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Montag, 24. Februar 2020

Unter Karnevalsflüchtlingen

Ich komme von einer Tagung in Bonn und wir halten in Köln. Jetzt sind wir auf dem Weg nach Dortmund. In Bonn war der Zug noch leer. Jetzt ist er voll. In Köln sind sie eingestiegen: Die vielen Karnevalsflüchtlinge. Du fragst, woher ich das weiß? Ich sitze gerade neben einem. Rechts neben mir sitzen vier Flüchtlinge. Ich habe sie alle gefragt und alle haben mir betätigt, dass sie heute die Gelegenheit zur Flucht ergriffen haben.
Die Frau neben mir kommt gebürtig aus Schleswig. Ich vermute, dass sie eine Protestantin ist. Im Norden gibt es halt keinen Karneval. Vielleicht flüchtet sie in ihre Heimat zurück? Ich traue mich nicht, die anderen Gäste zu fragen, warum sie auf der Flucht sind.
Ich erzähle den Leuten hier gerade, dass ich eine ernsthafte Karnevalsbehinderung habe. Früher wollten die Leute mich motivieren, doch einmal über meinen Schatten zu springen und kräftig mitzusingen und mitzuschunkeln. Ich konnte es nicht. Ich kann es bis heute nicht. Wenn ich es könnte täte ich es. Aber ich bin behindert. Karnevalsbehindert!
Gerade mal wieder habe ich mich öffentlich hier im Abteil zu meiner Behinderung geäußert. Da kommen erlöste Blicke von meinen Nachbarn. Ja! Auch sie sind eindeutlig karnevalsbehindert. Eine Erleichterung geht durch das Abteil. Endlich eine wirkliche Erklärung für die Flucht weg von Köln und hin nach Berlin oder Hamburg. Heiterkeit breitet sich aus. Alle lachen bis zu dem Augenblick, wo ich "Stopp" sage. "Wir wollen doch jetzt wohl hier nicht Karneval feiern?" "Wir müssen schon ernsthaft bei unserer Behinderung bleiben!"
Zugegeben, die letzten drei Sätze habe ich geflunkert. Aber nur die letzten. Jetzt drücke ich auf speichern und veröffentlichen und du kannst es lesen. Viel Vergnügen!
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Samstag, 22. Februar 2020

Erkenne, wie du tickst!


In der vergangenen Woche wollte ich bei einem Bäcker in Münster ein Dinkelbrot kaufen. Vor mir wurde gerade ein Mann von der Verkäuferin bedient. "Haben Sie es eilig?" fragte er mich. "Sie dürfen ruhig vor mir bestellen."
Die Verkäuferin zögerte nicht lange und bediente mich. Während meine drei Brote geschnitten wurden, begann ich mit dem Mann ein Gespräch. Er ging an einem Krückstock und genoss wohl die Unterbrechung seines Alltags am Schreibtisch. Ich erzählte ihm, dass ich als Berater und Lebenslagencoach arbeite worauf er erwiderte, dass er mich in der vergangenen Woche gut hätte gebrauchen können. Unser Gespräch war sehr humorig und er erzählte mir etwas von seiner Schwester. Und darum geht es mir eigentlich jetzt. Sie schrieb ihm eine Mail und beklagte darin ihr Leid. Er machte sich infolgedessen große Sorgen. Drei Tage später kam wieder eine Mail von ihr mit dem Hinweis, alles sei wieder gut.
In seiner "Bauernschläue" mir gegenüber kam er auf den Gedanken, dass er sich seine Sorgen hätte sparen können, wenn er nicht so oft die Mails seiner Schwester lesen würde.
Wenn er also nur alle sieben Tage seine Mails abgerufe hätte würde er nur die letzte lesen mit dem Inhalt: "Mir geht es gut!" Sein gedankliches Sorgenloch könnte er so einfach überspringen. Man würde sich ja manchmal völlig nutzlos Sorgen machen wenn später alles eh wieder gut ist.
Der Mann aus der Bäckerei erinnerte mich an zwei Erfahrungen, die ich auch kenne. 1. Manchmal machen wir uns einfach zu früh Sorgen. 2. Wir leben oft in Zyklen. Ich bekomme z.B. immer um Karneval herum eine Grippe. Weil ich das weiß, kann ich mich darauf einrichten und hänge das nicht so hoch.
Ich habe Menschen erlebt, die für eine ganz bestimmte Anzahl von Jahren in einer Beziehung sein können und sich dann trennen. Die Zahl sieben ist ein beliebter Rhythmus. Oft sind diese Zyklen unbewusst und es ist spannend, diese zeitlichen Abstände aufzudecken und so möglicherweise zu durchbrechen.
Bist du neugierig geworden auf deine zeitlichen Eigenarten? Wann kaufst du neue Kleidung ein? Wann wechselst du dein Auto? Wann bestellst du deine Ferienwohnung? Und wie geht es dir, wenn du deine Rhythmen nicht einhältst?
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Dienstag, 18. Februar 2020

Verlier nicht den Kontakt!

Ich fahre diesem LKW hinterher und sehe das Plakat: "Don't lose touch!" Ein Mann hängt an der Tür und hat die Beine angezogen. Den Kontakt zum Boden verloren.
Manchmal verlierst du den Bodenkontakt. Den Blick für die Realität. Der Boden trägt nicht mehr. Er wird dir unter den Füßen weggezogen. Arbeitsplatz gekündigt, Ehe zerbrochen, Freundschaft beendet, Krankheit. Verlier nicht den Kontakt! Mit beiden Füßen auf dem Boden stehen gibt Halt und Sicherheit. Schön, wenn uns das geschenkt wird.
Doch manchmal musst du loslassen. Dich irgendwo dranhängen. Der Boden fließt weg. Alles entpuppt sich nur als vorläufige Sicherheit. Wenn du dich irgendwo dranhängst, dann kannst du dich auch fortbewegen. Vom Boden, der nicht mehr tragfähig ist. Immerhin besitzt du neben den Füßen auch noch Arme und Hände. Die sind flexibel. Die können spontan reagieren.
Die Füße sagen: "Hier stehe ich! Ich habe Halt. Das gibt Sicherheit!" Die Hände sagen: "Hier bewege ich mich. Da greife ich hin. Das Leben sortiert sich ständig neu!" Wie gut, dass wir Hände und Füßen haben, die gemeinsam oder auch abwechselnd dafür sorgen, dass wir im Kontakt bleiben.
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Montag, 10. Februar 2020

Ich besuche mich...


Heute besuche ich mich.

Ich mache es mir schön.

Ich setze mich hin.

Ich mache es mir bequem.

Ich lege ein Buch auf den Tisch.

Ich stelle ein Glas Wasser daneben.

Dann sitze ich...

...mal schauen...

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Freitag, 10. Januar 2020

Ich habe keine Lösug, aber ich bewundere das Problem

Ich betrachte Probleme als Probleme und suche für ein Problem eine Lösung. Wenn ich die Lösung gefunden haben besteht das Problem hoffentlich nicht mehr. Ein Problem wird ja dadurch zu einem Problem, dass ich mich damit hilflos fühle. Ich finde keinen Ausweg. Ich möchte diese ungute Situation beseitigen.
Manchmal habe ich zwar ein Problem, aber keine Lösung dafür. So sehr ich auch suche, ich habe dieses Problem. Ich kann in die Beratung gehen und einen Berater bitten, mir bei der Lösung zu helfen. Ein Problem wird ja eben dadurch für mich zu einem Problem, weil ich keine Lösung finde. Und ich denke, dass eine Lösung das Problem lösen würde. Logisch, oder?
Manchmal ist das Problem aber nicht wirklich ein Problem, sondern meine Lösung. Ich mache das, was mir möglich ist. Ich mache eigentlich immer das, was mir möglich ist. Die Lösung mag mir nicht immer super gefallen, aber es ist eine Lösung. Ich könnte sogar sagen: Ich habe kein Problem, weil ich schon eine Lösung habe. Die mir bestmögliche Lösung. Eigentlich geht es nur um das Gefühl zum Problem.
Wenn ich ein Problem habe, fühle ich mich schlecht. Wenn ich eine Lösung habe, fühle ich mich gut. Wenn ich das Problem nicht mehr als Problem definiere, fühle ich mich auch nicht mehr schlecht. Wenn das Problem zum Lösungsansatz wird, könnte ich mich schnell wieder gut fühlen. Auf meiner Postkarte lese ich: "Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem." Wenn ich das Problem bewundere, dann verschwindet das schlechte Gefühl. Dann fühle ich mich trotz Problem besser. Ich kann sagen: "Wow, ich habe dein ein tolles Problem! So eines hat niemand sonst! Ich sollte es behalten. Es ist außergewöhnlich. Eine echte Herausforderung. Ich kann daran wachsen und reifen."
Ich könnte mir also eine menge Probleme wünschen, damit ich daran wachsen und reifen kann. Sonst rosten meine Zellen ein. Ich werde fett und behäbig. Wer will das schon. Lieber ein Problem als passiv herumsitzen. Wer keine Probleme hat kann auch getrost sterben. Wozu noch? Absurder Gedanke?
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