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Mittwoch, 20. September 2023

Binde zwei Vögel zusammen; sie werden nicht fliegen können obwohl sie nun vier Flügel haben. (Rumi)

Wie erlebst du das Arbeiten im Team? Ist ein Team erfolgreicher als mehrere Personen, die einzeln arbeiten? Zwei Vögel werden nicht besser fliegen wenn man sie zusammenbindet. Sie werden sich gegenseitig behindern. Jeder Vogel braucht seine eigene Entfaltungsmöglichkeiten um fliegen zu können.
Sie können nebeneinander fliegen, in Formationen oder auch abwechselnd. Aber jeder Vogel kann nur einzeln für sich fliegen. Ich erlebe Teams manchmal hilfreich und manchmal auch behindernd. Es melden sich die Wortgewaltigen und andere bleiben still, die auch was kluges beitragen könnten. Kritik erstickt gute Ansätze und Ideen. Prozesse dauern oft sehr lange und werden wieder vertagt. Einzelne Teammitglieder haben oft keine Chance mit ihrer Art auf der Welt zu sein.
Jeder Vogel braucht für sich genügend Abstand und Freiraum. Nur dann kann er fliegen. Da gibt es einen Spannungsraum von Autonomie und Gemeinschaft. Beide Pole können überbewertet werden. Nur noch Autononomie erstickt das Bedürfnis nach Gemeinschaft. Nur noch Gemeinschaft tötet das Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung.
Ich kenne Familien, die sehr aufeinander bezogen sind. Sie sind irgendwie gleich gekleidet, machen alles zusammen, teilen alle Erlebnisse und Gefühle. Immer und ständig. Niemand darf was ganz allein für sich machen.
Ich kenne aber auch Familien, die eher wie eine Zufallswohngemeinschaft wirken. Sie treffen sich ab und zu für wenige Augenblicke. "Schränke nicht meinen Freiraum ein!" Gemeinsame Mahlzeiten, wo wirklich alle da sind, gibt es nur an Weihnachten. Ein Fest mit hohem Stressfaktor, weil alle was gemeinsam machen müssen.
Wie kann es dann gehen, dass beide Positionen ihre Wertschätzung erfahren? Rumi macht den Vorschlag, zwei Vögel nicht zusammen zu binden. Also keine Zwangsverpflichtung. Das Entstehen von Gemeinsamkeit braucht die Freiwilligkeit des Einzelnen. Es braucht einen verantwortlichen Umgang im Abwägen der eigenen Bedürfnisse und den Bedürfnissen, mit anderen zusammen zu sein. Es braucht den Dialog und einen guten Kontakt zu sich selbst. Und nicht zuletzt braucht es ein waches Bewusstsein für den einengende Rituale, unbewusste Familiengesetze und krankmachenden Kitt.
www.matthias-koenning.de

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