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Donnerstag, 29. April 2021

Und doch ist Herz bei Herz tausendmal köstlicher als Blume bei Blume! Hafis (Ḥāfeẓ)

Wie köstlich ist Blume bei Blume. In meinem Garten wachsen und blühen gerade die Frühlingsblumen. Da stehen viele kleine bunte Blümchen und winken der Sonne zu. Ich freue mich darüber und es ist mir, als ob die Blumen sich mitfreuen und mir zuwinken. Als ob sie mir sagen würden, dass sie das nur für mich tun. Wie köstlich ist Blume bei Blume. Und ich stelle mir vor, dass es nichts Köstlicheres gibt als diesen Anblick.
Dann gehe ich ins Haus und koche mir einen Kaffee und hole mir einen selbstgebackenen Mandelkeks aus der Dose. Wie köstlich ist Kaffee an Mandelgebäck. Gibt es etwas, was dem gleicht? Ja, Schokolade und Kaffee ist auch köstlich. So viele Köstlichkeiten, die mich umgeben. Wie reich gesegnet ich doch bin! Blumen an Blumen, auf einem Stuhl sitzend und Kaffee schlürfen mit einem Stück Schokolade oder Mandelkeks.
Und doch ist Herz bei Herz tausendmal köstlicher als Blume bei Blume! Wie herrlich! Da gibt es noch den köstlichen Quantensprung. Mehr als Fülle! Herz an Herz spüren, wie lebendig ich bin. Wie lebendig mit jemand anderem. Herz an Herz hat einfach eine besondere Qualität. Du bist nicht mehr Zuschauer von Blumen, sondern selbst beteiligt. Da schlägt ein Herz und du spürst es.
Ich war einmal auf einer Fortbildung und wir durften eine Übung machen. Ich stellte mich einer Partnerin gegenüber, so nah, dass wir den anderen auf der Herzebene spüren konnten. Wir schlossen die Augen und ich dachte an etwas. Ich durfte mir aussuchen, ob ich an einen Ärger dachte oder an etwas ganz schönes. Und meine Partnerin sollte nur erspüren, ob es positiv oder negativ war. Es war echt magisch. Sie hatte es immer sofort gemerkt, wie ich mich fühlte und umgekehrt konnte ich es auch genau spüren. Ich hatte keine Ahnung, wie fähig unser Herz ist. Das ist nicht einfach eine mechanische Pumpe, die dafür sorgt, dass ich lebendig bleibe. Probier die Übung einmal aus!
Herz bei Herz zu sein ist tausendmal köstlicher als Blume bei Blume! Wenn du dein Gegenüber magst und umgekehrt. Wir Menschen können uns den Himmel bereiten oder die Hölle. Es ist unsere Herzensentscheidung. Dabei kann es so köstlich sein!
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Mittwoch, 28. April 2021

In einem Garten ging das Paradies verloren – in einem Garten wird es wiedergefunden. (Blaise Pascal)

Dieses Zitat habe ich im Zusammenhang von Gartenausstellungen gefunden. Es soll von Blaise Pascal stammen, was ich nicht prüfen konnte. Ist auch nicht so wichtig. Aber die Idee, die dahinter steckt.
Das erste Buch der Bibel erzählt ja vom Leben im Paradies. Das Paradies nach damaliger Vorstellung war kein Schloss oder ein sonstiges Gebäude. Das Paradies war ein Garten und zugleich ein Bild von Symbiose und Verbundenheit. Mann und Frau waren mit sich selbst, miteinander und mit der Natur und zugleich mit Gott verbunden. Diese Verbundenheit von allem mit allem bewirkte diesen unglaublichen Glückszustand. Dieses Paradies ist uns verloren gegangen. Dazu gäbe es viel zu sagen aus der Sicht der Theologie und vor allem auch aus der Sicht der Psychologie. Dazu hat Eugen Drewermann wegweisend geforscht und geschrieben.
Wenn du und ich heute leben, dann nützt uns wenig die Erinnerung an ein damaliges Paradies. Hilfreicher ist der Garten im Hier und Jetzt. Du hast die Möglichkeit, das Paradies wiederzufinden. Wenn du dich in einen Garten setzt, ist es leichter als in der U-Bahn oder in einer umtriebigen Fußgängerzone.
Ich sitze gerne in unserem Garten und beobachte die Hummeln, wie sie sich auf die Blüten stürzen. Die Amseln und Meisen, die emsig nach Futter suchen. Die wechselnden Farben von Blumen und Sträucher, das Wachsen von Zucchini und den Reifegrad der Tomaten. Es ist immer etwas los. Und sei es, dass nur der Wind durch die Sträucher weht oder es ganz still wird. Und jedes mal fühlt es sich an wie ein Bild meiner eigenen Seele. Was im Außen sich zeigt ist zugleich ein Teil in meinem Inneren. Und so komme ich mir selbst näher. Auf einmal gibt es die Erkenntnis von Verbundenheit. Vor meinem geistigen Auge erscheint neben den Amseln und Hummeln meine Arbeitskolleginnen, meine Familie und Freunde, meine vergangenen Ichs und der Rest der Welt.
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Dienstag, 27. April 2021

Gärt es noch oder kompostierst du schon!


 

In der Mitte unseres Hochbeetes im Garten befindet sich unser Komposthaufen. Die Idee dabei ist die, dass die Nährstoffe so direkt ins Beet geleitet werden. Eine Art Kreislaufsystem. Im letzten Jahr führte es dazu, dass die Schnecken den Platz sehr mochten und den Wechsel zwischen Beet und Kompost. Ich weiß nicht, ob es da drin nur gärt oder ob der Bioabfall sich tatsächlich ordentlich umwandelt. Das Prinzip habe ich noch nicht ganz verstanden und bräuchte eigentlich Nachhilfeunterricht. So ein Komposthaufen kann vor sich hin trocknen, schimmeln, gären oder sich fruchtbar verwandeln. Ein wunderbares Bild und Modell für unser Leben. Und darüber möchte ich heute mit dir nachdenken.

Bei meiner letzten Supervision gab es eine interessante Idee, wie wir mit negativen Erlebnissen gesünder und angemessener umgehen können. Wir können das, was geschieht so verarbeiten, dass wir es abschließen und für die Zukunft fruchtbar machen. Ereignisse können aber auch unverarbeitet und unverdaut in uns weitergären, herumfaulen und uns schleichend vergiften, weil wir es einfach nicht loswerden.

Welche Ereignisse meine ich? Zuerst fallen mir natürlich die Kränkungen ein. Als ich noch Pfarrer war und der Bischof mich gegen meinen Willen versetzen wollte hat mich das sehr gekränkt. Nicht die Versetzung an sich. Das gehört zum Pfarrersein dazu. Man bleibt eine bestimmte Anzahl von Jahren und wechselt auch mal wieder. Gekränkt hat mich der Weg dahin und die Art und Weise. Es gab keine guten Gespräche und Dialoge. Mir fehlten die Fürsorge und die Bereitschaft, meine Anliegen wirklich zu hören. Ich fühlte mich übergangen und nicht gesehen. Die ersten Monate, nachdem ich die Gemeinde verlassen hatte, befand ich mich in einer tiefen Depression und Kränkung. Ich konnte nicht glauben, dass die Kirchenleitung so mit Menschen umgehen kann.

Nach ein paar Monaten wurde mein innerer Zustand nicht wirklich besser. Ich hatte das Gefühl, dass die Kränkung nicht weichen wollte. Insgeheim hoffte ich auf einen Brief des Bischofs mit der Bitte um Entschuldigung. Der kam natürlich nicht. Es kam nichts außer der Aufforderung, wieder in den Dienst zurückzukehren. Das hat meine Kränkung noch verstärkt und ich bin endgültig gegangen. Das war zwar eine Lösung, mit meinem Ärger umzugehen, was aber blieb war die Kränkung und das Gefühl der Ungerechtigkeit und Enttäuschung. Im Bild des Bioabfalls: Der Prozess des Gärens hörte nicht auf.

Was passierte bei meinem eigenen Gärprozess? Ich kehrte in Gedanken immer wieder zurück zu den damaligen Ereignissen und war frustriert, ärgerlich, enttäuscht. Mir kamen Freunde und Feinde in den Sinn und die Phantasiebilder, wer hätte was anders machen müssen oder sollen. Wer war schuld!  Wer hat versagt! Diese „Gärschleifen“ wurden im Laufe der Zeit weniger und auch nicht mehr so heftig, aber sie hielten sich dennoch hartnäckig über mehrere Jahre.

Ein Gärprozess bewirkt ja, dass da nicht wirklich etwas Fruchtbares passiert. Es hat so etwas Passives, Abwartendes und Ohnmächtiges. Es brodelt, ohne dass ich aktiv eingreife und vergiftet im Laufe der Zeit meinen Geist und meinen Körper.

Irgendwann las ich einem Buch den Unterschied vom Gären und vom Kompostieren und mir wurde schlagartig klar, dass ich mit dem Gären aufhören musste und wollte. Ich las nämlich von einem Psychologen in Berlin, der mit ehemaligen DDR-Bürger arbeitete, die an ihrem sozialistischen System festhalten wollten und das Verlorene sehr vermissten. Angelehnt einer posttraumatischen Belastungsstörung nannte er das Phänomen „posttraumatische Kränkungsstörung“. Damals dachte ich: „Das habe ich auch!“ Ich litt an einer posttraumatischen Kränkungsstörung. Jetzt hatte ich aber noch ein zweites Bild und einen Ansatz zur Lösung. Ich befand mich bis zu dem Zeitpunkt noch in einem Prozess der unaufhörlichen Gärung. Mir war sofort klar, dass kompostieren besser ist. Doch worin liegt der Unterschied.

Kompostieren ist in meiner Vorstellung ein aktiver Vorgang. Es findet ein Zersetzungsvorgang statt durch Bakterien und nach und nach geschieht eine Umwandlung. Ich musste also nur aktiv werden. Lösungsorientierte Gedanken entwickeln. Dankbare Gefühle bekommen. In die Handlung gehen. Zeigen, dass ich das Heft des Lebens selber in die Hand nehmen kann. Ich muss nicht auf ein Wunder warten. Ich kann für die kleinen Wunder selber sorgen.

Wie habe ich das für mich jetzt umgesetzt? Meine Gewänder, die immer noch im Schrank lagen, habe ich einem indischen Priester geschenkt. Dem Bischof habe ich geschrieben und noch einmal mit ihm gesprochen. Das Gespräch war versöhnlich und fruchtbar. Der Bischof konnte durchaus Fehler in seinem Handeln einräumen und ich habe auf eine Entschuldigung verzichtet. Es gab und gibt noch ein paar weitere kleine Schritte, aus dem wertvollen Bioabfall Kompost zu produzieren. Aber die wichtigste Erkenntnis für mich bestand darin, den Prozess selber in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Das „Was!“ ist dabei nicht entscheidend, sondern das „Das!“

Ich habe etwas ausführlicher heute von meinem Prozess erzählt, damit du ein besseres Bild davon bekommst, wie ich das mit dem Gären und Kompostieren meine. Wenn ich noch einmal Bezug nehmen darf auf die Corona Krise, so denke ich, dass wir da auch eher in einem Gärprozess uns befinden als dass wir kompostieren.

Im letzten Jahr dachte ich, dass wir im Sommer mit dem Thema durch sind. Wir reflektieren die Pandemie, betrauern die Verluste, richten uns auf die Zukunft aus und lernen für einen besseren Umgang für die nächste Krise. So hätte sich kompostieren angefühlt. Durch die ständigen Verlängerungen des Lock Down sind wir in eine Art Dauerkrise geraten. Der Prozess zermürbt. Er macht müde und es bleiben ständige Unsicherheiten. Bevor eine Nachricht verdaut ist, gibt es schon die nächste. Die Regeln von heute sind nicht die Regeln von morgen. Ständig gibt es Ungereimtheiten und unlogische Schritte. Was bewirkt dieser Gärprozess in unserem Land? Wie wirkt sich das dauerhaft auf unsere Kinder aus? Wie vor allem erlebst du das heute und in diesem Augenblick. Hast du einen Weg gefunden, damit umzugehen? Gibt es Konstanten, die trotz allem bleiben und dir Halt und Sicherheit geben? Hast du noch die Bewusstheit genügend handlungsfähig zu sein?

Es scheint ein wenig so zu sein wie bei der Geschichte mit den beiden Fröschen, die in einen Kontakt kommen mit zu heißem Wasser. Wirfst du einen Frosch ins kochend heiße Wasser springt er sofort heraus. Wenn du einen Frosch ins warme Wasser setzt und die Temperatur nach und nach erhöhst verpasst er den Zeitpunkt des Herausspringens und stirbt.

Haben wir uns so an Corona gewöhnt, dass wir unsere Handlungsspielräume nicht mehr wahrnehmen? Dass es so irgendwie von selber herumgärt und wir verlernen, ordentlich zu verdauen und zu kompostieren?

Stell dir zunächst vor, du würdest Corona gären lassen und im Anschluss stell dir vor, du würdest ab sofort kompostieren. Worin läge da der Unterschied. Was würdest du ab sofort anders machen? Was würdest du weiterhin den Behörden überlassen? Welche Regeln würdest du befolgen und wo würdest du aber auch etwas riskieren? Welche Räume könntest du dir trotz aller Einschränkungen erobern, die du bislang nicht wahrgenommen hast?  

Wir waren über Ostern auf Teneriffa. Der Urlaub war schon vor dem letzten Lock Down geplant und wir haben die Chancen einfach wahrgenommen. Die Lücke gesucht und gefunden. Wenn ich davon erzähle fragen die Menschen zuerst: „Geht denn das?“

Das scheint mir im Moment eine Hauptfrage zu sein: „Was geht denn noch?“ Und die Schlussfolgerung: „Fast nichts mehr!“ Das dürfen wir einmal prüfen.

„Geht denn das?“ Darf der Frosch aus dem Wasser springen? Musst du deine Dinge gären lassen? Darfst du etwas machen? Kannst du etwas machen?

Was du machst, ist nicht so wichtig. Es geht mehr und mehr darum, überhaupt wieder ins Handeln zu kommen. Sich Freiräume zu erobern und das Leben selber in die Hand zu nehmen. Es wird nicht sein wie vor der Krise. Da gibt es eindeutige Wegversperrungen. Es geht darum, sich vom Problemraum zu verabschieden und sich in den Lösungsraum zu begeben.

Wenn ich verreisen möchte und in die Verordnungen der Bundesregierung schaue dann steht dort als erster Satz, dass ich grundsätzlich reisen darf. Das gehört zu den bürgerlichen Freiheiten. Dann kommt eine lange Liste der Einschränkungen, so dass ich nach und nach den ersten Satz aus meinem Gedächtnis streiche. „Ach, es geht ja doch nicht!“

Ich möchte dich einladen, die Möglichkeiten wieder ins Auge zu fassen. Vielleicht findest du nicht sofort eine Lösung. Aber lass doch mal den Satz auf dich wirken: „Ich lebe in einem freien Land.“

Wenn du diesen Satz auf dich wirken lässt dann kannst du dir die Frage stellen: „Welche Freiräume kann ich für mich nutzen? Woran habe ich bislang noch gar nicht gedacht? Welche Menschen möchte ich wieder treffen und wie kann das mit diesen Bedingungen gut gelingen?“

Zugleich könntest du dir die Zeit nehmen, überhaupt einmal Bilanz zu ziehen über dein Leben. Wenn du eh schon viele stille Zeiten hast, dann fühlt sich das an wie „große Exerzitien“. Eine Sabbatzeit. Spirituelle Menschen sollten das alle paar Jahre machen. Sich eine größere Auszeit gönnen und die Weichen neu stellen. Wie würde das gehen?

Wenn du deine letzten Monate und Jahre betrachtest, könntest du eine Liste anfertigen von Kompost und Gärung? Was konntest du gut verdauen und verarbeiten und woran knabberst du bis heute? Denke an ein Ereignis, das schon lange zurückliegt. Was spürst du dann? Kommt Ärger auf oder Traurigkeit? Wie stark empfindest du das Gefühl? Liegt noch Ladung und Energie drauf? Fängt der Gärungsprozess gleich wieder an? Oder kannst du neutral bleiben. Vielleicht sogar dankbar? Dann ist es Kompost. Überall jedoch, wo du eine starke Emotion bekommst legt sich der Verdacht nahe, dass da immer noch was gärt.

Schau dir zuerst die Kompostliste an. Da hat ein Ereignis dich weiter gebracht in deiner Entwicklung. Da hast du etwas wunderbar bewältigt. Du hast es für dich fruchtbar gemacht. Fühle tiefe Dankbarkeit in dir. Klopf dir auf die Schulter und sei stolz.

Mit dieser Energie nimmst du die Gärungsliste. Lass nicht zu, dass du sofort ohnmächtig wirst oder anfängst zu grollen. Ignoriere dein Kränkungsgefühl und frage dich nach dem ersten kleinen, aber wichtigen Schritt. Welchen kleinen Schritt kannst du jetzt machen. Könntest du diesem Menschen einen Brief schreiben? Wäre es möglich, die positiven Seiten zu sehen von dem, was du bislang nur negativ wahrnehmen konntest? Gibt es etwas zu Vergeben und zu Verzeihen? Kannst du in diesen Prozess Liebe hineinschicken nach so vielen Jahren? Magst du die eigenen Anteile neu in den Blick nehmen und bewerten? Was ist dein eigener Anteil am Zustand der Gärung?

Wenn ich an den Frühling denke geht es darum, den Garten zu bestellen. Kompost ist dabei sehr förderlich. Ich kann für mein Leben in den Blick nehmen, was wachsen will. Es ist immer noch möglich, etwas zu säen und am Ende zu ernten. Vielleicht muss ich die Anbaumethoden anpassen, aber das kann ich ja mal beschließen und probieren. Ich wünsche dir ein erfolgreiches und fröhliches Kompostieren deiner inneren Bioabfälle.

 

Samstag, 24. April 2021

Wer teilt mit mir?

Als Kind musste ich teilen. Teilen war negativ besetzt. Ich wollte mehr, durfte aber nicht. Bei anderen Kindern blutete das Herz. Sagte meine Mutter: "Du machst bei Stefan das Herz an'bluten." Ich konnte mir das an'bluten nicht vorstellen. Mir wurde es rot vor Augen. Ich bekam einen Schwächeanfall und - ich teilte. Lieber teilen als durch Missfallen bestraft werden. "Wenn du nicht teilst, bekommst du nie wieder etwas." "Außerdem beleidigst du Gott!" Ich wollte Gott nicht beleidigen und auch weiterhin etwas bekommen. Also teilte ich - widerwillig! Beim Teilen bleibt ja nur ein Teil übrig.
Ich durfte nicht etwas abgeben! Nein, teilen hieß 'gerecht teilen'. Für jeden die Hälfte. Noch besser war es, wenn die Hälfte des anderen Kindes größer war. Dann hat mich meine Mutter geliebt! Erst dann. Alles vorher war selbstverständlich.
Nicht teilen - geht gar nicht! Entzug von Liebe und materiellen Zuwendung
Etwas teilen - noch schlimmer! Das zeigt, wie geizig ich bin. Folge: Auch Mutter geizt - als Strafe.
Gerecht teilen - immerhin! Die Welt bleibt so gerade in Ordnung. Folgen: Waffenstillstand
Wenig für mich - das ist der eigentliche Maßstab! Folge: Frieden in der Familie verbunden mit ein wenig Stolz.

Und heute? Wie schön, wenn ich teilen darf. Teilen verbindet! Es gibt eine andere Art des Teilen, die nichts mit Zwang zu tun hat. Teilst du mit mir eine Pizza? Für mich allein ist sie zu groß! Teilst du mit mir meine Freude? Ich habe eine Gehaltserhöhung bekommen! Teilst du mit mir die Zeit? Ich habe gerade so viel davon und bin gerne mit dir zusammen. Teilen ohne Hintergedanken. Teilen ohne Wertung. Teilen ohne Folgegeschäfte. Teilen, weil es verbindet und Freude macht.

Manchmal kommt mir der Weg meiner menschlichen Entwicklung steinig vor. Wie eine lebenslange Selbsttherapie mit freundlicher Außenunterstützung! Wege aus traumatischen Erlebnissen teilen zu dürfen ist übrigens auch ein Geschenk. Verbindet und heilt!
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Freitag, 23. April 2021

Über den Umgang mit ausweglosen Geschichten!

Never Endig Story - Eine kurze Zusammenfassung für Erfahrungen, die bestimmt jeder kennt.
Da gibt es in Konferenzen die immer gleichen Themen ohne eine für befriedigende Lösung. Sie tauchen in regelmäßigen Abständen in der Tagesordnung auf und verursachen ein Aufstöhnen: "Nicht schon wieder!"
Du hast den Mitgliedern deiner Familie mühsam beigebracht, dass eine verschlossene Zahnpastatube dich sehr viel glücklicher macht. Eine Woche lang geht alles gut und du kommst ins Bad: Die Zahnpastatube ist offen und du musst dir das Scheitern deiner Erziehungsmaßnahmen eingestehen.
Deine alte Mutter ruft an und erzählt dir sehr gefühlvoll und betroffen von der neuesten Erkrankung der schrecklichen Nachbarin. Du kennst dieses Thema schon. Diese dir fremde Nachbarin ist ständig präsent mit ihrem Gesundheitszustand. "Hilfe! Nicht schon wieder! Wann stirbt sie endlich!"
Im Laufe der letzten Jahre sind mir so manche Konferenzen auf den Keks gegangen. Immer die gleichen Geschichten und Themen ohne handfeste Ergebnisse und Beschlüsse. Du kannst nicht ausweichen.
Welche Themen verfolgen dich? In welchen "Never Ending Storys" bist du verwickelt? Wo grüßt dich ständig das Murmeltier? Wie viele Lösungen hast du schon ausprobiert und wie hoch ist noch deine Fähigkeit, das ewig Gleich auszuhalten?
Manchen Storys kannst du kaum ausweichen. Wenn du Teil einer Firma mit Konferenzen bist wird erwartet, dass du teilnimmst. Die Mitglieder deiner Familie kannst du ja auch nicht erschießen, nur weil sie nicht die Zahnpastatube zudrehen. Da sind andere Lösungen gefragt. Hier kommen meine Vorschläge zum Umgang mit "Never Ending Storys":
1. Kapituliere! Füge dich in das Schicksal und ertrage es einfach! Du hörst auf zu kämpfen und kannst die freigewordene Energie gut nutzen.
2. Steige innerlich aus diese Szene aus und schalte deinen Beobachter ein: "Das kenne ich doch! Ich bin mal gespannt auf die heutige Variante! Vielleicht gibt es ja etwas Neues!"
3. Suche Lösungen auf einer völlig neuen und unerwarteten Ebene. Wie meine ich das? "Ewigkeitsthemen" bei Konferenzen dürfen nur noch im Stehen auf einem Bein verhandelt werden. Zahnpasta kaufst du als Spendenbox mit Selbstverschluss. Deine Mutter fragst du beim Erzählen ihrer Krankheitsgeschichten treu und immer, was sie sich denn nun zum Geburtstag wünscht.
4. Du wiederholst beim Auftauchen jeder Story laut den folgenden Satz: "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!" Glaube mir, irgendwann geht allen das Licht auf, dass sie in einer "Murmeltiergeschichte" gefangen sind.
5. Betreibe Bewusstseinsarbeit, indem du deine "Never Ending Storys" als solche enttarnst, entlarvst, aufdeckst und benennst. Es geht dann nicht mehr um eine Zahnpastatube sondern nur eine "Never Endig Story". Du kannst dann neu entscheiden, ob du dabei mitmachst oder nicht. Du kannst dich auch entscheiden, eine Runde auszusetzen.
6. Du gestehst dir ein, dass du diese Dinge auch lieben kannst wie die tägliche Tasse Kaffee und ein frisches Brötchen. Dir wird die Möglichkeit geschenkt Dampf abzulassen und deine Aggressionen auszudrücken. Du darfst dich in Geduld üben und freust dich über die Erleichterung, wenn das Thema für einen Moment gegessen ist. Gefühle der Erleichterung sind wirklich schön!
7. Wegen der Heiligen Zahl 7 müsste ich noch eine weitere Lösung anbieten. Da fällt mir noch die spirituelle Variante ein. Ich wünsche mir auch für mein und für dein Leben ganz persönlich eine "Never Ending Story", auch über den Tod hinaus.
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Donnerstag, 22. April 2021

Ich kann. Ich will. Ich werde.

Manchmal habe ich ein Projekt vor der Nase oder ich bekomme eine Aufgabe gestellt. Dazu gibt es ein erstes Gefühl. Das kann positiv sein und es gibt ein klares Ja. Es kann aber auch so eine Mischung entstehen. So ein "eigentlich". Eigentlich bekomme ich es hin.
Dann stellt sich mir das erste Hindernis in den Weg. Die Zeit reicht nicht aus. Ich brauche länger. Ich habe zu viele andere Aufgaben. Na gut. Ich sortiere und schiebe und finde die Zeit. Dann taucht das nächste Hindernis auf. Ich kann das gar nicht. Nicht wirklich. Mir fehlen die Bausteine, es richtig gut zu machen. Na gut. Dann mache ich mich schlau und schiebe am Zeithindernis noch mal herum.
Dann taucht das dritte Hindernis auf. Ein Familienmitglied wird krank. Na gut. Das Projekt wird verschoben und die Zeit wird noch mal eingeteilt. Es tauchen noch mehr Hindernisse auf mit den Überschriften: "Ich kann nicht mehr - mir fehlt die Kraft!" "Ich will nicht mehr - das sind zu viele Hindernisse" "Ich werde es nicht machen - wie viele Hindernisse kommen da noch?"
Dann merke ich, dass ich in einem "Unmöglichkeitskarussell" feststecke. Da kann es helfen, sich einfach mal zu schütteln und einen "Jetzt erst recht!" oder ein "Nichts hält mich auf!" - Satz zu finden. Jetzt spüre ich meine Aufgaben und lese den Spruch: "Ich kann. Ich will. Ich werde." Ich schaue auf die Punkte am Ende der kurzen Sätze. Kein Fragezeichen. Auch kein übertriebenes Ausrufezeichen. Aber eine Klarheit. Und in einem Team, in einer Gruppe freue ich mich immer, wenn bei einer Lethargie sich ein Mitglied aufrichtet. Alle anschaut und klar sagt: "Ich mache!"
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Mittwoch, 21. April 2021

Erst zentrieren und durchatmen, dann loslegen!



Hast du schon einmal bemerkt, dass du die gleiche Tätigkeit mal mit Energie und Kraft locker bewältigst und ein andermal nur mit großer Mühe und Anstrengung?
Also, du stehst in der Küche und bereitest das Essen zu. Voller Freude liest du dein Rezept. Du schaust in den Kühlschrank, ob alle Zutaten da sind. In deiner Phantasie entsteht das Bild eines wunderbaren Gerichtes auf einem schön gedeckten Tisch. Deine Familie oder die Gäste schauen erwartungsvoll auf das Wunder, das du gewirkt hast. Nach den ersten Gabeln vernimmst du ein Ah! und Oh! Mit diesem inneren Bild und dem beglückenden Gefühl stellst du dich an den Herd und zauberst fast ohne jede Anstrengung dein Essen.
Ein paar Tage später stehst du wieder in der Küche. Du liest dein Rezept, du schaust in den Kühlschrank ... und du merkst: Etwas fehlt! Du freust dich nicht. Du bekommst kein Bild vom Ergebnis. Die Familie erscheint dir als undankbar. Die Zutaten erfüllen nicht deine Erwartungen. Du kochst und hoffst, du bekommst alles noch irgendwie fertig. Mühselig und angestrengt vollziehst du jeden Arbeitsschritt. Das Essen kommt auf den Tisch und du bist nur froh, wenn du anschließend deine Ruhe hast.
Der Zuschauer deines Filmes sieht zwei fast identische Szenen. Aber wenn der Zuschauer in dein Inneres hineinblicken könnte, würde er einen großen Unterschied wahrnehmen. Die erste Szene wäre gefüllt von Leben und Freude und die zweite Szene trist und grau.
Mich erinnert das an die erste Geschichte in der Bibel. Die Menschen leben im Paradies und arbeiten in diesem Garten voller Liebe und in Verbundenheit mit dem Schöpfer. Nach dem Essen von der verbotenen Frucht verwandelt sich das Paradies in einen Ackerboden, der kaum zu bewältigen ist. Die hilfreichen Engel verschwinden und sie fühlen sich ausgestoßen und verloren in einer kalten Welt.
Manchmal sagst du vielleicht selber: „Ich bin nicht im Vollbesitz meiner Kräfte.“ Wenn dir die Kraft fehlt, wird das Leben zu einer Anstrengung. Wenn du in der Freude bist, wird jede Arbeit zum Spiel und du erlebst dich wie im Flow. Wenn die Anforderungen jedoch anwachsen kann es sein, dass du mehr und mehr den Bezug zu deiner Mitte verlierst.
Wenn dir das Kartoffelschälen keine Freude mehr bereitet und du lustlos mit dem Löffel in der Sauce rührst, wird es Zeit, dass du eine Pause einlegst. Tank erst mal wieder auf! Stell dich in deinen Sonnenraum! Suche einen Wohlfühlort auf und tu erst einmal – nichts! Dein Sonnenraum kann ein äußerer Ort sein wie die Bank vor der Tür, ein Sessel im Wohnzimmer oder ein Platz  unter einem Baum. Dein Sonnenraum braucht jedoch zugleich eine innere Entsprechung. Im Sessel deines Wohnzimmers schließt du die Augen und wendest dich nach innen. Du visualisierst Licht und Wärme. Die angestrengte und überforderte Person in dir bittest du, für einen Moment zur Seite zu treten. Du könntest sie in die Küche schicken und von deinem Sessel aus betrachten. Von deinem Sessel aus schaust du wohlwollend auf die Person in der Küche, die sich gerade abmüht und keine Kraft hat. Dieser Person in der Küche schickst du Aufmerksamkeit und Anerkennung. Du selbst in deinem Sessel weißt, dass alles sich zum Guten wenden wird, denn du bist ja weise. Wenn du die Mitte wieder gefunden hast in deinem Sonnenraum kannst du diesen Menschen in der Küche ja ein wenig unterstützen. 
Wie oft höre ich: „Das muss ich erst noch fertig machen, dann gönne ich mir eine Pause!“ Im Hintergrund klingt bei mir: „Ich muss mich erst noch fertigmachen, dann kann ich eh nicht mehr!“ Arbeiten bis zum Anschlag. Die Pause musst du dir verdienen. Dann kann ich nur sagen: Umgekehrt! Umgekehrt! Nur mit der Pausenstimmung kommst du gut in deine Arbeit. Ohne innere Anbindung an deinen Sonnenraum wird das Leben zum Krampf. Dann höre ich: „Aber ich muss doch ...“ Überprüf einmal deine Glaubenssätze. Von wem stammen diese Aussagen? Spricht da deine Mutter oder dein Vater?
In der Mitte deines Sonnenraumes bist du unangreifbar für das schlechte Gewissen und die ständige Pflichterfüllung. Da ist Platz für dich. Da tankst du auf. Da bist du einfach da!

Montag, 19. April 2021

Halb voll oder halb leer?

Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich darüber, dass der Dornenstrauch Rosen trägt. (aus Arabien)


Ärgere dich nicht darüber, dass die falschen Politiker an der Regierung sind, sondern freue dich darüber, dass eine Regierung auch falsche Politiker verträgt.
Ärgere dich nicht darüber, dass Papst Franziskus bislang so wenig Reformen umgesetzt hat, sondern freue dich darüber, dass trotz der wenigen Reformansätze Papst Franziskus seine gute Laune noch nicht verloren hat.
Ärgere dich nicht über deinen Nachbarn, der mit seinem Grill die Luft in deinem Garten verpestet, sondern freue dich darüber, dass trotz des Grills dir genügend Luft zu atmen bleibt.
Ärgere dich nicht darüber, dass deine erwachsenen Kinder dich nicht mehr anrufen, sondern freue dich darüber, dass deine Kinder ein so sinnvolles Leben führen, dass für Anrufe keine Zeit bleibt.
Ärgere dich nicht über das katastrophale Fernsehprogramm, sondern freue dich darüber, dass trotz des katastrophalen Fernsehprogrammes du noch Lust auf gute Unterhaltung hast.
Ärgere dich nicht über einen schlechten Service im Lebensmittelmarkt, sondern freue dich über einen Lebensmittelmarkt, in dem du noch das eine oder andere Produkt findest, das dein Herz erfreut.
Ärgere dich nicht darüber, dass du irgendwann sterben musst, sondern freue dich darüber, dass bis zu dem Zeitpunkt noch ein paar Atemzüge machen darfst und heute dein Leben genießt.

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Samstag, 17. April 2021

Dein innerer Schatzhüter!




Der Held eines Märchens macht sich auf den Weg, um einen Schatz zu finden. Nach der Bewältigung zahlreicher Aufgaben stößt er irgendwann auf den Schatzhüter. Außermenschliche Wesenheiten wie Drachen, Zwerge, Gnome oder Feen sind in der Regel für diese Aufgabe zuständig. Sie halten die kostbaren Dinge zusammen und passen auf, dass kein Unberechtigter sich diese Schätze aneignet.
Welche Qualitäten braucht ein Schatzhüter? Nun, er kennt sich bestimmt aus mit den menschlichen Schwächen wie Gier und Neid. Er ist mutig und stellt sich entschlossen jedem Eindring entgegen. Auch sein Leben setzt er dabei aufs Spiel. Er weiß um die Qualität und Bedeutung seines Schatzes und kennt hoffentlich jedes noch so kleine Teil. Er weiß von zahlreichen Sicherungstechniken und ist immer wachsam.
So weit zum Schatzhüter im Märchen und jetzt zu dir und mir. Auch du trägst einen Schatz in dir. Du bist so kostbar und wertvoll. Du bist so liebenswert! So einmalig! Kannst du vor dem Spiegel stehen und dich anschauen und alle Qualitäten sehen, die in dir schlummern? Oder findest du das peinlich? Du siehst eher deine Defizite? Die Körperteile, die du nicht magst? Du denkst oft, dass du etwas nicht richtig gemacht hast? Es hat nicht ausgereicht?
Manchmal bewegst du dich im Bewertungsmaßstab der Schulnoten von befriedigend über ausreichend bis mangelhaft und ungenügend. Leider sind wir von diesem Notensystem sehr geprägt. Solche Noten findest du nie: hervorragend, super, toll, klasse, außerirdisch. Da fehlt außerdem ein Satz, der vor und über allen Bewertungssätzen steht. „Bevor ich dir eine Note gebe sage ich dir, dass ich dich liebe! Und das ist mir wichtiger als jede Bewertung.“ Stell dir doch einmal vor, dass als erster Satz auf jedem deiner Schulzeugnisse stehen würde: „Du bist ein wertvoller Schatz unserer Schulgemeinschaft. Wir freuen uns, dass du da bist und wünschen uns, dass du dich hier bei uns wohlfühlst. Was wir dafür tun können, wollen wir dir gerne anbieten. Und wenn du etwas vermisst, dann sprich uns gerne an. Es ist uns eine Ehre, dass du diese Schule ausgewählt hast.“
Stell dir vor, dass du einen solchen Satz auf deinem Zeugnis lesen würdest. Welche Bedeutung hätten dann noch die klassischen Noten? So sehen unsere Zeugnisse leider bis heute noch nicht aus. Dein Leben wurde geprägt von Noten sehr gut bis ungenügend - ohne den wertschätzenden Vorsatz.
Im Wort Wertschätzung verbergen sich „Wert“ und „Schatz“. Kannst du dich selber gut wertschätzen? Wenn ja, dann bist du in deiner Kindheit gut genährt worden oder du hast dich prächtig entwickelt trotz schlechter Noten. Herzlichen Glückwunsch!
Vielleicht gehst du aber eher kritisch mit dir um. Ständig finden in dir Gerichtsverhandlungen statt mit dem Urteil: „Schuldig!“ Ich lade dich ein, dass du dich von diesem selbstzerstörerischen Spiel verabschiedest. Es hat genug Schaden angerichtet. Und es ist ungesund für Körper, Geist und Seele und hilft dir nicht bei deiner Weiterentwicklung.
Ich lade dich ein, dass du jetzt einmal Kontakt aufnimmst mit deinem Schatzhüter, deiner Schatzhüterin in dir. In dir gibt es eine Instanz, die genau weiß, worin deine Qualitäten bestehen. Sie passt auf dich auf, dass dich niemand kränkt oder verletzt. Sie verhindert aber auch manchmal, dass du auf deine Schätze zugreifen kannst. Du brauchst eine gute Verbindung zu ihr, damit du nicht ständig vor verschlossenen Türen stehst.
Bist du schon mal einem Schatzmeister oder Kassierer in einem Verein begegnet oder sogar selber einer gewesen? Wie gehen diese mit dem Geld um? Verteilen sie großzügig den Bestand bis nichts mehr da ist? Oder halten sie alles zusammen und feilschen um jeden Euro, den sie herausrücken sollen?
Ihr Job besteht darin, das Eigentum eines Vereins zu verwalten und zu beschützen. Aufpassen, dass nichts einfach so wegkommt. Nicht ohne Erlaubnis, ohne Sinn oder ohne Erklärung. Dabei kann ein Schatzmeister übertreiben in die eine oder andere Richtung. Er muss ja schließlich am Ende der Periode dafür Rechenschaft ablegen.
In dir gibt es auch so einen Schatzhüter, einen Schatzmeister, der aufpasst und abwägt. Ich möchte dir empfehlen, dass du dich mit ihm gut stellst. Wenn er dich mag, dann kann er sehr großzügig sein. In den Märchen werden Schatzhüter manchmal mit Brot oder Schmeicheleien gefüttert, damit sie ihre Achtsamkeit verlieren. Ein Schatzhüter kann zum Türöffner werden, wenn du ihn freundlich behandelst. Du möchtest ja schließlich einen Zugang erhalten zu deinen inneren Schätzen, oder?
Hast du schon einmal Kontakt zu dieser inneren Instanz aufgenommen? Ist sie bei dir männlich oder weiblich? Wo wohnt sie in deinem Körper und wie fühlt sie sich an? Was mag sie und was mag sie überhaupt nicht? Mit welchen Sätzen und Angeboten könntest du einen Zugang finden? Wirst du einen Drachen treffen oder doch eher einen Gnom oder eine gute Fee?
Wenn du dich vor einen Spiegel stellst, dich anschaust und dich so überhaupt nicht magst, dann macht dein Hüter einen tollen Job. Er hält dich fern von allen inneren Schätzen der Wertschätzung deiner selbst. Möchtest du, dass es so bleibt, oder hättest du lieber eine kleine Änderung? Wenn du magst, dann spreche ich jetzt mal mit ihm.
„Hallo Schatzhüter von (hier setzt du deinen Namen ein). Du machst einen tollen Job. Danke, dass du so gut auf alle diese Schätze im Inneren deines Menschleins aufpasst. So kann nichts verlorengehen. Und du bist ein wundervolles Wesen. Wie lange schon achtest du darauf, dass nichts passiert, was deinem Menschlein schaden könnte. Ohne dich wäre es da drinnen bestimmt ganz leer. Du bist ja schließlich extra gekommen, weil dein Menschlein oft beschimpft wurde mit solchen oder ähnlichen Sätzen wie: ‚Sei vorsichtig! Mach das richtig! Kannst du nicht aufpassen!’ Solche Kränkungen kann auf die Dauer niemand ertragen. Da ist es besser, die innere Tür sicher zu verschließen.
Lieber Schatzhüter von ... Jetzt ist dein Menschlein im Laufe der Jahre ein erwachsener Mensch geworden. Kannst du wahrnehmen, wie er vor dem Spiegel steht und ständig Zweifel an sich hat und sich in Frage stellt? ‚Bin ich in Ordnung, so wie ich bin? Muss ich etwas verändern?’ Wenn du dann immer die Tür zum Schatz zuhältst kann dein Mensch wirklich verzweifeln. Er glaubt tatsächlich, dass da gar nichts vorhanden ist. Nur, weil du deinen Job so gut machst, fühlt sich dein Mensch irgendwie klein und unbedeutend. Ich möchte dich einladen, die Tür einfach mal zu öffnen. Schau, wie dein Mensch sich auf einmal freut, wenn er die vielen Schätze sieht. Hol doch mal die eine oder andere Kostbarkeit heraus!“
Und jetzt möchte ich dich einladen lieber Lesemensch, dass du die Stimme deines inneren Schatzes hörst. „Hallo du ...! Du ... bist so kostbar und wertvoll. Wie schön, dass du da bist auf dieser Welt. Du ... bist mein Baby und mein Engel. Ich bin so gerne mit dir zusammen. In deiner Nähe fühle ich mich frei und geborgen zugleich. So lange wollte ich dir das schon sagen, aber der Schatzhüter hat mich nicht gelassen. Er dachte, es sei besser, die Türe zu schließen, damit eine eventuelle Verurteilung oder Bewertung nicht so weh tut. Leider hat er damit auch verhindert, dass ich dir Liebe schenken konnte. Aber jetzt darf ich ein wenig nachholen und nachnähren. Siehst du, wie der Schatzhüter staunt! Siehst du, wie er sich mit dir freut? Er darf mal Pause machen von seinem anstrengenden Job. Du bist ja auch inzwischen erwachsen. Du kannst es verkraften, wenn dich mal jemand nicht so liebevoll ansieht. Was hältst du davon, diesen Kanal offener zu halten? Das würde mich freuen. Ich hätte es viel leichter und ich könnte dir immer wieder etwas Nettes ins Ohr flüstern. Dein Schatzhüter könnte mich dabei unterstützen. Vielleicht als Übersetzer? Oder Postbote? Du könntest dir dann sagen, wie gerne du dich selber hast. Ist das ungewöhnlich? Neu für dich? Genieße es einfach! Du mein Baby und mein Schatz und mein Engel. Schön, dass ich bei dir sein darf!“
Wenn du Zugang bekommst zu deinen inneren Schätzen, kannst du mit deinem Schatzhüter besprechen, wie er seine Aufgabe verändern kann. Eigentlich geht es mir ja um den Schatz in dir und nicht um den Hüter. So ist das auch in den Märchen. Am Ende soll der Schatz gehoben werden. Aber der Weg dahin führt über den Schatzhüter. Eigentlich bist du ja selber dieser Schatz in dir. Du kannst zu diesem Anteil sprechen und dieser Anteil kann zugleich mit dir reden. Oder du sprichst einfach mit dir selbst.
So nebenbei fällt mir ein, dass die Natur auch den Schatzhüter kennt. Die Kastanie wird beschützt durch einen stacheligen Mantel. Die Erbsen haben ihre Schoten und die Nüsse ihre Schale. Das Innere will behütet sein. Zugleich liegt es als Geschenk für dich bereit. Du musst nur den Schatzhüter beachten und es auspacken.
Jesus sagt im Thomasevangelium: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch.“ In dir gibt es also eine ganze Welt voller Liebe und Wertschätzung. Ich wünsche mir, dass du diesen Schatz entdeckst und für dein Leben nutzt. Als kleines Baby hast du diese Wahrheit noch wie selbstverständlich verkörpert aber durch die abweisenden Erlebnisse in der Kindheit verloren. Als erwachsener Mensch darfst du nun diese wunderbare Wahrheit wieder entdecken.
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Freitag, 16. April 2021

Jenseits von richtig und falsch!

Nach der Trennung von einem Lebenspartner kommt irgendwann so ein Punkt der Akzeptanz oder sogar der Versöhnung. "Es war nicht der Richtige!" Wenn ich diesen Satz höre spüre ich so einen Schauer und ein inneres "Halt! Stopp!" Stimmt das wirklich?

Ich fahre in den Urlaub und stelle fest, dass es nicht die richtige Ferienwohnung war. Es war nicht das richtige Restaurant und ich habe nicht das richtige Essen ausgewählt. Ständig kann ich etwas nicht richtig machen. Ich entscheide mich für die Straße, die in den Stau führt. Ich gehe in den Supermarkt, der ein bestimmtes Produkt, das ich möchte, nicht führt. Ich wähle ein Kleidungsstück aus, dass eine Nummer zu klein oder zu groß ist. Eine falsche Straße ist vielleicht noch zu verkraften. Aber der "falsche" Lebenspartner?
Richtig und falsch erlebe ich als Wertung. Und oft als eine Abwertung. Meine Alternative dazu heßt, dass ich lieber sage: "Ich habe mich entschieden!" Ohne eine Bewertung, ob es richtig oder falsch ist. Und auch ohne Angst vor den Kategorien richtig oder falsch. In dem Augenblick, wo ich die Entscheidung treffe, fühlt es sich stimmig an und ist einigermaßen durchdacht. Mir reicht es auch aus, wenn es so ungefähr ist.
Beobachte dich doch einmal selbst. Wann stellt sich bei dir ein Zufriedenheitsgefühl ein? Reicht es dir aus, wenn eine Ferienwohnung so ungefähr passt? Wenn zwei oder drei wichtige Kriterien erfüllt sind? Oder suchst du immer nach der perfekten Lösung und bist dann enttäuscht, wenn sich dein ganzer Aufwand nicht gelohnt hat. Wenn es noch eine bessere Lösung gegeben hätte. Wenn sich bei dir der Eindruck einschleicht: "Es war nicht der Richtige! Oder - es war nicht die richtige Entscheidung!" Wann also stellt sich bei der der Punkt ein, wo du einfach JA sagen kannst und es ist in Ordnung für dich.
Suchst du den perfekten Ehemann, die perfekte Ehefrau? Die perfekten Kinder? Das perfekte Produkt? Stehst du am Ende vor einer Alternative A oder B? Du entscheidest dich irgendwann für A und bist doch nicht so zufrieden damit. Du trauerst dem B hinterher?
Mir hilft die Vorstellung und die Absicht, immer mehr auf den Richtigen und Falschen zu verzichten. Ich entscheide mich für meine Entscheidung. Punkt! Richtig und falsch schafft im Kopf Blockaden und Hindernisse. Mir hilft die Erkenntnis: Es ist, was es ist. Alles hilft und jede Entscheidung dient meiner Weiterentwicklung. Ich achte darauf, gut mit mir und den anderen umzugehen.
Und wenn ich auf richtig und falsch noch nicht völlig verzichten kann, dann erinnere ich mich daran, dass es im Augenblick der Entscheidung für mich sich richtig angefühlt hat. Und dazu kann ich stehen
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Donnerstag, 15. April 2021

Wenn ihr mich sucht ihr findet mich im Zwiespalt

Manchmal begegne ich einer Freundin.
Ich grüße ganz freundlich und bin zugewandt.
Dann bin ich ganz da und das fühlt sich ganz schön an.

Manchmal begegne ich einer Freundin.
Ich grüße ganz freundlich und merke eine Mühe.
Ich bemühe mich, ganz da zu sein.
Und schaffe es nicht, weil ein Teil von mir woanders ist.

Ich bin bei der Arbeit, die vor mir liegt.
Ich klebe an einem Problem, das ich nicht lösen kann.
Ich bin gerade in einer Kränkung.
Ich fühle mich einfach so nicht wohl - ohne Grund.

Dann befindet sich wohl ein Teil von mir in einer Spalte.
Ich bin abgetaucht und nicht so ganz da.
Wenn ich so in einem "Zwiespalt" bin.
Dann freue ich mich, wenn mich jemand sucht und dort besucht.

Das ist dann leichter, diesen "Zwiespalt" zu verlassen.
Den Weg aus der Spalte zu finden und wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Wieder handlungsfähig zu sein und die Verantwortung zu übernehmen.

In der "Zwiespalte" stecke ich fest, wenn ich mich zwischen zwei Dingen entscheiden muss.
Mache ich A oder doch besser B.
Je länger ich dort stehe, desto mehr tut sich der Spalt auf.

Und? Wie lange brauchst du an der Stelle zwischen A und B bis sich der Spalt auftut?
Oder bekommst du immer noch früh genug die Kurve und bleibst handlungsfähig?

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Dienstag, 13. April 2021

Bald ist alles wieder gut!

Wirst du als Erwachsener noch genug getröstet? Oder hast du es dir im Laufe deiner Jahre angewöhnt, mit deinem Traurig sein alleine klarzukommen.
Als Kinder sind wir zu unseren Eltern gerannt oder zu den netten Erzieherinnen im Kindergarten. Jemand hat uns verletzt. Wir haben geweint und wurden getröstet. Einmal auf den Arm und gestreichelt werden. Tränen abtrocken und sich schneuzen in ein großes Papataschentuch und "alles ist wieder gut". Als Kinder waren wir Profis in diesem herrlichen Selbstreinigungsprozess.
Doch dann wirst du älter und du gehst nirgendwo mehr hin. Vielleicht noch zur Freundin, zum Freund und der sagt dir dann in Erwachsenensprache: "Bald ist alles wieder gut!" Manche trauen sich auch noch zu, sich dabei in den Arm zu nehmen. Aber später? Als Erwachsener? Also so richtig Erwachsener? Wo kannst du da hingehen und einfach mal so richtig losheulen, bei einem Gegenüber, der das aushält und einfach nur hält!
In jedem von uns wohnt die Seele eines Kindes mit alten und neuen Kränkungen und Verletzungen. Du schaffst es nicht, ungekränkt durchs Leben zu gehen! Ich wünsche dir und mir, dass der innere Ozean der Tränen gute Abflüsse findet sprich - die Traute und einen guten Halt!
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Dienstag, 6. April 2021

Nimm es leicht!


Stell dir eine Situation vor, die dich belastet. Du hast einen Fehler gemacht. Du hast dich blamiert. Du fühlst dich nicht wohl damit. Du möchtest es verdrängen, leugnen, zur Seite schieben. Aber es lastet auf dich. Wie fühlt es sich an?
Wenn das Ereignis frisch ist, kann ich diese Reaktion gut verstehen. Aber wenn diese Geschichte schon lange zurückliegt? Wenn es sich in deiner Kindheit abgespielt hat? Und wenn du daran denkst und es fühlt sich wieder so schwer an, macht das noch Sinn? Diesen alten Teebeutel wieder in die Tasse zu hängen und alte Gefühle wiederzubeleben? Es ist ein altes Gefühl! Es ist nicht aktuell!
Jetzt magst du denken: Aber ich kann mich nicht dagegen wehren. Es kommt einfach immer wieder. Ich hatte mich damals so blamiert! Es belastet mich immer noch! Dann belastet dich nicht das vergangene Ereignis sondern es belastet dich das aktuelle Gefühl, dass du dir selber gemacht hast. Die Erinnerung erschafft das Gefühl. Du bist der Schöpfer dieses Gefühls. Du hast es selber erschaffen!
Wenn du mal in die Jauchegrube gefallen bist und es dir nicht gefallen hat. Würdest du freiwillig wieder hineinspringen? Würdest du noch einmal eine heiße Herdplatte anfassen um das Gefühl von Verbrennung wiederzubeleben? Würdest du doch nicht. Das macht keinen Sinn! Aber deine alten Ereignisse kramst du dein ganzes Leben lang wieder hervor und erneuerst deine schlechten Gefühle.
O.k. Wenn du es nicht lassen kannst, weil du ein Erinnerungsjunkie bist dann mache es doch einmal ganz richtig. Das geht so!
Stell dir eine Situation vor, die dich belastet. Schließe dazu die Augen und lass sich das Bild in dir entfalten. Nimm wahr, wie deine Mutter dich auslacht und wie du reagierst. Wende dich aber dieses mal auf keinen Fall ab wie sonst! Bleib bei dem Bild! Bleib noch weiter bei dem Bild! Schau dir deine Mutter an und schaue dich selber an. Lass alles zu, was auftaucht. Es ist wie bei einem Eiterpickel: Alles muss raus! Also schau das Bild an. Übernimm die Verantwortung dafür. Es ist deine Situation, deine Geschichte, deine Erinnerung. Sie gehört dir! Egal was du erlebt hast. Schau dir die Situation an und laufe nicht weg! Halte es länger aus als sonst. Schau dich daran satt! Ich habe einmal Sahne sehr gerne gemocht. Dann habe ich einen ganzen Becher Sahne getrunken und mir wurde schlecht. Lange Zeit konnte ich dann keine Sahne mehr essen. Ich hatte die Nase voll davon. Schau dir also mal als Experiment deine schwere Geschichte an bis du satt bist.
Wenn du es lange genug gemacht hast wird etwas sehr Unerwartetes und Ungewöhnliches geschehen. Davon kann ich dir hier nichts erzählen, denn dann würde dein Geist ganz schnell dahin flüchten. Das möchte ich vermeiden.
Wenn du dir dein Bild anschaust dann machst du etwas anderes gleichzeitig. Du sagst dir: Jetzt bin ich hier. Mein Leben ist weitergelaufen! Ich bin die von damals und zugleich jemand anderes. Zum Abschluss der Übung schaust du auf das Mädchen im Foto: Es bläst eine Pusteblume. Die Geschichte ist abgeschlossen. Der Same darf sich verteilen. Die Geschichte war schwer und der Same ist leicht. Wie bei einer Pusteblume puste ich den Samen meiner Geschichte in die Welt und habe Anteil an meiner Weiterentwicklung und der Entwicklung der Welt.
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Montag, 5. April 2021

Wieso positives Denken so nicht funktioniert!


Positives Denken funktioniert nicht wirklich. Das behaupte ich mal einfach. Die Bücher darüber verkaufen sich zwar toll. Allein die Vorstellung, dass das Lesen eines solchen Buches über positives Denken dir hilft, beflügelt dich.
Aber mal ehrlich. Hilft positives Denken wirklich? Ich erlebe eher, dass die Menschen, die es versucht haben, daran scheiterten und am Ende noch enttäuschter waren.
Positives Denken kann auch nicht helfen, weil es die Programme im Unterbewusstsein nicht berücksichtigt. Wenn du kein grundsätzliches Vertrauen ins Leben hast vom Bauch und vom Herzen her, dann helfen keine noch so klugen Sprüche. Deine einschränkenden und negativen Glaubenssätze machen dir das alles in Windeseile kaputt.
Da lese ich diese Spruchkarte und empfange eine interessante Botschaft. Positives Denken ist nutzlos. Und "immer" ist sowieso eine Überforderung. Wenn da in diesem O auf der Spruchkarte nicht ein Smiley wäre. Da grinst mich in diesem Buchstaben das Gesicht an und löst ein Gefühl aus. Das trifft mich ins Herz. Das freundliche Gesicht erweitert die Perspektive über das Kopfspektrum hinaus auf den Herzensbereich. Alles wird gut!
Es kommt also nicht auf das positive Denken an sonder auf die "Arbeit" mit den tieferliegenden Schichten in dir. Wenn du entspannt und gelöst bist brauchst du nicht mehr positiv Denken. Du bist ja im Vertrauen. Du bist! Mehr braucht es nicht!
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Samstag, 3. April 2021

Bist du schon wach oder noch in einer Hypnose?



Ich hatte einen eigenartigen Tagtraum. Ich stellte mir vor, dass ich sterbe. Im Augenblick des Sterbens war ich jedoch nicht tot, sondern äußerst wach. Es kam  mir so vor, dass ich nie zuvor wacher war. Eine intensive Form von Bewusstheit, wie ich sie nie kannte. Ich blickte zurück auf mein körperliches und irdisches Leben und staunte über mich. Ich staunte darüber, dass ich den ganzen Weg wie in Trance gegangen sein musste. So im nach hinein merkwürdige und überflüssige Dinge habe ich gemacht! Eigenartige Gedanken hatte ich. Das hattee ich gefühlt? Das war mir wichtig? Dann schüttelte ich den Kopf und lachte bis mir schwindelig wurde. Ich war froh über mein Aufwachen nach dem Tod und diesen neuen und zugleich vertrauten Zustand von körperloser Lebendigkeit.
Jetzt kehre ich mit diesem Gedanken zurück in das Hier und Jetzt. Zurück zu mir und verbunden mit dir. Und ich stelle mir die Frage, wie wach bin ich denn wirklich in diesem Augenblick? Oder wie stark stehe ich unter Hypnose ohne dass ich es merke.
In den ersten Monaten meines Lebens habe ich als Baby geschlafen. Ich bekam nichts mit von der Außenwelt. Ich hatte Hunger und das Bedürfnis nach Nähe wenn ich wach war. Aber den größten Teil des Tages und der Nacht schlief ich. Ein quasi dauerhypnotischer Zustand. Irgendwann bekam ich mehr mit. Ich erkannte das Gesicht meiner Mutter wieder. Ich habe geschrien und gemerkt, dass jemand da drauf reagierte. Von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr wurde ich wacher und bekam mehr mit. Ich entwickelte eigene Fähigkeiten und  beschränkte meinen Schlaf auf ein paar Stunden in der Nacht und einige Momente des Tagträumens. Auch bei automatisierten Arbeitsabläufen konnte ich parallel dösen. Aber ich fühlte mich jenseits hypnotischer Zustände.
Ich werde also immer wacher, je erwachsener ich werde, oder? Aber auch da gibt es Unterschiede. Ich erinnere mich noch daran, wie ich das erste Buch von Eugen Drewermann las. Nach drei Jahren Theologiestudium das erste Fachbuch, in das ich völlig abtauchen konnte. Dann las ich C.G Jung und hatte den Eindruck von Tiefseetauchen in Erkenntnis. Ich bekam Heißhunger darauf, die Welt, das Leben, mich selbst intensiver zu erleben und zu verstehen. Da gab es sehr wache Phasen. Und dazwischen natürlich die Routinen des Alltags.
Ich wünsche mir mehr von diesen wachen Zuständen. Sich selbst spüren. Das Leben erkennen und verstehen. Verbunden sein. Schöpferisch tätig werden. Ein intensives Ja zu allen Gedanken und Gefühlen. Den Eindruck von Weiterentwicklung.
Das ist mein erster Blick auf das eine Ende eines mir vorgestellten Pendels. Ein erweiterter Zustand von Bewusstheit und wachem Zustand. Daneben erlebe ich auch das andere Ende des Pendels. Da gibt es den natürlichen Tiefschlaf, die Tagträumereien in einer Art Trance. Entspanntes dösen und alle damit verbundenen Phasen, die der Erholung dienen.
Ich möchte mit dir aber den Blick richten auf die hypnotischen Zustände. Sie befinden sich eigentlich nicht mehr im gesunden Wechsel von Wachen und Schlafen. Ich spreche von Zuständen, die mich mit Besorgnis erfüllen.
Ich gehe durch die Stadt und sehe draußen im Café eine Familie mit zwei Kindern. Alle sind in ihr Smartphone vertieft und bekommen im Außen nichts mehr mit. Sie sind abgetaucht in eine virtuelle Welt und kommunizieren nicht mehr miteinander. Wenn es nur das Café wäre. Im Auto setzt sich die gespenstische Szene fort und im Haus wird nur noch das Nötigste gesprochen. Niemand leidet unter dem Verlust von Beziehung. Die Aufmerksamkeit auf das Smartphone absorbiert alles. Alle Gedanken und Gefühle. Alle Aufmerksamkeit. Wenn es sprechen könnte, was würde es sagen? „Ich bin dein neuer Gott! Ohne mich kannst du nicht leben! Du brauchst mich. Zu jeder Sekunde deines Lebens. Weißt du, wie oft du mich öffnest? Ich habe unendlich viele Möglichkeiten für dich bereit. Ich bin dein Gott!“
Ich sehe ein Ehepaar vor einem Restaurant stehen. Der Mann schaut in sein Smartphone und liest dort etwas. „Ich schaue mal eben, ob ich was über das Restaurant finde.“ Es dauert und die Frau setzt sich auf die nächste Bank. Ich schaue auf die Uhr und nach fünf Minuten beschäftigt sich der Mann immer noch mit dem, was er dort liest. Manchmal tippt er. Dann runzelt er die Stirn. Dann lächelt er wieder. Und er blickt nicht mehr auf. Seine Frau hat er vergessen.
Je länger wir mit dem Smartphone leben, desto mehr geraten wir in eine Art Hypnose. Wir merken den unglaublichen Sog gar nicht mehr. Ich erinnere mich noch an die Anfangszeit dieses Gerätes. Ich saß mit zwei Kollegen in einem Restaurant und ein Kollege schaute alle fünf Minuten auf sein Smartphone. Er war irgendwie nicht da. Er konnte sich nicht wirklich an unserem Gespräch beteiligen. Damals ärgerte ich mich noch riesig darüber. Heute resigniere ich. Bin dem sogar selbst erlegen wenn ich nicht aufpasse. Ich gehe zurück zu meinem Traumbild am Anfang und schüttle den Kopf nach meinem Tod. „In der ersten Hälfte meines Lebens war ich noch lebendig. In der zweiten war ich hypnotisiert vom Smartphone. Da habe ich nichts mehr mitbekommen.“
Es wird Zeit, dass wir aufhören, Onlinesklaven zu sein. Es gilt, wieder aufzuwachen und sich die Frage zu stellen. „Was möchte ich jetzt wirklich mit mir und von diesem Leben.“
Wenn ich aufmerksam durch das Leben gehe, dann stelle ich fest, wie stark wir hypnotisiert werden ohne dass wir es so richtig merken.
Ich gehe in den Supermarkt und schiebe wie in Trance meinen Einkaufswagen zu den vertrauten Produkten. Die Musik, die Farben, die Gerüche erzeugen in mir einen Nebel. Ich passe nicht mehr so richtig auf, was ich kaufe. Die Fülle erschlägt mich und versetzt mich zugleich in einen gedämpften Zustand. Sonst wäre ich völlig überfordert.
Ich gehe durch die Fußgängerzone einer Stadt und denke, die kenne ich doch. In jeder Stadt finde ich die gleichen Geschäfte. Und täglich grüßt das Murmeltier! Nach wenigen Augenblicken schalte ich ab und fühle mich wie ein Schlafwandler.
Ich habe vor sieben Jahren mit dem Fernsehen radikal aufgehört. Da gab es die ewig gleichen Nachrichten mit Skandalen, Unfällen und Wetterprognosen. Ich hätte um 20.20 Uhr schon nicht mehr sagen können, was heute in der Welt passiert ist. Ich muss während der Nachrichten lebendig geschlafen haben. Die Werbung zwingt mich dazu, dass ich mich mit ihr beschäftige, wenn ich ihren Spot sehe. Ich sehe die Bilder und höre den lauten Klang. Und wieder fühle ich mich überfordert und schalte ab. Ständig muss ich abschalten und mich selbst hypnotisieren um mich zusammenhalten zu können. Werde ich vielleicht fremdgesteuert?
Wir werden ständig unterhalten und beschäftigt. Hier eine Nachricht. Da eine Information. Nie eine Pause! Was ist von all dem wirklich wichtig und von Bedeutung für mich? Wenn ich alles Überflüssige streichen würde, was bliebe noch übrig und wie würde es mir gehen?
Wenn ich mein Leben radikal vereinfache, könnte das Wunder geschehen, dass ich aus den hypnotischen Zuständen aufwache. Ich würde das Überflüssige einfach abschütteln und mich fragen: „Wer ist das, der sich da gerade schüttelt?“
Es geht mir nicht darum, sich gegen die Moderne zu stellen. Ich bin voll und ganz ein Teil davon. Mir geht es um das, was es manchmal bewirkt. Zugleich brauche ich für hypnotische Zustände kein Internet. Ich erlebe Paare in ihren Beziehungen, Menschen am Arbeitsplatz, und letztlich mich selber im Alltagsablauf mit all den scheinbaren Verpflichtungen nicht immer ganz bei mir selbst.
Mir erzählt ein Paar, wie so ein typischer Konflikt abläuft. Die ersten Sätze haben mit einer realen Situation zu tun. Aber nach ein paar Sätzen wiederholen sich bestimmte Gesprächsmuster. Am Anfang scheint es noch ein waches Gespräch zu geben und irgendwann ergibt sich eine Art Automatisierung von immer gleichen Sätzen. Da wäre es doch gut, wenn so ein Paar für einen Moment innehält und einer sagt: „Will ich das jetzt? Will ich so weitermachen? Kann ich da aussteigen?“ Wenn ein Paar lernt, an einer bestimmten Stelle auszusteigen, wird es wach.
Wenn ich durch die Fußgängerzone gehe dann kann ich das im hypnotischen Trott machen oder mit einer kleinen inneren Distanz in der Beobachterposition. Ich lenke meine Aufmerksamkeit gezielt irgendwohin. Ich beschließe, jetzt nichts im Außen an mich dringen zu lassen. Ich beobachte gezielt eine ganz bestimmte Situation. Ich wähle aus. Und es gibt ein ICH, das auswählt. Die Werbung, das Internet, das Smartphone und ähnliche Aufdringlichkeiten möchten, dass wir damit verschmelzen. So geben wir uns auf und werden den Dingen gefügig.  
Für das Fernsehen bin ich nicht mehr  verführbar. Für einen Buchladen schon. Da könnte ich mich hingeben und würde nicht wieder auftauchen. Weißt du, wo du verführbar bist und ab wann du in einen hypnotischen Zustand gerätst? Beobachte dich einmal und staune, wie oft am Tag und bei welchen Anlässen das geschieht.
Beim Anblick eines Blumenmeeres. In einer Bäckerei. Beim Liebe machen. Beim Joggen. Beim Erzählen. Da gibt es auch einen Punkt der wunderbar ist. Das Erleben in der absoluten Hingabe. Da finde ich dann den Punkt der eigenen Weiterentwicklung. Sich hingeben und es zugleich wach und bewusst erleben.
Das berührt auch eine zutiefst spirituelle Frage. Es gibt ein Ich, das sich seiner selbst immer mehr bewusst werden kann. Es wacht auf aus der kindlichen Hypnose und stellt fest, dass es in Gott ist. Da gibt es ein Erstaunen. „Ach, ich bin ja grenzenlos. Ich bin ewig. Ich bin in Gott. Gott ist in mir. Das um mich herum kann ich nutzen, aber ich brauche es nicht.“ Und? Bist du schon wach oder noch in einer Hypnose?