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Mittwoch, 16. Januar 2019

Ich steh mit beiden Beinen fest auf dem Schlauch.

Manchmal stehe ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Ich weiß, was ich will und ich weiß, was ich kann. Und ich mache es! Heute morgen habe ich mir ein Brot geschmiert. Ich wollte es und ich konnte es und ich war mir darin total sicher. Ich hatte keine einzige Frage. Brot war da und Butter und Wurst. Ich hatte ein Messer und einen Teller. Ich hatte keine Sekunde einen Zweifel, dass ich am Ende in mein Butterbrot beißen werde. Ich liebe es, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Das gibt mir Halt und Orientierung. Und ich schaffe auch noch andere Dinge als Brote zu schmieren. Mir fallen noch viele Beispiele ein wo ich weißt was ich will und kann und auch umsetze. Je mehr ich finde, desto fester spüre ich den Kontakt zum Boden.
Manchmal aber stehe ich auf dem Schlauch. Wenn ich Gebrauchsanweisungen lese! Gott schütze mich vor Gebrauchsanweisungen. Ich verstehe sie einfach nicht. Ich kann den Erklärungen nicht folgen! Da steht was von links aber ich weiß nicht, von wo aus betrachtet. Da steht etwas von "anbringen" und ich verstehe nur Bahnhof. Mit Schrauben? Von wo nach wo und womit? Wenn ich die Gebrauchsanweisung in den Händen halte spüre ich schon den Schlauch. Auf dem Schlauch stehend verliert das Leben die Standfestigkeit. Du fällst leicht hin oder rutscht im Wasser aus. Oder stehst auf einem Knick und verursachst einen Stau.
Jetzt hat da so ein Schlaumeier diese beiden Sätze verbunden und mein Gehirn neu verschaltet. "Ich steh mit beiden Beinen fest auf dem Schlauch." Wie wunderbar! Ich stehe also nicht wackelig auf dem Schlauch sondern mache mich fest. Wie übersetze ich das jetzt in die Praxis? Ich lese die Gebrauchsanweisung und fühle mich dabei so, als würde ich Brote schmieren. Dann verstehe ich den Text vielleicht immer noch nicht, aber ich habe nicht mehr so ein Ohnmachtsgefühl.
Das Schlimme ist ja nicht das Unverständnis, sondern das Ohnmachtsgefühl. Ab jetzt werde ich weiterhin Gebrauchsanweisungen nicht verstehen, aber mich nie wieder hilflos fühlen. Das ist ein neuer Anfang. Und wenn ich die Anweisungen wieder und wieder lese mit der gleichen inneren Gelassenheit und Stärke - wer weiß! Ich werde verstehen! Ich steh ja schließlich mit beiden Beinen fest auf dem Schlauch.
www.matthias-koenning.de


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