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Samstag, 6. Oktober 2018

Nie wieder!


Du hast dir die Finger verbrannt? Du bist tief enttäuscht? Du bist so enttäuscht, dass das „Nie wieder...“ auf die Welt kam? Es kam in deine Welt. Nie wieder möchtest du dir die Finger verbrennen. Nie wieder darf dich jemand so verletzen! Nie wieder wirst du vertrauen! Nie wieder wirst du dein Herz öffnen!
Ich war vor vielen Jahren in Indien und habe dort meinen Urlaub verbracht. In der letzten Woche bekam ich eine starke Infektion und verbrachte nach der Reise drei Wochen in einer Klinik. Meine Haut bestand nur noch auch schmerzenden Eiterblasen. Nie wieder wollte ich nach Indien reisen. Allein der Gedanke  daran verursachte mir Ekel, Angst und Abwehr. Viele Jahre konnte ich auch hier kein indisches Restaurant besuchen. Nie wieder wollte ich etwas mit diesem Land zu tun haben, das mich gefühlt an den Rand des Todes gebracht hatte.
Darum kann ich das „nie wieder...“ gut nachvollziehen. Der Schmerz muss nur tief genug sitzen. Das „Nie wieder...“ folgt einem tiefen und eindrucksvollen Erlebnis. Bei mir führte es zu der Folge, dass ich nie wieder nach Indien wollte. Ich war auch nie wieder in Indien. Aber immerhin habe ich meine Phobie bezüglich eines indischen Restaurants überwunden. Manchmal lasse ich mich überreden und kann dort sitzen und essen. Der Ekel, die Angst und die Abwehr machen sich bemerkbar und behindern mich, aber nicht mehr so, dass ich völlig blockiert werde. Ich kann mich begrenzt auf Indien einlassen. Mein „Nie wieder...“ bröckelt seit einiger Zeit.
Nie wieder lieben? Nie wieder eine Freundschaft? Nie wieder einem Menschen vertrauen? Dann kannst du gleich mit dem Leben aufhören, oder? Wenn du für alle Lebensbereiche ein „Nie wieder...“ aussprichst kannst du dir gleich einen Sarg bestellen. Nie wieder leben!
Wie könnte eine Umkehrung aussehen? Vielleicht musst du nur ein wenig von dem „Nie“ zurücknehmen. Etwa so: „Im Augenblick, zur Zeit kann ich nicht vertrauen. Ich trage noch die schlechten Erfahrungen in mir. Vielleicht sieht meine Welt morgen aber schon ein wenig heller aus. Jetzt gerade mag ich nicht mehr.“ Wenn du so denkst machst du deutlich, dass du gerade ein schlimmes Erlebnis hattest, aber du machst daraus kein Drama oder sprichst ein Todesurteil. Du behältst dir selber die Freiheit vor, morgen anders zu denken. Heute nicht mehr aber morgen vielleicht!
Du weichst dein „Nie wieder...“ auf, weil es für dich einen höheren Wert gibt. Die Liebe darf noch eine Chance bekommen. Das Vertrauen ist auf die Dauer heilsamer für dich und führt dich in eine höhere Kohärenz als die Enttäuschung und das Misstrauen. Anderenfalls müsstest du ständig dein „Nie wieder...“ bedienen. Deine Körperhaltung wäre voller Abwehr und Widerstand. Deine Umwelt würde denken: „Mit diesem Menschen ist es echt schwer auszuhalten. Ständig diese negativen Sätze, diese feindliche Ausstrahlung.“ Und du bekämest daraufhin deine fortwährende Bestätigung: „Habe ich doch gewusst, dass ich nicht vertrauen oder lieben darf. Ich werde nur enttäuscht.“
Dein neuer Gedanke könnte also lauten „Immer wieder gebe ich der Liebe und dem Leben eine Chance. Niemand wird es schaffen, mich ganz aus dem Vertrauen herauszuwerfen. Ich komme wieder, auch wenn ich enttäuscht bin. Ich gönne mir eine Auszeit und pflege meine Wunden. Und dann bin ich wieder da! So oft ich kann...“

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