Wie tiefenentspannt und vertrauensvoll erfährst du deinen Alltag? Stehst du am Morgen auf und begrüßt den Tag mit unbändiger kindlicher Vorfreude und Neugier? Wie viele Stunden hält dann dieses Lebensgefühl an? Befindest du dich dauerhaft im Betriebssystem Lebensfreude? Wenn du aus vollem Herzen ja sagen würdest käme dieses einem Wunder gleich. Wahrscheinlich bist du wie ich geprägt von einem älteren Betriebssystem.
Meine Eltern und
Großeltern erlebten ein oder zwei Weltkriege. Sie waren tief traumatisiert und
hatten nie die Möglichkeit, ihre Erlebnisse therapeutisch aufzuarbeiten. Aufräumen,
aufbauen, Arbeit suchen, Familie gründen. Keine Zeit zum trauern und verarbeiten
von alten Geschichten.
Um weiterleben zu
können mussten sie ihre Erlebnisse irgendwie verdrängen. Ich erinnere mich noch
daran, dass meine Mutter zusammenzuckte, wenn die Tiefflieger ihre Manöver
probten oder wenn Fremde an der Tür klingelten. Sofort wie auf Knopfdruck aktivierten
sich ihre Kriegsbilder. Das mit dem Verdrängen funktionierte nur dann, wenn es
keinen Stress gab.
In der Atmosphäre
der Nachkriegsangst wurden wir gezeugt und ins Leben „geworfen“. Die Botschaft
hieß: „Das Leben ist immer gefährdet. Der Feind lauert vor der Tür. Schon
morgen kannst du tot sein. Der Mensch ist dem Menschen ein Feind!“ Nach außen
war alles in Ordnung! Es gab genug zu essen, ein Dach über dem Kopf. Weit und
breit kein Feind in Sicht. Das ganze Land im Aufbau. Zwischen meiner Geburt und
dem Krieg lagen immerhin schon 16 Aufbaujahre.
Aber was sind 16
Jahre für eine ganze traumatisierte Gesellschaft? Trotz äußerer Sicherheit lief
im Inneren meistens unbewusst das Betriebssystem Angst. Unsere Generation hat
die Angst der Eltern mit der Muttermilch aufgenommen ohne dass wir es bewusst
erkennen konnten.
Unsere
Elterngeneration stirbt jetzt aus. So nach und nach ist keiner mehr von den
Traumatisierten da. Richtig? Unsere Elterngeneration stirbt und hinterlässt uns
das Betriebssystem Angst. Und wir haben es unbewusst übernommen. Unser
Körpersystem ist auf Angriff und Gefahr ausgerichtet.
Wir lesen die
Zeitung und schauen die Nachrichten in der Hoffnung, dass die Welt auch morgen
noch steht. Gibt es Anzeichen für Terror? Wirtschaftskrise? Untergang?
Verschwörung? Können wir es aushalten, dass es jetzt mal eben keine Regierung
gibt?
Wenn ich die
Nachrichten höre, läuft im Hintergrund das Betriebssystem Angst. Ein
Terrorangriff wurde geplant, aber die Polizei konnte es verhindern! Die Welt
rast der Klimakatastrophe entgegen! Wie gebannt schauen wir hypnotisiert auf
den Präsidenten der USA, welchen Dominostein er jetzt wieder umstößt und ob
irgendjemand ihn noch bremsen kann.
Wenn wir in einem
Angstszenario jeden Tag leben, dann macht das was mit uns. Mit unserem Körper,
mit unserem Geist, mit unserer Seele. Wir sind vollgepumpt mit Adrenalin und
Kortisol und verlernen mehr und mehr, uns zu entspannen. Wir versuchen es, ab
und zu mal runter zu kommen. Aber das ändert nicht unser Betriebssystem. Ständig
wittere ich eine nächste Gefahr.
Natürlich ist die
Erde kein Paradies! Es gibt Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, Krankheiten und
Gewalt. Es gehört zum Dasein dazu. Auch die Unsicherheit, ob ich morgen noch
leben werde. Darum ist es gut, dass uns für diese Zwecke das Betriebssystem
Angst zur Verfügung steht.
Mir geht es eher
darum, dass wir automatisiert reagieren und dafür keine Bewusstheit haben. Es
ist uns in Fleisch und Blut übergegangen. Es ist unser bevorzugtes und fast
ausschließliches Betriebssystem. Es pulsiert wie selbstverständlich in unseren
Adern und wird täglich geschürt durch die Medien.
Ich möchte dich
einladen, dass du dich im Advent einmal besuchst. Überprüfe mal dein
Betriebssystem. Lebst du mit einer latent vorhandenen ganz diffusen und tief
sitzenden Angst? Du stehst am Morgen vor deinem Auto und hoffst, dass es noch
anspringt? Du schlägst die Zeitung auf und überfliegst die Seiten, ob eine
Bedrohung in der Luft liegt? Du kommst am Arbeitsplatz an und wartest auf irgendeine
Hiobsbotschaft? Dich begleitet ein immer wiederkehrender Gedanke wie:
„Hoffentlich ist nichts schlimmes passiert!“?
Vielleicht gibt
es in deinem Verstand nicht einmal Gründe, die du benennen kannst, sondern eher
ein Gefühl, eine Art „zelluläres Unwohlsein“. Eine schleichende chronische
Ahnung.
Herzlichen
Glückwunsch, wenn dir dieses Gefühl völlig fremd ist. Wenn du beim Lesen meiner
Zeilen den Kopf schüttelst und dich nicht angesprochen fühlst. Dann lebst du
vielleicht schon in der neuen Wirklichkeit oder in dem Betriebssystem, das ich
dir empfehlen möchte. Das Betriebssystem der Lebensfreude.
Stell dir mal im
Geist eine Skala vor von 1 bis 10. Die Zahl 10 wäre die pure Lebensfreude, kurz
vor der Explosion und 1 wäre kurz vor dem Abrutschen in die Angst. Wo schätzt
du dich selbst ein? Wie viele Stunden am Tag oder Wochen im Jahr lebst du in
welchem Modus?
Wenn ich mein
Leben der letzten fünfzig Jahre betrachte dann stelle ich fest: Ich hatte jeden
Tag mehr als genug zu essen. Ich hatte immer ein Dach über dem Kopf. Es gab
immer Menschen an meiner Seite, die mich mochten und denen ich vertraute. Es
war nie wirklich knapp. Es gab immer genug! Eigentlich müsste mein Köpersystem
voller lebensbejahender Hormone sein. Ein Überfluss an Serotonin, Oxytocin und
Dopamin. Infolgedessen müsste ich kerngesund sein.
Mein Verstand
sagt mir, dass alles in Ordnung ist. Mein Gefühl sagt mir: „Trau dem Braten
nicht!“ Wenn ich tief in mir hineinschaue, dann nehme ich wahr, dass ich in
beiden Betriebssystemen lebe. Das Angstsystem wirkt aber stärker und
automatisierter. Das Grundgefühl von Lebensfreude und Vertrauen ist das
Ergebnis von Bewusstwerdung, Entwicklung und Arbeit.
Wie mag es sich
wohl anfühlen, wenn das Verhältnis umgekehrt wäre? Ich schaue mir Berichte von
Völkern an, die noch im Einklang mit der Natur leben und sehe den Unterschied
zu mir. Ich schaue in deren Gesichtern und entdecke unbändige kindliche Freude.
Wie machen die das bloß? Was machen die anders als ich? Unverdientes Geschenk?
Gnade? Wurden sie hineingeboren in eine heilere Welt ohne zerstörerische Medien
und krank machender Zivilisation?
Es ist müßig,
darüber zu spekulieren. Ich plädiere einfach für eine Intensivierung des
Betriebssystems Lebensfreude. Ich gehe mit meiner Aufmerksamkeit weg vom Mangel
und hin zu dem, was mich stärkt. Und dazu lade ich dich ein in den Wochen des
Adventes. Und darüber hinaus. Ich finde, es ist ein Lebensprogramm.
Ich denke jetzt
gerade an dich und fühle mich verbunden mit dir, wenn ich diese Zeilen
schreibe. Ich sitze hier und neben mir steht eine Tasse mit duftendem Kaffee.
Es ist hell genug, dass ich alles sehen kann. Meine Finger bewegen sich über
die Tastatur und betanzen die Buchstaben. Auf der Straße pulsiert der Verkehr
und meine Gedanken gehen hin zu einem Rezept von selbstgebackenem
Elisenlebkuchen. Mein Herz hüpft voller Freude und ruft: „Ja!“ „Mehr davon!“
„Nicht damit aufhören!“ In meiner Phantasie sehe ich mich als kleinen Jungen
mit meinem Vater, der mit mir Flugzeug spielt und mich durch die Gegend schleudert.
Seine starken Hände halten mich fest.
Mehr von diesen
Gedanken. Mehr von diesem Lebensgefühl. Was kann ich gut? Wen und was liebe
ich? Wofür danke ich? Welche Menschen mögen mich? Und welche mag ich? Und wenn
meine Phantasien zu den dunklen Ereignissen des Tages gehen dann merke ich, wie
ich wieder das Betriebssystem wechsle. Zurück zur vertrauten Angst. Aber ich
treffe eine Entscheidung. Ich kann wechseln von dem einen hin zum anderen
Betriebssystem. Der Automatismus hört auf!
Die Worte von
Jesus klingen in meinem Ohr: „Hab keine Angst! Vertraue auf Gott und vertraue
mir!“ Ich wünsche dir reiche Erfahrungen mit dem Betriebssystem Lebensfreude!
www.matthias-koenning.de
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