchte ich gerne mit dir in dieser Urlaubszeit und im August nachdenken.
Im Internet lese ich den Artikel einer Psychologin, die verschiedene „Kofferpack – Typen“ unterscheidet. Es gibt den Minimalisten, den Planer, die Diva, den Pfadfinder, den Lastminute und den Kontrolleur.  Die Namensbezeichnungen drücken schon aus, was gemeint ist. Wo ordnest du dich am ehesten ein? Beschränkst du dich beim Reisen oder bist du für jede Situation gerüstet? Machst du dir Sorgen ums Überleben und nimmst auf jeden Fall irgendeine Notfallration mit? Oder geht dir das Reisen auf die Nerven und du wirfst so nebenbei ein paar Sachen in den Koffer? Es gibt auf jeden Fall Unterschiede, wie immer ich sie auch deuten mag.
Wenn ich die Wohnung mit der zweiten Haut des Menschen vergleiche, bildet der Koffer dann so etwas wie die zweite Haut des mobilen Menschen. Das merke ich besonders daran, dass es mir nicht so leicht fällt, den Koffer einfach am Schalter im Flughafen aufzugeben. Ich muss wirklich für ein paar Stunden dieses kostbare Stück „aufgeben“. Loslassen! Fremden Menschen anvertrauen! Und wehe, mein Koffer kommt nicht mit mir an! Das schmerzt! Am Urlaubsziel drängen sich die Menschen ganz nah an das Gepäckband. Hoffentlich kommt die „zweite Haut“ heil an und landet beim Besitzer. Da schaust du oft in angespannte Gesichter. Kein angenehmer Urlaubsstart!
Wenn hingegen Kinder in die Ferien fahren packen oft die Mütter. Am Ferienort angekommen weiß das Kind nicht einmal, was da drin steckt und vermisst auch nichts, wenn etwas verloren geht. Wenn es nach den Kindern geht, dann reichen die Sachen, die es gerade an hat. Ein Koffer für Anziehsachen ist eigentlich überflüssig, es reicht einer für die Spiele.
Wenn ich persönlich meinen Koffer packe, dann kommen auf jeden Fall ein paar Dinge mit, die auf keinen Fall fehlen dürfen. Meine Durchdrückkanne für den French Press Kaffee, mein Opinel-Messer, meine Creme für die Haut und Lesestoff. Was darf bei dir nicht fehlen? Wenn du deine persönlichen Notwendigkeiten einpackst, kannst du zugleich deine Abhängigkeiten feststellen. Das sind die Dinge, die du brauchst. Die du auch mit ins Grab nehmen würdest, wenn du könntest. Dabei fällt mir ein, dass ich bisher nur von den Dingen gesprochen habe, die der Körper braucht.
Hast du einmal daran gedacht, dass du auch einen Seelenkoffer packen könntest? Stell dir vor du fährst los mit deinem „Körperkoffer“ und hast nicht an deine Seele gedacht. Du denkst, dass sie schon irgendwie ankommen wird. Kofferpacken ist nicht notwendig. Welche Fragen beschäftigt denn wohl deine Seele, wenn du an deine Urlaubsreise denkst? Je besser du dich einfühlen kannst, desto entspannter wirst du reisen!
Manche Menschen wissen das instinktiv und packen Dinge in ihren Koffer, die der Körper gar nicht braucht, die eigentlich für die Seele bestimmt sind. Dazu gehören zum Beispiel Kuscheltiere und Glücksbringer.
Wenn ich an meinen „Seelenkoffer“ denke dann tauchen Fragen auf wie: Werde ich mich am Zielort wohlfühlen? Wird gut für mich gesorgt? Wird es mir an nichts fehlen? Gibt es dort nette Menschen? Werde ich mich mit den Menschen verstehen, mit denen ich reise?
Wenn mir die „Seelenfragen“ bewusst werden kann ich auch etwas konkret dafür tun. Ich erkundige mich nach den Schlafmöglichkeiten, recherchiere die Restaurants und Supermärkte. Setze mich mit der Vermieterin der Ferienwohnung in Verbindung und erspüre, ob sie fürsorglich genug ist. Ich schaue mir die Fotos im Internet an, ob sich das nett und gut anfühlt. Ich intensiviere die Freundschaft mit meinen Mitreisenden und frage die Bedürfnisse ab. So nach und nach füllt sich mein „Seelenkoffer“. Die Befürchtungen und Sorgen werden kleiner und das Vertrauen wächst.
Zwischendurch frage ich meine Seele: „Und? Alles gut? Fehlt noch was?“ Manchmal bemerke ich da noch ein leichtes Unbehagen und ich versuche zu erspüren, welches Bedürfnis dahintersteckt. Das erfordert ein wenig Zeit und Geduld. Die Seele mag es nicht auf Kommando zu reagieren. Darum fange ich mit den Reisevorbereitungen für die Seele sehr früh an. Viel früher als mit dem „Körperkoffer“.
Was benötigt dein „Seelenkoffer“, wenn du auf die Reise gehst? Brauchst du da eher Sicherheit oder doch mehr Spontaneität und Abenteuer? Eher stille Stunden mit dir allein und Partner/in oder verstärkt Rudel- Erlebnisse ;-)? Oder übergehst du lieber deine Seelenstimme, weil sie so anspruchsvoll ist und weil du dich ihrer schämst? Es gibt nämlich Seelen, die sind sehr zaghaft und sehr bedürftig. Die trauen sich nicht hervor und ordnen sich eher der Mehrheit unter. Lieber die Bedürfnisse übergehen als schief angeschaut zu werden. Du möchtest ja schließlich niemandem den Urlaub verderben, oder?
Manche schenken dem „Körpergepäck“ unendlich viel Aufmerksamkeit und vernachlässigen die Seele dabei. Im Lukasevangelium (Kapitel 10) schickt Jesus zweiundsiebzig Menschen auf die Reise. Dabei  gibt er ihnen vorher Hinweise für das Unternehmen. Keine Vorräte, keine Schuhe, kein Geld. Also ein kompletter Verzicht auf den „Körperkoffer“. Nada! Es braucht kein Gepäck denn es wird von allem reichlich da sein. Eine ganz schöne Herausforderung!
Typischerweise sorgt Jesus aber für den „Seelenkoffer“. Er geht davon aus, dass seine JüngerInnen den Frieden in sich tragen. Sie kommen mit diesem Frieden in fremde Häuser und es entsteht eine Atmosphäre von Wohlwollen, Behaglichkeit und Ankommen. Wenn der Mensch im Herzen vertraut und sich verbunden fühlt, wird alles gut. Wenig äußere Sicherheit und viel inneres Vertrauen - lautet sein Seelenkonzept.
Mich beschäftigt die Frage, wie ich in eine solche Haltung hineinkommen kann. Ich werde wohl immer einen materiellen Koffer mit auf die Reise nehmen, aber ich kann noch gezielter etwas mehr für meine Seele tun. Meine Einladung dazu heißt: Verlagere dein Bewusstsein in den Raum des Herzens. Was heißt das und wie geht das? Normalerweise bewegen wir uns mit unserem Bewusstsein im oberen Kopfbereich. Dort liegen das Gehirn, die Augen und die Ohren. Dort liegt auch der Schwerpunkt unserer Konzentration und Aufmerksamkeit. Quasi automatisch und naturgegeben. Sinnvoll und manchmal hinderlich. Wir sind dort räumlich sehr nah bei den Gedanken. Die Gedanken wiederum helfen uns dabei, das Leben gut zu organisieren. Das Ergebnis zeigt sich in einem perfekt gepackten Koffer und einer finanziell abgesicherten Reise.
Wir verbringen also den größten Teil des Tages in dieser oberen Region. Wenn du nun mit deiner Wahrnehmung und deiner Vorstellungskraft dich tiefer sinken lässt bis in den Raum, wo du dein Herz spürst, verändert sich etwas. Du denkst weniger und fühlst mehr. Das Herz hat eine ganz besondere Qualität und ganz intensive Kraft. Probiere es einfach einmal aus und beobachte den Unterschied. Wahrnehmung mit dem Verstand und Wahrnehmung mit dem Herzen.
Du stellst dir also deinen Urlaub einmal bildlich vor. Geh in den oberen Kopf und beobachte, welche Gedanken kommen. Wie geht es dir damit? Dann sinkst du mit deinem Bewusstsein ins Herz und beobachte wiederum, was dann an der Stelle geschieht. Wandere hin und her und lass es wirken. Und wenn du Lust hast, dann vollziehst du noch einen dritten Schritt. Lass dich tiefer sinken mit deinem Bewusstsein bis in den Bauch hinein. Wiederum wird sich etwas verändern. Du triffst dort auf ein anderes Nervensystem und bekommst wieder neue Impulse. Wundere dich nicht, wenn du auf einmal Hunger oder Durst bekommst J!
Es wird ganz leicht, wenn du oben auf dem Berg stehst oder am Strand liegst. Dein Bewusstsein sinkt automatisch in dein Herz. Für einen Moment hört der Verstand auf mit seinen Gedanken. Es kehrt Stille in. Innerer Frieden. Deine Seele freut sich weil du ihr dort nahe bist. Das Müssen hört auf und das Wollen. Du verweilst in einem Zustand jenseits von Raum und Zeit.
Dann bist du so richtig im „Urlaub“ angekommen. Bei deiner (ur)sprünglichen Er(laub)nis, einfach nur da sein zu dürfen ohne etwas dafür zu tun. 

Freitag, 5. August 2016

Mach mehr von dem, was dich glücklich macht!

Urlaubsimpressionen 10

Ich sitze in Utrecht draußen im Café und schaue auf eine Aufstellertafel mit vielen Blumen und dem Schriftzug: "Do more of what makes you happy". Ich möge mehr von dem tun, was mich glücklich macht.
Manchmal frage ich Kunden: "Was macht Sie glücklich?" Dann schaue ich oft in ein ratloses Gesicht. Nach kurzem Zögern kommen dann Antworten wie Kinder, Ehefrau oder das schöne Haus. Zunächst hört sich das an wie ein Gewohnheitsspruch. Klar ist man dankbar für Haus und Familie. Die Alternative wäre Einsamkeit und obdachlos sein. Das wäre ein echter Unglücksweg. Aber führt die Vorstellung von Haus und Famiie schon zum Glücksgefühl?
Ich frage weiter: "Was macht Sie glücklich, wenn Sie an Ihre Kinder denken?" Dann kommen manchmal Fähigkeiten und Eigenschaften oder die Vorstellung, in der Erziehung nicht alles falsch gemacht zu haben. Ich höre zu und fühle nicht, dass da was schwingt, was mit Glück zu tun hat. Dann frage ich weiter: "Wie heißt denn Ihr Sohn, Ihre Tochter. Was haben Sie zuletzt miteinander gemacht? Wann haben Sie genau gemerkt in den letzten Tagen, dass Ihre Herz beim Anblick Ihrer Tochter einen Freudensprung gemacht hat." Dann gehen die Augen beim Kunden nach oben oder nach unten und es huscht ein Lächeln über das Gesicht. "Gestern saßen wir im Wohnhimmer und Anja war so vertieft in ihr Buch. Sie hatte ständig gelächelt und manchmal gab es auch eine Träne in den Augen. Das hat mich so angerührt. Und wenn ich dieses Bild mir vor Augen halte empfinde ich großes Glück."
So erlebe ich das auch. Ich erinnere mich an sehr persönliche und ganz konkrete Situationen. Nicht die Arbeit insgesamt macht mich glücklich sondern ein ganz bestimmtes Gespräch, das mich berührt. Ein Spaziergang mit einem ganz schönen Gespräch.
Ich sitze im Café und lese diesen Spruch: "Mache mehr von dem was dich glücklich macht." Wenn das immer so leicht wäre. Eis essen macht mich glücklich, aber nicht immer. Die warmen Sonnenstrahlen jetzt gerade machen mich glücklich. Mich entspannen zu dürfen macht mich glücklich. Und ganz oft funktioniert das auch. Aber nicht immer und auch nicht auf Knopfdruck oder  Kommando. Außerdem gibt es da noch den Weltanspruch, dass alle immer unglaublich glücklich sein mussen bei dem, was sie tun. Dieser anstrengende Anspruch verhindert förmlich das Glücksgefühl.
Darum nehme ich es lieber wie ein Geschenk. Wenn es kommt bei dem, was ich mache, herzlich Willkommen. Wenn nicht auch gut. Mit meinen unglücklichen Momenten komme ich nämlich auch ganz gut klar. Auch die dürfen sein. Sonst wäre mir das Leben viel zu anstrengend. Ich belasse es im Café auch bei dem einen Stück Kuchen. Es macht mich im Moment glücklich. Ist ja auch sehr lecker. Aber das zweite Stück? Würde es mich auch noch glücklich machen?
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Donnerstag, 4. August 2016

Reisen in der ersten Klasse

Urlaubsimpressionen 9

In meinem Ferienhaus hängt ein Bild an der Wand. Wir sitten dieses Haus, so dass die Eigentümer angstfrei Urlaub machen können. Hier wird nicht eingebrochen, so lange wir da sind. Die Besitzer scheinen gerne zu verreisen. Auf dem Bild steht: "Life is a journey".  Ja das stimmt, ist mir vertraut. Ich sehe das Netz, das mich erinnert an ein Zugabteil. Dahinter oder darüber befindet sich ein Koffer mit dieser Aufschrift vom Leben das einer Reise gleicht.
Dann entdecke ich den Stempel in der linken Ecke: "First Class". In welcher Klasse reist du mit deinem Leben? Erste, zweite oder Holzklasse? Oder bist noch gar nicht aufgebrochen, weil du kein Geld für eine Fahrkarte hast?
In mir taucht der Wunsch auf, dass jeder Mensch in der ersten Klasse fahren darf. Ohne Ausweis. Ohne Aufpreis. Erste Klasse weil jeder Mensch ein Mensch ist. Weil unsere Welt das möglich macht. Es ist Fülle da. Für jedes Wesen!
Im realen Leben fahre ich oft und gerne Zug. Während sich die Leute in der zweiten Klasse quetschen, können die in der ersten Klasse die Füße hochlegen. Zwei Plätze für jeden. Das ist doch ungerecht, oder?
In meinem Herzen und in meinen Begegnungen mache ich keinen Unterschied. Jeder Mensch ist für mich einfach nur "Erste Klasse"!
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Mittwoch, 3. August 2016

Keine halben Sachen!

Urlaubsimpressionen 8

Das Preisschild des Tuchhändlers hat einen weiteren Hinweis für mich: "Geen halve Meeters". Da könnte ja jemand kommen und nur fünfzig Zentimeter haben wollen. Da lohnt es sich nicht einmal, die Schere für auszupacken. Er verkauft nur ganze Meter. Schon ein einziger Meter wäre in Ordnung. Aber wenigstens ein Meter. Auf keinen Fall weniger.
Das kommt mir sehr entgegen. Ich stelle mir vor, dass ich Gäste habe. Für die möchte ich kochen. Ich rechne aus, was ich dafür einkaufen muss. Meine große Sorge: Ich könnte zu knapp rechnen. Meine Gäste müssten hungrig nach Haus gehen. Ich hatte nur einen "halven Meeter". Weil ich zu geizig war! Die Vorstellung fände ich schrecklich! Lieber sogar Überfülle als genug. Genug wäre nicht einmal wirklich genug sondern eher knapp. Fülle mag ich!
Dann werde ich eingeladen zu einem Fest und sehe die vollen Tische. Eigentlich müsste mein Herz hüpfen. Fülle! Da merke ich auf einmal meine Krämerseele, die da auch verborgen ist. Muss das wirklich so viel sein? Das kann niemand aufessen! Völlig überdimensioniert.
Der Händler auf dem Tuchmarkt gibt kein Maß nach oben. Ich könnte den ganzen Stand kaufen. Er gibt nur das Maß nach unten. Keinen halben Meter. Damit steckt er nach unten die Grenzen ab. Er lädt mich ein, einmal über meine eigenen Maßstäbe nachzudenken. Was ist das Maß, das für mich stimmig ist? Wo bin ich eher maßlos oder unmäßig oder doch eher geizig? Und wie ist das bei dir?
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Dienstag, 2. August 2016

Weg is Pech!

Urlaubsimpressionen 7

Ich bin immer noch auf dem Stoffmarkt in Utrecht. Auf dem Werbeschild eines Händlers steht: Weg is Pech. Da steht vielleicht eine Kundin und hält einen Stoffballen in der Hand. Sie befühlt ihn, findet ihn toll, möchte ihn kaufen. Ist auch sehr günstig. Sehr verführerisch.
Dann kommt der Gedanke, dass es woanders noch billiger sein könnte. Ein anderer Stoff, noch schöner. Die Kundin lässt den Stoff liegen und dreht ihre Runde. Sie findet nichts passendes und kehrt zum Stoffstand der ersten Stunde zurück. Der Ballen ist verkauft. Weg is Pech!
Die günstigen Gelegenheiten kommen nicht ständig wieder. Du kannst wirklich die wichtigen Augenblicke im Leben verpassen. Weil du Angst hast. Weil du zu vorsichtig, zu bedächtig bist. Dann schaust du in die Röhre. Wieder einmal Pech gehabt! Pech? Nein, du hast dich nicht entscheiden können. Das war keine Frage von Glück oder Pech. Du bist weder eine Glückmarie noch eine Pechmarie. Was hast du zu verlieren wenn das Leben dich einlädt? Probier einfach mal aus? Wie oft lässt du dich von unbestimmten Ängsten abhalten? Da lauert überall der Feind, der dich vernichten möchte! Der Händler will nur dein Geld. Alle wollen dich übertölpeln! Übervorteilen! Vertrau bloß nicht! Weder deinen Gefühlen noch deinen Gedanken! Die Welt ist ein großer Kriegsschauplatz und du musst schauen, dass du überlebst. Halte gut deine Kröten zusammen und baue eine Mauer um dich herum. Das kannst du machen. Nur...
Wundere dich nicht, wenn die letzte Bratwurst jemand vor dir gekauft hat. Wenn das Leben an dir vorüberzieht und dir zuwinkt: "Zu spät!" "Das Karussell läuft weiter - aber ohne dich!" Oder wie der holländische Händler sagen würde: "Weg is Pech!" Und ich würde sagen: "Pflücke dein Glück!"
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Montag, 1. August 2016

Brandneuer Tag!

Urlaubsimpressionen 6

Auf dem Stoffmarkt in Utrecht schlendert eine Frau an uns vorbei, eine blaue Baumwolltasche über ihrem Arm. Sie trägt eine Botschaft mit herum. "Today is a brand new day". Heute ist nicht nur ein neuer Tag! Ein brandneuer Tag! Total neu! Jungfräulich! Offen für alle Möglichkeiten. Uneingeschränkt. Keine Minute ist festgelegt.
Ich halte inne. Es ist 12.00 Uhr und ich lese die Aufschrift. Mein Tag ist schon ein paar Stunden alt. Ich habe schon etwas erlebt. Ich habe gefrühstückt und bin Rad gefahren. Ich bin ein wenig erschöpft vom Stoffe anschauen. Der Tag ist nicht mehr neu und vor allem nicht "brand new".
Zugleich geht ein Ruck durch meinen Körper. Halt Stopp! Lass dich nicht unterkriegen von der stechenden Sonne, den müden Oberschenkeln und der augenblicklichen Erschöpfung. Wenn ich im Kopf den Schalter umlege ist der Tag ab dem Moment wieder brandneu. So mache ich das und stelle fest, dass ich nicht der Sklave meines Körpers bin. Ja, ich fühle mich ein wenig erschöpft, aber die Erschöpfung hat mich nicht in ihren Klauen. Ich trinke einen Schluck Wasser und genieße. Ich genieße die vielen bunten Stoffe. Die niedrigen Preise. Die fröhlichen Menschen auf Schnäppchenjagd und die Atmosphäre. Indem ich mich dafür öffne wird der Tag auf einmal "brandnew". Mit diesen Augen habe ich den Tag noch nicht gesehen. Ich kann also zu jedem Zeitpunkt am Tag den Tag erneuern und sogar wieder brandnew machen. Sogar so, dass mein Herz "brennt".
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