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Freitag, 17. Oktober 2014

Die verborgene Botschaft von Geschenken

Ich erinnere mich an eine Situation in meiner Kindheit. Meine Mutter bekam eine Flasche Orangenlikör geschenkt. Einige Wochen lag dieses Teil in schönem Karton im Schrank. Beim näheren Hinsehen fiel mir auf, dass der Karton irgendwie nicht mehr so "Regalfrisch" aussah. Da gab es hier einen Knick und da einen kleinen Riss im Karton. Nun, meine Mutter trank keinen
Orangenlikör und bei einer nächsten Gelegenheit bekam eine Tante diese Flasche zu ihrem Geburtstag. Wieder ein Jahr später bekam meine Mutter ein Geschenk aus der gleichen verwandtschaftlichen Richtung: Eine Flasche Orangenlikör in einem schönen Karton. Nach einem Anfangsverdacht erkannte ich den Karton gleich wieder. Der war schon einmal in unserem Haus. Die Flasche wollte niemand haben.
Seit diesem Erlebnis geht mir durch den Kopf, dass so manche Geschenke lediglich die Aufgabe erfüllen, als Geschenk zu kreisen. Sie werden nicht ausgepackt und nicht benutzt. Ein Freund von mir besitzt sogar ein Fach in seinem Schrank mit lauter nicht ausgepackten Geschenken. Ihm reicht die Geste des Schenken aus. Der Inhalt ist egal. Einmal bekam er Besuch von einer älteren Freundin und ich war dabei. Diese ältere Freundin feierte kurz zuvor einen runden Geburtstag und erhielt von meinem Freund ein schönes Geschenk aus seinem Geschenkeschrank. Es fühlte sich an wie meine "Orangenlikörflasche in einem Karton". Natürlich freute sich die besagte Frau, dass ihr Geburtstag nicht vergessen wurde und dass sich jemand die Mühe gemacht hat, ein passendes Geschenk zu finden. Also packte sie den Karton aus und fand - eine große Flasche Rasierwasser! Kein schlechter Treffer für eine Frau. Es war hoch peinlich und unglaublich belustigend zugleich.
Aus diesem Erlebnis habe ich gelernt: "Wenn du schon Geschenke kursieren lässt dann packe sie vorher aus und schau nach, was es ist."
Eigentlich geht es ja gar nicht um die Geschenke an sich, oder? Viele besitzen schon was sie brauchen oder kaufen es sich, wenn es dran ist. Es geht um die Geste und die über das Geschenk ausgedrückte Botschaft: "Du bist mir wichtig!" - "Ich schätze dich!" - "Ich bin gerne dein Freund!" Um das zu sagen bräuchte es darum eigentlich kein Geschenk. Meine Idee für deinen nächsten Geburtstagsbesuch: "Herzlichen Glückwunsch zu deinem Fest! Ich habe heute kein materielles Geschenk mitgebracht. Ich will dir aber sagen, wie wichtig du für mich bist und wie gerne ich dich habe. Und wenn du mich brauchst bin ich für dich da!" Ein einfacher, klarer und direkter Satz wäre vielleicht eine gute Alternative zu einem unbestimmten Geschenk.
Schau dich doch einmal in deiner Wohnung um, wie vielen "Kursiergeschenken" du im Laufe der Jahre eine Heimat gegeben hast. Da mögen Teile drunter sein, von denen du es nicht dachtest! Bei mir verdächtig sind: Kerzen nebst Ständer, Vasen und andere "Stehrümchen". Was würden die wohl sagen, wenn sie erzählen könnten? Hast du noch Kontakt zu der Schenkerin, dem Schenker. Kennst du noch den Anlass?
Bei mir steht übrigens noch so eine Kerze mit einem silbernen Teller herum. Suchst du noch nach einem passenden Geschenk?
www.matthias-koenning.de

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