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Montag, 13. Juli 2015

Gott ist in uns Daheim, wir sind in der Fremde


Schon lange begleitet mich dieser Vers von Meister Eckhart. Gerade in der Urlaubszeit kommt er mir wieder in den Sinn. „Gott ist in uns daheim, wir sind in der Fremde.“ Der Vers spielt mit dem Gegensatzpaar „Daheim“ und „Fremde“.
Mit dem Wort „Daheim“ bekomme ich ein Wohlgefühl. Ich bin geborgen und fühle mich angekommen. Ich darf gelassen sein und mich entspannen. Dieser Platz gehört mir und ich muss nicht darum kämpfen. Ich muss nicht fragen, ob ich bleiben darf oder gehen muss. Ich bin „daheim“.
Mit dem Wort „Fremde“ verbinde ich ein ganz anderes Gefühl. Kinder fremdeln, wenn sie jemand Unbekanntem begegnen. In der Fremde befinde ich mich in einem mir unbekanntem Land und betrete unvertrautes Terrain. Hier ist nicht mein Platz. Ich bin Gast für eine Zeit. Möglicherweise nur geduldet und mit der Erlaubnis eines „Fremden“. Die damit verbundene Unsicherheit ist für Manche nur schwer auszuhalten. In der Fremde bekomme ich Sehnsucht nach „Daheim“. Aus meiner Ferienlagerzeit kommen mir da die Kinder in den Sinn, die sehr unter „Heimweh“ litten vor allem am Abend, allein im Bett und ohne die schützende Nähe der Mutter.
Aber so eindeutig, wie ich es hier gerade schreibe, sind die Gefühle gar nicht. Mit „Daheim“ verbinde ich auch manchmal die Langeweile und die Eintönigkeit. Das kenne ich schon! Immer das Gleiche! Dann möchte ich aufbrechen und in die „Fremde“ gehen. Das verheißt Spannung und Abenteuer. Du machst neue Erfahrungen. Du fühlst dich lebendig. Die mögliche Angst vor dem Unbekannten weicht dem Kribbeln von aufgeregter Erwartung. Wenn niemand die Fremde lieben würde, dann gäbe es keinen Tourismus. Dann würden wir auf unser Haus beschränken uns im Garten oder auf dem Balkon ausruhen.
Manche reisen in die Fremde, in den Urlaub, um etwas hinter sich zu lassen. Den Stress, die Unzufriedenheit, die negativen Erlebnisse und Erfahrungen, ein wenig Flucht vor dem Alltag und der Wunsch, dass in der Fremde das Bessere auf mich wartet nach dem Motto: Daheim fühle ich mich fremd und in der Fremde werde ich neue Heimat finden. Zum Teil wird sich dieser Wunsch leider als Trugschluss erweisen.
Wohin du auch gehst, du nimmst dich immer mit. Deine Ängste sind im Gepäck, deine Eigenschaften, dein Charakter, halt deine komplette Persönlichkeit. Und es kann dir geschehen, dass du in der Fremde dieses Gepäck viel deutlicher wahrnimmst als in deiner kuscheligen Heimat. Wenn ich zum Beispiel zu Hause geizig bin, werde ich nicht auf einmal großzügig nur, weil ich mich an einem anderen Ort befinde.
Meine Gedanken führen mich zu der Idee hin, dass das „Daheim“ und die „Fremde“ zugleich Anteile in uns sind. Ich kann in der Fremde daheim sein und daheim mich fremd fühlen. Diese Gefühle sind unabhängig vom äußeren Ort. Die Orte können mich schneller zu diesem Lebensthema hinführen. Manchmal spürst du eben, wie fremd du dir selber bist. Wer bin ich eigentlich? Was bleibt von mir, wenn ich nicht mehr Familienmutter oder Vater bin. Was bleibt von mir, wenn ich in Rente gehe. Was bleibt von mir, wenn ich mein Haus oder meine Wohnung wegdenke? Bin ich dann noch in mir „daheim“? Wenn alles mir zwischen den Fingern zerrinnt, bleibt noch etwas übrig von mir?
Du kannst da sehr schnell ein absolutes Gefühl von Fremdheit und Verlorenheit bekommen. Du kannst aber auch ein „Dennoch“ – Gefühl spüren von tiefer Heimat jenseits aller Fragen. Die Frage nach Fremde und Heimat ist für mich zugleich eine tief spirituelle Frage. Wir verwechseln da manchmal Kirche mit Gott und denken, dass die Heimat in der Kirche die Heimat in Gott mit einschließt. Auf einmal machst du die Erfahrung, dass die Kirche keine Heimat mehr für dich ist, aber Gott umso mehr. Wir leben in einer Zeit, in der es da keine Eindeutigkeiten mehr gibt.
Meister Eckhart gibt uns einen wichtigen spirituellen Hinweis. Gott ist in uns daheim. Wenn wir das registrieren, in uns aufnehmen, uns damit vertraut machen, dem nachspüren und unsere Aufmerksamkeit dahin lenken, dann breitet sich auf einmal in uns Frieden aus. Du bist von jetzt auf gleich daheim, zu Hause in dir. Du musst nirgendwo mehr hin um Heimat zu finden. Du verreist aus Lust, aber nicht mehr mit dem Ziel, dass da etwas ganz besonderes geschehen muss. Stell dir vor, Gott wohnt in dir und du bist auf der Suche nach ihm. Das Einfachste kommt dir dabei nicht in den Sinn. Du gehst den Weg nach innen in dein Herz und – kommst an. 

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