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Samstag, 22. November 2014

"Drey ding seynd wolfeyl zu Rhom: fiber, pestilentz und arme leüt" (Ulrich von Hutten 1488-1523)

Nach dem Duden meint "wohlfeil" so viel wie "billig, niedrig im Preis". Mittelhochdeutsch geschrieben wurde es: "wolveil". Beim Nachlesen im Wörterbuch der Gebrüder Grimm stieß ich auf diesen Satz: "Drei Dinge sind wohlfeil zu Rom: Fieber, Pestilenz und arme Leute," sagte Hutten, der Humanist und Zeitgenosse von Erasmus von Rotterdam. Dabei geht es mir nicht um den Satzinhalt, obwohl der auch einer Betrachtung würdig wäre.
Das Wort "Wohlfeil" taucht nach meiner Erinnerung in so manchen historischen Romanen auf. Diese und ähnliche ausgestorbene Worte machen einen solchen Roman eben sehr authentisch. Es versprüht dadurch eine Art mittelalterlichen Charm.
Warum finde ich das erwähnenswert? Nun, im Radio hat vor ein paar Tagen ein Moderator tatsächlich dieses Wort verwendet. Aber nicht im Bezug auf das Mittelalter, sondern ganz aktuell. Er hat in einem ganz normalen Beitrag einfach das Wort "wohlfeil" verwendet. Zum Glück kannte ich es noch. Vielleicht hätte ich seinen Text sonst gar nicht verstanden.
Bei der Recherche nach diesem Wort finde ich eine schöne Website (www.bedrohte-woerter.de) mit einer "roten Liste" von fast ausgestorbenen Wörtern. "Wohlfeil" taucht dort auch auf.
Gefährdet ist auch "Stelldichein", "Schlachtenbummler" und "Heiermann". Bei manchen Wörtern finde ich es schade, dass sie uns so still und heimlich verlassen haben. Aber Wörter kommen und gehen. Sie tauhen auf, verschwinden und sterben aus. Dabei glauben wir doch, dass wir alles gut festhalten und bewahren können. Ein Brot soll ein Brot sein und ein Schinken ein Schinken. Im Alltag registrieren wir die Veränderungen fast gar nicht. Erst, wenn wir über einen längeren Zeitraum zurückblicken merken wir: "Ach ja! Da hat sich doch viel verändert! Es ist nichts mehr wie früher!" Und du gehst einfach und selbstverständlich mit durch alle Veränderungen.
Das Aussterben gehört zum Leben dazu. Pflanzen, Tiere, Wörter, Menschen, Landschaften und vor allem auch Berufe. Alles landet irgendwann im Museum. Geh doch mal von Zeit zu Zeit da hin und betrachte das Ausgestorbene. Dann beobachte dich selbst dabei, wie "museal" oder "ausgestorben" du vielleicht schon selber bist. Welche musealen Züge gehören zu dir? 
So nebenbei stellst du auch fest, dass sich bestimmte Dinge nicht verändert haben in all den Jahren und Jahrhunderten. Über Rom zu schimpfen und zu lästern gehört zu einer sehr alten Tradition, die bist heute gepflegt wird.
www.matthias-koenning.de

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