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Dienstag, 10. März 2020

Vertrauen angsichts der Angst vor dem Virus




Wir denken, dass das Leben sicher ist. Wir sorgen für gut funktionierende Autos, schließen Versicherungen ab gegen Arbeitslosigkeit; Unfälle und Katastrophen. Wir zahlen in die Krankenversicherung ein, damit die Ärzte uns helfen, wenn wir nicht mehr gesund sind.
Dabei übersehen wir, dass das Leben nicht wirklich so sicher ist, wie wir es uns vormachen. In der Partnerschaft kann die Liebe verloren gehen. Wir können unheilbar krank werden oder mit dem Auto verunglücken. Am Ende sterben wir sowieso alle. Wenn wir alles absichern können geben wir uns der Illusion hin, die Angst auf diese Weise in den Griff zu bekommen und händelbar zu machen.
Es wäre ja seltsam, wenn wir jeden Augenblick an den Tod denken und Dauerangst uns überfluten würde. Wir sind Menschen und bekommen ganz natürlicherweise Angst, wenn unsere Sicherheit gefährdet ist. Das ist einfach nur menschlich – seit Jahrtausenden. Der neue Virus ist fremd und unbekannt. Wir können es nicht genau einschätzen und wissen nicht, wie nahe der „Feind“ uns schon nahegekommen ist. Obwohl die Gefahr nicht so übergroß ist, fühlen wir uns wie in den mittelalterlichen Pestzeiten. Nüchtern und bei Verstand betrachtet fordert der jährliche Grippevirus viel mehr Tote in unserem Land. Da gab es doch auch schon BSE, Ebola, Sars und sonstige virale Bedrohungen. Wir könnten doch nüchtern bleiben und sagen: Bei der Panikwelle mache ich nicht mit.
Ich mache keine Hamsterkäufe. Ich verkrieche mich nicht in meiner Wohnung. Ich lasse die Bilder von furchtbaren Viren keine Macht über mich gewinnen. Leider überfällt uns dann doch mal diese Angst, die uns zu irrationalen Handlungen verleitet.
Gibt es etwas, was hilft?

1. Das Naheliegende: Bewusst atmen
Wenn es zu einer plötzlichen besorgniserregenden Überraschung kommt neigen wir Menschen zu Panikreaktionen. Unmittelbar und direkt möchten wir uns retten. Da kommen die tierischen Instinkte durch und wir haben das Gefühl, wir müssen sofort handeln. Aber müssen wir das wirklich? Es steht kein Löwe vor uns, der uns auffrisst. Es überfährt und gerade in diesem Augenblick kein Auto. Es besteht keine unmittelbare Todesgefahr. Aber unser Körper gibt diese Signale ab. Was tun stattdessen?
Einen Augenblick innehalten. Einen Atemzug nehmen und das ganz bewusst! Eine Verzögerung einbauen. Es geht darum, diesem Panikmoment für einen Augenblick zu widerstehen. Nach dem Innehalten und dem bewussten Atemzug gibt es die Möglichkeit, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Was macht jetzt Sinn. Was kann ich beeinflussen. Wo könnte ich gelassen sein. Ich werde mir bewusst, dass ich gerade einfach Angst habe. Das ist sehr menschlich und wird auch wieder vergehen.

2. Vom Seiltänzer lernen
Von einem Seiltänzer hörte ich die Worte, die er Kindern beibringt, wenn sie auf das Seil wollen. "Schau dahin wo du hin willst! Wenn du auf den Boden schaust - willst du da hin!"
Den Gedanken fand ich interessant. Wenn ich mich auf das Seil stelle, dann muss ich das Ziel vor mir ins Auge fassen und mich darauf konzentrieren. Dann jedoch schleicht die Angst hoch und die Phantasie kommt: "Ich könnte fallen!" Ich schaue nach unten. Ich sehe den Abgrund und  - ich falle. Ich lenke also meine Gedanken vom Ziel vor mir hin zum Ziel unter mir.
Der Seiltänzer ist also mit seiner ganzen Aufmerksamkeit auf das Ziel ausgerichtet, das vor ihm liegt. Angesichts des Virus kann ich Absturzgedanken entwickeln oder mich auf ein Ziel ausrichten. Was kann ich für meine Gesundheit tun? Wie kann ich das Vertrauen bewahren. Die Nähe von welchen Menschen tut mir gut? Die nötige Gelassenheit hilft, nicht zu verkrampfen.
Das Leben gleicht eh einem ständigen Tanz. Du tanzt und unter dir lauert der Abgrund. Der Abgrund ist da, auch wenn du kein professioneller Seiltänzer bist. Du setzt dich ins Auto und fährst los. Du bewegst dich unter den vielen Autos auf der Autobahn. Kommt dir der Gedanke, dass du sterben könntest? Dass Autofahren total gefährlich ist? Dass du ein unglaubliches Risiko eingehst?
Und wenn du dein Gemüse isst? Weißt du zu hundert Prozent, dass es keine Pestizide enthält? Und wenn du liebst oder in einer Beziehung lebst. Kannst du dich wirklich und total darauf verlassen, dass deine Liebe erwidert wird?
Du tanzt und unter deinen Füßen lauert der Abgrund der Angst. Die Angst sagt dir ständig, dass das Leben nicht sicher ist. Der Virus kann dir das einfach noch einmal bewusst machen. So ist das im Leben. Nichts ist sicher, aber ich konzentriere mich auf das Ziel und laufe und tanze im Vertrauen einfach los.
   
3. Die elegante Lösung: Mit der Angst im Spagat
In einer Boutique sehe ich zwischen Shirts und Schals eine füllige aus Holz geschnitzte Frau im eleganten Spagat. Die Hände hält sie über den Kopf zusammen und unterstreicht damit ihre aufrechte Haltung. Sie nutzt den Freiraum und den Platz, den sie zur Verfügung hat. Da steht viel um sie herum - und sie macht ihren Spagat. Sie macht einfach ihr Ding. Die Frau im Spagat begeistert mich. Ich kann mir von ihr etwas abschauen.
Inmitten von Trubel, Widrigkeiten, Menschenansammlungen, Stresszuständen, Überforderungen, Sinnlosigkeiten, Abgründen, Angst- und Panikzuständen, medialen Hypes und engen Zeitfenstern einfach nicht mitmachen. Nichts von alledem! Sich nicht ablenken lassen. Gut bei sich selbst sein. Die eigenen Bedürfnisse spüren und gut für sich sorgen. Die Lust am Leben behalten. Lachen über das, was die Welt so wichtig findet. Es machen wie Kinder, die ein kleines Kunststück vorführen und nach den Eltern schauen: "Mama, schau mal, was ich kann!" Wie herrlich! Das Leben ein Geschenk!

Angesichts eines angstmachenden Virus braucht es das Vertrauen und die Gelassenheit. Durchaus das tun, was vernünftig und sinnvoll ist. Ein gutes Hygienekonzept und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Körper und mit den Übertragungswegen, die ein Virus so einschlagen kann. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Glaube an Gott und binde dein Kamel fest.“ Auf die Mischung kommt es an. Das Nötige tun und im gelassenen Vertrauen bleiben.
www.matthias-koenning.de 


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