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Montag, 31. Mai 2021

Der Gruß führt zur Unterhaltung. (persische Weisheit)

Eine scheinbar sehr simple Erkenntnis: Der Gruß führt zur Unterhaltung. Ein umfangreiches Musikstück beginnt mit der Ouvertüre. Alle Themen werden dort schon einmal angekündigt. Die Ouvertüre ist die Eröffnung und dann folgt mehr.
Wenn du mit jemanden kommunizieren willst, dann musst du mit irgendetwas anfangen. Warum nicht mit einem Gruß? Wenn du wirklich in einen Kontakt treten willst, kommt es auf die erste Begegnung an, die erste Geste und das erste Wort. Der erste Eindruck zählt. Achte also einmal auf deinen Gruß. Wie machst du das eigentlich?
Vielleicht erscheint dir der Gedanke sehr überflüssig. Du grüßt halt eben wie du immer grüßt. Bist du dir deiner Wirkung bewusst? Schaust du dein Gegenüber zuerst an? Wo schaust du hin, in die Augen? Schaust du ins rechte oder ins linke Auge? Macht das einen Unterschied?
Wie erlangst du die Aufmerksamkeit deines Gegenüber? Winkst du mit den Händen, räusperst du deine Stimme, machst du dich zehn Zentimeter größer?
Lächelst du oder schaust du Ernst oder machst du es abhängig vom Ereignis? Bei einer Reklamation im Laden schaust du vielleicht Ernst und bei einem Wiedersehen mit dem Freund freundlich? Oder hoffst du, dass du spontan gesehen wirst ohne etwas dafür zu tun?
Und wenn du gesehen wurdest, welcher Gruß kommt dir über die Lippen? Hast du einen Standardsatz, mehrere Sätze, spontan, geschäftlich oder privat? Bist du eher ein Freund vom lockeren "Hallo" oder lieber vom "Guten Tag!"
Dein Gruß ist die Ouvertüre für eine Unterhaltung oder dafür, dass erst gar keine zustande kommt. "In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...", sagt Hermann Hesse. Warum nicht ein wenig mehr Sorgfalt an den Tag legen mit dem Gruß? In der Arbeitswelt spricht man inzwischen gerne von Wertschätzung und Anerkennung. Auch die fängt mit dem Gruß an.
Mein Lieblingsgruß heißt übrigens: "Namaste" aus dem Sanskrit und heißt soviel wie: "Ich grüße das Göttliche in dir." Mehr Wertschätzung geht nicht.
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Samstag, 29. Mai 2021

Ohne Anstrengung!


Ein Baby mag sich sehr anstrengen, um durch den engen Geburtskanal auf diese Welt zu kommen. Es mag diese anstrengende Erfahrung lange in sich tragen. Vielleicht erwächst daraus sogar ein Glaubenssatz. "Streng dich an! Das Leben ist kein Zuckerschlecken!"
Im Sandkasten kämpft es um die Schüppe mit den anderen Kindern. Im Kindergarten bemüht es sich, den Erzieherinnen zu gefallen. In der Schule holt es durch viel Üben das Letzte aus sich heraus. Und es erfährt im Laufe des Lebens immer wieder die Bestätigung: "Streng dich an, dann wirst du belohnt!"
Bevor das Baby auf die Welt kommt, geschah jedoch etwas anderes. Da gab es keine Anstrengung. Keine Leistung. Keine Arbeit. Den Großteil der "Arbeit" erledigte das Prinzip Geschenk und Wachstum wie von selbst. Es war ein großes Geschehen lassen. Da reihte sich Wunder an Wunder. Der menschliche Körper fügte sich in seiner unglaublich hohen Komplexität ohne jede Anstrengung. Jede Zelle wusste, was sie zu tun hatte. Jede Zelle fügte sich einem inneren Bauplan. Mit absoluter Sicherheit und völlig fehlerfrei.
Wenn du dir dein Leben heute anschaust, nach welchem Prinzip lebst du? Das Leben als Anstrengung oder das Leben als ein Wunder des Wachstums wie von selbst? Ich glaube, dass es gut ist, an der einen oder anderen Stelle es einfach mal geschehen lassen. Ins Vertrauen gehen! Nicht ständig rumerziehen an den Kindern. Ständig nörgelig mit sich selbst zu sein und an sich herumzuzerren. Diese immer wiederkehrende Unzufriedenheit mit sich und mit der Familie.
Die Pflanze wächst von selbst. Sie braucht nur Licht, Luft und Wasser und einen guten Platz. Was brauchst du? Licht, Luft und Wasser und einen guten Platz. Dann darf geschehen, was immer auch geschieht.
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Freitag, 28. Mai 2021

Jedes Versprechen ist ein Geschenk im Voraus. (Ägypten)



Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen. Bei Versprechungen denke ich oft an die Verpflichtung, die ich damit eingehe. Irgendwie ordne ich diesen Gedanken dem Bereich der Erziehung zu. „Du hast es mir versprochen!“ „Jetzt musst du das Versprechen auch einhalten.“ Wir sehen das Versprechen oft im Zusammenhang mit dem Thema Vertrauen. Wenn du dich nicht daran hältst, dann kann ich dir nicht mehr vertrauen. Dahinter steckt ein ziemlich hoher ethischer Anspruch. Politiker werden gemessen an die Erfüllung ihrer Versprechen, Kinder an ihrem Gehorsam und jeder im Beruf an die eigene Glaubwürdigkeit.
Der Vers aus Ägypten weckt in mir einen kostbaren Gedanken. Jedes Versprechen ist ein Geschenk im Voraus. Da geht es nicht um Verpflichtung, um das unbedingte Einhalten oder Vertrauen. Es geht um ein Geschenk. Wenn ich etwas verspreche, dann mache ich dir ein Geschenk. Du solltest also nicht zuerst auf die Einlösung achten, sondern auf den Geschenkcharakter. Ein Geschenk verbinde ich mit Freude, Wohlwollen und Wertschätzung.
Das Versprechen an sich ist es schon wert, gewürdigt zu werden. 

Donnerstag, 27. Mai 2021

Genieße dein Bonusmaterial!

Du kaufst dir ein Video und bekommst Bonusmaterial dazu. Ein kleines Extra. Etwas, für das du nichts bezahlt hast. Beim Bäcker gibt es einen Keks zum probieren. Im Buch einen Link auf eine Website mit Zusatzinformationen. Beim Therapeuten eine Spruchkarte. Im Restaurant einen Likör mit der Rechnung. Wenn du die Augen öffnest findest du überall Bonusmaterial. Die Geschenke liegen am Weg und du musst sie nur aufheben.
Wie betrachtest du dein Leben wenn du einmal Bilanz ziehst? Ein Leben voller Pflichten? Du hast für alles bezahlt, was du dir erarbeitet hast? Du bist niemandem etwas schuldig? Die Bilanz ist ausgeglichen?
Ich mag die Teile am Leben, die aus Bonusmaterial bestehen. Ich kann backen und freue mich, dass ich jetzt auch noch kochen kann. Bonusmaterial! Ich freue mich über die Hosen in meinem Schrank und kann mir noch eine kaufen, die ich nicht brauche aber woran ich Freude habe. Bonusmaterial. Ich bestelle im Restaurant ein Dessert obwohl ich eigentlich schon satt bin. Bonusmaterial.
Das Bonusmaterial bewirkt in meinem Bewusstsein, dass das Leben aus Überfluss besteht und nicht aus Mangel. Es fließt über und ich muss keine Angst haben, nicht genug zu bekommen. Beim Bonusmaterial bist du immer im Plus! Wo kannst du in deinem Alltag dein Bonusmaterial entdecken und genießen?
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Mittwoch, 26. Mai 2021

Laufe nicht der Vergangenheit nach und verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt. (buddhistische Weisheit)


Manchmal klebe ich in meiner Vergangenheit fest. Ich bedaure, dass ich dieses oder jenes so und nicht anders gemacht habe. Hätte ich doch nicht... Ich kann mich in einen solchen Gedanken ganz tief eingraben und werde traurig.
Manchmal klebe ich aber auch in der Zukunft fest. Ich muss einen Vortrag halten und spüre schon Tage vorher die Angst. Es fühlt sich so an, als ob die vielen Menschen mich schon jetzt erwartungsvoll anschauen.
Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht da. Leider sind die Ereignisse der Vergangenheit oft noch im gegenwärtigen Erleben präsent. Ich hole sie mir immer wieder herbei. Und auch, wenn die Zukunft noch nicht sattgefunden hat. Wenn ich daran denke wird sie gegenwärtig.
Das Leben ist hier und jetzt. Wenn ich mich auf das Jetzt konzentriere verschwinden vergangene Gedanken und Gefühle. Wenn ich mich auf des Jetzt fokussiere gibt es keinen Platz für die Zukunftsangst. Doch wie schnell wandert der Gedanke wieder zurück und nach vorne.
Ich lade dich ein zu einem Experiment. Denke doch einmal an ein Ereignis der Vergangenheit, das dich belastet. Warte, bis du ein Gefühl dazu bekommst. Dann springst du in die Zukunft und holst dir ein Ereignis ins Herz, das dir Angst macht. Wenn du es fühlst springst du wieder zum gleichen Ereignis zurück in die Vergangenheit. Von dort aus wieder zum gleichen Ereignis in die Zukunft. Beobachte dabei, was in dir geschieht. Verlangsame das Tempo und dann mache wieder schneller. Switche von der Zukunft in die Vergangenheit und wieder zurück.
Verwirrt es dich? Stellst du einen inneren Beobachter oder Gestalter fest, der das vollbringt? Ein "Ich", dass in die Vergangenheit gehen kann und in die Zukunft? Bemerkst du, dass du im Wechseln immer mehr die Gestaltungshoheit übernimmst? Die Vergangenheit "überfällt" dich nicht mehr? Ist die Verwirrung heilsam?
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Dienstag, 25. Mai 2021

Heilsame Töne


Eigentlich würde ich hier lieber eine Audiodatei veröffentlichen, denn bei der Betonung geht es ja um den Ton und um das Hören. Auf den Ton kommt es an!
"Was du gesagt hast, stört mich nicht! Aber wie du es sagst! Da hast du dich wohl im Ton vergriffen!" Im Schwingen der Stimme hören wir mehr als nur Worte wie von einem neutralen Sprachcomputer. Da möchte jemand etwas von dir. Mit welchem Wort fängt er an? "Anna,... könntest du mal..." "Martin,... das finde ich jetzt...." Du wirst also mit deinem Namen angesprochen. Und oft vermutest du schon beim Aussprechen deines Namens, dass da jemand von dir etwas möchte. Kennst du auch solche Sätze wie: "Du meldest dich auch nur, wenn du etwas willst!" Jemand möchte "etwas" von uns, aber wir als Personen sind selbst oft gar nicht gemeint. Dein Auto ist interessant, dein Wissen, dein Rasenmäher oder dein Grill. Aber du?
Ja klar, du wirst mit deinem Namen angesprochen, aber du bist nicht gemeint. Jetzt stell dir einmal einen Menschen vor, der dich mag! Er spricht dich an und sagt deinen Namen. Er will nichts von dir. Er ruft nur deinen Namen! In seiner Stimme schwingt Wohlwollen, Aufmerksamkeit, Neugier und Freude. Da gibt es auf einmal einen völlig anderen "Ton". Die Vokale in deinem Namen fangen an zu schwingen. Die M's und S's, F's und W'S beginnen zu surren und zu vibrieren. Im "Tönen" deines Namens spürst du ein großes Willkommen. "Schön, dass du da bist!"
Auf den Ton kommt es wirklich an! Nicht, wenn jemand etwas von dir will. Einen höflichen und freundlichen Ton finde ich eher selbstverständlich. Mir geht es um den Ton, der da drunter und da drüber liegt. Die Ober- und Untertöne! Das ganze Spektrum deines Daseins! Ob du deinen Namen liest oder aussprichst - ein Riesenunterschied! Geh doch mal in den Wald und rufe deinen eigenen Namen. Summe ihn! Singe ihn! Dehne die Vokale und lasse es klingen! Verlocke dich selbst, lade dich ein und lege ein schelmisches Glucksen mit hinein. Dann geh in eine Kirche, stelle dich mitten in den Raum und wiederhole das Ganze noch einmal. Bemerkst du einen Unterschied? Du im Wald oder du in der Kirche?
Dann gehst du mit einem lieben Menschen in den Wald oder in die Kirche und "betönst" diesen. Du wirst merken, wie du da in Schwung kommst. Alle deine Körperzellen werden aktiv werden. Dein Gegenüber wird vor Freude und vielleicht auch vor Scham erröten. Aber es wird zu einem unvergesslichen Ereignis und Fest werden.
Nach der Bibel erschuf Gott die Welt durch das Wort. Er tönte auch! Durch die Schwingungen aus seinem Herzen, ausgedrückt in Töne und Worte wurde die Schöpfung! Für ihn kam es auch darauf an, dass er den Ton fand, der das Leben hervorbrachte. Auf den Ton kommt es an, weil er eine ganze Welt erschafft!
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Montag, 24. Mai 2021

Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben nennen, aber keines ist treffender als die Errichtung einer Friedhofsmauer. Die, die drinnen sind, können sowieso nicht hinaus, und die, die draußen sind, wollen nicht hinein. (Mark Twain)


Mark Twain hat recht, oder? Die Toten können nicht raus und die Lebenden wollen nicht hinein. Dafür braucht es die Mauern also nicht. Höchstens als Vorbeugung gegen Vandalismus oder als Angstreaktion, den Tod vor den Lebenden wegzusperren.
Mark Twain hat unsinnige Ausgaben im Sinn. Ich stolper oft über unsinnige Dinge, über echten Blödsinn, den ich so mitmachen muss. Ich stehe an einer roten Ampel und weit und breit kommt niemand. Warum sollte ich nicht über die Straße gehen?
Ich muss bei einer Wahl Parteien wählen, finde aber Sachthemen viel wichtiger. Über die kann ich nicht abstimmen. Soll mein Geld in den Ausbau von Autobahnen fließen oder in den öffentlichen Nahverkehr?
Ich nehme an Konferenzen teil, wo ständig Ergebnisse vertagt oder nicht umgesetzt werden. Ich fahre in Zügen, wo die Leute ihre Koffer nicht mehr deponieren können.
Wenn ich noch ein wenig länger nachdenke werde ich auf viele sinnlose Dinge stoßen. Was soll ich machen? Ich mache es wie Mark Twain. Ich betracht alles von der absurden Seite her und kann so meinen Humor wiederfinden. Sollte es stimmen, dass wir Menschen vom Affen abstammen, dann haben wir davon noch mehr in uns als uns lieb ist.
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Samstag, 22. Mai 2021

Wo immer das Glück sich aufhält... (irischer Segen)




Wo immer das Glück sich aufhält,
hoffe, ebenfalls dort zu sein.

Wo immer jemand freundlich lächelt,
hoffe, dass sein Lächeln dir gilt.

Wo immer die Sonne aus den Wolken hervorbricht,
hoffe, dass sie besonders für dich scheint.

Damit jeder Tag deines Lebens so hell wie nur möglich ist.

Du kannst dort stehen, wo Menschen unglücklich sind. Du kannst dich auch dort aufhalten, wo Menschen unfreundlich sind. Und du kannst dich dort aufhalten, wo der Himmel bedeckt ist.

Unglück, Unfreundlichkeit und einen trüben Himmel kannst du auf die Dauer nur schwer ertragen. Das kann dich ganz schön herunterziehen und deine Stimmung trüben.

Suche also die Gesellschaft von glücklichen Menschen. Sei dort, wo Menschen freundlich zu dir sind und gehe so weit, bis die Sonne auf deine Haut scheint. Dann findest du gute Voraussetzungen, dass davon etwas auf dich abfärbt und dein Leben positiv beeinflusst. Ich wünsche dir die Kraft und den Willen, selbst etwas dafür zu tun. Nicht zu warten, dass das Glück hoffentlich mal zu dir kommt, sondern dass du es mit beeinflussen kannst. Ich wünsche dir die Kraft, unfreundliche Menschen zu verlassen und dich denen zuzuwenden, die dir wohlgesonnen sind. Und ich wünsche dir die Kraft, Wege zu finden, wo die Sonne für dich scheint - im Außen wie im Innen.

Freitag, 21. Mai 2021

Wenn wir bedenken, daß wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain)


Wie wunderbar. Irgendwie sind wir alle verrückt. Und die Welt ist ein absurdes und wunderbares Theater. In der Regel laufe ich den ganzen Tag herum mit klaren Wertvorstellungen. Komme pünktlich zur Arbeit! Dokumentiere sorgfältig! Schließe dein Fahrrad ab! Kaufe nur so viel ein, dass die Lebensmittel nicht verderben und das Geld für den Monat reicht! Sei nicht verschwenderisch! Wechsel täglich die Unterwäsche! Trinke deinen Kaffee nur aus sauberen Tassen! Nimm ein Spülmittel, das die Umwelt nicht belastet!
Ich könnte eine Tagesdeklination machen mit Hunderten von Regeln und Verhaltensmaßnahmen. Immer schön im Einklang sein mit sich selbst und den Werten der Gesellschaft. Nicht anecken mit der Familie und den Nachbarn. Heil durch den Tag kommen mit der Erlaubnis, am nächsten Tag wieder aufzuwachen. Wie verrückt ist das eigentlich?
Da steht neben mir an der Ampel ein junger Mann im dicken Mantel, während es draußen 25 Grad warm ist. Er stinkt, seine Haare sind ungewaschen, er schlurft und grinst schief durch die Gegend. Der könnte doch was aus seinem Leben machen, oder? Sein Fahrrad abschließen, aus sauberen Tassen Kaffee trinken und sorgfältig seine Arbeit dokumentieren. Macht der bestimmt nicht. Wie verrückt ist der eigentlich!
Ich fürchte, wir sind beide verrückt. Nur auf ganz verschiedene Art und Weise. Wenn wir nebeneinander an der Ampel stehen muss der junge Mann mich für sehr verrückt halten. Aus seiner Sicht bin ich ein totaler Spießbürger und mehr oder weniger jetzt schon tot. Wenn wir alle verrückt sind, dann können wir die Wirklichkeit gut ertragen und können aufhören, sie zu bewerten. Ich kann einfach machen und mir nicht so viel dabei denken. In diesem Sinne: Verrück dich doch mal ein Stück!

Donnerstag, 20. Mai 2021

Als wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen. (Mark Twain)


Was geschieht, wenn du das Ziel aus den Augen verlierst? Wenn du dich auf ein Ziel fokussierst hast du zugleich mit im Blick, was du dafür brauchst. Alle deine Handlungen sind diesem Ziel zugeordnet. Und ue lebst von der Energie, unbedingt das Ziel zu erreichen.
Wenn du das Ziel aus den Augen verlierst, geht dir auch ein großer Teil der Energie verloren. Du fängst an, dich zu verzetteln. Du erledigst Aufgaben, die vielleicht gar nicht sinnvoll sind. Es wird immer anstrengender weil du von deinen Reserven lebst.
Welche Ziele verfolgst du im Moment? Oder von welchen Visionen lebst du? Was möchtest du unbedingt noch machen bevor du dieses Leben beendest? Vielleicht kommt es nicht darauf an das Ziel zu erreichen. Es geht darum, es in den Blick zu nehmen.
Du möchtest zum Beispiel gelassener werden. Wenn du jetzt in diesem Augenblick etwas vorhast kannst du dich fragen, ob es dem Ziel der Gelassenheit dient oder ob es dich eher davon abbringt. Du musst eine Aufgabe erledigen und dir fallen tausend Sachen ein, die dazu gehören. Du wirst hektisch und fahrig. Wenn du aber das Ziel hast, gelassener zu werden, würde es Sinn machen diesen Aspekt immer im Fokus der Aufmerksamkeit zu haben.
Ab wann fange ich an hektisch zu werden? Was verträgt mein System noch? Wann lege ich einen Gedankenstopp ein? Wann bin ich erschöpft? Schaffe ich es, so mit mir umzugehen, dass ich nie in den Bereich von Stress gelange?
Ziele können auch verführerisch sein. Wenn ich mein Ziel zu stark fokussiere. Wenn ich etwas total und unbedingt will. Quasi mit aller Gewalt und totaler Ausschließlichkeit. Dann werde ich blind für meine Ressourcen und Möglichkeiten. Ich verfolge also mein Ziel im Rahmen meiner Ressourcen und Fähigkeiten und sorge gut für mich. Ich verliere das Ziel nicht aus den Augen - muss es aber auch nicht erreichen.
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Mittwoch, 19. Mai 2021

Das, was jemand von sich selbst denkt, bestimmt sein Schicksal. (Mark Twain)


Was du von dir denkst, bestimmt dein Schicksal. Du kannst durch dein Denken die Wirklichkeit gestalten und beeinflussen. Hast du einmal überprüft, ob das stimmt? Hattest du schon mal einen Gedanken und wenig später geschah plötzlich etwas?
Was würden wir denken, wenn wir um die Wirkmächtigkeit unserer Gedanken wüssten. Stell dir vor, dass du zu einer Geburtstagsfeier eingeladen wirst. Du magst deinen Gastgeber nicht wirklich so besonders. Du glaubst, dass er nicht gut für dich sorgen wird. Die Getränke werden nicht gekühlt sein und es gibt nicht genug zu essen. Ein anderer Gast wird es bestimmt schaffen dir den Tag zu verderben. Was glaubst du, wird passieren, wenn du diese Gedanken denkst? Wirst du damit den Ablauf der Feier beeinflussen können? Vielleicht nicht eins zu eins. Nicht nach genauer Bestellung. Aber du wirst auf diese Feier gehen und am Ende des Abends den Eindruck haben ,genau das bekommen zu haben, was du vorher bestellst hast.
Noch intensiver wird diese Erfahrung, wie du über dich selber denkst. Denkst du schlecht über dich, dann gibst du dir ständig emotionale Peitschenhiebe. Du machst dich selber damit fertig. Denkst du liebevoll und wohlwollend über dich, beschenkst du dich selber mit lauter Glückshormonen. Du kannst das selber entscheiden! Vielleicht werde ich nicht Millionär, wenn ich gut über mich denke. Aber es wird mir mit und ohne Geld gut gehen. Ich bin ja im Einklang mit mir und mit meinem Leben.
Heute werde ich übrigens Spargelrisotto kochen. Wenn ich mir das jetzt vorstelle, läuft mir schon das Wasser im Munde zusammen. Es fühlt sich an, als würde ich jetzt schon essen. Ich sitze hier und schreibe und zugleich esse ich gedanklich Spargelrisotto. Und? Womit kannst du dich heute beflügeln?

Dienstag, 18. Mai 2021

Hab viel Geld in deinen Taschen, aber keines im Herzen. (Weisheit der Sufi)


Im Rahmen einer Predigt habe ich einmal einen Fünf Euro Schein verbrannt. Ich wollte damit ein kleines Experiment machen. Wie stark ist das Herz von uns Menschen mit dem Geld verbunden. Und - wie war die Reaktion? Wenn Menschen sich an meine Predigten erinnern, dann vor allem an diese Aktion. Da gingen die Wogen hoch! Geld verbrennen? Wie kann man so was machen! Erklären hätte auch ausgereicht! Damit hätte man helfen können!
Der Schrei der Herzen war unüberhörbar. Es waren meine eigenen fünf Euro. Das wurde schnell ignoriert. Ehrlich gesagt: Mir tat es auch Leid um das Geld. Ein wenig. Was habe ich in meiner Tasche und was in meinem Herzen?
Die Sufi empfehlen, da einen Unterschied zu machen. Was du in deinem Herzen trägst prägt dich. Macht dein Leben aus. Bestimmt dein Denken und Handeln. Was du in den Taschen trägst, wandert ohne große Emotionen. Du steckst was rein und holst was raus.
Ich könnte also leicht sagen, dass mein Geld nicht am Herzen klebt. Das sagt der Verstand. Aber wenn du das Geld verbrennst meldet sich vielleicht das Herz. Dann weißt du, wo dein Geld sich wirklich befindet. Warum befindet es sich so oft im Herzen? Es geht um dein Bedürfnis nach Sicherheit. Wenn du genug Geld hast glaubst du, dass du nicht verhungern musst. Darum hältst du dein Geld fest. Damit du auf keinen Fall verhungerst. Deine eiserne Reserve!
Wenn das Geld wertlos wird hast du allerdings nichts mehr davon. Ich plädiere für echte Werte, die ich im Herzen platziere. Du bist mir zum Beispiel wervoll. Dich platziere ich gerne im Herzen. Und neben dir auch meine Menschen, die mir nahe sind. Die an meinem Herzen wohnen.
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Montag, 17. Mai 2021

Wenn du dir eine Perle wünschst, such sie nicht in einer Wasserlache. Wer Perlen finden will, muss bis zum Grund des Meeres tauchen. (Rumi)

Perlen findest du nicht in einer Wasserlache sondern auf dem Grund des Meeres. Ich sehe darin eine Einladung, meine eigenen Lebensperlen zu suchen. Ich stelle mich vor den Spiegel und sehe zuerst das, was ich auch in einer Wasserlache sehen würde. Ich sehe mein Gesicht mit den Augen, der Nase, dem Mund. Ich nehme die Haut wahr und meine Haare. Ich kann die Oberflächen erkennen. In einer Wasserlache sehe ich den Untergrund, Blätter, vielleicht Insekten. Es ist nicht sehr aufregend.
Ich schaue in mein Gesicht und was ich sehe, ist nicht wirklich aufregend. Es sei denn, dass ich mich mit den kritischen Augen der Schönheitsindustrie betrachte. Dann könnte ich viele "negative" Punkte feststellen und ordentlich an mir herumdoktern. Wahrscheinlich werde ich keine "Perle" entdecken, denn die befinden sich ja am Grund des Meeres.
Wenn ich also die Perlen meines Wesens finden möchte werde ich diese nicht im Spiegel sehen. Dazu muss ich meine Augen schließen und den Weg nach innen gehen. Ich gehe mit meiner Aufmerksamkeit in die innere Tiefe oder Weite und bin achtsam. Ich will nichts und habe auch kein Werkzeug dabei. Ich gehe tauchen. Ich tauche und tauche - immer tiefer. Ich tauche durch meine Gedanken, durch Wut und Ärger, durch Trauer und Angst und die Schmerzen in der Tiefe. Und dann taucht sie wie von selbst auf - die Perle. Und, worin besteht die Qualität deiner Perle? Du wirst es herausfinden wenn du in deine Tiefe tauchst.
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Samstag, 15. Mai 2021

Sonnenworte für dich!


Sonne für die Seele! 

Von Rose Ausländer stammt folgendes Gedicht:

der garten
öffnet seine rosen

sie duften sich
sonnenworte zu

nur liebespaare
fangen sie auf
und grüssen zurück
in der rosensprache

rosen antworten rot
mit herzlichem duft

duftworte
die sich liebkosen

In einem anderen ihrer Gedichte heißt es so oder ähnlich:


Ich wohne in einer Stadt aus Sonne und Schnee
Der König ist ein Bettler.
Seine Nahrung ist Schnee.

Ich schenke ihm Sonnenworte
Vielleicht kann er sich Brot dafür kaufen.

Mir gefällt die Idee mit den Sonnenworten. Rosen duften sich Sonnenworte zu. Von Sonnenworten können Bettler leben.
Verschenkst du gerne Sonnenworte? Bekommst du viele Sonnenworte? Welche gefallen dir besonders gut?  Ein paar schöne Sonnenworte schenke ich im Geiste allen, die jetzt hier lesen.
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Freitag, 14. Mai 2021

Leider lebt niemand in der Welt, wie sie wünschenswert wäre, sondern in der wirklichen Welt. (Carl Gustav Jung)

Da gibt es die wirkliche Welt und die Welt, von der du träumst. Eigenartig, nicht wahr? Ich sitze in meinem Büro und träume davon, dass ich gerne einen größeren Raum hätte und mehr Platz für meine Bücher. Dass ich einen neuen Schreibtisch bräuchte und einen Stuhl, auf dem ich mich gut entspannen kann. Dass es bessere Lichtverhältnisse geben sollte und dass mein Büro an der Straße liegt und ich mich nicht gut konzentrieren kann. Und wenn du mich fragst, wie es mir in meinem Büro geht, dann würde ich sagen: "Eigentlich ist alles in Ordnung. Ich kann dort arbeiten."
Es tauchen immer zwei Zustände parallel auf. Der eine Zustand äußert sich in der Sehnsucht, im Wunsch und im Mangel. Der andere Zustand nimmt die Wirklichkeit wahr, wie sie ist und es ist in Ordnung. So ist es nun einmal. Das Wahrnehmen der "wünschenswerten" Welt fühlt sich manchmal sehr schmerzhaft an. Ich hätte so gerne! Wie schön wäre es, wenn...! Dann kann es passieren, dass mein Herz resigniert. "Ach, es ist ja so aussichtslos!"
Manchmal geschieht aber auch ein Aufwachen und ein Wunder und ein Aufstehen. Was hindert mich daran, diese wünschenswerte Welt zu verwirklichen? Ich bin doch Schöpfer. Ich bin doch ein Gott! Ich kann verwandeln und verändern. Zu allen Zeiten haben das Millionen von Menschen gemacht. Die wirkliche Welt nicht einfach hinnehmen, sondern sie verändern. Am Anfang der Veränderung steht die Sehnsucht und die Vision, in die hinein du schöpferisch wirken kannst.
Manchmal kann der Wunsch aber zu groß sein. Zu unrealistisch. Nicht im Bereich deiner Macht und deiner Möglichkeiten. Da könntest du dann aber einverstanden sein und vertrauen, dass es auf dieser Welt noch andere Götter gibt, die auch etwas bewirken können.
Und so sind wir als Menschen einfach gestrickt. Wir leben in unserer wirklichen Welt wie sie ist und träumen und arbeiten an der Welt, die wünschenswert wäre.
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Donnerstag, 13. Mai 2021

Nicht wir haben Geheimnisse, die wirklichen Geheimnisse haben uns. Carl Gustav Jung

Es gibt ein paar Geheimnisse in meinem Leben, die sollte möglichst niemand erfahren. Das sind Erlebnisse, die mit Scham behaftet sind. Oder unangenehme Gefühle hervorrufen. Oder aber auch tolle Geheimnisse, die ich nicht öffne, um einen anderen Menschen oder einen Gegenstand zu schützen. Ich selbst bin der Hüter von Geheimnissen und habe dafür eine Schatzkammer, die ich gut bewache. Ich verrate auch nicht meine Schutzmechanismen damit es niemand erst versucht. Allein, dass ich sage, dass ich Geheimnisse haben, ist ja schon gefährlich genug. Demnächst wird mich bestimmt jemand ansprechen und sagen: "Hey, du hast doch geschrieben, dass du Geheimnisse hast. Willst du mir nicht eines davon kurz erzählen?" Besser wäre es, ich würde mich ganz in Schweigen hüllen.
Eines ist klar. Ich bin der Hüter und der Herr über meine Geheimnisse. Jetzt wird es aber sehr unheimlich. C.G. Jung spricht von Geheimnissen, die mich haben. Da gibt es etwas, das auf meinem Leben einen Einfluss hat, von dem ich keine Ahnung habe. Er spricht dabei von dem, was ich im Laufe des Lebens verdrängt habe oder gar nicht erst weiß. Ich habe als kleines Kind bestimmt etwas erlebt, was mich sehr erschreckt oder geängstigt hat. So stark, dass mein System aus Selbstschutz mich in den Mantel des Vergessens und Verdrängens hüllt. Manchmal rumort es im Herzen oder im Bauch oder auch im Hals. Es hat etwas Schleichendes und Unsichtbares. Ich spüre eine Wirkung und weiß nicht, wo der Auslöser sitzt. Ich habe aber die Ahnung, dass das etwas mit meiner Geschichte zu tun hat.
Manchmal lerne ich Menschen kennen und im Verlauf des Gespräches kommen wir darauf, dass es ein Geheimnis bei den Vorfahren gab. Da hat sich der Urgroßvater das Leben genommen und niemand spricht darüber. Das Geschehene wird mit einem großen Tabu behängt und alle denken, ist ja schon lange her. Aber das Geheimnis hat sich schon längst selbständig gemacht und beschleicht die nächste und übernächste Familiengeneration. Das sind dann die Geheimnisse, die uns haben. Die uns im Griff haben. Bist du ganz sicher, dass es in deinem Leben kein einziges Geheimnis gibt, welches dich hat statt umgekehrt? Du wirst es vielleicht nie erfahren weil das Geheimnis alles dafür tut, sich dir nicht bekannt zu machen. Aber du merkst die Auswirkungen.
Und nun? Bist du ohnmächtiges Opfer deiner alten Geheimnisse? Bist du ihnen willenlos ausgeliefert und kannst gar nichts machen? Nein, allein das Wissen darum gibt dir die Macht zurück. Das Geheimnis möchte nicht entdeckt werden auf der inhaltlichen Ebene und möchte auch nicht, dass du überhaupt weißt, dass es existiert. Die größte Macht der Geheimnisse liegt darin, ganz im Verborgenen zu sein. Jetzt weißt du, dass die wirklichen Geheimnisse dich noch haben. Du spürst sie aber an den Auswirkungen. Vor allem in deinem Körper. Wenn du ein mulmiges Gefühl hast und es nicht zuordnen kannst. Wenn du ganz plötzlich mit Angst reagierst obwohl der Anlass gar nicht so heftig war. Es hat in der Regel etwas Schwelendes, Namenloses und zugleich Spürbares. Du kannst auch einfach die Augen schließen und dich in deinen Herzraum versenken. Dort bittest du das Geheimnis, dass es sich dir zeigen möge. Lade es ein und versprich, vorsichtig und wohlwollend zu sein. Vielleicht zeigt es sich dir nicht so ganz klar sondern eher wie ein Märchenbild oder wie ein Gefühl oder wie ein Symbol oder ein Gedanke. Es kommt vielleicht nicht in deinen Herzraum weil es Angst hat. Aber es wird dich bemerken und reagieren. Eigentlich wartet es darauf, von dir entdeckt zu werden. Es wartet auf Erlösung und hat zugleich Angst davor. Und du bleibst wohlwollend bei deiner Einladung, geduldig und wenn es sein muss für den Rest deines Lebens. Allein, wenn du deine
Geheimnisse einladen kannst bist du nicht mehr ausgeliefert und ohnmächtig. Du hast die Initiative ergriffen und gestaltest.
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Mittwoch, 12. Mai 2021

Alles was uns an anderen missfällt, kann uns zu besserer Selbsterkenntnis führen. (Carl Gustav Jung)

Mir gefällt nicht, wenn jemand schlecht über andere spricht. Ich fühle mich unwohl und da stockt etwas in mir. Da spricht eine Stimme im Hintergrund, die sagt: "Hör auf damit! Das ist nicht in Ordnung. Sprich nicht über andere wenn sie nicht dabei sind." Ich folge dieser Stimme aber nicht immer. Wenn sich viel Ärger in mir angesammelt hat dann wirkt das Lästern wie eine Reinigung. Ich spüle meinen Ärger hoch und werde ihn los. Aber immer verbunden mit einem schlechten Gefühl. So, als ob ich illegal Müll entsorge. Ärger loswerden ist gut, aber der Weg dahin?
Wenn mir ein anderer Mensch missfällt löst das etwas in mir aus. Ein Gefühl, einen Gedanken oder den Wunsch, jetzt unbedingt etwas zu tun. Ich trete in Resonanz. Beim "schlecht reden" trete ich in Resonanz. Bei anderen Themen überhaupt nicht. Manche regen sich auf, wenn sich im Kühlregal des Supermarktes noch abgelaufene Produkte befinden. Da bleibe ich völlig gelassen. Aber wehe, es drängelt sich jemand vor. Damit habe ich ein Thema. Wenn mein Gewissen mich nicht bremsen würde, würde ich mich selbst ständig vordrängeln. Warum nicht? Wenn du dich nicht vordrängelst am Buffet gehst du am Ende vielleicht leer aus. Du ärgerst zwar andere, hast aber auch Vorteile.
Wenn jemand anders sich vordrängelt dann sollst du mal miterleben wie ich mich ärgere. Ich gehe damit in Resonanz. Und das ist gut so! Ich lerne dadurch diese dunklen Seiten in mir kennen und werde damit konfrontiert. Ich spüre: "Ach, das bin ja ich!" Nicht der andere drängelt sich vor, sondern da ist jetzt dieses Ärgergefühl in mir. Es ist mein Thema, was da anschwingt.
Anstatt mich über den anderen zu ärgern und mein Missfallen zum Ausdruck zu bringen kann ich auch mal überprüfen, welches Bedürfnis ich da im Moment habe. Fühle ich mich übergangen? Nicht beachtet? Habe ich gerade vor etwas Angst? Wenn ich dem nachgehe, dann lerne ich mehr über mich kennen. Ich weiß mehr von mir und kann mich dafür entscheiden, diese dunkle Seite in mir zu bejahen.
Vielleicht werde ich mich dann nicht mehr so doll ärgern in Zukunft. Oder ich werde dem anderen gegenüber höflicher und gelassener sein. Oder auch entschieden, aber mit einem befriedeten Herzen. Wenn ich mich weiterentwickeln möchte, dann brauche ich dich. Und dich auch. Und dich auch. Ich brauche dafür ganz viele Menschen. Je mehr mir missfällt, desto mehr Möglichkeiten habe ich zur Vermehrung meiner Selbsterkenntnis. Vielen Dank Herr Jung für diese Erkenntnis.
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Dienstag, 11. Mai 2021

Alle Häuser würden nur Gräber sein, wären sie nicht für Gäste. (Khalil Gibran)


Ohne Gäste werden Häuser zu Gräbern! Das erschreckt mich. Mein Haus ein Grab, wenn es keine Gäste gibt?
Ich dekoriere die Räume. Ich stelle Blumen hin. Ich hänge Bilder an die Wand. Ich mache es mir gemütlich. Ich fühle mich wohl in meinen vier Wänden. Bei mir ist es doch schön und total wohlig. Und ohne Gäste wird mein Haus zu einem Grab?
Ich kann mich einrichten in meinen vier Wänden und dort warten, bis der Tod eintritt. Mein Haus wird zu einer Wartehalle des Todes. Es passiert nichts mehr! Manchmal ein neues Sofa! Die Blumen wechsel ich auch jede Woche. Ich wasche die Tischdecken und ich putze durch.
Aber im Wesentlichen ist alles im Haus geregelt. Und dadurch ist es vielleicht toter als ich dachte. "Khalil Gibran, du bist sehr streng. Du sprichst nicht einmal von einem Museum, sondern von einem Grab. Warum?" Lebendig wird etwas erst, wenn es zur Begegnung kommt. Gäste bringen Freude mit. Ihre Lebenserfahrungen. Ihr Interesse, ihre Aufmerksamkeit. Gäste bringen das Leben ins Haus.
Im letzten Urlaub war ich Gast in meinem Haus. Ich tat so, als sei es meine Ferienwohnung. Da "musste" ich auf einmal nichts mehr. Nichts reparieren, nichts putzen, nichts aufräumen. Nichts! Ich war Gast in meinem Haus. Es gehörte mir nicht mehr und ich musste kein Grab oder Museum hüten. Da kam auf einmal Leichtigkeit durch die Haustüre herein. In einer Ferienwohnung bleibe ich für eine begrenzte Zeit und breche wieder auf.  Meine "Heimat" ist woanders.
Alle Häuser würden nur Gräber sein, wären sie nicht für Gäste. So kommt mir das Leben in Deutschland oft vor. Wie ein großer Freiedhof. Gräber unter Gräbern. Magst du Gäste? Bist du gern zu Gast? Besuche mich doch mal, damit mein Haus nicht zu einem Grab wird!
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Montag, 10. Mai 2021

Auch das glücklichste Leben ist nicht ohne ein gewisses Maß an Dunkelheit denkbar. Carl Gustav Jung

Wer ist glücklicher als du? Bist du selbst glücklich genug? Betrachtest du dein Leben wohlwollend und kannst feststellen, dass du sehr mit dir übereinstimmst? Dass du tief im inneren Frieden mit dir bist? Wie schön, wenn du das über dein Leben sagen kannst.
Ich kenne viele Menschen wo ich einen anderen Eindruck bekomme. Da gibt es immer so eine Spur von Mangel und Traurigkeit. Eine Sehnsucht und einen Wunsch nach einem glücklicheren Leben. Und interessanterweise finden sie viele Menschen, die glücklicher aussehen als sie selbst. "Ich hätte gerne das Leben meiner Freundin. Sie ist viel schöner als ich und sie lebt in einer wunderbaren Beziehung. Ihr Mann ist so zauberhaft. Und sie wohnen so außergewöhnlich schön in einer perfekten Umgebung. Das hätte ich auch gerne." Oder: "Wenn mein Arbeitgeber mich sehen würde in dem, was ich so kann, dann säße ich nicht hier. Ich bin zu höheren Aufgaben berufen. Und da sehe ich den Kollegen, der immer bevorzugt wird. Der hat so eine Ausstrahlung. Ist einfach ein Gewinnertyp. Der weiß gar nicht, wie Leiden geht. Und ich? Hocke seit Jahren hier und quäle mich durch das Leben."
C.G. Jung sagt, dass auch das glücklichste Leben nicht ohne ein gewisses Maß an Dunkelheit denkbar sei. Da denke ich an Menschen, die zu mir in die Beratung kommen und von ihrem Leid erzählen. Von außen betrachtet müssten sie die Glücklichsten aller Menschen sein. Wunderbarer Mann und wunderbare Frau. Ein wunderbares Haus und Supereinkommen. Zwei prächtig geratene Kinder und eine heile Nachbarschaft. Und das drücken sie auch nach außen hin aus. Wer zum Neid neigt, findet reichlich Futter.
Dann kommt in der Beratung heraus, dass es kaum noch Zärtlichkeiten gibt. Dass das Leben langweilig geworden ist im goldenen Käfig. Dass es allen an Selbstbewusstsein fehlt. Dass er oder sie nicht genug gewürdigt wird. Da sieht etwas aus wie Paradies und fühlt sich an wie die Hölle. Und von außen siehst du nichts.
Manchmal ist der Wunsch und die Umsetzung eines glücklichen Lebens sehr anstrengend. Du arbeitest intensiv daran, dass dir das Glück erhalten bleibt. Und in der Anstrengung merkst du gar nicht, wie sich das Glück davon gemacht hat. Alles nur noch Hülle. Wenn du aufhörst unbedingt glücklich sein zu müssen, könntest du es dir ein wenig leichter machen. Jeder braucht zum Leben ein Maß von Dunkelheit. Ohne diesen Teil hört deine Entwicklung auf. Es kommt darauf an, dass du diese Dunkelheit nicht negativ bewertest, dich dagegen auflehnst und mit aller Macht versuchst, dieser Dunkelheit in deinem Leben keinen Platz einzuräumen. C.G. Jung stellt ganz nüchtern fest: So ist das im Leben, es gibt kein glückliches Leben ohne ein gewisses Maß an Dunkelheit.
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Samstag, 8. Mai 2021

Die fünf Freiheiten nach Virginia Satir



Virginia Satir war eine wichtige systemische Familientherapeutin und lebte von 1916 - 1988. Sie hat wertvolle Impulse gesetzt für familäre Strukturen und sehr wertschätzend und ressourcenorientiert gedacht und gehandelt. Sehr bekannt geworden sind ihre "fünf Freiheiten", die ich gerne nach und nach erschließen möchte.

Die erste Freiheit: Die Freiheit zu sehen und zu hören was im Moment wirklich da ist, anstatt was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird. 

Mein Mann sollte mir besser zuhören können. Dann wäre das Leben viel schöner. Mein Kind sollte mehr aufräumen, dann wäre ich viel entspannter. Mein Arbeitgeber sollte sehen, was ich alles leiste, dann würde ich viel lieber arbeiten.
Oder: Früher war doch alles besser. Die Bahn war pünktlicher. Die Brötchen schmeckten frischer und waren günstiger. Die Milch kam noch von der Kuh. Ich war körperlich fit. Die Welt war einfach schöner. Die Leute hatten alle mehr Zeit.
Oder: Wenn ich in Rente gehe, dann werde ich mehr Zeit haben. Wenn meine Kinder groß sind, dann werde ich endlich tun können was ich immer schon tun wollte.
Du denkst oft mit den Worten: "sollte" du gehst in die "gute Vergangenheit" oder phantasierst dich in eine "bessere" Zukunft. Du machst das schon automatisch, ständig oder mehrmals am Tag. Du verlässt die Gegenwart und den Augenblick und merkst nicht, wie unfrei du dadurch wirst. Du wirst wie ein Sklave, der sich die Freiheit wünscht: Wenn ich erst einmal diese Fesseln los werde, dann wird alles anders! Pustekuchen!
Virginia Satir lädt dich ein zu einem ganz bestimmten Aspekt der Freiheit. Du entscheidest dich für das "sollte" "die tolle Vergangenheit", die "bessere Zukunft". Du trägst die Verantwortung dafür, wohin deine Phantasie, Sichtweise, dein Ohr und deine Gedanken gehen.
Und du hast die Freiheit, dich jetzt neu zu entscheiden! Du kannst dich dafür entscheiden und hast die Freiheit das zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist. Du musst dir nichts vormachen. Du brauchst nichts beschönigen. Du musst dir die Zukunft nicht toll vordenken. Bekommt das, was ist, jetzt von dir die Erlaubnis da zu sein?
Mein Mann kann nicht zuhören. Das ist so. Aber ich kann ihn immer wieder darauf hinweisen, dass er das jetzt in diesem Augenblick tun kann. Mein Kind ist kein Aufräumer. Das ist einfach so. Und mein Kind ist trotzdem in Ordnung. Die Welt wird nicht untergehen, wenn es nicht aufräumt und es bleibt mein Kind. Mein Arbeitgeber ist blind für die Leistungen der Angestellten. Das ist einfach so! Aber ich kann für mich würdigen, was ich leiste. Und ich leiste was! Und das fühlt sich stark an! Egal, ob es der Chef sieht oder nicht.
Ich warte nicht bis zur Rente, damit ich mehr Zeit habe. Jetzt in diesem Augenblick nehme ich mir die Zeit. Es ist meine Zeit, meine Lebenszeit. Heute schmecken mir die Brötchen und außerdem bin ich ein toller Bäcker. Und heute noch werde ich tun, was ich immer schon gerne tun wollte.
Spürst du wie es ist, wenn du ein Gespür für deine Freiheit wieder findest und entwickelst? Wenn du unerfüllten Sehnsüchten hinterherträumst kann es dich viel Kraft und Energie kosten und irgendwann bist du weg! Du bist nicht mehr da. Gedankenverloren schlürfst du deinen Kaffee und weißt gar nicht, was du getrunken hast. Was kannst du jetzt in diesem Moment hören und sehen?

Die zweite Freiheit: Die Freiheit das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke, und nicht das, was von mir erwartet wird.

Was wird von dir erwartet? Von einer Mutter wird erwartet dass sie empört ist, wenn das eigene Kind ungerecht behandelt wird. Von einem Kind wird erwartet, dass es auf  seine Eltern hört.
Was wird von dir in einer Beziehung erwartet? "Wenn du mich wirklich liebst, dann wüsstest du jetzt wie es mir geht!" "Wenn ich wirklich wichtig für dich wäre, dann würdest du dich heute nicht mit deinen Freunden treffen sondern bei mir bleiben!"
Ich kenne solche Merkwürdigkeiten zur Genüge aus meiner Kindheit. Häufig hatte ich so Fragen und

Freitag, 7. Mai 2021

Auf der großen Zeituhr steht ein einziges Wort »Jetzt«. Auf der Straße »Nachundnach« erreicht man das Haus »Niemals«. (Cervantes)

 

So nach und nach gestalte ich mir den Arbeitsplatz so, dass ich es dort gut aushalten kann. Ich brauche noch ein paar Montate. Aber dann ist alles so, wie ich es immer haben wollte. Dann wird es den Augenblick geben wo ich sagen werde: "Jetzt ist es genau richtig!"

Und so nach und nach werde ich mich an das Haus gewöhnen, in dem ich lebe. Ich werde irgendwann nicht mehr wahrnehmen, dass die Sonne die Innenräume nicht gut erreicht. Und so nach und nach werde ich das Haus renovieren. So, dass ich irgendwann mich hinsetze und sagen werde: "Jetzt ist es genau richtig!"

Und so nach und nach werde ich es schaffen, mich mit meiner Familiengeschichte auszusöhnen. Ich mache noch die eine oder ander hilfreiche Therapie. Ich schätze mal, in zwei bis drei Jahren werde ich das dann erfolgreich abschließen können. Dann setze ich mich hin und sage mir: "Jetzt ist es genau richtig!" 

Auf der großen Zeituhr steht ein einziges Wort: "Jetzt". Auf der Straße "Nachundnach" erreicht man das Haus "Niemals". "Lieber und verehrter Herr Cervantes, auf der Straße "Nachundnach" musst du noch an dem Haus "Niemals" vorbeilaufen. Leider erweckt dieses Haus den Einruck, als befände sich dort eine Sackgasse. Aber direkt hinter dem Haus "Niemals" befindet sich das Haus "Alles". Wie kannst du es erreichen? Indem du auf die große Zeituhr schaust und auf das "Jetzt" vertraust."

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Donnerstag, 6. Mai 2021

An einem kleinen Muster können wir oft das ganze Stück beurteilen. (Cervantes)

 

Zu mir kommt ein Mann in die Beratung. Sein erster Satz: "Das war wieder einmal einfach nur unmöglich." Er erzählt mir ausführlich von dieser Unmöglichkeit. Es war wirklich unmöglich! Dann steigert sich seine Empörung, weil es nicht das erste Mal war. Es wiederholte sich. Nicht nur jetzt, sondern überhaupt. Es passiert ihm immer wieder, dass da etwas unmöglich ist. 

Du interessierst dich, was denn da so unmöglich war? Ich erinnere mich nicht mehr daran. Nur an das Unmögliche, das ständig möglich wird. Aufgrund des Schicksals, der Umstände, des Karmas, der Persönlichkeit des Ratsuchenden. An einem kleinen Muster können wir oft das ganze Stück beurteilen. Im Kleinen findet sich das Ganze wieder. Die erste Geste in der Beratung. Der erste Satz. Der erste Blick. In der Ouvertüre einer Oper findet sich das ganze Stück wieder. 

Manchmal stelle ich mir bewusst die Frage: "Ist ein Muster erkennbar?" Muster gibt es in Stoffen, an Gebäuden, bei Tieren, im Verhalten von Menschen. Ein Muster macht für mich etwas verstehbar. Ich habe für den Umgang mit Mustern Strategien. Ich bekomme Sicherheit. Eine Kirche hat einen hohen Turm und steht mitten in der Stadt. Wenn ich die Mitte suche, orientiere ich mich an den Kirchturm. Auch Dörfer und Städte haben ein Muster. 

Dann gibt es Wohnviertel ohne Kirchturm. Manchmal haben sie trotzdem ein Zentrum. Manchmal kommen Menschen zu mir in die Beratung und die ersten Minuten lassen kein Muster erkennen oder führen mich in die Irre. Neben den Mustern gibt es auch das Chaos und die Abweichungen. Cervantes spricht zum Glück auch davon, dass wir anhand eines kleinen Musters oft das ganze Stück beurteilen können. Aber nicht immer. 

Im Corona Muster suchen wir auch nach den Konstanten für das große Ganze. Impfen und testen ist ein Muster, welches das Chaos bändigen soll. Wird es das? Wird es funktionieren? Was geschieht mit uns, wenn die chaotischen Elemente größer werden. Wenn es unberechenbar bleibt. Wenn wir uns permanent in Gefahr begeben. Zurück in die Steinzeit. Töten wir den Tiger oder werden wir getötet. Es steht 50 zu 50. Heute habe ich in einem Podcast gehört, dass Corona eine zivilisatorische Kränkung ist. Wir haben doch alles im Griff. Seit vielen Jahren. Das Leben ist sicher geworden. Wir haben die wissenschaftlichen Muster erkannt. Wir wissen, was wir tun müssen. Ein Virus kann das nicht durcheinanderbringen.

Macht er doch und kränkt uns damit. Macht uns deutlich, wo wir als Menschen unsere Grenzen haben. Wir denken, dass wir bis zum Zeitpunkt des Todes alles gestalten können nach unseren Vorstellungen. Linear. Aus A folgt B. Cervantes erinnert uns daran, dass wir oft das Stück beurteilen können an einem kleinen Muster. Eben nur oft und nicht immer. Immer wieder gibt es die Überraschung. Das Unvorherehbare. Das nicht Geplante. 

Grund genug für Angst, Ohnmacht und Resignation? Die Erfahrung zeigt, dass im Chaos etwas neues entsteht. Wir neugierig darauf ist, bekommt jetzt sein Abenteuer nach langen Jahren von bekannten Mustern und vertrauter Sicherheit. Wir schreiben gerade alle mit an einem neuen Muster. Es entsteht ein neuer Roman und wir wissen noch nicht, zu welchem Genre er gehört. Krimi, Drama, Komödie, Oper? Oder werden wir Zeug*innen eines neuen Genres? Ich wäre gerne dabei und ehrlich gesagt schon jetzt lieber am Ziel. Der Raum zwischen vertrauten Mustern ist nicht immer leicht zu ertragen. Da braucht es die Qualität des Aushaltens. Und die Fähigkeit, hinzuspüren, was gefragt ist. Aushalten, verändern, mitmachen, anpassen, rebellieren? Jede und jeder macht es auf die Weise, wie es der eigenen Persönlichkeit entspricht. Ich lasse geschehen und gestalte zugleich mit.

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Mittwoch, 5. Mai 2021

Sag, wie sich die Liebe nährt? Sie gewährt. (Cervantes)


 

Gestern stand ich mit meinem Einkaufswagen in der Schlange vor dem Supermarkt und wartete darauf, hereingelassen zu werden. Während ich wartete dachte ich daran, dass es im Krieg wenig zu essen gab und dass viele Menschen hungern mussten. Kein Nachschub an Nahrung. Jetzt stand ich an und in mir tauchten Phantasien auf. Könnte das wieder passieren? Mein Supermarkt ohne Nachschub? Wie im Anfang der Corona Krise? Kein Mehl mehr da und keine Hefe? 

Der Körper braucht seine Nahrung, sonst stirbt er. In bestimmten Abständen braucht er seinen Teil. Ich kann mal ein paar Stunden warten oder ein paar Tage fasten. Ich habe gehört, dass es Menschen gibt, die von Lichtnahrung leben können, also von Biophotonen. Das ist nur eine andere Art der Versorgung.

Ich als Mensch, der liebe und geliebt wird, brauche auch Nahrung auf der emotionalen und psychischen Ebene. Sonst verhungert meine Seele. Wie kann ich ein Liebender bleiben? Wo finde ich den Supermarkt für Liebe? Cervantes meint, dass die Liebe sich nährt indem sie gewährt. Das gefällt mir. Ich muss nicht aktiv irgendwo etwas kaufen. Ich muss auch nicht betteln und hoffen, dass ich etwas bekomme. Gewähren heißt für mich zulassen, geschehen lassen, Raum geben, Freiräume schaffen. Wenn die Liebe da sein darf, reicht es ihr völlig aus zum Wachsen und sich nähren. Liebe kann sich vermehren ohne Anstrengung. Ohne künstliche Zugaben. Ich lasse einfach nur zu. "Darf ich dich berühren?"- "Oh ja, gerne!" "Magst du eine Umarmung?"-"Danke, das Geschenk nehme ich gerne an." 

Vielleicht ist eine gewährende Liebe besser als jede sonstige Aktion, die wir bislang geschaltet haben, um das Virus zu bekämpfen. Wo überall könnten wir gewähren lassen? Wie fühlt es sich an, wenn ich gewähre und dann kommen so kleine Angstimpulse und Sicherheitsbedürfnisse? Die Liebe wünscht sich und mag es sehr, wenn sie sich nähren darf. Ich wünsche dir reiche Quellen für deine Liebe!

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Dienstag, 4. Mai 2021

Ich besuche mich...


Heute besuche ich mich.

Ich mache es mir schön.

Ich setze mich hin.

Ich mache es mir bequem.

Ich lege ein Buch auf den Tisch.

Ich stelle ein Glas Wasser daneben.

Dann sitze ich...

...mal schauen...

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Montag, 3. Mai 2021

Du bist deine eigene Grenze, erhebe dich darüber. Hafis (Ḥāfeẓ)

Ich spüre nach, was dieser Satz von Hafis in mir auslöst. Ich spüre immer wieder die Grenzen in mir. Da gibt es die Angst, wenn ich meine Bedürfnisse anspreche. Da mache ich mir Sorgen, ob ich in meiner Not gesehen werde. Da habe ich die Phantasie, nicht erwünscht zu sein und nicht dazu zu gehören. Diese Grenzen, die ich mir ständig selber setze und mir dadurch das Leben schwer mache.
Dann schiebe ich es auf die Grenzen im Außen. Klar gibt es die verschlossenen Türen und die Kreise, die mich nicht haben wollen. Da gibt es Grenzen zwischen den Grundstücken und zwischen den Ländern. Die Welt ist voller Grenzen. Ich darf nicht einfach hin, wohin ich gerne möchte.
Damit kann ich mich abfinden. Die eigentliche Herausforderung besteht für mich in den Grenzen, die ich mir im Kopf setze. Meine Befürchtungen, Ängste und Phantasien. Manchmal überliste ich mich oder ich entlarve meine Gedanken als schädliche Gedanken. Manchmal trickse ich mich aus oder erteile mir trotzdem eine Erlaubnis.
Da kommt Hafis daher und sagt: Du bist deine eigene Grenze, erhebe dich darüber. Das ist doch unglaublich. Oben ist Platz! Die Grenze hört an einer bestimmten Stelle auf. Erhebe dich darüber. Das fühlt sich weiter an! Wie setze ich das um? Was mache statt des anstrengenden Kämpfens?
Ich gehe in das Bewusstsein, dass ich ein Gott bin! Ich dehne mich aus! Ich werde mir dessen bewusst, dass diese Welt nur für mich erschaffen wurde. Ich gehe in das Bewusstsein der Freiheit. Ich spüre den Freiraum über mir und lege den Fokus meiner Aufmerksamkeit auf die Möglichkeiten. Ich habe keine Grenze im Außen, die ich bekämpfen müsste. Ich bin meine eigene Grenze! Wenn ich diese Grenzenstimmen in mir höre frage ich manchmal, wer da spricht. Bin das ich oder wer ist das? Oft ist es mein Vater, manchmal meine Mutter, dazu kommen noch Lehrer und Pfarrer. Wenn ich diese Grenzen identifiziere gebe ich diesen Menschen die Zäune und Grenzsteine zurück. "Hallo Papa! Das bist du, das bin nicht ich!" Du bekommst deinen Zaun mit Schleife zurück.
Ich lade dich ein, diesen Satz von Hafis wie Balsam in dich einsickern zu lassen. "Du bist deine eigene Grenze, erhebe dich darüber." Wenn dir mal jemand druckvoll entgegentritt, sprich diesen Satz wie ein Mantra und du wirst staunen, was mit dir geschieht :-)
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Samstag, 1. Mai 2021

Wenn alles neu wird!





So lautet der erste Vers mit dem gleichnamigen Gedicht von Hermann Adam von Kamp. Am letzten Apriltag spukte dieser Satz in meinem Kopf. Da stimmt doch was nicht! Alles neu macht der Mai. Der Mai kann doch aktiv gar nichts machen. Menschen können etwas machen aber nicht ein Monat. Der Dezember macht keinen Schnee und eine Schwalbe macht keinen Sommer. Außerdem soll der Monat Mai die Fähigkeit besitzen, gleich alles neu zu machen. Alle Achtung! Was wir dem Mai da so alles zutrauen!
Der Hintergrund des Gedichtes ist sicherlich verständlich. Der Frühling ist endgültig und unwiderruflich da. Die Schwelle des Winters ist unwiderruflich überschritten. Der Sommer steht vor der Tür. Das knospende und neu erblühende Leben ist sichtbar und spürbar erwacht und lässt dich staunen.
Das hätten wir also geklärt, dass der Mai nicht alles neu macht. Dennoch liegt eine Verlockung und eine Idee in dem Vers, sonst wäre er nicht bei mir kleben geblieben.  Im Augenblick betrachte ich meine „Besitztümer“.  Das Auto stammt aus dem Baujahr 1999, die Waschmaschine hat mehr als 20 Jahre auf dem Buckel und verweigert das automatische Schleuderprogramm. Mein Netbook mit Windows XP hat seinen Geist aufgegeben und die Stühle um den Esszimmertisch gehen aus dem Leim.
Da wünsche ich mir einen Zauberer, der mit den Fingern schnippt und sagt: „Abrakadabra, alles neu.“ Leider funktioniert das nicht und ich muss andere Wege finden, die defekten Dinge zu ersetzen. Umgekehrt kenne ich aber auch das Staunen, wenn mir eine Freundin die Küche zeigt mit dem Kommentar: „Alles neu!“ Die Geräte sind noch voll funktionstüchtig. Es gibt keine Macken und Schrammen. Wir erhoffen uns von jedem Gerät, dass es ohne jede Beeinträchtigung zu hundert Prozent zu unserer Verfügung steht.  Schon nach kurzer Zeit stellst du jedoch fest: Die erste Macke und die ersten kleinen Defekte stellen sich ein. Das ist bei den Gebrauchsgegenständen auch ganz normal so und wenn du genügend Geld hast, dann tauschst du halt aus.
Ich möchte aber gerne noch einen Schritt weiterdenken in Richtung unserer menschlichen Beziehungen. Du lernst jemanden kennen und findest ihn oder sie nett. Du knüpfst Kontakt und erlebst die Beziehung als neu, erfrischend, bereichernd, wohltuend... und wünschst dir mehr davon. Der Kontakt wird intensiver und tiefer. Es geht etwas Zeit ins Land und irgendwann tritt es unweigerlich ein: Du enttäuschst oder wirst enttäuscht. Erwartungen werden nicht erfüllt, du bist gekränkt, du verletzt und merkst es vielleicht gar nicht. Du wirst verletzt, die Beziehung stagniert und du kannst nicht über deinen Schatten springen. Es droht der Stillstand oder das Ende. Leider kannst du wieder nicht mit den Fingern schnippen und sagen: „Alles neu!“ Deine Geschichte bleibt deine Geschichte. Die Erlebnisse kannst du nicht auslöschen! Du kannst dich aussprechen, versöhnen, vergeben, neu beginnen. Die Narbe bleibt. Alle Narben im Leben bleiben. Du kannst dein Leben nicht auswechseln wie ein Auto oder eine Waschmaschine. Du entwickelst dich eher wie ein antikes Möbelstück. Du polierst mal wieder, reparierst,  machst eine Generalüberholung, fügst etwas hinzu und entfernst etwas. Deine Grundsubstanz bleibt. Du kannst lernen, mit Verletzungen und Narben versöhnlich umzugehen, so dass du dir sagen kannst: „Ja, es geht ganz gut so!“  Deine Erfahrungen dienen dir letztlich dazu, menschlich zu reifen. Wachsen wirst du nur mit deinen sogenannten Fehlern.
Auch wenn du negative Erlebnisse nicht wegwischen kannst gibt es vielleicht doch den verborgenen Wunsch, einmal noch mal von vorne zu beginnen. Du wünschst dir die Möglichkeit, deine Geschichte neu zu schreiben. Deine verkorksten Anteile, die dich verfolgen wären dann einfach nicht mehr da.
Da lese ich in der Bibel beim Propheten Jesaja (43,19) den Vers: „Denkt nicht mehr an das, was früher war, auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues.“ Dieser Vers wird aufgegriffen in der Offenbarung des Johannes, wo es heißt: „Der Tod wird nicht mehr sein keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.“
Da gibt es jemanden, der einen solch großartigen Satz sagt! Einer, der alles neu macht. Jemand, der mehr ist als der Mai. Jemand, der anders mit der Geschichte umgeht, jemand der in der Lage ist, aus Narben und Wunden etwas Neues zu gestalten. „Siehe, ich mache alles neu.“ Ich gebe diesen Satz bei Google ein und stelle fest: Kein Mensch traut sich das zu, keine Behörde, keine Firma. Niemand behauptet von sich: „Ich mache alles neu!“ Die ersten zehn Seiten finde ich immer die Anspielung auf diese zwei Bibelstellen.
Wenn ich allerdings das Kollektiv eingebe: „Wir machen alles neu“ dann finde ich Bauunternehmer und Renovierungsbetriebe. Aber kein Mensch behauptet das von sich allein, dass er alles neu macht, weder der beste Psychotherapeut noch der Papst.
Es scheint zu den exklusiven Eigenschaften und Fähigkeiten Gottes zu gehören, ein völlig neues Kapitel im Leben aufzuschlagen. Aber auch er wird meine Geschichte nicht wegwischen, sie gehört zum meinem Leben dazu. Dennoch oder zugleich sagt er: „Neben deinen Narben und Wunden, darin und dadurch entsteht etwas, womit du noch nicht gerechnet hast. Dein Leben schreibt ein neues Kapitel, eine ermutigende und überraschende Wendung. Das war noch nicht das Schlusskapitel.“
In eine ähnliche Richtung geht ein Gedanke von Paolo Coelho. In seinem Buch „Die Schriften von Accra“ entwickelt er die Idee, dass du dein Leben so lebst, als sei es dein erster Tag. Ich kannte bislang nur die Version vom letzten Tag. Bei der Vorstellung von der Aufmerksamkeit für den letzten Tag geht es eher darum, angesichts der zeitlichen Begrenzungen sich nur für die wichtigen Dinge im Leben zu entscheiden. Bei der Idee vom ersten Tag geht es um das Erleben des Staunens an sich.
Stell dir einmal vor, du wachst auf und es ist ein jungfräulicher Tag. Du verlässt den Bauch deiner Mutter und alles, was du erlebst ist neu. Jeden Tag! Diese Vorstellung gefällt mir.
Ich lege für einen Moment den Ballast an die Seite und öffne mich mit allen Sinnen für das Wunder des Augenblickes. Der Mai macht zwar nicht alles neu, aber er lädt ein, wieder einmal aufmerksam zu werden für die Kraft des Neubeginns. 

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