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Mittwoch, 13. Juli 2022

Was wirklich zählt! Teil 3: Nimm wahr, dass du äußerst liebenswert bist



Du kannst es nicht leugnen. Du bist da auf dieser Welt. Du kannst es befühlen und du kannst dich im Spiegel anschauen. Du existierst! Und du bist dir dessen bewusst. Doch wie bist du dir deiner selbst bewusst?
Du warst einmal ein wunderbar süßes kleines Baby. Deine Mutter und dein Vater haben dich angestrahlt und ihr Herz für dich geöffnet. Und wenn der Vater fehlte und die Mutter nicht so herzlich war, dann gab es einen anderen Menschen. Am Anfang stand ein großes Willkommen über deinem Leben. Du hast als ein äußerst liebenswertes Wesen das Licht der Welt erblickt. Niemand hat etwas von dir erwartet. Du musstest nichts dafür leisten und du konntest es nicht bezahlen. „Sei bitte freundlich zu mir Mama, dann bekommst du einen Euro von mir.“ Allein eine solche Vorstellung wäre völlig absurd. Ohne dein Zutun wurdest du geliebt.
Irgendwann gab es den Augenblick, wo du nicht mehr ganz so hilflos warst. Du konntest etwas. Greifen, dich umdrehen, krabbeln, lächeln. Deine Eltern sahen, dass du dich entwickelst und freuten sich mit dir. Und sie freuten sich, dass sie nicht mehr alles für dich tun mussten. Dass wieder etwas Energie und Zeit für sie selber blieb. Nur ein paar Minuten zwar, aber immerhin. Etwas später, als du sprechen konntest, und deine Eltern etwas für dich tun wollten, hast du so einen Wiederstand entwickelt. Mit allem Zorn hast du deutlich gemacht: „Alleine!“ Ah, du wolltest es alleine machen. Ohne fremde Hilfe! Da wurde in dir das Bedürfnis nach Freiheit und Autonomie wach. Die befriedigende Erfahrung, nicht abhängig zu sein. Nicht warten zu müssen. Nicht mehr diese entwürdigende und hilflose Erfahrung machen zu müssen, auf jemanden angewiesen zu sein.
Und deine Eltern? Sie erlebten vielleicht so eine ambivalente Mischung von Stolz und Furcht. „Ich werde nicht mehr gebraucht? Ich bin überflüssig? Ich werde zurückgestoßen?“ Die erste echte Kränkung deiner Eltern. Und diese Geschichte wird sich fortsetzen. „Kind, können wir etwas für dich tun?“ „Nein, vielen Dank, das schaffe ich selbst.“ Auch deine Reaktion war ambivalent. „Darf ich das alleine? Kränke ich nicht jetzt meine Eltern?“ Und schon sehr früh in der Interaktion zwischen dir und deinen Eltern taucht irgendwann der Gedanke auf, dass du nicht in Ordnung bist. Du kannst immer noch nicht laufen, nicht richtig sprechen, haust andere Kinder, quengelst, willst Sachen, die aus der Sicht des Erwachsenen völlig daneben sind, und, und, und...
Diese Erfahrungen kannst du sammeln und zu einem erschreckenden Ergebnis kommen. Du bist überhaupt nicht in Ordnung. Du bist ein Monster! Du machst viel falsch und nur wenig richtig und du nimmst es sehr persönlich. Du kommst zu dem Ergebnis, nicht, dass du etwas falsch machst, sondern dass du völlig falsch bist.
Du wirst älter und älter und vergisst den Anfang deiner Lebensgeschichte: Dass du ein äußerst liebenswerter Mensch bist. Du triffst andere Menschen und wirst vorsichtig. Werden sie dich mögen? Wenn ja, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen? Wird sich das Drama im Elternhaus fortsetzen? Der Kampf um Anerkennung und Liebe?
Bitte keinen Vorwurf an deine Eltern! Sie sind wie sie sind und sie tragen nur einen kleinen Teil zu deiner Misere bei. Selbst, wenn sie dir alle ihre Liebe schenken, wirst du dahin kommen, wo alle Menschen heute sind. Im Zweifel, wirklich liebenswert zu sein. Einfacher ist es natürlich, wenn du einen Schuldigen findest. Weil meine Mutter mich nicht genug gestreichelt hat, bin ich jetzt so kühl. Weil mein  Vater mir nichts zugetraut hat, habe ich jetzt kein Selbstvertrauen. Ich kenne solche Schuldzuweisungen und sie stimmen auch. Aber es nutzt dir nichts. Du bist jetzt auf dieser Welt und darfst mit dem Erbe deiner Eltern leben. Ich kenne keinen Menschen, bei dem nicht ab und zu die Frage auftaucht, ob er liebenswert genug ist. Vielleicht war Jesus davon befreit oder der Dalai Lama. Aber sicher bin ich mir da nicht.
Fühlst du dich als ohnmächtiges Produkt deiner Lebensgeschichte? Nicht genug geliebt und unfähig zu lieben? Du bist äußerst liebenswert, weißt du das? Du bist so was von wunderbar und es ist toll, dass du mit mir auf dieser Welt bist. Ich meine das so und ich fühle das mit allen Fasern meines Körpers. Selbst, wenn ich dich gar nicht persönlich kenne. Ich schließe meine Augen und stelle mir vor, dass du da bist. Mein Herz geht auf und ich spüre die Liebe zu dir. Wow, welch ein wunderbares Wesen du bist!
Jetzt könnte ich von dir schwärmen und viele Worte für meine Freude finden. Aber was ist, wenn du mir nicht glaubst? Wenn du mich abweist. Wenn meine Worte dein Herz nicht erreichen können.
Viel entscheidender wäre es, wenn du selbst auf diese Idee kämest. Wenn du die Augen schließt und in dein Herz gehst und anfängst, über dich zu staunen. Wenn du sagen könntest: „Ja, ich bin total liebenswert! Wie wunderbar, dass ich da bin. Und dass ich da bin, genauso wie ich da bin!“ Dass du das zu dir selber sagst. Du könntest gedanklich zurückgehen zu deiner Geburt und noch weiter zurück zu deinem Dasein in der Höhle deiner Mutter, noch weiter zurückgehen zu dem Zeitpunkt, wo du gezeugt wurdest und noch weiter zurück, wo die Bausteine von Same und Zelle entstanden und noch weiter zurück zum Ursprung deines Bewusstseins. So weit zurück, bis du dich deiner göttlichen Quelle erinnerst und sie wieder verinnerlichst. Werde dir deines göttlichen Ursprunges bewusst. Trage es wie ein Siegel auf deinem Herzen. „Ich bin äußerst liebenswert.“
Dieses Bewusstsein will gepflegt werden, weil die Gefahr besteht, dass du es schnell wieder verlierst. Da nimmt dir jemand die Vorfahrt. Da übersieht dich jemand bei einer Begrüßung. Da bricht jemand den Kontakt zu dir ab. Mehrmals am Tag kannst du die Erfahrung machen, die dich abrutschen lässt in eine tiefe Verlorenheit. Erinnerst du dich daran? „Du bist äußerst liebenswert!“ Mach doch mal die Übung und zähle auf, was genau du an dir liebenswert findest. Insgesamt bist du liebenswert. Ja? Aber du kannst auch ins Detail gehen. Du bist ja eine Komposition aus vielen Elementen, ein buntes Mosaik von Liebenswertigkeit. Niemand kennt diese Zusammensetzung so wie du.
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass Menschen von außen dich ganz anders wahrnehmen als du dich selbst. Ich bin manchmal total erstaunt, was Menschen an mir liebenswert finden. So genau habe ich für mich noch gar nicht hingeschaut. Ich schaue, was andere Menschen als liebenswerte Wesen ausmacht und kann das schnell herausfinden. Warum gelingt mir das nicht mit mir selbst?
Fühlt sich das dann sofort an wie Eigenlob? Eigenlob stinkt? Bin ich ein Narzisst, wenn ich so denke und verführe ich dich zu einer sehr unchristlichen Haltung? Im Laufe des Lebens haben wir ja das Bewusstsein dafür verloren, wie kostbar und wertvoll wir sind. Wir haben uns daran gewöhnt, wie mangelhafte Wesen herumzulaufen. Ständig bewertet und kritisiert. Wir sind unser größter Feind und Kritiker. Wir erkennen unsere Fehler und Schwächen und schämen uns dafür und sind damit beschäftigt, sie zu vermeiden, unsichtbar zu machen, auszumerzen. Immer mit der Absicht, dadurch liebenswerter zu sein. Dabei wächst der Schmerz, weil es uns eigentlich gar nicht gelingt. Jedes Scheitern bestätigt unser chronisches Versagen.
Wie würde sich dein Leben anfühlen, wenn du diesen ablehnenden Teil deines Lebens einmal ruhen lassen würdest. Und stattdessen dich so anschaust, wie andere liebevolle Menschen dich anschauen. Sieh dich an mit dem Blick deiner Eltern und wenn du gläubig bist mit dem Blick Gottes. Erinnerst du dich daran? Du bist äußerst liebenswert! Ich erinnere dich und mich ständig daran. Sobald ich dich frage, was dich in deiner Kindheit traumatisiert, dich eingeschränkt oder gekränkt hat, werden die entsprechenden Bilder, Gefühle und Bewertungen wach. Schon hast du wieder vergessen, dass du äußerst liebenswert bist. Kränkungsbilder sind unglaublich mächtig. Du glaubst ihnen lieber als der anderen Wirklichkeit. Das geht sehr schnell: „Ach, ich bin ja doch nicht liebenswert. Ich habe es immer schon gewusst. Mein Gefühl täuscht mich nicht.“ Du musst um diese Wirkmechanismen wissen. Die Wirkmächtigkeit deiner lebenslangen Glaubenssätze.
Als kluger Mensch wirst du vielleicht denken, dass es stimmt, dass du äußerst liebenswert bist. Aber dieser Gedanke ist oft nicht stark genug. Da sagt dir ein Mensch: „Du hast mich total enttäuscht!“ Und schon fällt deine Selbstliebe wie ein Kartenhaus zusammen. Kannst du dir vorstellen, dass die Vorstellung, dass du äußerst liebenswert bist, zu einem neuen Leitwert in deinem Leben wird. Du kannst dich dafür entscheiden. Du gibst immer wieder dein Ja dort hinein. Wenn dieser Mensch dir sagt, wie sehr er enttäuscht ist, wirst du vielleicht für einen kurzen Moment diese Trauer oder den Ärger spüren und zugleich den Lichtschalter anmachen: „Auch wenn ich jetzt diesen Kloß im Hals habe, bin ich total liebenswert.“ Du trainierst es und die „böse Welt“ und die „ablehnenden Menschen“ werden zu deinen effektivsten Sparringspartnern. Übe an deinen „Feinden“, dass du ein äußerst liebenswerter Mensch bist. Jetzt schließ die Augen und lass in dir das Bild entstehen wie du selber als Baby in der Wiege lagst. Was für ein liebenswertes Wesen!   

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