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Mittwoch, 30. April 2014

Gott jenseits unserer Bilder

Eine Mutter erzählte mir vor einiger Zeit ein Erlebnis mit ihrer vierjährigen Tochter Hannah. Sie saßen zusammen in der Kirchenbank und in wenigen Minuten sollte der Gottesdienst beginnen. Hannah fragte ihre Mutter: "Mama, wo ist denn der Gott?" Mama veruschte ihr Bestes und klärte ihre Tochter auf, dass Gott unsichtbar sei und dass man ihn nicht sehen könnte. Hannah fragte erneut: "Aber Mama, wo ist denn jetzt der Gott?" Egal, was Mutter auch sagte, keine Antwort stellte Hannah zufrieden. Gott sei zwar unsichtbar, aber man kann ihn spüren. Er sei immer für die Menschen da und Jesus habe uns von ihm erzählt. Immer kam von dem Mädchen die gleich Frage, wo denn der Gott sei. 
Schließlich erklang die Glocke und die Messdiener zogen mit dem Pastor in die Kirche ein. Da kommt das erlösende Wort von Hannah: "Mama, da ist doch der Gott!"
Kinder finden für ihre Fragen häufig ganz einfache Lösungen. Für Kinder sind die Eltern ganz einfach das erste Gottesbild. Und wenn die Eltern sich einfach nur als Eltern entpuppen, nichts weiter, suchen sich die Kinder den nächsten Gott. Das ist dann möglicherweise die Erzieherin im Kindergarten oder eben auch der Pastor in der Kirche. Immerhin trägt ein Priester ein Gewand und erinnert an zahlreiche Gemälde, auf denen Gott auch ein Gewand trägt. Ein grauhaariger Priester mit Gewand entspricht also dem idealen Gottesbild. So wandern wir von Bild zu Bild. Irgendwann wird Hannah wissen, dass ihr Pastor nicht Gott ist, sondern ein Mensch wie sie auch. 
Keines unserer Gottesbilder werden wir festhalten wenn wir wach sind. Denn das Bild von Gott ist ein Bild und nicht Gott selbst. Hüten wir uns vor Verwechslungen. Wie gestaltet sich jedoch der Gott für einen erwachsen gewordenen Menschen? Sagen wir Gott? Was meinen wir, wenn wir "Gott" sagen? Wenn wir uns von allen Bildern verabschieden, wirklich alle Biulder loslassen, dann bleibt möglicherweise nur noch das "Gewahrsein einer göttlichen Gegenwart"? Wir mögen über das Gottesbild eines Kindes schmunzeln und sehnsuchtsvoll zurückblicken nach unseren heilen und einfachen Kindertagen.  Redlicher und angemessener ist es jedoch, als Erwachsener wieder zum Gottsucher zu werden. Möge uns "Seine" Wirklichkeit entgegenkommen und erfüllen. 
Dann gibt es noch das Geheimnis, um das Hannah und alle Kinder wissen. Für sie ist der Pastor ja der "liebe Gott". In gewisser Weise hat sie kindlich völlig recht. In jedem Menschen ist Gott gegenwärtig. Er wohnt in unseren Herzen und wir wohnen in seinem. Hannah hat das intuitiv erkannt.

www.matthias-koenning.de 

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