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Montag, 30. Oktober 2023

"Ich will singen wie die Vögel singen, ohne mich zu zu sorgen, wer zuhört oder was sie denken." (Rumi)

Manchmal gehe ich in eine Kirche und singe dort Obertöne wenn es eine gute Akustik gibt. Ich mag es, wenn die Kirche leer ist und ich den Raum ganz für mich allein habe. Wenn ich den Raum ganz für mich habe und singe öffnet sich die Tür und es kommt jemand neu dazu.
In diesem Augenblick hört meine Unbefangenheit auf. Ich singe zwar weiter aber es gibt ein kleines Unbehagen. Was denkt dieser Mensch jetzt, der da hereinkommt. "Was ist das für ein merkwürdiger Ton?" "Soll das Obertonsingen sein? Habe ich schon besser gehört!" "Eigentlich wollte ich Stille. Kann der da nicht wenigstens hier in der Kirche Respekt haben vor meinen Bedürfnissen?"
Ich könnte ja auch denken, dass ich nicht nur mir Freude bereite sondern auch diesem neuen Kirchenbesucher. Meine Gedanken gehen aber in die andere Richtung. Mein Herz klopft und ich spüre, wie ich rot werde. Das ist jetzt aber voll peinlich. Dann fühle ich mich abgetrennt von meiner Musik und von meinem Gesang und vom Kirchenraum. Ich singe und es breitet sich die Stille von Einsamkeit um mich herum aus.
Aber ich will wie die Vögel singen, ohne mich zu sorgen, wer zuhört oder was sie denken. Das gefällt mir, was Rumi da sagt. Wir haben immer bestimmte Annahmen im Kopf, wie der andere denkt oder fühlt. Und je nachdem, was wir annehmen, richten wir unser eigenes Denken und Fühlen danach aus. Ich wünsche mir diese innere Unabhängigkeit und Freiheit. Unbefangen zu singen und unbefangen das zu sagen, was ich wirklich denke und fühle. Die Vögel singen einfach so. Sie singen, wenn es für sie dran ist. Es geht darum, in Übereinstimmung mit sich selbst zu sein. Das zu denken, zu fühlen und zu tun, was mir entspricht. Es kann ja durchaus in Respekt und Wertschätzung dem anderen gegenüber sein.
Wie sähe die Welt aus, wenn wir es den Vögeln gleich täten? Wir würden durch die Fußgängerzone laufen und singen. Wir würden in Konferenzen teilen, was wir gerade fühlen und denken. Wir wären einfach lebendiger.
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