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Montag, 20. Juli 2015
Alles in Ordnung?
An der Kasse des Supermarktes fragte mich heute die Kassiererin: "War alles in Ordnung?" Ich schaute Sie an und fragte zurück: "Wie meinen Sie das?" Sie verstand wohl nicht, was ich meinte. Sie war es nicht gewohnt, dass Kunden tatsächlich auf solche Fragen reagieren. Dann erläuterte ich weiter: "Als ich durch den Supermarkt ging schien mir noch alles in Ordnung. Niemand ist gestorben, keiner wurde überfallen und einen Diebstahl habe ich auch nicht bemerkt." Die Kassiererin schaute mich an, als ob ich sie auf den Arm nehmen würde. "Ich meinte doch nur, ob Sie alles gefunden haben." Aha, noch eine Möglichkeit, eine tiefere Frage zu stellen. Ich hätte sagen können, woher sie denn wüsste, dass ich etwas gesucht habe.
Ich hatte nämlich gar nichts gesucht. Ich kenne mich in dem Laden gut aus. Ich weiß, wo das Obst und Gemüse steht, finde meine Wurstsorte in dem gut sortieren Regal, schiebe meinen Einkaufswagen in rasender Geschwindigkeit an den Kühlregalen vorbei. Hand links ausgestreckt zum Joghurt, Hand rechts ausgestreckt zum Käse! Ich liebe es, nicht suchen zu müssen, sondern einfach zu wissen, wo die Dinge sind. Wenn ein Supermarkt die Waren umstellt, bin ich verloren. Ich bin konfus, verwirrt und brauche ewig, bis ich mich wieder zurecht finde. Für mich müsste der Supermarkt nicht umstellen, ich kaufe eh die gleichen Produkte. Ich lass mich nicht verführen! Wenn der Supermarkt umgestellt hätte und die Kassiererin an der Kasse mich gefragt hätte, dann hätte ich klar gesagt: "Nichts war in Ordnung! Alles ist durcheinander! Räumen Sie mal schön alles zurück!"
"War alles in Ordnung?" fragte sie. "War!" Ich frage mich, warum sie nicht in der Gegenwart fragt: "Ist alles in Ordnung!" Wieso "War"? Da hätte ich auch sagen können: "Ja stimmt, es war alles in Ordnung bis Sie mich gefragt haben. Jetzt ist nichts mehr in Ordnung. Ihre Frage bringt mich ganz aus dem Konzept!"
Es ist nämlich so, dass ich die Waren nach dem Einscannen schnell in den Korb einsortiere. Die schweren Dinge unten, die zerbrechlichen oben. Da muss ich mich konzentrieren und kann nicht gleichzeitig philosophische Fragen von Filialangestellten beantworten. Warum fragt sie nicht sinnvollere Fragen wie: "Sind Sie mit unseren Produkten zufrieden?" "Wünschen Sie sich vielleicht andere Apfelsorten?" "Führen wir zu wenig oder zu viele Wurstwaren?" Stattdessen fragt sie mich nach der Kundenkarte. Ganz vorsichtig! Hoffentlich stellt dieser Kunde nicht wieder so eine bescheuerte Frage.
Meiner Einkaufsbegleitung sind diese Dialoge an der Kasse peinlich. Ich kann es nicht lassen. Ich weiß, die Frau an der Kasse macht nur ihre Arbeit. Ihr Chef will, dass sie diese Fragen stellt. Ich sollte also den Chef ansprechen und die Kassiererin in Ruhe ihre Arbeit machen lassen. In Ordnung!
Dabei stelle ich fest, dass wirklich alles heute seine Ordnung hatte. Genug Geld im Portemonnaie. Die Waren sind frisch. Alles passt in meinem Korb. Ich habe gut sortiert.
Und wenn nichts in Ordnung wäre? Wenn alles in Unordnung wäre? Wäre das schlimm? Warum möchten wir denn alles immer in Ordnung haben? Das Gegenteil wäre Chaos. Chaos ist auch wichtig! Da kommt etwas in Bewegung! Die Gehirnzellen finden neue Verbindungen. Du bekommst neue Ideen! Alles ist in Ordnung wenn mal alles in Unordnung ist. Zu viel Ordnung ist tödlich!
Zu hause angekommen werfe ich die Waren lässig in Schubladen und Schränke. Da liegen sie nun unordentlich zwischen den gut sortieren Dosen, Packungen und Flaschen. Alles in schöner Unordnung!
www.matthias-koenning.de
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