Eine
scheinbar sehr simple Erkenntnis: Der Gruß führt zur Unterhaltung. Ein
umfangreiches Musikstück beginnt mit der Ouvertüre. Alle Themen werden
dort schon einmal angekündigt. Die Ouvertüre ist die Eröffnung und dann
folgt mehr.
Wenn du mit jemanden kommunizieren willst, dann musst
du mit irgendetwas anfangen. Warum nicht mit einem Gruß? Wenn du
wirklich in einen Kontakt treten willst, kommt es auf die erste
Begegnung an, die erste Geste und das erste Wort. Der erste Eindruck
zählt. Achte also einmal auf deinen Gruß. Wie machst du das eigentlich?
Vielleicht
erscheint dir der Gedanke sehr überflüssig. Du grüßt halt eben wie du
immer grüßt. Bist du dir deiner Wirkung bewusst? Schaust du dein
Gegenüber zuerst an? Wo schaust du hin, in die Augen? Schaust du ins
rechte oder ins linke Auge? Macht das einen Unterschied?
Wie
erlangst du die Aufmerksamkeit deines Gegenüber? Winkst du mit den
Händen, räusperst du deine Stimme, machst du dich zehn Zentimeter
größer?
Lächelst du oder schaust du Ernst oder machst du es
abhängig vom Ereignis? Bei einer Reklamation im Laden schaust du
vielleicht Ernst und bei einem Wiedersehen mit dem Freund freundlich?
Oder hoffst du, dass du spontan gesehen wirst ohne etwas dafür zu tun?
Und
wenn du gesehen wurdest, welcher Gruß kommt dir über die Lippen? Hast
du einen Standardsatz, mehrere Sätze, spontan, geschäftlich oder privat?
Bist du eher ein Freund vom lockeren "Hallo" oder lieber vom "Guten
Tag!"
Dein Gruß ist die Ouvertüre für eine Unterhaltung oder
dafür, dass erst gar keine zustande kommt. "In jedem Anfang wohnt ein
Zauber inne...", sagt Hermann Hesse. Warum nicht ein wenig mehr Sorgfalt
an den Tag legen mit dem Gruß? In der Arbeitswelt spricht man
inzwischen gerne von Wertschätzung und Anerkennung. Auch die fängt mit
dem Gruß an.
Mein Lieblingsgruß heißt übrigens: "Namaste" aus dem
Sanskrit und heißt soviel wie: "Ich grüße das Göttliche in dir." Mehr
Wertschätzung geht nicht.
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Montag, 31. Mai 2021
Samstag, 15. Mai 2021
Sonnenworte für dich!
Sonne für die Seele!
Von Rose Ausländer stammt folgendes Gedicht:
der garten
öffnet seine rosen
sie duften sich
sonnenworte zu
nur liebespaare
fangen sie auf
und grüssen zurück
in der rosensprache
rosen antworten rot
mit herzlichem duft
duftworte
die sich liebkosen
In einem anderen ihrer Gedichte heißt es so oder ähnlich:
Ich wohne in einer Stadt aus Sonne und Schnee
Der König ist ein Bettler.
Seine Nahrung ist Schnee.
Ich schenke ihm Sonnenworte
Vielleicht kann er sich Brot dafür kaufen.
Mir gefällt die Idee mit den Sonnenworten. Rosen duften sich Sonnenworte zu. Von Sonnenworten können Bettler leben.
Verschenkst du gerne Sonnenworte? Bekommst du viele Sonnenworte? Welche gefallen dir besonders gut? Ein paar schöne Sonnenworte schenke ich im Geiste allen, die jetzt hier lesen.
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Dienstag, 4. Mai 2021
Ich besuche mich...
Heute besuche ich mich.
Ich mache es mir schön.
Ich setze mich hin.
Ich mache es mir bequem.
Ich lege ein Buch auf den Tisch.
Ich stelle ein Glas Wasser daneben.
Dann sitze ich...
...mal schauen...
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Samstag, 1. Mai 2021
Wenn alles neu wird!
So lautet der erste Vers mit dem gleichnamigen Gedicht von
Hermann Adam von Kamp. Am letzten Apriltag spukte dieser Satz in meinem Kopf.
Da stimmt doch was nicht! Alles neu macht der Mai. Der Mai kann doch aktiv gar
nichts machen. Menschen können etwas machen aber nicht ein Monat. Der Dezember
macht keinen Schnee und eine Schwalbe macht keinen Sommer. Außerdem soll der
Monat Mai die Fähigkeit besitzen, gleich alles neu zu machen. Alle Achtung! Was
wir dem Mai da so alles zutrauen!
Der Hintergrund des Gedichtes ist sicherlich verständlich.
Der Frühling ist endgültig und unwiderruflich da. Die Schwelle des Winters ist
unwiderruflich überschritten. Der Sommer steht vor der Tür. Das knospende und
neu erblühende Leben ist sichtbar und spürbar erwacht und lässt dich staunen.
Das hätten wir also geklärt, dass der Mai nicht alles neu
macht. Dennoch liegt eine Verlockung und eine Idee in dem Vers, sonst wäre er
nicht bei mir kleben geblieben. Im
Augenblick betrachte ich meine „Besitztümer“.
Das Auto stammt aus dem Baujahr 1999, die Waschmaschine hat mehr als 20
Jahre auf dem Buckel und verweigert das automatische Schleuderprogramm. Mein
Netbook mit Windows XP hat seinen Geist aufgegeben und die Stühle um den
Esszimmertisch gehen aus dem Leim.
Da wünsche ich mir einen Zauberer, der mit den Fingern
schnippt und sagt: „Abrakadabra, alles neu.“ Leider funktioniert das nicht und ich muss
andere Wege finden, die defekten Dinge zu ersetzen. Umgekehrt kenne ich aber
auch das Staunen, wenn mir eine Freundin die Küche zeigt mit dem Kommentar:
„Alles neu!“ Die Geräte sind noch voll funktionstüchtig. Es gibt keine Macken
und Schrammen. Wir erhoffen uns von jedem Gerät, dass es ohne jede
Beeinträchtigung zu hundert Prozent zu unserer Verfügung steht. Schon nach kurzer Zeit stellst du jedoch
fest: Die erste Macke und die ersten kleinen Defekte stellen sich ein. Das ist
bei den Gebrauchsgegenständen auch ganz normal so und wenn du genügend Geld
hast, dann tauschst du halt aus.
Ich möchte aber gerne noch einen Schritt weiterdenken in
Richtung unserer menschlichen Beziehungen. Du lernst jemanden kennen und
findest ihn oder sie nett. Du knüpfst Kontakt und erlebst die Beziehung als
neu, erfrischend, bereichernd, wohltuend... und wünschst dir mehr davon. Der
Kontakt wird intensiver und tiefer. Es geht etwas Zeit ins Land und irgendwann tritt
es unweigerlich ein: Du enttäuschst oder wirst enttäuscht. Erwartungen werden
nicht erfüllt, du bist gekränkt, du verletzt und merkst es vielleicht gar
nicht. Du wirst verletzt, die Beziehung stagniert und du kannst nicht über
deinen Schatten springen. Es droht der Stillstand oder das Ende. Leider kannst
du wieder nicht mit den Fingern schnippen und sagen: „Alles neu!“ Deine
Geschichte bleibt deine Geschichte. Die Erlebnisse kannst du nicht auslöschen!
Du kannst dich aussprechen, versöhnen, vergeben, neu beginnen. Die Narbe
bleibt. Alle Narben im Leben bleiben. Du kannst dein Leben nicht auswechseln
wie ein Auto oder eine Waschmaschine. Du entwickelst dich eher wie ein antikes
Möbelstück. Du polierst mal wieder, reparierst,
machst eine Generalüberholung, fügst etwas hinzu und entfernst etwas.
Deine Grundsubstanz bleibt. Du kannst lernen, mit Verletzungen und Narben
versöhnlich umzugehen, so dass du dir sagen kannst: „Ja, es geht ganz gut so!“ Deine Erfahrungen dienen dir letztlich dazu,
menschlich zu reifen. Wachsen wirst du nur mit deinen sogenannten Fehlern.
Auch wenn du negative Erlebnisse nicht wegwischen kannst
gibt es vielleicht doch den verborgenen Wunsch, einmal noch mal von vorne zu
beginnen. Du wünschst dir die Möglichkeit, deine Geschichte neu zu schreiben.
Deine verkorksten Anteile, die dich verfolgen wären dann einfach nicht mehr da.
Da lese ich in der Bibel beim Propheten Jesaja (43,19) den
Vers: „Denkt nicht mehr an das, was früher war, auf das, was vergangen ist,
sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues.“ Dieser Vers wird
aufgegriffen in der Offenbarung des Johannes, wo es heißt: „Der Tod wird nicht
mehr sein keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.
Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.“
Da gibt es jemanden, der einen solch großartigen Satz sagt!
Einer, der alles neu macht. Jemand, der mehr ist als der Mai. Jemand, der
anders mit der Geschichte umgeht, jemand der in der Lage ist, aus Narben und
Wunden etwas Neues zu gestalten. „Siehe, ich mache alles neu.“ Ich gebe diesen
Satz bei Google ein und stelle fest: Kein Mensch traut sich das zu, keine
Behörde, keine Firma. Niemand behauptet von sich: „Ich mache alles neu!“ Die
ersten zehn Seiten finde ich immer die Anspielung auf diese zwei Bibelstellen.
Wenn ich allerdings das Kollektiv eingebe: „Wir machen alles neu“ dann finde ich
Bauunternehmer und Renovierungsbetriebe. Aber kein Mensch behauptet das von
sich allein, dass er alles neu macht, weder der beste Psychotherapeut noch der
Papst.
Es scheint zu den exklusiven Eigenschaften und Fähigkeiten
Gottes zu gehören, ein völlig neues Kapitel im Leben aufzuschlagen. Aber auch
er wird meine Geschichte nicht wegwischen, sie gehört zum meinem Leben dazu. Dennoch
oder zugleich sagt er: „Neben deinen Narben und Wunden, darin und dadurch
entsteht etwas, womit du noch nicht gerechnet hast. Dein Leben schreibt ein
neues Kapitel, eine ermutigende und überraschende Wendung. Das war noch nicht
das Schlusskapitel.“
In eine ähnliche Richtung geht ein Gedanke von Paolo Coelho.
In seinem Buch „Die Schriften von Accra“ entwickelt er die Idee, dass du dein
Leben so lebst, als sei es dein erster Tag. Ich kannte bislang nur die Version
vom letzten Tag. Bei der Vorstellung von der Aufmerksamkeit für den letzten Tag
geht es eher darum, angesichts der zeitlichen Begrenzungen sich nur für die
wichtigen Dinge im Leben zu entscheiden. Bei der Idee vom ersten Tag geht es um
das Erleben des Staunens an sich.
Stell dir einmal vor, du wachst auf und es ist ein
jungfräulicher Tag. Du verlässt den Bauch deiner Mutter und alles, was du
erlebst ist neu. Jeden Tag! Diese Vorstellung gefällt mir.
Ich lege für einen Moment den Ballast an die Seite und öffne
mich mit allen Sinnen für das Wunder des Augenblickes. Der Mai macht zwar nicht
alles neu, aber er lädt ein, wieder einmal aufmerksam zu werden für die Kraft
des Neubeginns.
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