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Montag, 29. April 2024

Das schafe Schaf zu sein ist eigentlich gar nicht so übel. Vor allem wenn man sich die weißen Schafe einmal etwas genauer ansieht.

Genau! Sieh dir doch einmal die weißen Schafe etwas genauer an. Sie tönen so laut von der Moral und davon, wie die Welt auszusehen hat. Und wie man sich richtig verhält. Schau einmal genau hin, wenn sich die weißen Schafe melden. Jesus sagte einmal: "Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein." Wo findest du heute die Steinewerfer? In der Politik, in der Kirche oder in der Familie!
Die weißen Schafe von heute sind nur ein wenig geschickter. Sie geben sogar ihre kleinen schwarzen Flecken zu. Machen sie aber zugleich harmlos und verallgemeinern. "Jeder hat seinen dunklen Fleck und seine Schattenseite..." Dann kommt das "ABER"! Wenn das "ABER" kommt, dann geht es los.
Dann wird es interessant und du kannst genauer hinschauen. Wenn die weißen Schafe dann über die schwarzen herziehen. Als ob das Selbsteingeständnis eine Erlaubnis wäre.
"Ich bin ja zum Glück nicht so schlimm!" Die Kirche spricht ja auch gerne davon, dass sie eine "Kirche der Sünder" sei. Glaubt sie das wirklich? Oder ist es nur ein Totschlagsatz? Es lohnt sich der genaue Blick auf die weißen Schafe. Dafür braucht es ein wenig Geduld und die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen.
Und wenn du genauer hinschaust wirst du wieder feststellen, dass jeder Mensch eine Mischung ist. Aus schwarz und weiß und ganz viel grau. Und hoffentlich mit vielen bunten Tupfen!
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Samstag, 27. April 2024

Ich gehe dann mal Offline. Man sieht sich im wahren Leben!

Jetzt bin ich gerade Online. Ich schreibe diese Sätze und sehe, wenn in meinem Mailprogramm eine Botschaft ankommt. Bei Facebook bin ich gerade nicht und auch Xing liegt nicht auf Abruf. Smarthone und Laptop mit allen sozialen Netzwerken können mich sehr beschäftigen. Ich bin wo immer ich bin und bin Online. Ich bin weltweit verbunden und vernetzt. Ich habe viele Freunde und kenne viele Seiten im Netz. Ich reagiere und bekomme Reaktionen. Ich bekomme den Eindruck, dass ich wichtig bin. Ich bin ein Teil eines großen digitalen Abenteuers.
Wenn es da nicht die schmerzliche Seite gäbe. Ich bin allein vor und mit meinem Gerät. Da gibt es keine körperliche Dimension mehr. Alles nur für den Verstand, für die Augen und für die Finger. Wie sähe mein Leben aus, wenn ich komplett Offline ginge. Ginge das noch in dieser Zeit? Ade Facebook und alle anderen Portale? Sich im wahren Leben zu sehen? Es braucht eine neue Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, diese Dimension nicht zu verlieren. Freund an Freund, Körper an Körper. Gemeinsam Kaffee trinken. Lachen und schwätzen und mit allen Sinnen sich gegenseitig wahrnehmen. Mit Haut und Haar leben und sich begegnen. Anrufen und die Stimme hören und selber sprechen. Merken, dass wir Menschen mulitdimensionale sinnenfreudige Wesen sind. Sich verabreden und treffen auf dem Marktplatz oder in der Fußgängerzone. Also, jetzt gehe ich wieder Offline, reibe mir die Hände und gehe hinaus in die Welt. Mal schauen, wie es windet, riecht und begegnet.
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Freitag, 26. April 2024

Wenn es sich gut anfühlt, Kopf aus!

Du hast einen Wunsch, den du dir gerne erfüllen möchtest. Du möchtest vielleicht mit deinem Partner zum Italiener. Wie wunderbar! Leckere Pizza oder Pasta oder einen wunderbaren Salat! Für jeden ist etwas dabei. Da geht dir dein Herz auf und du bekommst auch noch einen kräftigen Rotwein und eine tolle Vorspeisenplatte und vor allem zum Schluss Tiramisu. Du reibst dir die Hände und das Wasser läuft dir im Mund zusammen. Du stellst dir auch noch vor, dass es im Restaurant gemütlich ist und dass du eine entspannte und schöne Zeit mit deinem Liebsten verbringst. Nach dem anstrengenden Tag endlich entspannen bei einem tollen Essen. Es fühlt sich herrlich an.
Du ahnst es schon? Dann kommt der Kopf. Der macht sich ein paar Gedanken und schon ist alles kaputt. In fünf Minuten. Beim Italiener gibt es immer Teig. Pizza oder Pasta ist immer aus Teig. Teig sind überflüssige Kohlenhydrate. Die gehen direkt auf die Hüfte. Außerdem ist es echt teuer, wenn du einen guten Wein trinkst und auch noch drei Gänge bestellst. Wer muss fahren und darf nicht trinken? Heute wollen sowieso alle zum Italiener und dann ist es dort auch noch so laut. Nichts mit Romantik. Für das Geld kannst du dir auch selber einen gesunden Salat kaufen.
So macht das der Kopf, der Verstand. Er macht dir alles kaputt wenn du ihn anstellst. Also, wenn du heute zum Italiener gehen möchtest dann erschaffe dir nur das wunderbare erste Bild und das tolle Gefühl. Dann musst du unbedingt sofort loslaufen und dich beim Italiener an den Tisch setzen und direkt bestellen. Erst, wenn du das gemacht hast, darfst du wieder nachdenken. Was hast du da nur wieder gemacht! Unnütz Geld ausgegeben! Aber das ist jetzt völlig egal. Du bekommst deine wunderbare fettige Pasta und den kräftigen Rotwein. Was soll dein Verstand jetzt machen? Er muss aufgeben und sich seinem Schicksal ergeben. Also, wenn es sich gut anfühlt - Kopf aus!
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Donnerstag, 25. April 2024

Ich bin nicht interessiert mich mit jemandem zu konkurrieren - ich hoffe wir schaffen es alle.

Genau! Konkurrenz im alten Sinne schafft Stress. Wer ist besser? Es gibt Gewinner und Verlierer. Und niemand möchte gewinnen. Concurrere aus dem Lateinischen übersetzt heißt: Zusammen laufen. Also kein Gegensatz, sondern Gemeinschaft.
Das gefällt mir. Ich laufe mit dir und du läufst mit mir. Wir laufen auf Augenhöhe!
Anfang der Woche war ich auf einer Weiterbildung und wir sollten zu Beginn in Vierergruppen uns austauschen über ein Thema und gemeinsam dabei laufen. Da erinnerte ich mich an Tage im Benediktinerkloster vor vielen Jahren. Wenn vier Mönche gemeinsam einen Spaziergang machten gingen zwei vorwärts und zwei rückwärts. So konnten alle vier sich gegenseitig in die Augen schauen. Ich nenne das jetzt Benediktinerwalk. Das Tempo verlangsamt sich. Die vorwärts Gehenden achten auf die beiden vor sich, dass sie nicht ins Stolpern geraten. Die Rückwärtslaufenden üben sich ein in das Vertrauen. Vier können schnell konkurrieren im alten Muster. Wer ist klüger und wer hat die besseren Ideen. Besser sein führt schnell in die Einsamkeit. Der Erste kommt allein ins Ziel. Er hat zwar gewonnen, aber niemanden an seiner Seite.
Ich hoffe auch, dass wir es alle schaffen. Dass jeder ans Ziel kommt. Dass alle Menschen gut leben können. Dass für alle mehr als genug Liebe und Aufmerksamkeit da ist. Dafür möchte ich mich stark machen wo immer ich bin. Und ich glaube, dass Männer und Frauen dafür bestens geeignet sind, das gemeinsam hinzubekommen. Männer allein? Frauen allein? Ich bin gewiss: Wir schaffen das alle!
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Mittwoch, 24. April 2024

Geduld bedeutet, dass man immer weitblickend das Ziel im Auge behält. Ungeduld bedeutet, dass man kurzfristig nicht die Bestimmung begreift. (Rumi)


Ich kann mein Leben weitblickend betrachten oder kurzfristig. Manchmal bin ich sehr kurzfristig. Kurzfristig sind so viele Aufgaben zu erledigen. Mal eben noch die Wäsche waschen und schnell einkaufen gehen. Dann mal eben noch die Schuhe putzen und einen bestimmten Menschen anrufen. Wenn ich bestimmte Dinge nicht kurzfristig mache gehen sie verloren und dann stehe ich da. Wenn ich mein Leben in der Kurzfristigkeit einrichte dann fühle ich mich getrieben. Und diese Getriebenheit äußert sich dann in der Ungeduld. Gepaart mit einer dauerhaften inneren Unruhe. Was muss ich alles noch erledigen bevor ich mich ausruhen kann.
Wenn ich aber weitblickend das Ziel im Auge behalte, dann breitet sich automatisch Geduld in mir aus. Erst am Ende meines Lebens muss ich die Ziele erreichen. Ich habe also noch unendlich viel Zeit. Auch, wenn ich morgen diese Welt verlasse werde ich nicht unruhig. Denn in meinem Weitblick schaue ich zum Horizont. Der Blick geht in die Weite und in die Ferne. Das macht mich großzügig, langmütig und sehr geduldig. Es gibt nichts zu tun! Ich kann heute mal den ersten Schritt machen und dann eine Pause. Ich habe ja so unendlich viel Zeit. Ich verlangsame meine Schritte. Mein Denken. Meine Pläne. Ich werde nicht untätig. Ich behalte das Ziel fest im Auge. Ich weiche nicht ab. Aber es muss nicht sofort sein.
Ich lade dich ein, mit mir einen größeren Freiraum einzunehmen. Das Herz zu weiten. Die großen Ziele ins Auge zu fassen und aufmerksam den nächsten Schritt zu gehen. Zugleich merke ich, wie mein Atem ruhiger wird. Ich kann loslassen und weiß, dass morgen auch noch ein Tag ist. Eine neue Chance.
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Dienstag, 23. April 2024

Wo immer du hingehst, hat der Himmel dieselbe Farbe.

So ganz stimmt das für mich nicht. Es gibt Orte, wo der Himmel mir eher blasser erscheint und Orte, wo es tief blau ist. An manchen Orten gibt es den ganzen Sommer über keine Wolken und woanders ist es ständig grau.
Dennoch stimmt etwas an dieser Idee. Wo immer du hingehst nimmst du dich selber mit. Du mit deiner Persönlichkeit wirst dich nicht einfach verändern. Du nimmst deine Sorgen und Nöte mit. Deine Kindheitserfahrungen und alle Ereignisse des Alltags.
Und zugleich stimmt es wieder nicht. Mit allem, was und wer du bist, tauchst du ein in eine neue und fremde Welt. Dein Leben kann eine neue Einfärbung erhalten. Du wirst ein bisschen milder. Dir gelingt es, in der fremden Umgebung dich mehr zu öffnen. Ein wenig anders zu sein als zu hause. Du spürst in dir einen kleinen Unterschied, der dich optimistisch stimmt. Du bist gar nicht nur und immer angespannt. Du bist nicht nur und immer sparsam. Manchmal kannst du großzügig sein und dich auch ein wenig entspannen.
Wo immer du hingehst, hat der Himmel dieselbe Farbe? Vielleicht! Aber die kleinen Schattierungen und Nuancen machen den Unterschied aus!
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Montag, 22. April 2024

Wer ordentlich drückt kann kräftig bewegen!

Auf einer Toilette in einem Museum fand ich diesen Hinweis: "Die Druckspülung bitte lange gedrückt halten!" "lange gedrückt" in roter Signalfarbe mit Ausrufezeichen. Da wollte ich doch mal die Druckspülung testen. Ich habe draufgedrückt und es kam Wasser. Kurz reichte aus. So fand ich. Länger drücken ginge auch. Aber lange drücken? Wie lange? Eine Stunde? Fünf Minuten?
Drei Erkenntnisse nehme ich mit. Lang oder kurz drückt eher eine Gefühlsqualität aus. Da hat jeder Mensch ein anderes Maß. Wenn ich es eilig habe, dann sind fünf Minuten für mich sehr lang. Wenn ich ein spannendes Buch lese sind zwei Stunden für mich sehr kurz.
Die zweite Erkenntnis: Manchmal gibt es keine schnellen Ergebnisse. Ich muss etwas lange genug machen. Lange genug den Topf putzen bis er sauber ist. Lange genug schreiben bis der Gedanke fertig gedacht ist. Lange genug Geduld haben mit einem Handwerker, den ich beauftragt habe. Lange genug warten, bis der Kaffee durchgelaufen ist. Lange genug den Kuchen im Ofen lassen bis er gar ist. Zugleich kann es auch zu lange sein. Dann bin ich über einen gewissen Punkt hinausgegangen. Habe den richtigen Zeitpunkt verpasst. Ich stelle mir einen Zeitstrahl vor. Auf diesem Zeitstrahl gibt es eine erste Markierung mit dem Hinweis: "lange genug" und einen zweiten Hinweis "zu lange". Dazwischen gibt es die Momente, die richtig sind.
Wohin tendierst du, wenn du dein Leben betrachtest? Bist du geduldig und lässt dir lange genug Zeit? Oder gehörst du zu denen, die den Kuchen kurz vor fertig herausnehmen. Kurz vor fertig die Arbeit beenden? Oder verpasst du den Augenblick und bist kurz nach "zu lange". Das Sonderangebot ist nicht mehr da! Der Kuchen etwas angekokelt. Der Bus vor deiner Nase weggefahren? Wo befindet sich dein "Lieblingszeitpunkt"?
Die dritte Erkenntnis: Manchmal muss ich drücken! Es tut sich nicht von allein. Ich kann vor der Kloschüssel warten und es kommt kein Wasser - es sei denn, es gibt eine Lichtschranke. Ich muss den Knopf drücken. An der Waschmaschine, am PC, am Kaffeeautomaten. Ich muss selber etwas machen. Ohne mein Signal geht es nicht los. Den Knopf an der Waschmaschine drücke ich in der Regel sofort. Ich kenne die Programme und es läuft. Aber am Fahrkartenautomaten fällt es mir schwer den richtigen Knopf zu drücken. Den Knopf, wenn es darum geht, das Geld zu bezahlen. Habe ich den richtigen Tarif? Den günstigsten? Wenn ich fahren will muss ich drücken. Es ist hilfreich, dabei nicht zu viel nachzudenken. Sich entscheiden bevor die Bedenken kommen. Wenn die Bedenken kommen und mächtig werden drücke ich die Knöpfe nicht mehr. Ich drücke nicht und es bleibt ein unbefriedigendes Gefühl übrig. Wer drückt bringt was in Bewegung!
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Samstag, 20. April 2024

Die Macht der Gewohnheit



In meinem „früheren“ Leben konnte ich es mir leisten, jeden Tag einen Mittagschlaf zu halten. Meine „Heilige Stunde“. Als Seelsorger hatte ich keinen festen 8 Stunden Arbeitstag, sondern es verteilte sich von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Meine Idee war, wenn ich jeden Mittag eine Pause mache von einer Stunde, kann ich den Tag gut bewältigen. Irgendwann war ich der festen Überzeugung, dass mein Körper diese Zeit dringend braucht. Regelmäßig nach dem Mittagessen fuhr mein System herunter und schaltete auf Standby.
Als ich meine Tätigkeit wechselte verschwanden dieser Glaubenssatz und diese Körpererfahrung über Nacht. Der Mittagschlaf war ein Teil meiner Identität. Das gehörte zu meinem Leben dazu. Eine Gewohnheit mit viel Macht. Mich zog etwas in die Horizontale. Dann war es nicht mehr möglich und ehrlicherweise auch gar nicht nötig.
Es macht Sinn, diesem Phänomen ein wenig neugierig auf die Spur zu kommen. Nichts ist sofort eine Gewohnheit. Es gibt immer ein erstes Mal. Ich kaufe am Samstag auf dem Markt ein. Dafür fahre ich zuerst zur Tanke und kaufe die Tageszeitung. Dann geht es weiter zum Brotstand und zu den Eiern. Ich schließe mit einem kleinen Blumenstrauß für 3,50 Euro. Mit dem Bauernbrot fing alles an. Später kamen dann die Eier dazu und noch später die Tageszeitung. Ich absolviere an jedem Samstag diese Tour fast zur gleichen Zeit und treffe auch ganz bestimmte Menschen immer wieder. Die Frau am Käsestand greift schon zum Gouda und der Eierhändler wartet schon auf meine leere Eierschachtel. Je länger ich das mache, desto gewohnter wird für mich dieser Gang.
Das, was zu Beginn neu und „ungewohnt“ ist wird im Laufe der Zeit zu einer „Gewohnheit.“ Da steckt das Wort „wohnen“ drin. Ich möchte also so leben, dass es sich wohnlich anfühlt. Dass ich den Tag stressfrei leben kann. Dass es sicher ist und dass ich mich darauf verlassen kann. Die Gewohnheit steigert mein Wohlbefinden. Die Erde kreist um die Sonne und der Tag hat vierundzwanzig Stunden und mein Schlüssel passt zu meiner Haustür.
Je mehr Gewohnheiten ich sammeln kann, desto sicherer fühle ich mich. Alles geht seinen gewohnten Gang vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Ich richte mir mein Leben wohnlich ein. Und? Bekommst du so wie ich in diesem Moment eine leichte Beklemmung? Oder denkst du: Ich mach das auch so ähnlich?
Wie! Wo bleibt die Spontaneität. Das Leben! Das Abenteuer! Die neuen Möglichkeiten! Na ja, das ist halt der Preis. Möchtest du Sicherheit oder lieber Autonomie? Viele Gewohnheiten garantieren dir ein dauerhaft sicheres Lebensgefühl. Wenige Gewohnheiten geben dir Platz und Zeit für viele Abenteuer. Du könntest also in dich gehen und überprüfen, wo deine genauen Bedürfnisse liegen. Du machst dir dann eine bunte Tüte von strukturierenden Gewohnheiten und Freiräumen für deine Abenteuer. Der gewohnte Gang am Samstag zum Markt und anschließend einen Ausflug.
Das würde aber voraussetzen, dass da jemand ist, der das jeweils neu entscheidet. Es muss jemanden geben, der eine Gewohnheit ablegt oder verändert. Es müsste dir also bewusst werden, dass du dir etwas angewöhnt hast und dass du dir es wieder abgewöhnen kannst. Coaches und Trainer sind ja für solche Veränderungsprozesse spezialisiert.
Wenn ich mich und meine Gewohnheiten durchdenke komme ich allerdings zu einem erschreckenden Ergebnis. Ein Teil der Gewohnheiten hat sich selbständig gemacht. Manche Gewohnheiten stoßen mich regelmäßig an und erinnern mich daran, dass ich jetzt gefälligst etwas zu tun habe. Sie verlangen von mir den Gang auf den Markt. Wenn ich eine Andeutung mache, dass ich darauf auch einmal verzichten könnte, taucht da eine innere Stimme auf. „Willst du das wirklich? Möchtest du den freien Samstag wirklich beginnen mit trockenem Brot und ohne Eier und Tageszeitung! Weißt du, wie es dir gehen wird, wenn du es nicht machst? Muss ich dich an deine schlechte Laune erinnern, die du unweigerlich bekommen wirst? Warum willst du dir selbst den Samstag verderben? Fahr los und dann hast du es hinter dir. Es ist doch so schön mit all diesen wunderbaren Dingen am Frühstückstisch zu sitzen. Du kannst doch da so unglaublich entspannen! Das fühlt sich doch so wohnlich an! Brauchen wir das nicht alle so ab und zu?“ Die Stimme hört nicht auf und ich ergebe mich.
Wenn das so ist – habe ich dann die Gewohnheit oder hat die Gewohnheit mich! Die Antwort ist eindeutig. Und darin liegt die Macht der Gewohnheit. Sie ködert sich bei dir ein für ein erstes Mal und verschafft dir Befriedigung. Dann säuselt sie dir vor, dass du es immer haben kannst. Und dass es ganz leicht ist. Und schon wird aus dem ersten ein zweites Mal und ein drittes Mal... und dann zeigt sich die Gewohnheit in ihrer größten Ausdehnung und geht nicht wieder weg. Die Verwandtschaft von Gewohnheit und Sucht liegen eng beieinander. Der Unterschied zeigt sich nur noch in den gesundheitlichen Folgen. Die Gewohnheit hat so viel Macht über uns, weil wir das Gewohnte als wohnlich empfinden. Wir mögen Wohlbefinden und Sicherheit. Und wenn du dich auf dem Sofa eingerichtet hast kommst du so leicht nicht wieder hoch. Das würde Energie und Anstrengung bedeuten.
Viele Gewohnheiten pflegen wir, die uns überhaupt nicht mehr bewusst sind. Wir machen es einfach. Wir haben die Gewohnheiten unserer Vorfahren übernommen und machen weiter. Überprüf einmal deine Gewohnheiten und frage dich, woher sie kommen. Wo legst du vor dem Schlafengehen deine Sachen hin? Wie verabschiedest du dich? Wie kochst du deinen Kaffee? In welcher Reihenfolge bereitest du dein Frühstück vor? Hast du deine Kinder getauft, weil es so gewohnt war und auch noch in der richtigen Konfession? Beschenkst du deine Lieblingsmenschen am Geburtstag oder wenn du katholisch bist am Namenstag? Was von dem, was du tust ist Gewohnheit und was ist eine Herzensentscheidung.
Gewohnheiten sind völlig in Ordnung und es gibt sehr schöne und entspannende, die ich nicht missen möchte. Es geht mir nur um die Macht, die sie haben und die ihnen nicht zusteht. Manchmal werden Gewohnheiten auch zu einem Zwang und fühlen sich nicht mehr wohnlich an. Manchmal ist es einfach gut, es zu erkennen und sich davon zu verabschieden. Dann wir dir bewusst, dass die Zeit abgelaufen ist und die Zeit wird reif für ein neues erstes Mal. Schließ mal deine Augen und betrachte deine Lebenswaage der letzten Monate. Wie viel Gewohnheit und wie viel erstes oder zweites Mal kannst du entdecken? Bist du mit dem Ergebnis zufrieden? Fühlt es sich für dich gut an? Egal, wohin es pendelt und ob es ausgeglichen ist. Du kannst das ja frei entscheiden. Du darfst dich einrichten in dem Gewohnten oder auch das Abenteuer wagen. Du bist ja dein Regisseur. Aber entziehe der Gewohnheit ihre Mächtigkeit und nimm dir das Leben wieder. 

Freitag, 19. April 2024

Jeder Mensch ist Kunst ... gezeichnet vom Leben.

Jeder Mensch ist Kunst! Du bist ein Kunstwerk! Du bist so wunderschön und so äußerst liebenswert. Das meine ich wirklich so. Und du auch und du auch wenn ich in die Runde schaue von allen Menschen, die das jetzt lesen. Du bist ein wunderbar liebenswerter und schöner Mensch. Kein Künstler hätte dich wunderbarer gestalten können. Du bist das perfekte und wunderbare Kunstwerk überhaupt. Erlebst du dich selber auch so? Oder denkst du, dass ich übertreibe. Schaust du in den Spiegel und siehst deine Falten? Deine grauen Haare und deine Speckröllchen? All die Dinge, die im Laufe der Jahre dazugekommen sind? Erinnerst du dich noch an die früheren Zeiten, wo alle dich als Kind so süß fanden? Als die Erwachsenen sich über deinen Kinderwagen beugten und sich nicht satt konnten an deiner Süße und Schönheit. Was warst du für ein Wunderwerk der Schöpfung!
Und heute? Du bist immer noch ein Wunderwerk... nur gezeichnet vom Leben. Du bist ein Wunder mit Spuren! Deine Geschichte ist eingeschrieben in dein Gesicht, in deine Augen, in deine Haut und in deine Organe. In deine Muskulatur und in deinem Knochengerüst. Keine Zone deines Wesens ist geschichtslos. Alles in dir erzählt davon, wie du als wunderbares Kunstwerk das Leben gemeistert hast.
Das größte Wunder jedoch wird sich noch ereignen. Wenn du aufhörst zu hadern mit dir und mit den Zeichen an deinem Körper. Wenn du einverstanden mit dir bist und loslassen kannst. Dann verwandeln sich die "Zeichen" in einen Ausdruck deiner einmaligen Persönlichkeit. Dann ist es nicht mehr wichtig, dass du wie alle Babys nur süß warst. Sondern dein Wesen bekommt die wunderbare Süße einer eindrucksvollen Lebensgeschichte. Manchmal schaue ich in das Gesicht von älteren Menschen und bin voller Bewunderung über deren Ausstrahlung. Ich kann mich nicht satt sehen und freue mich total über das, was ich wahrnehmen darf. Ich bekomme das Geschenk von bajahtem Leben in Höhen und Tiefen mit allem, was die Erde uns anbieten kann. Und ich wünsche mir, dass ich das genauso könnte. Und dass ich vor dem Spiegel stehe mit allen Blessuren und Falten und gerade darin die Kunst und die Schönheit entdecken darf.
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Freitag, 12. April 2024

Nicht wir haben Geheimnisse, die wirklichen Geheimnisse haben uns. Carl Gustav Jung

Es gibt ein paar Geheimnisse in meinem Leben, die sollte möglichst niemand erfahren. Das sind Erlebnisse, die mit Scham behaftet sind. Oder unangenehme Gefühle hervorrufen. Oder aber auch tolle Geheimnisse, die ich nicht öffne, um einen anderen Menschen oder einen Gegenstand zu schützen. Ich selbst bin der Hüter von Geheimnissen und habe dafür eine Schatzkammer, die ich gut bewache. Ich verrate auch nicht meine Schutzmechanismen damit es niemand erst versucht. Allein, dass ich sage, dass ich Geheimnisse haben, ist ja schon gefährlich genug. Demnächst wird mich bestimmt jemand ansprechen und sagen: "Hey, du hast doch geschrieben, dass du Geheimnisse hast. Willst du mir nicht eines davon kurz erzählen?" Besser wäre es, ich würde mich ganz in Schweigen hüllen.
Eines ist klar. Ich bin der Hüter und der Herr über meine Geheimnisse. Jetzt wird es aber sehr unheimlich. C.G. Jung spricht von Geheimnissen, die mich haben. Da gibt es etwas, das auf meinem Leben einen Einfluss hat, von dem ich keine Ahnung habe. Er spricht dabei von dem, was ich im Laufe des Lebens verdrängt habe oder gar nicht erst weiß. Ich habe als kleines Kind bestimmt etwas erlebt, was mich sehr erschreckt oder geängstigt hat. So stark, dass mein System aus Selbstschutz mich in den Mantel des Vergessens und Verdrängens hüllt. Manchmal rumort es im Herzen oder im Bauch oder auch im Hals. Es hat etwas Schleichendes und Unsichtbares. Ich spüre eine Wirkung und weiß nicht, wo der Auslöser sitzt. Ich habe aber die Ahnung, dass das etwas mit meiner Geschichte zu tun hat.
Manchmal lerne ich Menschen kennen und im Verlauf des Gespräches kommen wir darauf, dass es ein Geheimnis bei den Vorfahren gab. Da hat sich der Urgroßvater das Leben genommen und niemand spricht darüber. Das Geschehene wird mit einem großen Tabu behängt und alle denken, ist ja schon lange her. Aber das Geheimnis hat sich schon längst selbständig gemacht und beschleicht die nächste und übernächste Familiengeneration. Das sind dann die Geheimnisse, die uns haben. Die uns im Griff haben. Bist du ganz sicher, dass es in deinem Leben kein einziges Geheimnis gibt, welches dich hat statt umgekehrt? Du wirst es vielleicht nie erfahren weil das Geheimnis alles dafür tut, sich dir nicht bekannt zu machen. Aber du merkst die Auswirkungen.
Und nun? Bist du ohnmächtiges Opfer deiner alten Geheimnisse? Bist du ihnen willenlos ausgeliefert und kannst gar nichts machen? Nein, allein das Wissen darum gibt dir die Macht zurück. Das Geheimnis möchte nicht entdeckt werden auf der inhaltlichen Ebene und möchte auch nicht, dass du überhaupt weißt, dass es existiert. Die größte Macht der Geheimnisse liegt darin, ganz im Verborgenen zu sein. Jetzt weißt du, dass die wirklichen Geheimnisse dich noch haben. Du spürst sie aber an den Auswirkungen. Vor allem in deinem Körper. Wenn du ein mulmiges Gefühl hast und es nicht zuordnen kannst. Wenn du ganz plötzlich mit Angst reagierst obwohl der Anlass gar nicht so heftig war. Es hat in der Regel etwas Schwelendes, Namenloses und zugleich Spürbares. Du kannst auch einfach die Augen schließen und dich in deinen Herzraum versenken. Dort bittest du das Geheimnis, dass es sich dir zeigen möge. Lade es ein und versprich, vorsichtig und wohlwollend zu sein. Vielleicht zeigt es sich dir nicht so ganz klar sondern eher wie ein Märchenbild oder wie ein Gefühl oder wie ein Symbol oder ein Gedanke. Es kommt vielleicht nicht in deinen Herzraum weil es Angst hat. Aber es wird dich bemerken und reagieren. Eigentlich wartet es darauf, von dir entdeckt zu werden. Es wartet auf Erlösung und hat zugleich Angst davor. Und du bleibst wohlwollend bei deiner Einladung, geduldig und wenn es sein muss für den Rest deines Lebens. Allein, wenn du deine
Geheimnisse einladen kannst bist du nicht mehr ausgeliefert und ohnmächtig. Du hast die Initiative ergriffen und gestaltest.
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Donnerstag, 11. April 2024

Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast. (Igbo)




Bevor du eine Entscheidung triffst, von der Glück oder Unglück anderer Menschen abhängt, schlaf mal eine Nacht drüber. Nicht alles muss sofort entschieden werden. Bedenke alles, wiege es hin und her und dann lass es wieder los. Schiebe es in den kosmischen Brutkasten und belass es dort für eine Weile.
Wenn du zu schnell handelst und dabei Menschen verletzt oder kränkst, nur weil du es zu eilig hattest, musst du den Preis der schlaflosen Nächte zahlen.
Die Art deiner Nächte kann ein wichtiger Hinweis sein, wie gelassen du mit deinem Leben umgehst. Kannst du gut loslassen? Deine Gedanken, deine Pläne, dein möglicherweise schlechtes Gewissen?

Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast.

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Mittwoch, 10. April 2024

Deine Not-to-do Liste!

Machst du auch solche Listen, auf die du schreibst, was du noch alles zu tun hast? Wie viele Punkte stehen denn da so drauf? Priorisierst du oder schreibst du einfach wahllos alles herunter. Machst du so eine Liste, weil du nur einfach vergesslich bist? Oder brauchst du Strategien, um den inneren Schweinehund zu überwinden. Oder liebst du einfach nur die vielen durchgestrichenen Sätze, wenn du am Ende alles erledigt hast? Bist vielleicht angetrieben von dem inneren Glaubenssatz:"Wenn ich meine To-do-Liste abgearbeitet habe geht es mir gut und ich fühle mich frei?"
Dann solltest du dir überlegen, ob du doch ein Sklave deines Ehrgeizes oder deines schlechten Gewissens oder deiner Verantwortungsübertreibung bist. Vielleicht bist du aber auch einfach nur ein Listenjunkie. Du machst eine Liste für den Einkauf, für den Koffer, für die Woche und für das Jahr. Dann schaust du auf deine Listen und arbeitest sie ab und bist dabei sehr wichtig. Oder du freust dich einfach, wenn etwas erledigt ist und der Druck in deinem Kopf und in deinem Körper verschwindet. Du liebst es, in dir ein reines und ruhiges Gewissen zu erzeugen.
Mach das ruhig so. Das ist ganz in "Ordnung"! Es hilft dir und kann ein Geländer sein in der Unübersichtlichkeit des Lebens. Ich lade dich trotzdem ein, mal eine "Not-to-do Liste" zu machen. Da steht drauf: Ich muss nicht aufräumen. Ich muss mein Konzept nicht fertig bekommen. Ich muss nicht einkaufen gehen. Ich muss nicht die Wäsche waschen... Also eine lange Liste von Dingen, die du nicht machen musst. Und wenn du diese Liste nicht abarbeiten musst, musst du diese Liste auch gar nicht erst schreiben. Es würde ausreichen, wenn du auf einen Zettel schreibst: Not-to-do! Und? Wie fühlt es sich an, wenn du durch die Wohnung läufst und überall einen Post-it hinklebst mit der Überschrift "Not-to-do". Spürst du, wie dein Freiraum wächst? Oder spürst du eher das schlechte Gewissen, das dir sagt: "So geht das aber nicht!" Nein, so geht das wirklich nicht. So funktioniert leider eine solche Liste auch gar nicht. Du würdest an alle deine "To dos" vorbeilaufen, wo jetzt klebt: "Not to do" und du wärest ständig konfrontiert mit den unerledigten Dingen.
Ich selbst mache das so. Ich setze mich hin und schließe die Augen. Dann sehe ich nicht mehr die "To dos". Sie sind noch nicht verschwunden, weil ich sie ja noch denken kann. Aber ich sehe sie nicht mehr. Ich gehe in mein Herz und schreibe dort in schönen Buchstaben flüsternd: "Not to do!" Mein Herz genießt für einen Augenblick den Freiraum, der entsteht. Und mit diesem Freiraum im Inneren mache ich dann manche Sachen von der "To-do Liste". Ich arbeite weiter mit solchen Listen aber nie ohne die andere Liste, die genauso wahr ist. Es gibt nichts zu tun!
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Dienstag, 9. April 2024

Login

Ständig musst du dich anmelden. Beim Arzt, beim Friseur, bei der Behörde oder bei der Versicherung. Online meldest du dich an mit dem Login. Du gibst einen Namen ein und dann ein Passwort.
Der Name allein reicht nicht. Es könnte viele solcher Namen geben und andere könnten in deinem Namen auf ein Portal kommen, wo sich deine sensiblen und persönlichen Daten befinden.
Name und Passwort. Wenn beides stimmt, darfst du rein. Du solltest dir auch ein sicheres Passwort wählen. Die Schar der Betrüger tummelt sich vor den Portalen um Zugriff zu bekommen auf deine Ressourcen. Früher führte man in der Postkutsche Degen und Pistolen mit sich. Heute reichen gewaltfreie Passwörter.
Hinter Passwort und Name verbirgt sich ja schließlich ein kleiner oder großer Schatz. Zugang zu wichtigen Daten oder zu deinem Konto. Du könntest dich dir selber auch vorstellen wie jemand mit Namen und Passwort.
Ich trage einen Namen und besitze ein Passwort. Nicht jeder, der meinen Namen ruft, bekommt etwas von mir. Ich besitze auch so etwas wie eine Schutzzone. Und das ist sehr hilfreich und zugleich sehr gefährlich.
Hilfreich ist es, dass mich nicht jeder einfach so angreifen, kränken oder verletzen kann. Ich kann mich gut schützen. Ich habe das im Laufe vieler Jahre gelernt. Ich habe gute Strategien entwickelt. Arbeite an meinem Selbstwertgefühl, an den Gefühlen sowieso und weiß, was ich gut machen kann.
Gefährlich wird es, wenn ich mich zu sehr schütze. Wenn ich mich so schütze, dass ich eine riesige Mauer aufbaue. So, dass niemand mehr zu mir durchdringen kann. Wenn es diese einsamen Momente gibt, dann denke ich darüber nach, ob mein Passwort nicht zu lang und zu kompliziert geworden ist.
Es ist wie immer eine Frage des Vertrauens. Viel Kontrolle und wenig Vertrauen. Oder viel Vertrauen und wenig Kontrolle. Viel Kontrolle bedeutet viel Sicherheit und viele Hürden bei den Verbindungen. Viel Vertrauen bedeutet Gefahr von Kontrollverlust und zugleich viele Verbindungen. Und irgendwie liegt wohl ein gesundes Maß dazwischen.
Obwohl: So ganz heimlich wünsche ich mir eine Welt, wo Passwörter überflüssig sind. Wo ich mein Herz öffnen kann und es geschieht einfach nur viel Heilsames und Gutes. Ich könnte ja so tun, als hätte ich ein schweres Passwort für alle Betrüger. Aber eigentlich ist der Zugang zu mir ganz leicht. Du klopfst an und ich öffne. Du fragst, ob du hereinkommen darfst und ich antworte: "Gerne!"
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Montag, 8. April 2024

Wieder ganz werden!


Kommt dir die Überschrift eigenartig vor? Wieder ganz werden? Du würdest vielleicht sagen, dass du ein ganz und gar vollständiger Mensch bist. An dir fehlt nichts. Vielleicht doch ein Körperteil? Wenn du keinen Blinddarm mehr hast wie ich, wirst du den nicht wieder in deinem Körper einsetzen können, genauso wie eine entfernte Schilddrüse oder Zähne. Dann bist zwar körperlich nicht mehr so ganz vollständig, aber irgendwie doch. Es ist noch genug da, um gut durch das Leben zu kommen. Du würdest also doch sagen, dass du ganz und vollständig bist.
In der Bibel spricht Gott einen merkwürdigen Satz zu Abraham. „Wandle einher vor meinem Antlitz und sei ganz!“ (Gen 17,1) Damals war Abraham hoch betagt mit 99 Jahren. Also kurz vor seinem hundertsten Geburtstag. Gott meinte mit dem Wort „ganz sein“ so etwas wie „vollständig sein“ und sprach es zugleich wie einen Segen aus. Gott schaut also auf Abraham und stellt einen Mangel fest nach 99 Jahren. Hat Abraham Einbußen erlitten? Körperliche Gebrechen? Enttäuschungen? Haben seine Kräfte nachgelassen?
Übertrage ich die Vorstellung Gottes einmal auf dich und mich. „Geh deinen Weg vor Gott und sei vollständig.“ Das würde ja bedeuten, dass ich tatsächlich unvollständig sein könnte. Dass etwas an mir fehlen würde. Dass ich mich in einem Mangel befinde. Und darüber möchte ich mit dir hier gerne weiter nachdenken.
Mein Vater erzählte mir an Weihnachten von einer Begegnung, die bis heute in ihm nachwirkte. Da hat ihm ein Freund mächtige Vorwürfe gemacht und ihn damit tief gekränkt und erschüttert. Diese Begegnung hängt bis heute in seinen Knochen. Wenn er davon erzählt fühlt er sich sofort kleiner, schwächer und ohnmächtig. Eben nicht mehr aufrecht und ganz.
Wenn ich auf mein eigenes Leben zurückblicke, dann gibt es auch ein paar Ereignisse, die eine bleibende Auswirkung hatten. Ich meine so richtige Brüche in der Lebensbiographie. Ein Bruch, der in mir etwas zerbrochen hat. Ich denke an einen Freund, der mich abgelehnt und verlassen hatte.  Oder an meinen Abschied von meiner Tätigkeit in der Kirche. Oder eine vernichtende Bewertung eines Lehrers über ein Fach, das ich nie verstehen würde.
Von den kleinen Angriffen und Kränkungen konnte ich mich gut erholen. Wenn ich daran jetzt denke und mich da reinfühle gibt es keinen Rest. Keine elektrische Ladung mehr drauf. Ich bin klar mit mir, mit der Situation und mit allen Beteiligten. Ich habe vergeben, jemand hat mir vergeben und danach fühle ich mich wieder ganz und vollständig wie vorher.
Aber ein paar Ereignisse haben dauerhafte Spuren hinterlassen. Narben, die schnell wieder aufbrechen können. Wunden, die auf den ersten Blick geheilt sind, aber nicht in der Tiefenschicht. Wenn ich daran denke kommen alte Gefühle wieder hoch. Schmerzhafte Gefühle. In einem geflügelten Wort sagen wir ja: „Da habe ich Federn gelassen!“ Das fühlt sich immer noch nackt und ohnmächtig an. Da habe ich meine Würde und meine Schönheit verloren. Seitdem bin ich angeschlagen. Ich kann nicht mehr so viel aushalten. Ich bin dünnhäutiger geworden.
Was ich menschlich tun konnte, habe ich getan. Ich kann alle Aspekte durchdenken und mir selbst gegenüber Verständnis entwickeln. Ich kann in meiner Trauer Trost bei Freunden suchen. Ich kann mich auf etwas Neues ausrichten und ich kann ein Gesamtpaket schnüren, dass am Ende alles wieder „in Ordnung“ ist. Was aber wäre mehr als „nur in Ordnung“? Was wäre so befriedet, dass es auf einer höheren Ebene zu einem „Mehr“ an Leben führt nach dem Motto: Durch die Krise und die Wandlung hin zu einer höheren Lebensqualität.
Gott sagt zu Abraham: „Wandle einher vor meinem Antlitz und sei ganz.“ Einschneidende Ereignisse, die mich zutiefst treffen, bewirken, dass ich mich nicht mehr ganz fühle. Als ob ein Teil von mir während der Krise auf der Strecke geblieben ist. Du merkst das manchmal an Kommentaren wie: „Seit seine Frau gestorben ist, ist er nicht mehr so wie vorher. Das wird er bis zu seinem Tod nicht überwinden.“ „Mit ihr ist gar nichts mehr los. Alles ist weg!“
Im schamanischen Denken spricht man davon, dass uns während unseres Lebens Seelenanteile verloren gehen können. Ich kann zum Beispiel das Vertrauen verlieren, wenn mich mal jemand tief enttäuscht hat. Bei einer großen Enttäuschung kann ich zugleich die Fähigkeit verlieren, überhaupt je wieder vertrauen zu können. Und jetzt laufe ich ohne diesen wichtigen Persönlichkeitsanteil durch das Leben, der vertrauen kann. Mir fehlt also jetzt ein Seelenanteil.
Zugleich geht das schamanische Denken davon aus, dass der Schamane diese verlorenen Anteile zurückholen und in die Seele integrieren kann. Auf diese Weise geschieht nicht nur irgendwie „Ordnung“, sondern Heilung.
Jesus versteht seine Mission in ähnlicher Weise, wenn er davon spricht, dass er das Verlorene sucht, das Verwundete heilt und das Darniederliegende aufrichtet. Ich kann mir also vorstellen, dass es grundsätzlich möglich ist, wieder ganz zu werden.
Bei Abraham kommt es ja zu einer Begegnung. Abraham begegnet Gott und Gott spricht. Der Zöllner kommt zu Jesus und Jesus spricht. Oder jemand geht zum Schamanen und dieser besucht die jenseitige Welt und wird zum Botschafter der Heilung. Es gibt also eine Begegnung mit einem Gegenüber. Dieses Gegenüber ist angebunden an etwas, das heilsam, wirksam und größer ist.
Gott muss nur etwas aussprechen und schon wirkt es. Er fordert Abraham nicht auf, irgendetwas zu denken oder zu arbeiten. Er sagt: „Sei ganz!“ Er wirkt durch sein Wort. Gott erinnert Abraham daran, dass dieser aus der göttlichen Quelle kommt und von je her „ganz“ ist. Sein Körper und seine Erlebnisse mögen darauf hinweisen, dass Abraham sein Leben gelebt und fast verbraucht hat. Aber in seinem Bewusstsein kann er realisieren, dass er ganz und gar aus Gott kommt und nie etwas verlieren kann.
Ich kann also in meine Kränkungen und Enttäuschungen gehen und mich darin eingraben und festmachen. Ich kann mich als zusammengesetzten Scherbenhaufen betrachten, der noch so ungefähr kann. Ich kann mich aber auch mit meinem Geist, mit meiner Seele auf eine Ebene bewegen, auf der ich alle Kränkungen in Segen verwandeln kann. Mit meiner körperlichen, irdischen Existenz fällt mir das schwer. Die zerbrochene Freundschaft kann ich kitten, aber das Ereignis nie auslöschen.
Ich kann jedoch meine Erlebnisse auswerten und auf der Seelenebene verwandeln. Wie meine ich das? Gott spricht zu Abraham: „Wandle einher vor meinem Antlitz und sei ganz.“ Abraham möge sich vor dem Antlitz Gottes bewegen. Er geht also in den heilenden Raum Gottes hinein. Er verlässt seinen enttäuschenden, menschlichen Lebensraum und stellt sich hinein in den göttlichen Raum. So, als würde eine Mutter zum weinenden Kind sagen: „Komm her zu mir. Ich tröste dich!“ Gott spricht eine Einladung aus, dass in seiner Nähe Heilung passieren kann.
Abraham muss nichts weiter machen, als sich quasi unter die „göttliche Dusche“ zu stellen. Da geschieht etwas, nur weil er sich in die göttliche Nähe begibt. Fern von Gott bleibt das Leid an ihm kleben. Er wird es nie ausradieren können. In der göttlichen Nähe geschieht etwas Unerwartetes. Abraham muss nur näher kommen. Wenn er Gott nahe kommt, dann kommt er auch der Erinnerung nahe, wo sein eigener Urgrund sich befindet. Abraham kommt Gott nahe und „weiß“ innerlich: „Ich gehöre ja zu Gott! Wie konnte ich das vergessen!“
Ich kann es also wie Abraham machen oder wie die Menschen, die zu Jesus gegangen sind. Ich verändere meinen Ort und bewege mich in die Nähe Gottes. Wie mache ich das? Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf meinen Herzensraum. Ich vergegenwärtige mir dort, dass ich aus dem Göttlichen komme und mich darin bewege. Ich visualisiere die Ereignisse, die für mich krisenhaft waren und bis heute nachwirken. Ich fühle die Gefühle von Trauer, Angst und Wut. Aber ich fühle sie im Herzensraum. Ich gedenke des Ereignisses im Herzensraum. Ich lade alle Beteiligten meiner Konflikte dorthin ein. Der Herzensraum ist wie ein Tempel oder wie ein Krankenzimmer oder wie der tröstende Arm meiner Mutter. Ich dehne mich in diesen Raum hinein aus und spüre die göttliche Weite, die entsteht.
In der Bibel spricht Gott eine Einladung aus an Abraham: „Komm mal her und probiere es aus!“ Auch, wenn wir den Eindruck haben in einer Zeit zu leben, in der Gott nicht mehr spricht, gilt die Einladung. In deinem Herzensraum spricht Gott auch heute noch. Er hat sich dahin zurückgezogen, weil die Intimität und Wirksamkeit höher ist. Wenn ich dich einlade, deine Augen zu schließen und dir das einfach so vorzustellen, dann meine ich es genau so! Es ist eine Einladung, es einfach mal zu machen. So wird das Wort Gottes auch heute noch für dich erfahrbar: „Wandle einher vor meinem Antlitz und sei ganz!“

Samstag, 6. April 2024

Liebe für alle!


Vor einigen Tag saß ich im Auto und las an der Ampel den Aufkleber eines Autos vor mir: "Liebe für Alle, Hass für Keinen."
"Liebe für Alle" erschien mir ganz sinnvoll. Aber wieso "Hass für Keinen"? Bei der Recherche stieß ich darauf, dass es sich hier um einen Slogan handelt einer muslimischen Bewegung, die sich Ahmadiyya nennt und sich für den Frieden einsetzt.
"Liebe für alle" gefällt mir! Du achtest jedes Lebewesen auf dieser Welt. Du bist erfüllt von Respekt und lebst in tiefer Verbundenheit mit allen Geschöpfen auf der Erde. Du begegnest mit großem Wohlwollen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Nationalität und Religion. Alle zu lieben ist ein total ausfüllendes Lebensprogramm und beinhaltet, sich mit den eigenen Schattenseiten auseinanderzusetzen, damit Liebe nicht nur ein Wort bleibt sondern auch fließt.
Aber warum "Hass für Keinen"? Wenn ich alle liebe, dann ist doch dieser Satz überflüssig! Er irritiert eher. Zu lieben beinhaltet doch schon alles. Energetisch steht da auf einmal das Wort "Hass" auf der Heckscheibe dieses Autos. Diesen Teil finde ich überflüssig und er erweckt sogleich Hass-Assoziationen nach dem Motto: Das "nicht" denken geht nicht. Das bekannte Beispiel: "Denk mal nicht an einen Elefanten." Das funktioniert auch nicht. Meine Bestätigung fand ich im Internet. es gibt eine Plattform, wo man den anderen Aufkleber bestellen kann. "Hass für alle, Liebe für keinen." Im Denken und Aussprechen des Hasses wird ein Wort in die Welt gesetzt. Sätze und Slogans können schnell umgedreht werden. Vielleicht ist ein solcher Spruch markig, aber nicht immer hilfreich.
Mir fällt da übrigens auch ein Spruch zu ein. Vielleicht gefällt er dir: "Liebe für Alle und Alle für die Liebe!" Es grüßen die drei Musketiere mit viel Energie! Bei einer solchen Bewegung würde ich übrigens sofort mitmachen, ohne Bedenken."Liebe für Alle und Alle für die Liebe!"
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p.s. Musketiere haben nichts mit "Muskeln" und "Tiere" zu tun, sondern kommt aus dem Französischen. Der mit der Muskete ist ein Musketier.

Freitag, 5. April 2024

Ob du dich in einer weichen Sänfte tragen läßt, oder ob du dich tanzend fortbewegst - du kommst auf jeden Fall zu Gott. Hafis (Ḥāfeẓ)

Du kommst auf jeden Fall zu Gott. Es ist egal, wie du deinen Lebensweg gestaltest. Lässt du dich tragen? Läufst du? Rennst du? Tanzt du? Die Art deiner Fortbewegung hat nichts zu tun mit der Frage ob du zu Gott kommst. Du wirst nicht belohnt und auch nicht bestraft. Da ist niemand am Weg oder am Ziel, der dein Tun bewertet und dir ein Zeugnis ausstellt.
Du wirst am Ende deines Lebens die Augen schließen und auf der anderen Seite zusammenkommen mit Tanzenden und Laufenden, mit Getragenen und mit Tragenden. Du entscheidest dich für ein Abenteuer und machst Erfahrungen. Du hast diesen wunderbaren Freiraum, den du ausfüllen kannst. Ich kenne Menschen, die tanzen sich durch das Leben. Da ist so viel Freude und Energie! Da sprüht und funkelt es. Und es ist einfach ansteckend. Du kannst dich dieser Freude nicht entziehen.
Ich kenne auch Menschen, die wirken auf mich wie in einer Sänfte. Sie sitzen und bewegen sich kaum. Die Welt kommt zu ihnen und sie beglücken die Welt mit einem entspannten und wohlwollenden Lächeln. Die in der Sänfte erzählen dir von der Lebenswirklichkeit, dass arbeiten überbewertet wird und die Trauben in den Mund wachsen. Das Leben ist schon da als Geschenk und du kannst es nicht schöner machen. Dann gibt es die, die rennen und machen und tun und immer aktiv sind. Auch sie sind ein Teil der Schöpfung. Sie leben nur die andere Seite. Kein Grund zur Kritik. Da können Tanzende und Sänftenreisende sich begegnen und von ihrer Wirklichkeit erzählen und miteinander staunen, was alles möglich ist auf dieser Welt. Ob du dich in einer weichen Sänfte tragen lässt oder ob du dich tanzend fortbewegst - du kommst auf jeden Fall zu Gott. Und? Auf welche Art möchtest du gerade durchs Leben reisen? Und kannst du damit einverstanden sein?
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Mittwoch, 3. April 2024

Bist du da?


Bin ich wirklich online? Ja, mein PC ist eingeschaltet. Das Signal zeigt an, dass ich mit dem Netz verbunden bin. Ich kann Mails empfangen und verschicken. Ich kann surfen im Internet. Auf meiner Facebookseite sehe ich auch die anderen PCs, die online sind, ebenso die bei skype. Aber bin ich online? Wenn ich mich vom PC wegbewege, bleibt das Gerät zwar online, aber ich selber? Ich kann mich im Haus bewegen oder sonst wo unterwegs sein. Bin ich online?
Hinter diesem Satz verbirgt sich mehr. Wenn ich mit einer Gruppe locker beim Essen zusammensitze fragt mich manchmal einer: "Hallo! Bist du da?" Dann wache ich auf und merke, dass ich geträumt habe und mich an einem ganz anderen Ort befand. Meine Gedanken waren zwar online, aber nicht verbunden mit den Menschen am Tisch.
Bist du immer wirklich online? Wenn ich mit anderen Menschen zusammenbin, wünsche ich mir, so präsent zu sein, wie es irgendwie nur geht. Das stelle ich mir so vor: Ich bin körperlich anwesend, mit meinen Gedanken bin ich aufmerksam bei meinem Gesprächspartner. Auch mein Herz ist geöffnet und ich spüre die Energien, die hin und her fließen. Ich fühle mich verbunden. Dann bin ich wirklich online!
Leider sind wir Menschen ganz schön störanfällig, so wie das weltweite Netz. Manchmal stürzt du ab, manchmal funktionierst du nur halb, manchmal gibt es ein unerklärliche Störung und manchmal willst du oder kannst du einfach nicht.
Im Gespräch könnte es sinnvoll sein, deinem Partner ein Signal zu geben, ob du online oder offline bist. Dein Körper allein drückt das nicht immer aus.

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Dienstag, 2. April 2024

Das Maß der Liebe ist die Liebe ohne Maß. (Franz von Sales)

Diesen Spruch von Franz von Sales fand ich auf einem Plakat in Englisch. Normalerweise wiegen und messen wir ja ständig. Im Supermarkt bezahle ich fast alles nach Gewicht oder nach Stückzahl. Ich habe ein Maß für die Stunden, die ich arbeite und für die ich bezahlt werde. Ich habe ein Maß für die Stunden, in denen ich schlafe und ein Maß von Geschwindigkeiten im Auto, nach denen ich mich richte.
Die Jahre meines Lebens sind bemessen. Ich kaufe die mir entsprechende Kleidergröße. Ich darf mir ein bestimmtes Maß an Urlaub nehmen und freue mich über normierte Größen für den Schraubenschlüssel. Mir fällt spontan eigentlich nichts ein, was nicht irgendwie eine Art von Maß hat. Sogar Gefühle kann ich messen. Wie groß ist deine Trauer bei einer Skala von 1 - 10?
Wenn ist aber etwas gibt, was ich messen kann, dann müsste es auch etwas geben, was maßlos ist. Die Liebe ist in sich selbst ohne Maß! Liebe ereignet sich grenzenlos! Ewig! Diesseits und jenseits von Raum und Zeit. Die Liebe ist unsere ureigene menschliche Qualität.
Wie wunderbar, dass wir Menschen als begrenzte und messende Wesen dazu fähig sind. Ich kann mich verbinden mit allen Menschen auf der Welt. Mit allen Wesen. Mit allen Planeten. Mit dem ganzen Universum. Mit allen unsichtbaren Wesen. Mit allen Energien und mit allem, was ist.
Das ist unsere göttliche Qualität! Wie sähe unser Leben auf der Erde aus, wenn wir das konsequent leben würden? Was wäre anders als jetzt?
Stell dir vor, dass ab heute für dein Leben nichts sonst mehr wichtig ist. Du fängst an, grenzenlos zu lieben. Du verbindest dich mit den Steinen, mit den Bäumen, mit den Tieren, mit den Menschen, mit dir selbst. Du findest immer wieder neue Dinge, mit denen du dich verbinden kannst. Du verbindest dich auch mit deinen Feinden, mit deinem Schatten. Mit den Menschen, die du nicht magst. Auch mit den Gefühlen, die du spontan oft ablehnst. Ab jetzt machst du nichts anderes mehr. Das wird deine Hauptbeschäftigung.
Du triffst einen Menschen, der dich kränkt. Dann verbindest du dich mit dem Gefühl der Kränkung. Du verbindest dich mit dem Menschen, der dich gekränkt hat. Du verbindest dich mit dem Gefühl der Ablehnung und mit dem Geschenk der Situation. Du verbindest dich mit dem Gefühl von Ärger und dem Wunsch, diesem Menschen die Meinung zu sagen. Und wenn du dich mit all dem verbindest, wirst du anders sprechen. Du wirst diesem Menschen deine Kränkung sagen können nicht mit Worten und Gedanken der Trennung, sondern in Verbundenheit.
Das ist nicht einfach! Das ist eine totale Lebensaufgabe. Es wird dir nicht sofort und auch nicht immer gelingen. Aber du könntest schon mal den Wunsch verspüren, es zu wollen. Zu wollen, in Verbindung zu gehen mit allem, was ist. Dann fängt das Trainingsprogramm an.
In deinem Lebensumfeld kannst du alles nach Trennung sortieren. Du kannst dich im Gefühl und im Bewusstsein von Trennung suhlen. Die von Menschen gestaltete Welt lädt dich förmlich dazu ein. Sogar die Religionen leben die Trennung, obwohl sie von der Liebe Gottes sprechen. Du kannst also mit der Wahrnehmung von vielen schrecklichen Trennungen durchs Leben gehen. Aber du kannst dich auch entscheiden für die Verbindung.
Vor ein paar Tagen bekam ich eine Mail von einem Teammitglied, das einen Dokumentarfilm gedreht hat. Eine Gruppe von Clowns hat eine Tournee durch den Iran gemacht und das Ganze gefilmt und dokumentiert. Das Lachen und die Freude. Und sie wollten auf der Musik CD einen Text setzen, den sie in meinem Blog gefunden haben. Wie schön! Das Internet als Möglichkeit, dass total fremde Menschen sich verbinden können. Ich werde mit meinen Worten zu einem kleinen Teil eines wunderbaren menschlichen Projektes im Iran.
Wie wird die Welt aussehen, wenn wir alle das leben, was Franz von Sales so schön ausgedrückt hat: Das Maß der Liebe ist die Liebe ohne Maß!
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Montag, 1. April 2024

Das Leben geht weiter auch wenn's humpelt

Sei stets motiviert!
Geh aufrecht!
Nimm das Leben im Sturm!
Sei gut drauf!
Immer!

Wir leben in einer Welt der Superlative. Alle muss immer wunderbar und supertoll sein. Auf die Dauer wird das ganz schön anstrengend. Die Welt funktioniert nicht immer nach diesen Gesetzen. Du hast wunderbare sonnige und erfüllte Tage. Dafür darfst du dankbar sein.
Zugleich musst du aber auch so manche Pille schlucken. Du wirst krank. Eine Freundschaft kommt in die Krise. Deine Beziehung erleidet Schiffbruch. Dein Arbeitsplatz ist bedroht. Du fühlst dich gestresst. Diese Erfahrungen gehören zum Leben auch dazu. Du wirst es nicht mögen. Aber an diesen Erfahungen darfst du wachsen und reifen.
Hast du den Anspruch, dass du immer elegant durch das Leben schreiten musst? Oder gibst du dir dir Erlaubnis, humpeln zu dürfen? Darfst du beim Humpeln gesehen werden? Schämst du dich dafür, dass es alle sehen können? Du humpelst! Na und? Du könntest auch liegen bleiben. Du könntest dich verstecken. Dich zurückziehen und erst wiederkommen, wenn alles wieder heile ist. Das kannst du machen. Du hast die Freiheit.
Wenn jemand zu mir in die Beratung kommt, dann kann schon mal eine Träne fließen. Leider zerfließt damit auch das sorgfältig geschminkte Gesicht. Es kommt zum Vorschein, was darunter liegt. Unter dem schönen Schein! Wer will schon so aufgelöst durch das Leben gehen. Da ist Humpeln noch besser! Hauptsache, das Gesicht wahren!
Ich sehe die Tränen. Den Schmerz. Die Trauer. Und es tut gut, wenn das alles mal rauskommen darf. Du verlierst dadurch nicht an Würde und Wert. Es humpelt vielleicht. Aber du kannst mit Würde humpeln. Mit einem zerflossenen Gesicht. Irgendwann geht ein Ruck durch deinen Körper. "So, jetzt ist es raus!" - "Ich muss mich nicht mehr verstecken und ich stehe zu mir. Das bin ich! So ist es und Punkt!"
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