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Freitag, 4. Juni 2021

Die Tragik meines Lebens besteht darin, dass ich theoretisch weiss, wann ich besser nichts sagen sollte. Und dann höre ich mich reden.

Ich kann manchmal einfach nicht den Mund halten. Ich weiß genau, dass ich es nicht sagen sollte. Aber es sagt irgendwie in mir. Dann fange ich an und weiß, dass ich besser sofort stoppe. Ich führe mich selber in eine unglückliche oder peinliche Situation hinein. Schon der erste Satz wird schief. Den will ich korrigieren und verschlimmbessere mich Satz für Satz. Es wird immer schräger und ich finde keinen Stoppknopf.
Hinterher und auch vorher weiß ich genau, was ich wann sagen kann. Und wann ich auf jeden Fall schweige und mich nicht einmische. Ein großer Teil von mir hält sich auch daran. Ich halte den Mund! Ich mische mich nicht ein! Wie gesagt - ein großer Teil von mir! Aber ein winzig kleiner Teil von mir in der enfernten Herzecke gibt ein Signal an das Gehirn. Das wiederum an meinen Mund und schon lege ich los. Dieser große Teil von mir schaut erstaunt und erschrocken zu! Was macht der da! Ist der verrückt?
Und wie geht das los? Mit dem Wort "Eigentlich" zum Beispiel. "Eigentlich wollte ich mich heute zurückhalten. Man muss ja nicht immer und überall seinen Senf dazugeben. Aber jetzt, gerade in diesem Augenblick muss ich mich doch mal eben kurz melden und was sagen." Das sind dann die zwei nächsten Worte: "mal eben" und "kurz". Alle diese Worte suggerieren, dass ich eigentlich schweige. Ist ja nur mal eben! Ich werde diese Worte "eigentlich", "mal eben" und "kurz" aus meinem Wortschatz streichen. Dann werde ich da sitzen und nicht mehr tragisch sein. Ich werde schweigen können...bis in mir das "Ja, aber" auftaucht!
www.matthias-koenning.de

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