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Dienstag, 30. November 2021

Verabrede dich mal wieder mit dir selbst!



Wenn du am Morgen deine Beine aus dem Bett hebst bleib für einen Moment auf der Bettkante sitzen und besinne dich: Was wünsche ich mir für den heutigen Tag?

Wenn du beim Frühstück in dein Brot beißt, mach eine kurze Pause. Was esse ich hier eigentlich?
Wenn du unterwegs bist, mach eine kurze Pause. Lass die Welt für einen Augenblick still stehen. Wenn du die Zeitung liest, mache beim Lesen eine kurze Pause. "Was habe ich da gerade gelesen?" Wenn du mit jemanden sprichst unterbrich deine eigene Rede und mache eine kurze Pause.
Mit jeder Unterbrechung wirst du dir deiner selbst gewahr. Du steigst aus aus dem Alltagsgeschäft und spürst dich selbst.
Wenn du anfängst wahrzunehmen kommst du in den Genuss des Hier und Jetzt
Ich wünsche dir den Genuss des Augenblicks, wo du dich unterbrichst um dir zu begegnen.

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Montag, 29. November 2021

Vertraue!


Du bist enttäuscht! Dein Kind hat gelogen. Dein Mann verschweigt, dass er beim Arzt war. Deine Arbeitskollegin spricht schlecht über dich wenn du nicht da bist. Die Politiker halten nicht ihr Versprechen. Deine Eltern besuchen dich nicht zum Geburtstag. Dein Arbeitgeber entlässt dich obwohl du gut arbeitest. Du nimmst Medikamente gegen deine Krankheit und sie helfen nicht. Du bist enttäuscht! Du hast dich getäuscht! Du hast dich täuschen lassen!
Ständig verspricht uns jemand etwas und wir glauben es. Wir freuen uns wenn sich das Versprechen erfüllt. Du hast deine Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen. Es sind DEINE Wünsche und Erwartungen. Du wünschst dir, dass dein Kind nicht lügt. Du erwartest, dass dein Mann erzählt, dass er beim Arzt war. Du denkst, dass deine Arbeitskollegin im Beisein von anderen nicht schlecht über dich sprechen darf. Es sind DEINE Wünsche und Erwartungen. Manchmal verspricht dein Gegenüber ja auch sogar etwas. "Ja, ich lüge nicht!" "Ja, ich war beim Arzt!" Dann bist du nach einer Lüge vielleicht noch enttäuschter.
Immer geht es jedoch um eine Täuschung! Es geht um deine Täuschung! Du trägst insofern die Verantwortung, dass du diese Täuschung zugelassen hast. Weil du dir manchmal etwas so sehr wünschst, lässt du dich gerne täuschen und hältst diese Täuschung lange aufrecht.
Wenn dann die Enttäuschung kommt kannst du froh sein. Du bist von einer Täuschung befreit worden. Du kannst jetzt die Wahrheit erkennen. Die Wahrheit, dass du dich getäuscht hast oder dich hast täuschen lassen.
Manche Menschen sagen, ich bin so oft enttäuscht worden. Ich kann nicht mehr vertrauen. Wenn du so denkst, dann schiebst du die Verantwortung von dir fort. Dreh doch einmal diesen Gedanken um und sage: "Ich passe auf, dass ich mich nicht mehr so oft täuschen lasse. Oder, Täuschungen gehören zum menschlichen Leben dazu. Es ist in Ordnung! Ich gehe einfach in die Enttäuschung hinein und bin anschließend wieder klar!" Du kannst dankbar sein für jede Enttäuschung, weil sie dein Inneres klärt. Dein Vertrauen kannst du bewahren und weiterentwickeln jenseits von Enttäuschungen. Vertrau deinem Kind und deinem Mann und deinen Arbeitskollegen, den Politikern und vertrau jedem Menschen. Tue es einfach! Du wirst überrascht sein, was geschieht. Wenn du vertraust wird sich der Blickwinkel deiner Wirklichkeit verändern. Du wirst freundlicher, gelassener und wohlwollender. Du gibst deinem Mann und deinem Kind die Erlaubnis dich enttäuschen zu dürfen. Sie dürfen dich enttäuschen, dich von der "Täuschung" befreien.
Das bedeutet einen völlig anderen Umgang mit Enttäuschungen als bislang. Bislang hast du eine Enttäuschung negativ gedeutet. Enttäuschungen sind heilsam. Sie sind durchaus schmerzhaft, ärgerlich und unangenehm. Wenn du jedoch bereit bist, die Schmerzen anzunehmen dann bleibt dein Vertrauen von dieser Erfahrung unberührt. Du erlebst eher das Gegenteil. Eine "willkommene" Enttäuschung stärkt dein Vertrauen. Aber überprüfe das einmal! Glaube mir nicht! Es ist zunächst einmal nur meine Idee.
Vertraue! Vertrauen ist völlig unabhängig von deinen Vorerfahrungen und Enttäuschungen. Vertrauen ist eine Grundsatzentscheidung, die du einmal triffst und in jeder Situation deines Lebens wieder erneuerst. Enttäuschungen "töten" deinen irrigen Blick und Vertrauen stellt den Anfang wieder her. www.matthias-koenning.de

Samstag, 27. November 2021

Einmal in den Arm nehmen und drücken!


Was machst du wenn dein Kind zu dir kommt? Es weint, es ist traurig, es hat Sorgen. Du nimmst es zuerst in den Arm. Körperkontakt! Festhalten! Dazu sprichst du ein paar beruhigende Worte und schenkst Zuwendung und Trost. Irgendwann ist es wieder gut. Fast wie von selbst. Meistens!

Was machst du, wenn du traurig bist? Wenn dich jemand gekränkt hat? Wenn du Sorgen hast? In der Regel gehst du zu jemanden hin und sprichst. Du sprichst dich aus. Und du redest und du redest. Manchmal gibt es eine Erleichterung. Manchmal! Immer?

Jetzt mal ehrlich! Wünschst du dir nicht vielleicht auch öfter mal jemanden, der dich in den Arm nimmt so wie damals, als du noch ein kleines Kind hast? Körperkontakt? Ich finde, dass tröstende Worte oft zu wenig sind. Die tun zwar gut, machen aber nicht satt. Die Worte sind wichtig für den Kopf und das Herz, aber der Körper könnte schnell verhungern.

Es wäre schön, wenn wir das als Erwachsene öfter hinbekommen würden. ...nicht vergessen: ich muss dich unbedingt in den Arm nehmen und ganz doll drücken...
Ich wünsche dir jemanden, zu dem du gehen kannst, und der dich mal in den Arm nimmt. Wo es nicht peinlich ist! Wo du dich nicht schämen musst! Wo es ganz einfach geht! Für dich und für den der drückt! Und vielleicht magst du noch stärker zu jemandem werden der zum "in den Arm nehmen" einlädt! :-)
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Freitag, 26. November 2021

Man sollte keine Dummheit zweimal begehen, die Auswahl ist schliesslich groß genug. (Jean Paul Sartre)

Eigentlich möchte ich doch Dummheiten vermeiden. Wer möchte schon dumm aussehen? Ich bin doch klug. Ich kenne mich doch aus! Ich habe schließlich Erfahrung. Dann mache ich da manchmal diesen dummen Fehler. Ich fahre zu schnell und werde geblitzt. Ich kann doch wirklich besser aufpassen. Ich habe zu viel Waschpulver in die Maschine getan. Wie dumm! Ich wusste es doch. Aber einmal kann ich mir noch verzeihen. Jeder macht mal einen Fehler, nicht wahr? Aber wenn ich die gleiche Dummheit noch einmal begehe? Wir dann die Peinlichkeit nicht noch größer? Vor allem, weil es ja eine Dummheit ist. Etwas, was ich eigentlich wissen müsste. Beim ersten mal habe ich mich schon geschämt. Aber jetzt? Könnte ich im Boden versinken! Wie peinlich. Nichts dazu gelernt.
Und jetzt?
Sartre empfiehlt, es doch mal mit anderen Dummheiten auszuprobieren. Die Auswahlmöglichkeiten sind ja groß genug. Wozu ist diese Empfehlung hilfreich? Ich könnte ein entspannteres Verhältnis bekommen zu meinen Dummheiten. Dummheiten gehören zum Leben dazu. Wer was macht, macht auch was Dummes. Na und? Wer nichts macht ist auch schon so gut wie tot. Wie vermehren sich Dummheiten? Durch Anstrengung! Wenn ich mich anstrenge und besonders aufpasse, wächst die Gefahr, dass ich die gleiche Dummheit wiederhole. Sartre empfiehlt uns also, dass wir uns einfach mal entspannen. Lass los! Nimm dich nicht so wichtig!
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Donnerstag, 25. November 2021

Über das spurlose Verschwinden...


Manchmal verschwindet etwas spurlos. Socken verschwinden in der Waschmaschine und Pullover befinden sich plötzlich nicht mehr im Schrank. Du bist dir sicher, wo du deine Sachen abgelegt hast und auf einmal sind sie nicht mehr da. Spurlos verschwunden. Ich vermisse meinen Personalausweis. Er ist spurlos verschwunden. Ich habe alle Schubladen abgesucht und alle Jacken- und Hosentaschen gefilzt. Ich habe an jeden auch nur erdenklichen Ort nachgeschaut und jetzt blicke ich der Tatsache ins Auge. Mein Peronalausweis ist unauffindbar. Dabei steht doch darauf, wer ich bin. Mein Name, meine Anschrift, die Körperlänge und die Farbe meiner Augen. Merkwürdig, nicht wahr? Zur gleichen Zeit befinde ich mich in einer Identitätskrise. Vor zwei Jahren wusste ich noch, wer ich war. Das weiß ich im Moment nicht mehr. Ist es da nicht folgerichtig, dass sich der Personalausweis auch auflöst? Wie im Inneren so auch im Äußeren. Ich versuche, eine Weile ohne Identität auszukommen und probiere es auch mit meinem Ausweis. Wenn ich hoffentlich irgendeine Identität wiedergefunden habe wird sich auch der Ausweis einfinden.
Spurlos verschwinden Dinge und auch Menschen. Hast du schon erlebt, wie Menschen in deinem Leben spurlos verschwunden sind? Sie haben sich nicht verabschiedet und du hast auch nicht selbst Abschied genommen. Ihr habt euch nicht gestritten und nicht bewusst getrennt. Aber wenn du genau hinspürst, dann ist es doch stimmig. Es ist nicht grundlos, dass diese Menschen aus deinem Leben verschwunden sind.
In einer Achtsamkeitsübung habe ich gelesen, dass ich für eine Woche einen Raum in meiner Wohnung nur so benutze, dass nach der Aktion keine Spuren sichtbar sind. Ich räume also meine Küche so auf, dass ein Fremder denkt, die wird gar nicht benutzt. 
Manchmal ist es gut, wenn die Dinge oder Menschen verschwinden. Wir können eh nichts festhalten. Alles im Leben ist wie Sand und zerrinnt zwischen den Fingern. Wenn etwas spurlos verschwindet gibt dir das Leben die Möglichkeit, eine Lektion zu lernen. Lasse los!

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Mittwoch, 24. November 2021

Kreative Lösungen finden!


In einer Seitenkapelle der Kathedrale von Santiago sieht man den Heiligen Jakobus mit erhobenem Schwert, das gleich auf eine Schar von Männern mit Turban niedersaust, um ihnen martialisch den Kopf abzusäbeln. Santiago, der Maurentöter. Ein beliebtes Motiv in der jahrhunderte dauernden kämpferischen Kirche gegen den islamischen Feind.
Vor ein paar Jahren nun beschloss das Domkapitel, diese Figur zu entfernen, weil sie nicht mehr zeitgemäß ist. Diese Entscheidung stieß auf den erbitterten Widerstand der Traditionalisten. Die Figur muss bleiben, sonst gibt es Ärger. Kein Wunder, dass ein schwertschwingender Jakobus den Ärger auch nach Jahrhunderten gut anstacheln kann.
So haben wir nun zwei Gruppen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Die Verfechter eines sich mit dem Islam versöhnenden Klerus und die Gruppe der Traditionalisten, die um ihre schwindende Identität fürchten. Figur rein oder raus? Das Domkapitel hat zwar die Macht, aber den Proteststurm muss man erst einmal überstehen. Es kann doch nur einen Gewinner und einen Verlierer geben, oder?
Die Lösung, von der ich hörte, klingt schildbürgermäßig oder wie ein fauler Kompromiss. Doch manchmal liegt die Lösung eben auf einer höheren Ebene. Und wie machten das die einfallsreichen Spanier? Nun, die "Mauren" bilden den Sockel der Figur und befinden sich folglich unten. Jetzt wird diese Figur über und über ordentlich mit Blumen geschmückt. So ist nicht mehr erkennbar, was Jakobus dort mit dem Schwert macht. Er könnte jetzt also auch Blumen köpfen. Die Traditionalisten haben sich durchgesetzt: Die Figur bleibt. Der Domklerus hat sich auch durchgesetzt: Die Anstößigkeit verschwindet - zwar nicht aus der Kathedrale, aber hinter einem Berg von Blumen. Der nicht wissende Betrachter wird entzückt sein von der spanischen Frömmigkeit, die jederzeit ihren Heiligen in einem Blumenmeer versinken lässt.

Manchmal scheint es im Leben nur ein entweder/oder zu geben. Einer gewinnt und Einer verliert. Für eine Gemeinschaft ist das aber keine wirkliche Lösung, weil der Verlierer den Verlust auf die Dauer nicht so widerstandslos hinnimmt. Besser ist es, eine Lösung zu finden, wo beide Parteien gewinnen. Die Blumen des Heiligen Jakobus erweisen sich als klugen dritten Weg. Solltest du demnächst in eine Situation hineingeraten, in der es zu einer Entscheidung kommt mit möglichen Gewinnern und Verlierern erzähle doch die Geschichte von Santiago de Compostela und dem geschmückten Jakobus. Dann lade deine Gruppe dazu ein, nach einer Lösung auf ähnlicher Ebene zu suchen. Deine Kinder wollen auf den Abenteuerspielplatz und Vater möchte Ruhe haben. Aber die ganze Familie möchte auf jeden Fall den Tag gemeinsam verbringen. Entweder verlieren die Kinder und verzichten auf das Abenteuer oder der Vater verzichtet auf seine Ruhe. Na, fällt dir eine Lösung ein, wie man den Vater oder die Kinder "mit Blumen" schmücken kann?
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Dienstag, 23. November 2021

Jede Krise birgt auch eine Chance!

                                                                                              
Das Kind bekommt ein schlechtes Zeugnis und wird nicht versetzt in die nächste Klasse. Da kann man nichts machen!
Das Paar hat sich heillos zerstritten und reicht die Scheidung ein. Da kann man nichts machen.
Der Kranke liegt im Sterben und der Tod wartet vor der Tür. Da kann man nichts machen.

Klingt wie Resignation, nicht wahr. Manchmal müssen wir uns dem "Schicksal" ergeben. Das Kind hat sich alle Mühe gegeben und dennoch die erforderlichen Noten nicht geschafft. Das Ehepaar war sogar in einer Beratung und der Kranke hat lange gekämpft. Da kann man nichts machen. Es mag sein, dass das Kind nicht versetzt wird, das Paar sich trennt und der Kranke stirbt. In jeder Situation "kann man dann dennoch etwas machen".
Das Kind kann daraus eine Lektion für die Zukunft lernen und andere Wege gehen. Das Paar findet in der Krise vielleicht einen neuen Anfang. Der Kranke kann noch vor dem Tod seinen Angehörigen seine Liebe zeigen.
Die Situationen können wir manchmal nicht verändern, aber unsere innere Einstellungen. Jedes Ereignis, das uns herausfordert, gibt uns die Gelegenheit zum inneren Wachsen.

Du kannst dein Leben bejahen mit allen Facetten. Es gibt nichts zu tun.
Du kannst Ja sagen auch  zu deinen Fehlern. Dann gibt es nichts zu tun.
Du kannst dich mit dir selber aussöhnen. Dann gibt es nichts zu tun.

Da kann man nichts machen - Resignation.
Es gibt nichts zu tun - einfach im Sein sein!

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Montag, 22. November 2021

Lieben mit Fehlerfreundlichkeit

Suche so oft wie möglich nach dem, was verbindet und achte darauf, nicht das Trennende wahrzunehmen.
Jeder Mensch kann sich weiter entwickeln. Du selbst und auch alle anderen.
Auch der, den du nicht liebst, ist ein Kind Gottes und wird von ihm geliebt.
Die Liebe wird dir helfen, fehlerfreundlich zu werden und "gnädiger" mit dir selbst umzugehen.

Wenn du dich nur noch auf die Liebe konzentrierst, wird sich dein Leben radikal verändern.
Entscheide dich jetzt dazu, mit aller Kraft zu lieben, dich selbst und die Menschen, mit denen du zusammenlebst, die ganze Schöpfung und vor allem diejenigen, die du eigentlich nicht magst. 

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Samstag, 20. November 2021

Probleme sind verkleidete Möglichkeiten


Manche ordnen diesen Spruch Henry Ford zu und andere wiederum Henry David Thoreau. Mir gefällt die Vorstellung, dass Probleme nicht einfach Probleme sind. Ich stelle mir vor, dass jemand zu mir in die Beratung kommt mit dem Auftrag, dass er an Möglichkeiten glaubt angesichts seines Problems. Dass er sie im Augenblick nur nicht erkennen kann.
Die meisten Menschen sind ja klug genug, das eine oder andere Problem zu lösen. Seit frühester Kindheit gehört es ja zum Lebensprogramm, dass wir Aufgaben gestellt bekommen und sie in der Regel auch gut lösen. Wir lernen, wie wir wieder aufstehen können nachdem wir hingefallen sind. Wir lernen, wie wir mit einem Löffel Brei von der Schüssel in den Mund bewegen ohne zu schlabbern. Wir weiten unsere Fähigkeiten aus je nach Anforderung. Wir bauen auf auf dem Wissen, was wir in uns tragen. Wenn ich mal eine Schraube gelöst habe werde ich andere Schrauben von anderen Gegenständen auch lösen können. Erst, wenn ich mit meine Aufgaben nicht lösen kann und darunter leide, wird es zu einem Problem.
Ich habe mich mit meinem Verstand angestrengt. Ich habe alles probiert und es lässt sich nicht lösen. Dann wird es für mich zu einem Problem. Ich bin überzeugt davon, dass ich es nicht lösen kann. Weil ich es nicht kann! Ich habe ja alles probiert! Was ist, wenn mein Problem nur aus verkleideten Möglichkeiten besteht? Dann würde es ja bedeuten, dass ich es grundsätzlich lösen könnte. Wenn ich die Kleider ablege. Ich kann meine Möglichkeiten im Moment nur nicht sehen, weil sie unter den Kleidern verborgen sind.
Kann ich die Kleider selber ablegen oder brauche ich dafür Unterstützung? Vielleicht kann ich es gar nicht erkennen, dass ich gerade verkleidet bin. Es sieht nur ein Außenstehender. Der von außen sieht mehr als ich selber. Wie bei des Kaisers neuen Kleidern. Ich bin manchmal blind für meine Möglichkeiten.
Es könnte doch hilfreich sein für mein nächstes Problem, dass ich mir einfach vorstelle, dass ich gerade verkleidet bin. Benebelt! Kurzsichtig! Ich könnte einen Schritt zurücktreten und mich von außen wahrnehmen. Ich könnte mein eigener Coach sein und mit von außen mal ganz neutral betrachten. Auch wenn ich von dort mein Problem nicht lösen kann könnte ich mich dadurch von meinem Problem lösen. Ich könnte zu meinem Problem sagen: "Du bist jetzt da. Aber ich entscheide mich dafür, dich nicht zu lösen. Kann ja jemand anders machen. Kannst ja mal einfach mich in Ruhe lassen. Mir die Ruhe geben, damit da ein Impuls kommt. Nicht aus dem Kopf, vielleicht aus dem Bauch oder aus dem Herzen."
Wenn Probleme verkleidete Möglichkeiten sind, lässt sich dann vom Kleid auf die Möglichkeiten schließen. Könnte ich mir das "Kleid" anschauen und eine Idee bekommen, welche Möglichkeit sich dahinter versteckt? Ich glaube, ja! Nicht jede Möglichkeit trägt das gleiche Kleid. Bevor ich da aber weiter spekuliere müsste ich das mal ausprobieren. Bei meinem nächsten Problem achte ich auf mögliche Verkleidungen. Eine Verkleidung kann ich vielleicht schneller entdecken als die dahinter liegende Möglichkeit. Die Möglichkeit sehe ich also nicht, aber immerhin schon das Kleid. Im Wort Kleid höre ich das Wort Leid. Vielleicht ist mein Leid ein Hinweis auf diese Möglichkeit. Ich leide wenn ich ein Problem habe. Dann schaue ich mir doch mal mein Leid an. Was lässt mich genau leiden? Welches Bedürfnis kann ich im Moment nicht erfüllen? Kann ich mein Problem besser lösen, wenn ich das verk-leid-ete Bedürfnisse kenne? Ich wünsche dir viele Möglichkeiten beim entk-leid-en deiner Probleme!
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Freitag, 19. November 2021

Zwei Taschen muß ein Mensch in seiner Jacke haben. In der einen findet man die Worte: Die Welt wurde um meinetwillen erschaffen, in der anderen: Ich bin nur Staub und Asche. (Weisheit der Sufi)



Die Welt wurde um meinetwillen erschaffen.

Nur für mich wurde diese Welt erschaffen. Meine Eltern haben sich miteinander verbunden, damit sie mich in die Welt setzen konnten. Für mich haben sie ihr Haus gebaut und für mich wurde der Kindergarten in meinem Heimatdorf ins Leben gerufen. Die Erschaffung der Welt vom Anfang an hatte nur ein einziges Ziel. Mir einen Platz vorzubereiten damit ich da leben kann. Und weil der Schöpfer unendlich großzügig war erschuf er für mich persönlich nicht nur eine Möglichkeit sondern gleich unendlich viele. Ich hätte nach Indien oder nach Afrika gehen können. Abermillionen Plätze wurden nur für mich vorbereitet. Die Welt liegt mir zu Füßen und ich bin unendlich reich!


Ich bin nur Staub und Asche.

Ständig plagt mich ein Schnupfen. Ich verstehe keine Gebrauchsanweisungen und ich kann bis heute kein Fußball spielen. Ich werde eines Tages meine Augen schließen und diese Welt verlassen. Nichts wird mir mehr gehören. Schon morgen könnte ich meine Arbeit verlieren, mein Geld, meine Gesundheit, alles....  Und ich werde mit tötlicher Sicherheit alles verlieren. Der Staub in meiner Tasche sammelt sich an. Der Haufen wird größer. Als ich auf diese Welt kam legte der Schöpfer gleich am ersten Tag die Asche mit in meine Windel. Sie wächst Tag für Tag und ich werde daran ersticken. Ich kann sie wegfegen aber sie kommt wieder.

Welche Wahrheit stimmt nun? Beide Wahrheiten und eine dritte. Ich lebe den einen Standpunkt und den anderen Standpunkt und die Standpunkte dazwischen. Mein Leben speist sich aus dem sicheren Wissen um meine Endlichkeit und dem sicheren Wissen um meine Ewigkeit. Das ist der Brennstoff in den Taschen meiner Jacke. In dieser Welt lässt sich das nicht auflösen. Ich kann mich aber in diese Spannung hinein ausdehnen. So ist es! Das alles gehört zu mir. Ich nehme es an!
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Donnerstag, 18. November 2021

Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich darüber, dass der Dornenstrauch Rosen trägt. (aus Arabien)


Dieser Satz ist die arabische Form des halb leeren oder vollen Glases. Er inspiriert mich zu einer kleinen Meditation.

Ärgere dich nicht darüber, dass die falschen Politiker an der Regierung sind, sondern freue dich darüber, dass eine Regierung auch falsche Politiker verträgt.
Ärgere dich nicht darüber, dass der "neue" Papst Franziskus bislang so wenig Reformen umgesetzt hat, sondern freue dich darüber, dass trotz der wenigen Reformansätze Papst Franziskus seine gute Laune noch nicht verloren hat.
Ärgere dich nicht über deinen Nachbarn, der mit seinem Grill die Luft in deinem Garten verpestet, sondern freue dich darüber, dass trotz des Grills dir genügend Luft zu atmen bleibt.
Ärgere dich nicht darüber, dass deine erwachsenen Kinder dich nicht mehr anrufen, sondern freue dich darüber, dass deine Kinder ein so sinnvolles Leben führen, dass für Anrufe keine Zeit bleibt.
Ärgere dich nicht über das katastrophale Fernsehprogramm, sondern freue dich darüber, dass trotz des katastrophalen Fernsehprogrammes du noch Lust auf gute Unterhaltung hast.
Ärgere dich nicht über einen schlechten Service im Lebensmittelmarkt, sondern freue dich über einen Lebensmittelmarkt, in dem du noch das eine oder andere Produkt findest, das dein Herz erfreut.
Ärgere dich nicht darüber, dass du irgendwann sterben musst, sondern freue dich darüber, dass bis zu dem Zeitpunkt noch ein paar Atemzüge machen darfst und heute dein Leben genießt.

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Mittwoch, 17. November 2021

Findest du eine Regel, kommt die Ausnahme von selbst dazu. (jüdische Weisheit)


Regeln regeln unser Zusammenleben. Ich habe Regeln für mich selbst. Wann stehe ich auf. Was sind die Grundbestandteile meiner Ernährung. Wie verhalte ich mich im Verkehr. Wie gehe ich um mit der Pünktlichkeit.
Wie lebe ich mit anderen Menschen zusammen. Viele Dinge in meinem Leben sind ganz schön geregelt. Und wenn etwas offen ist, dann sagt irgendjemand bestimmt: "Das müssen wir noch regeln!" Wenn Paare sich trennen müssen sie viele Dinge wieder neu regeln. Wenn jemand seinen Arbeitsplatz wechselt oder jemand stirbt. Ganz schnell muss etwas geregelt werden.
"Darf ich dich heute einladen?" "Gerne!" sage ich, "ich muss nur noch schnell regeln, wer auf die Kinder aufpasst."
Dann gibt es diese wunderbare Beobachtung, dass bei jeder Regel die Ausnahme von selbst dazu kommt. Keine Regel ohne Ausnahme. Manche machen lieber eiserne Regeln. Sie hassen die Ausnahme! Andere sind da eher großzügig. Interessant finde ich die Idee, dass die Ausnahme wie von selbst dazu kommt. Wenn ich höre, dass jemand Regeln aufstellen möchte, regt sich bei mir "in der Regel" sofort der Widerstand. "Aber bitte nicht für mich!" Ich bin der geborene Ausnahmenfinder. Wenn ich in einer Besprechungsrunde sitze, dann stelle ich schnell fest, dass es zwei Gruppen gibt. Die Regelaufsteller und die Ausnahmenfinder. Die Regelaufsteller brauchen die Kontrolle, die Sicherheit und die Zuverlässigkeit, damit es ihnen gut geht. Die Ausnahmefinder brauchen die Freiheit, Autonomie und Individualität, damit es ihnen auch gut geht. Manchmal beißen sich diese unterschiedlichen Grundbedürfnisse.
Aber jetzt wird es auch klar, warum die Ausnahmen von selbst kommen. Da, wo einer kontrollieren möchte, fühlt sich ein anderer bedroht in seiner Freiheit. Wenn du selbst in deiner Familie, einem Verein oder an deiner Arbeitsstelle in einer Besprechung sitzt - wohin tendierst du? Plädierst du für Regeln und findest sie hilfreich? Oder wirst du erst lebendig, wenn du Ausnahmen finden kannst? Und wie gelingt es dir, dass deine und die scheinbar entgegengesetzten Bedürfnisse erfüllt werden?
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Dienstag, 16. November 2021

Wie du zum Einverständnis kommst!

Stell dir vor, jemand bittet dich um etwas und du erfüllst diese Bitte. So weit so gut. Oder auch nicht.  Ich möchte mit dir heute einmal diesen eigenartigen Zwischenraum betrachten, der zwischen dem Aussprechen der Bitte und deren Erfüllung liegt.
Also noch einmal. Ein Freund bittet dich zum Beispiel: "Kannst du mir ein Paket Kaffee mitbringen wenn du kommst?" Dann steht diese Bitte in deinem inneren Raum. Vielleicht antwortest du spontan "Ja", weil du eh noch genug Vorräte im Schrank hast oder weil du sowieso an einem entsprechenden Geschäft vorbeikommst. Es ist für dich nicht mit Umständen verbunden so dass du die Bitte einfach erfüllst. Es kann aber auch sein, dass du keine Vorräte hast, eigentlich auch keine Zeit oder keine Lust. Dennoch kaufst du den Kaffee ein, weil du diesen Freund nicht enttäuschen möchtest oder weil du nicht nein sagen kannst, oder oder oder ...
Wenn du also eigentlich diese Bitte nicht erfüllen willst und es dennoch tust übergehst du etwas in dir. Du übergehst deine innere Stimme, die protestiert und ein "Nein" erwägt. Es kann leicht geschehen, dass du dann nicht mehr mit dir selbst in Übereinstimmung lebst und fremdgesteuert wirst. Daraus folgt dann auch ein Gefühl der Unzufriedenheit. Du gehst vielleicht mit einer gequälten Freundlichkeit zu deinem Freund und lieferst dort den Kaffee ab. Du kannst die Zweisamkeit nicht genießen, weil dein Inneres mit dir im Groll liegt und schmollt.
Im Zwischenraum von Bitte und Erfüllung bist du nicht aufmerksam gewesen und musst jetzt mit den Folgen leben. Bei einem Paket Kaffee mag das nicht so tragisch sein, aber wenn es um sehr große Bitten oder andere Wünsche geht spielt das eine große Rolle. Darum glaube ich, dass es wichtig ist, diesen Zwischenraum sorgfältig zu bedenken und den inneren Prozess zu gestalten.

1. Höre die Bitte mit dem Bauch, dem Herzen und dem Verstand.
2. Bewege es in deinem Inneren. Möchte ich das? Kann ich es? Gibt es Widerstände? Für wen ist es gut?
3. Triff eine Entscheidung. Wenn du ein klares "Nein" oder "Ja" hörst und umsetzt, übernimmst du Verantwortung für dein Handeln und hast keinen Grund, weiter innerlich zu grollen.
4. Gib dein Einverständnis. Atme ein und tief aus und sage noch einmal "Ja" zu deiner Entscheidung, egal wie sie ausfällt.

Ich möchte auf diesen vierten Schritt heute mein Augenmerk legen. Sein Einverständnis geben ist mehr als sich zu entscheiden. Beim Entscheiden wählst du zwischen den Möglichkeiten und setzt dann eine Möglichkeit um. Aber ob du wirklich innerlich ein ganzes "Ja" dazu sagst ist damit noch nicht grundgelegt. Probier einmal folgendes aus. Erinnere dich an die letzte Bitte, die jemand an dich gerichtet hat. Dann atme tief ein und im Ausatmen sagst du mit der Tiefe des Herzens und des Verstandes: "Einverstanden!" Was spürst du dabei?
Nach meiner Erfahrung setzt dieser Schritt eine Energie frei, die dich mit größerer Leichtigkeit Bitten erfüllen oder nicht erfüllen lässt. Beim "Einverstehen" nimmst du das Verständnis in dich hinein. Du verstehst und stehst zu dem, was du tust. Du gibst neben dem äußeren "Ja" auch dein inneres "Ja". Du entwickelst ein Verständnis für dich, das sich wie Wärme und Wohlwollen anfühlt. Du vollziehst den inneren Weg der notwendigen Schritte, um in Übereinstimmung mit dir zu bleiben, zu kommen und zu sein.
Vielleicht denkst du, dass es nicht immer möglich ist, im Gespräch diese vier Schritte zu machen. Wenn du einmal genauer darüber nachdenkst wirst du feststellen, dass du das immer schon gemacht hast im Bruchteil einer Sekunde. Es fehlte vielleicht manchmal die Bewusstheit dafür. Sich dieser vier Schritte bewusst zu werden gleicht einer spirituellen alltäglichen Praxis. Höre, bewege, entscheide dich.. Dann atme tief ein und sage im Ausatmen "Einverstanden". Dazu gehört für mich auch, dass du zum "Nein" sagen einverstanden sagst. Es geht nicht darum, dass du einverstanden bist, die Bitte eines anderen zu erfüllen. es geht darum, dass deiner Entscheidung das Einverständnis gibst. Erst, wenn du einen Vertrag unterschreibst, bekommt er Gültigkeit und Kraft.
Warum verbinde ich es mit dem Atem? Nun, im Ausatmen lässt du ja deinen Atem wieder los. Du gehst nicht in eine Anspannung sondern in die Entspannung und in die Lösung. Die gefühlte Lösung bringt dir zugleich Erleichterung mit. Du hast dich entschieden, es muss nicht mehr in deinem Kopf herumwandern, so wird es im Loslassen leichter in deinem Kopf. Übe dich im "Einverständnis". Du kannst dich auch einfach hinsetzen und einen Baum anschauen. "Einverstanden!" Du kannst dir deine Beziehungen anschauen und sagen: "Einverstanden!" Vielleicht wirst du aber da schon einen Unterschied merken ob du zu einem Sommerbaum "Ja" sagst und ob deine "hakeligen" Beziehungen auch ein solches "Ja" bekommen. Gibt es Widerstände? Spürst du ein unangenehmes Gefühl? Kommt da ein Mangel oder ein Schmerz? Das macht nichts, wenn ein Schmerz kommt, dann kannst du mit dem Schmerz "einverstanden" sein. Und wenn du mit dem Schmerz nicht einverstanden sein kannst, dann kannst du "Einverstanden" sein mit deinem "Unverständnis". Es wird immer eine Einladung im Raum stehen, mit dem du in ein "Einverständnis" gehen kannst.
Diese "Einverständnis" - Übung, wie ich sie einmal nennen möchte könnte zu einem wichtigen Bestandteil deines inneren Friedensprozesses werden.
1. Im Einatmen nimmst du alle Anliegen in dich auf.
2. Am Ende des Einatmens hältst du für nur einen Augenblick inne und bewegst das, was da ist.
3. Im Ausatmen lässt du los und sagst: "Einverstanden."
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Montag, 15. November 2021

Einmal eine Null sein und den Freiraum entdecken!

Wer ist nicht gerne ein Etwas? Vielleicht nicht nur ein "Etwas" sondern ein: "Ich bin Jemand!" "Ich bin Wer!" Ich bin vielleicht ein guter Koch oder ein bewanderter Geschichtenerzähler. Als Kind bin ich vielleicht ein phantastischer Stürmer oder brauchbarer Torhüter. Und wenn ich das bin, dann habe ich eine große Aufgabe. Es gilt, den Ruf zu wahren. Bloß niemanden enttäuschen! Sei eine perfekte Mutter, ein perfekter Vater! Sei wenigstens in einem Bereich deines Lebens so richtig gut!
Vielleicht bist du aber nirgendwo wirklich gut. Du strengst dich zwar an und du gibst dein Bestes. Aber du stößt immer wieder auf Grenzen. Du kannst zwar kochen, aber es gelingt dir nur so ungefähr. Du bist ganz mütterlich oder väterlich zu deinen Kindern aber leider nicht immer so, dass du rundum zufrieden mit dir bist. Vielleicht bist du kein Genie. Vielleicht bist du nicht einmal Mittelmaß. Oder du bist es nur mit großer Anstrengung.
Jetzt stell dir einmal etwas ganz Ungewöhnliches vor. Stell dir etwas vor, wovor alle Psychotherapeuten warnen, das nicht zu tun. Stell dir vor, du hättest ein total niedriges Selbstwertgefühls. Stell dir für einen Moment vor, du wärest eine "Null". Du kannst einfach nichts und du erwartest auch nichts von dir. "Das geht aber nicht!" wirst du denken. "Etwas Ehrgeiz braucht es doch im Leben! Sonst erreichst du nichts!"
Aber du könntest dir für einen Moment einfach nur mal vorstellen du seist eine "Null". Du sitzt auf deinem Sofa und lässt zu, dass du einfach nichts bist. Was wird geschehen? Du musst keine Erwartungen mehr erfüllen! Die Ansprüche verschwinden! Die übersteigerten Wünsche lösen sich auf in Wohlgefallen!
Für einen Moment kannst du dich fallen lassen und einfach nur Sein! Dann wirst du merken, dass sich da so ein kleiner Raum auftut, den du Freiraum nennen kannst. Den hin und wieder zu spüren wird dich entlasten von all den Anforderungen und Überlastungen.
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Samstag, 13. November 2021

Hör auf deine innere Stimme!

Stell dir vor, jemand bittet dich um etwas und du erfüllst diese Bitte. So weit so gut. Oder auch nicht.  Ich möchte mit dir heute einmal diesen eigenartigen Zwischenraum betrachten, der zwischen dem Aussprechen der Bitte und deren Erfüllung liegt.
Also noch einmal. Ein Freund bittet dich zum Beispiel: "Kannst du mir ein Paket Kaffee mitbringen wenn du kommst?" Dann steht diese Bitte in deinem inneren Raum. Vielleicht antwortest du spontan "Ja", weil du eh noch genug Vorräte im Schrank hast oder weil du sowieso an einem entsprechenden Geschäft vorbeikommst. Es ist für dich nicht mit Umständen verbunden so dass du die Bitte einfach erfüllst. Es kann aber auch sein, dass du keine Vorräte hast, eigentlich auch keine Zeit oder keine Lust. Dennoch kaufst du den Kaffee ein, weil du diesen Freund nicht enttäuschen möchtest oder weil du nicht nein sagen kannst, oder oder oder ...
Wenn du also eigentlich diese Bitte nicht erfüllen willst und es dennoch tust übergehst du etwas in dir. Du übergehst deine innere Stimme, die protestiert und ein "Nein" erwägt. Es kann leicht geschehen, dass du dann nicht mehr mit dir selbst in Übereinstimmung lebst und fremdgesteuert wirst. Daraus folgt dann auch ein Gefühl der Unzufriedenheit. Du gehst vielleicht mit einer gequälten Freundlichkeit zu deinem Freund und lieferst dort den Kaffee ab. Du kannst die Zweisamkeit nicht genießen, weil dein Inneres mit dir im Groll liegt und schmollt.
Im Zwischenraum von Bitte und Erfüllung bist du nicht aufmerksam gewesen und musst jetzt mit den Folgen leben. Bei einem Paket Kaffee mag das nicht so tragisch sein, aber wenn es um sehr große Bitten oder andere Wünsche geht spielt das eine große Rolle. Darum glaube ich, dass es wichtig ist, diesen Zwischenraum sorgfältig zu bedenken und den inneren Prozess zu gestalten.

1. Höre die Bitte mit dem Bauch, dem Herzen und dem Verstand.
2. Bewege es in deinem Inneren. Möchte ich das? Kann ich es? Gibt es Widerstände? Für wen ist es gut?
3. Triff eine Entscheidung. Wenn du ein klares "Nein" oder "Ja" hörst und umsetzt, übernimmst du Verantwortung für dein Handeln und hast keinen Grund, weiter innerlich zu grollen.
4. Gib dein Einverständnis. Atme ein und tief aus und sage noch einmal "Ja" zu deiner Entscheidung, egal wie sie ausfällt.

Ich möchte auf diesen vierten Schritt heute mein Augenmerk legen. Sein Einverständnis geben ist mehr als sich zu entscheiden. Beim Entscheiden wählst du zwischen den Möglichkeiten und setzt dann eine Möglichkeit um. Aber ob du wirklich innerlich ein ganzes "Ja" dazu sagst ist damit noch nicht grundgelegt. Probier einmal folgendes aus. Erinnere dich an die letzte Bitte, die jemand an dich gerichtet hat. Dann atme tief ein und im Ausatmen sagst du mit der Tiefe des Herzens und des Verstandes: "Einverstanden!" Was spürst du dabei?
Nach meiner Erfahrung setzt dieser Schritt eine Energie frei, die dich mit größerer Leichtigkeit Bitten erfüllen oder nicht erfüllen lässt. Beim "Einverstehen" nimmst du das Verständnis in dich hinein. Du verstehst und stehst zu dem, was du tust. Du gibst neben dem äußeren "Ja" auch dein inneres "Ja". Du entwickelst ein Verständnis für dich, das sich wie Wärme und Wohlwollen anfühlt. Du vollziehst den inneren Weg der notwendigen Schritte, um in Übereinstimmung mit dir zu bleiben, zu kommen und zu sein.
Vielleicht denkst du, dass es nicht immer möglich ist, im Gespräch diese vier Schritte zu machen. Wenn du einmal genauer darüber nachdenkst wirst du feststellen, dass du das immer schon gemacht hast im Bruchteil einer Sekunde. Es fehlte vielleicht manchmal die Bewusstheit dafür. Sich dieser vier Schritte bewusst zu werden gleicht einer spirituellen alltäglichen Praxis. Höre, bewege, entscheide dich.. Dann atme tief ein und sage im Ausatmen "Einverstanden". Dazu gehört für mich auch, dass du zum "Nein" sagen einverstanden sagst. Es geht nicht darum, dass du einverstanden bist, die Bitte eines anderen zu erfüllen. es geht darum, dass deiner Entscheidung das Einverständnis gibst. Erst, wenn du einen Vertrag unterschreibst, bekommt er Gültigkeit und Kraft.
Warum verbinde ich es mit dem Atem? Nun, im Ausatmen lässt du ja deinen Atem wieder los. Du gehst nicht in eine Anspannung sondern in die Entspannung und in die Lösung. Die gefühlte Lösung bringt dir zugleich Erleichterung mit. Du hast dich entschieden, es muss nicht mehr in deinem Kopf herumwandern, so wird es im Loslassen leichter in deinem Kopf. Übe dich im "Einverständnis". Du kannst dich auch einfach hinsetzen und einen Baum anschauen. "Einverstanden!" Du kannst dir deine Beziehungen anschauen und sagen: "Einverstanden!" Vielleicht wirst du aber da schon einen Unterschied merken ob du zu einem Sommerbaum "Ja" sagst und ob deine "hakeligen" Beziehungen auch ein solches "Ja" bekommen. Gibt es Widerstände? Spürst du ein unangenehmes Gefühl? Kommt da ein Mangel oder ein Schmerz? Das macht nichts, wenn ein Schmerz kommt, dann kannst du mit dem Schmerz "einverstanden" sein. Und wenn du mit dem Schmerz nicht einverstanden sein kannst, dann kannst du "Einverstanden" sein mit deinem "Unverständnis". Es wird immer eine Einladung im Raum stehen, mit dem du in ein "Einverständnis" gehen kannst.
Diese "Einverständnis" - Übung, wie ich sie einmal nennen möchte könnte zu einem wichtigen Bestandteil deines inneren Friedensprozesses werden.
1. Im Einatmen nimmst du alle Anliegen in dich auf.
2. Am Ende des Einatmens hältst du für nur einen Augenblick inne und bewegst das, was da ist.
3. Im Ausatmen lässt du los und sagst: "Einverstanden."
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Freitag, 12. November 2021

Dein goldener Schlüssel zum Leben!


Das Bild stammt von einer Postkarte, die an meinem Schrank hängt. Ein elegant gekleideter Vogel trägt einen Schlüssel im Schnabel. Er heißt übrigens Gregorius und wirkt mit seiner Brille klug und weise.
Eine Frau erzählte mir einmal von ihrer Beichtpraxis. Sie musste auf den Pfarrer warten, weil dieser noch einen dringenden Termin hatte. Zur Vorbereitung bekam sie ein Märchen der Gebrüder Grimm in die Hand gedrückt mit der Überschrift: "Der goldene Schlüssel." Kennst du dieses eigenartige Märchen? Es geht so:

Der goldene Schlüssel

Zur Winterszeit, als einmal ein tiefer Schnee lag, musste ein armer Junge hinausgehen und Holz auf einem Schlitten holen. Wie er es nun zusammengesucht und aufgeladen hatte, wollte er, weil er so erfroren war, noch nicht nach Haus gehen, sondern erst Feuer anmachen und sich ein bisschen wärmen. Da scharrte er den Schnee weg, und wie er so den Erdboden aufräumte, fand er einen kleinen goldenen Schlüssel. Nun glaubte er, wo der Schlüssel wäre, müsste auch das Schloss dazu sein, grub in der Erde und fand ein eisernes Kästchen. Wenn der Schlüssel nur passt! dachte er, es sind gewiss kostbare Sachen in dem Kästchen. Er suchte, aber es war kein Schlüsselloch da, endlich entdeckte er eins, aber so klein, dass man es kaum sehen konnte. Er probierte, und der Schlüssel passte glücklich. Da drehte er einmal herum, und nun müssen wir warten, bis er vollends aufgeschlossen, und den Deckel aufgemacht hat, dann werden wir erfahren, was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen. (Märchen der Gebrüder Grimm)

Ein wenig ärgerlich, nicht wahr? Am Ende des Märchens fragst du dich, was denn wohl in dem Kästchen liegt. Du bekommst jedoch keine Antwort. Das Märchen hat nur eine Person und es gibt kaum Handlung. Keine Verwicklungen. Kein Drama. Keine Verwandlungen. Es geschieht nichts.

Es ist dennoch interessant, das Märchen ohne Geschichte! Es gleicht eher einem Traumbild oder einem Gleichnis. Wir sind alle Besitzerinnen und Besitzer eines "goldenen Schlüssels". Wir können in unserem Leben etwas "goldenes" sehen, wenn wir die Augen und das Herz aufmachen. Unser Leben hat einen sichtbaren und einen unsichtbaren Anteil. Sichtbarer Schlüssel und verborgenes Schatzkästchen. Dein "goldener Schlüssel" könnte deine handwerkliche Geschicklichkeit sein, die Fähigkeit mit den Augen zu sehen. Vielleicht kannst du zwischen den Zeilen hören und bist akrobatisch auf einem ganz bestimmten Gebiet. Vielleicht kannst du einen Finger so bewegen wie niemand sonst auf dieser Welt. Vielleicht nimmst du aber auch etwas wahr, was nur du wahrnehmen kannst. Es ist also unglaublich wichtig, dass du um deinen "goldenen Schlüssel" weißt. Von da aus kannst du auf dein "Kästchen" schließen. Wo es einen Schlüssel gibt, gibt es auch ein Kästchen. Es wäre Schade, wenn du deinen Schlüssel nicht einsetzen würdest. In deinem Herzen könnte lebenslang ein "Schatz" warten und du würdest ihn nicht entdecken, heben und für dich nutzen!
Viele Menschen kennen nicht einmal ihren Schlüssel. Sie gleichen dem Jungen im kalten Schnee. Das Leben ist mühsam und hart. Es fehlt die Wärme im Herzen. Kannst du deine "goldenen Schlüssel" benennen? Welche fallen dir ein? Worin besteht dein Schnee? Wie verbirgst oder versteckst du deine Fähigkeiten?
Der erste wichtige Schritt im Umgang mit sich selbst heißt: "Ich habe meine eigenen goldenen Schlüssel. Ich richte meine Aufmerksamkeit darauf und werde mir dessen bewusst." Du besitzt "goldene Schlüssel".
Der zweite wichtige Schritt heißt:"Ich finde mit meinem Schlüssel das dazu passende Kästchen. Dazu räume ich Hindernisse aus dem Weg und bleibe einfach dran. Der Schlüssel erinnert mich daran, dass ich mich wirklich einsetze und immer wieder vertraue."

Ergänzungen:
In vielen Geschichten gibt es zuerst das Kästchen und dann sucht man den Schlüssel dazu. Die Verzweiflung kommt, wenn sich der Schlüssel nicht finden lässt. Was ist jedoch wichtiger? Schlüssel oder Schatz!
Der Inhalt des Kästchens bleibt uns verborgen. Der Inhalt deines eigenen Schatzkästchens gehört nur dir! Er geht niemandem etwas an! Es ist deine ureigene Persönlichkeit. Geh wohlwollend und wertschätzend damit um!
Vielleicht öffnest du mit deinem Schlüssel irgendwann das Kästchen und kannst nichts darin entdecken. Du denkst, es sei leer! Dann kommt dir die Erkenntnis! Es ging gar nicht um das Kästchen. Es ging um den Schlüssel!
Darum geht es immer! Das wir den Schlüssel zum Leben finden! Das eigene Leben verstehen lernen! Kraftvoller gehen! Gezielter sich einsetzen! Die Verletzungen und Kränkungen bearbeiten! Gelassener und wohlwollender sein! Du könntest entdecken, dass dein "unscheinbarer Schlüssel", den du oft ignorierst oder übersiehst, sich erst beim näheren Betrachten als "goldener Schlüssel" erweist.
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Donnerstag, 11. November 2021

Der Hastige überspringt seine Gelegenheiten (aus Albanien)


Manchmal bin ich einfach zu schnell. Brauchen wir noch Mehl? Schon springe ich los und laufe zum Supermarkt. Dann komme ich wieder und stelle fest, dass ich auch noch Zitronen gebraucht hätte.
Die Albaner sagen: "Der Hastige überspringt seine Gelegenheiten."
Mir gefällt dieses Bild. Als Hastiger springe ich. Ich mache große Sprünge. Zu große Sprünge. Ich springe so groß und weit, dass ich bestimmte Gelegenheiten verpasse. Die Gelegenheiten zwischen den hastigen Sprüngen.
Gilt auch das Gegenteil? Etwa so? "Der Langsame verliert sich in seine Gelegenheiten?" Das kenne ich auch. Ich verliere mich so in die Details, dass ich von meinem Umfeld fast nichts mehr mitbekomme. Ich schaffe nur einen Bruchteil von dem, was ich mir vorgenommen habe.
Ich kann also die Gelegenheiten überspringen oder mich darin verlieren. Wohin tendierst du? Bist du eher hastig oder langsam? Wie siehst du dich selbst und wie sehen dich andere? Kommt es vielleicht auch auf das Thema an?
Ich bin eher hastig. Ich wusel mich quasi durch den Tag. Manchmal jedoch verlangsame ich meine Schritte und mein Denken. Ich werde langsamer und langsamer und entdecke wirklich Gelegenheiten. Ich sehe in einem Schaufenster einen Buchtitel, der mich anspricht. Oder ich sehe einen Menschen, den ich schon länger nicht mehr getroffen habe. Kann es sein, dass ich ganz bestimmte Menschen nur deshalb nicht sehe, weil ich zu hastig bin? Ich wundere mich nämlich, dass ich manche Freunde so selten auf der Straße treffe.
Ich stelle mir vor, wie mein Leben ausgesehen hätte, wenn ich nicht so hastig gewesen wäre. Ich hätte andere Leute getroffen. Hätte andere Ideen gehabt und würde heute vielleicht ganz anders leben?!
Und wenn ich hastig alle meine Gelegenheiten überspringe, dann komme ich viel schneller ans Ende meines Lebens an, oder? Das glaube ich jetzt mal nicht. Es wird noch viele Gelegenheiten für irgendetwas geben.
Es ist gut, manchmal einfach anzuhalten. Sich zu verlangsamen. Aufmerksam zu werden. Sich über diese besondere Gelegenheit zu freuen. Schade, wenn ich die wirklichen Geschenke meines Lebens verpassen würde!
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Mittwoch, 10. November 2021

Vielleicht geht doch noch was?

                                                                                              
Das Kind bekommt ein schlechtes Zeugnis und wird nicht versetzt in die nächste Klasse. Da kann man nichts machen!
Das Paar hat sich heillos zerstritten und reicht die Scheidung ein. Da kann man nichts machen.
Der Kranke liegt im Sterben und der Tod wartet vor der Tür. Da kann man nichts machen.

Klingt wie Resignation, nicht wahr. Manchmal müssen wir uns dem "Schicksal" ergeben. Das Kind hat sich alle Mühe gegeben und dennoch die erforderlichen Noten nicht geschafft. Das Ehepaar war sogar in einer Beratung und der Kranke hat lange gekämpft. Da kann man nichts machen. Es mag sein, dass das Kind nicht versetzt wird, das Paar sich trennt und der Kranke stirbt. In jeder Situation "kann man dann dennoch etwas machen".
Das Kind kann daraus eine Lektion für die Zukunft lernen und andere Wege gehen. Das Paar findet in der Krise vielleicht einen neuen Anfang. Der Kranke kann noch vor dem Tod seinen Angehörigen seine Liebe zeigen.
Die Situationen können wir manchmal nicht verändern, aber unsere innere Einstellungen. Jedes Ereignis, das uns herausfordert, gibt uns die Gelegenheit zum inneren Wachsen.

Du kannst dein Leben bejahen mit allen Facetten. Es gibt nichts zu tun.
Du kannst Ja sagen auch  zu deinen Fehlern. Dann gibt es nichts zu tun.
Du kannst dich mit dir selber aussöhnen. Dann gibt es nichts zu tun.

Da kann man nichts machen - Resignation.
Es gibt nichts zu tun - einfach im Sein sein!

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Dienstag, 9. November 2021

Der Himmel ist sichtbar für jeden. (aus Lettland)

Ich sitze in meinem Büro und schaue aus dem Fenster. Ich sehe die Straße und in der Ferne den Supermarkt. Und über mir sehe ich den Himmel. Am anderen Ende der Stadt sitzt ein Freund in seinem Büro und sieht eine andere Straße und wenn er nach oben schaut sieht er auch den Himmel. Wir beide sehen den Himmel. Nur wenn ich in den Keller gehe sehe ich ihn nicht.
Der Himmel scheint noch demokratisiert zu sein. Alle dürfen da hinschauen! Beim Urlaub am Meer gibt es schon Unterschiede. Mit Meerblick, seitlich und ohne. Den Blick in den Himmel muss ich nicht bezahlen. Ich kann da hinschauen von jedem Ort der Welt. Frei zugänglich und sichtbar für jeden. Es gibt immer eine Perspektive! Immer eine Öffnung! Immer noch eine Möglichkeit!
Der Blick in den Himmel kann auch mein Herz öffnen wenn es einmal eng wird. In der Trauer halte ich den Kopf nach unten, den Blick gesenkt. Vielleicht will ich dann auch nichts weiter wahrnehmen. Möchte mich einigeln und verschließen. Ich kann aber auch die Augen erheben und den Himmel erblicken.
Für manche Menschen ist der Himmel im übertragenen Sinne unsichtbar. Weil die Trauer die Augen verdunkelt hat. Vieleicht hilft da die Verheißung im Hintergrund und aus der Ferne. Hörst du es? Der Himmel ist sichtbar für jeden. Prinzipiell! Grundsätzlich! Als natürliche Voraussetzung! Bist du bereit?
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Montag, 8. November 2021

Möge es in deinem Leben keine verschenkten Tage geben, aber viele, die du anderen schenkst. (irischer Segen)


Im Auto erzählte mir eine Freundin von ihrem „verschenkten“ Tag. Solche Tage kenne ich auch. Du fängst mit einer Arbeit an und kommst nicht voran trotz all der Zeit, die du investiert hast. Du rufst an und erreichst niemanden. Im Laden ist das Produkt ausgegangen, das du gesucht hast. Du machst einen Besuch und durch deine Ungeschicklichkeit reißt du dir einen Knopf vom Hemd an einer Stelle, wo es gleich auffällt. Und das alles nicht in einem Monat, sondern an einem einzigen Tag. Da bekommst du wirklich den Eindruck: Das war ein verschenkter Tag. Da hätte ein spontaner Ausflug oder ein entspannter Nachmittag im Garten mehr Sinn gemacht. Manchmal deuten wir verschenkte Tage eher als „vergeudete“ Tage.
Um „vergeudete“ Tage geht es in diesem irischen Segensspruch. Das sind Tage, zu denen du nicht innerlich Ja sagen kannst. Tage, die du anders geplant und dir anders vorgestellt hast. Da kommt schon mal das Gefühl hoch von Sinnlosigkeit und Leere.
Es gibt daneben aber auch die Erfahrung eines verschenkten Tages in dem Sinne, dass du dich entscheidest, eine bestimmte Zeit mit einem anderen Menschen zu verbringen. Du verschenkst Zeit, du bist sogar so großzügig, dass du einen ganzen Tag schenkst. Es wird dich mit Freude und Zufriedenheit erfüllen und dir helfen, ganz im Sein zu sein. 
Ich glaube, dass kein Tag vergeudet sein muss wenn du ihn als sinnvoll deutest. Auch wenn alles schief geht kannst du sagen: Ich habe wertvolle Erfahrungen gemacht! Also: „Möge es in deinem Leben keine verschenkten Tage geben, aber viele, die du anderen schenkst."

Samstag, 6. November 2021

Möge das Leben dich lehren dir selbst ein guter Freund zu sein. (Irischer Segensspruch)


Bist du dir selbst ein guter Freund/ eine gute Freundin? Ich kenne viele Menschen, mich eingeschlossen, die sich selber oftmals sehr kritisch betrachten. Du bist nicht klug genug, du hast diese oder jene Aufgabe nicht optimal erfüllt. Du bist keine wunderbare Ehefrau oder kein aufmerksamer Ehemann. Du fährst mit deinem Wagen zu langsam oder zu schnell. Du beachtest alle Verkehrsregeln supergenau und nahezu penetrant oder du hältst die Regeln alle nur so ungefähr ein. Du schaust dir deine Schulzeugnisse über die Jahre an und erinnerst dich an all die Fächer, in denen du besser hättest abschneiden können, wenn du nur genug geübt hättest. Dir kommen all die Tests vor Augen, die du nicht wichtig genommen hast und überlegst, wo du stehen würdest, wenn du immer die optimale Lösung gefunden hättest auf deinem Weg.
Du gehst zurück in die Vergangenheit und betrachtest deine Gegenwart. Beim Einkauf hast du das Salz vergessen. Die Kartoffeln haben heute fünf Minuten zu lange gekocht, du hast dir beim Essen ein paar Saucenspritzer auf dein frisch gewaschenes Hemd eingehandelt. Du hast dem einen  nicht aufmerksam zugehört und jemand anderem bist du auf die Nerven gegangen.
Du ärgerst dich über deine Schusseligkeit und dein Unvermögen. Kannst du dir trotzdem ein guter Freund, eine gute Freundin sein? Wie oft erlebe ich es, dass ein Freund mir sein Unvermögen beichtet: „Ich habe vergessen dich anzurufen.“ „Ich muss dir doch noch dein Buch zurückgeben, das du mir geliehen hast.“ Dann antworte ich: „Ist doch nicht so schlimm!“
 Kann ich mir das auch selber sagen? Ist doch nicht so schlimm? In wie viele Fallen musst doch noch tappen. Wie viele Dinge müssen dir noch misslingen bis du anfängst, dich dafür zu verurteilen? Möge das Leben dich lehren, dir selbst ein guter Freund zu sein. 
 

Freitag, 5. November 2021

Es ist besser das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast. (Igbo)




Bevor du eine Entscheidung triffst, von der Glück oder Unglück anderer Menschen abhängt, schlaf mal eine Nacht drüber. Nicht alles muss sofort entschieden werden. Bedenke alles, wiege es hin und her und dann lass es wieder los. Schiebe es in den kosmischen Brutkasten und belass es dort für eine Weile.
Wenn du zu schnell handelst und dabei Menschen verletzt oder kränkst, nur weil du es zu eilig hattest, musst du den Preis der schlaflosen Nächte zahlen.
Die Art deiner Nächte kann ein wichtiger Hinweis sein, wie gelassen du mit deinem Leben umgehst. Kannst du gut loslassen? Deine Gedanken, deine Pläne, dein möglicherweise schlechtes Gewissen?

Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wachhalten zu lassen, was du getan hast.

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Donnerstag, 4. November 2021

Träum mal drüber nach!

Manchmal suche ich nach einer Lösung für ein Problem. Ich bekomme eine Idee und erzähle meinen Freunden von meinem Problem und von meiner Lösung. Ich erzähle meinen Freunden davon, weil ich noch nicht so ganz sicher bin. Ich habe einen Rest von Zweifeln.
Dann sagt ein Freund zum Beispiel: "Das würde ich an deiner Stelle nicht so machen. Wenn du das machst, schaffst du dir nur neue Probleme. Denke lieber noch mal drüber nach!" Oder ein anderer Freund sagt: "Ja, genau! So machst du es und nicht anders!" Das finde ich dann wieder sehr radikal. So eindeutig bin ich ja noch nicht. Ich spreche also mit vielen Freunden über mein Problem und über meine inzwischen nur noch "mögliche" Lösung. Ich muss am Ende noch mal drüber nachdenken.
Nur - je länger ich darüber nachdenke, desto weiter weg rückt meine Lösung. Das viele Nachdenken erschwert den ganzen Prozess.
Jetzt lese ich auf einer Postkarte den wunderbaren Rat: "Träum mal drüber nach!" Wie wunderbar! Ich bitte den Traum, dass er mir die Lösung zeigt. Dann kommt die Lösung nicht aus meinem begrenzten Verstand sondern aus dem grenzenlosen Raum aller Möglichkeiten. In der Nacht weitet sich mein Bewusstsein. Ich sehe viel klarer. Ohne Nachdenken. Die Lösung zeigt sich mir!
Also - bei deinem nächsten Problem kannst du dir das Nachdenken sparen. Träum einfach mal drüber nach!
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Mittwoch, 3. November 2021

Ich werde Schattenküsser!

Es gibt Eingschaften und Fähigkeiten, die du an dir magst.  Die Seite in uns, die wir nicht anschauen mögen, die wir verleugnen, verdrängen oder bekämpfen nennen wir Schatten.
Wir schauen auf unseren dicken Bauch und mögen uns so unförmig nicht leiden. Wir wären gerne schlanker. Damit wir den dicken Bauch nicht ansehen müssen tun wir so, als sei er gar nicht vorhanden.
Du ärgerst dich über deine Unpünktlichkeit und deine Unfähigkeit, deinen Tag ordentlich zu strukturieren und zu planen. Diese Seite an deiner Persönlichkeit magst du überhaupt nicht und wenn dich jemand auf deine Unpünktlichkeit hinweist, dann gehst du hoch wie eine Rakete.
Welche deiner Schattenseiten sind dir vertraut? Wenn du Vorsätze für das neue Jahr gefasst hast, dann beschäftigst du dich gerade mit einem Teil deiner Schattenseiten. In diesem Augenblick sind sie dir schon bewusst geworden und aus dem Schatten in das Licht getreten. Sie sind dir zwar bewusst, aber du magst sie nicht. Du magst nicht deinen dicken Bauch und und magst nicht deine Unpünktlichkeit.
Aber, diese Seiten sind dir jetzt bewusst. Sie sind im Licht und nicht mehr im Schatten. Wenn du deine Vorsätze nicht erfüllst dann kann das ein Zeichen sein, dass du deinen Schatten wieder aktiviert hast. Darum meine Idee für den Umgang mit dem Schatten: Küsse ihn!
Den Schatten magst du nicht, aber er gehört zu dir. Es ist ein Teil deiner Persönlichkeit. Du wünschst dir ja auch sonst von allen deinen Freunden und Freundinnen und deiner Familie, dass sie dich so annehmen, wie du bist. "Liebe mich doch so, wie ich bin!" Die Schattenseiten gehören zu dir wie alle anderen Seiten, die du magst.
Wie wird mit den "schwarzen Schafen" in deiner Familie umgegangen? Werden sie ignoriert, ausgegrenzt oder beschimpft? So, wie du mit den "schwarzen Schafen" im Außen umgehst, wirst du vermutlich auch mit den "inneren schwarzen Schafen" umgehen. Die "inneren schwarzen Schafe" gehören zu dir, sie sind ein Teil von dir. Wenn du sie gut behandelst, behandelst du dich insgesamt gut.
Den Schatten zu küssen ist mehr, als ihn nur anzunehmen. Im "Annehmen" kommt eher zum Ausdruck, dass du mit Anstrengung und ein wenig Widerwillen dich dazu durchringst, endlich nach einem langen abwehrenden Weg anzufangen, mit dem Schatten einverstanden zu sein. Den Schatten zu küssen heißt, den Sprung ins kalte Wasser wagen, etwas völlig Ungewöhnliches zu tun, eine wirklich neue Erfahrung zu machen, den Kopf umzukrempeln und die Wirklichkeit neu zu erfinden.
Also, viel Freude beim Küssen des Schattens und der Erfindung einer neuen Wirklichkeit!

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Dienstag, 2. November 2021

Innerhalb und/oder außerhalb des Rahmens!

 


Bei einer Wanderung am Rhein oberhalb von Boppard stehe ich vor einem leeren Rahmen aus großen Holbalken. Eine Installation eines Naturschutzverbands. Ich sehe von dort aus durch den Rahmen auf den Rhein unter mir und die Berghänge links und rechts davon. Der Rahmen zeigt mir einen Ausschnitt der Landschaft, die vor mir liegt. Links und rechts vom Rahmen setzt sich die Landschaft fort. Aber der Rahmen gibt vor, wohin mein Blick fallen soll. Auf das Rheintal.

Ich stehe vor diesem Rahmen und werde mit zwei Wirklichkeiten konfrontiert. Der Welt im Rahmen und der Welt außerhalb davon. Das Ergebnis meines Nachdenkens möchte ich in diesem Brief gerne mit dir teilen.

Unser eigenes Leben bewegt sich oft wie in einem Rahmen. Therapeuten nennen es gerne „Toleranzfenster“ der Sicherheit. Diese Fenster sind je nach Persönlichkeit und Vorerfahrungen mal größer oder auch kleiner. Eine Mutter mit einem kleinen Toleranzfenster kann sich ständig Sorgen um ihre Kinder machen und möchte in jedem Moment wissen, wo sie sich befinden. Eine andere Mutter mit großem Rahmen schenkt ihren Kindern einen maximalen Raum an Freiheit und verzichtet auf die Kontrolle.

Wie nimmst du dein eigenes Toleranzfenster wahr? Bist du schnell ängstlich und besorgt oder eher vertrauensvoll und raumgebend? Vielleicht kennst du die Situation, wenn du deine Ferienwohnung nach dem Urlaub verlässt. Du packst routiniert deine Sachen und fährst ohne weitere Gedanken los. Oder du durchsuchst mehrfach alle Schubladen und Räume, dass du ja nichts vergisst und fährst trotzdem mit einem mulmigen Gefühl.

Viele werden schon früh dahingehend erzogen, nicht aus dem Rahmen zu fallen. Beruflich und von deinen Fähigkeiten aus gesehen bewegst du dich im Rahmen deiner Möglichkeiten. Meine Grundschullehrerein legte zum Beispiel damals fest, dass das Gymnasium außerhalb meiner Fähigkeiten liegt und die Realschule das Richtige für mich sei. Nicht superschlau, aber auch nicht ohne Talente. Mein Selbstbild von mir fühlt sich darum oft wie Durchschnitt an. Ein Supervisor kommentierte einmal unsere beruflichen Fähigkeiten so: „So gut, wie die Kunden sagen, dass du bist, bist du nicht. Aber so schlecht, wie die Kunden sagen, dass du bist, bist du auch nicht.“  Auch er dachte in eine Art von Rahmen.

Wir leben in einem zeitlich begrenzten Rahmen von Geburt bis zum Tod. Wir bewegen uns in einem gesundheitlichen Rahmen von fragil bis robust und hoffentlich immer im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten.

Der Rahmen gibt den Raum an, in dem wir uns bewegen dürfen und der uns ein Mindestmaß an Sicherheit verspricht. Keinesfalls darf etwas den Rahmen sprengen. Eine betriebliche Weihnachtsfeier sollte besser in einer lokalen Gaststätte stattfinden und bestimmt nicht auf Mallorca.

Ich stehe vor dem großen Holzrahmen am Wanderweg oberhalb von Boppard und betrachte den Ausschnitt mit dem Rhein. Ich könnte doch zufrieden sein mit dem, was ich sehe. Auch zufrieden mit meinem persönlichen Rahmen. Er ist nicht zu klein und auch nicht zu groß. Ganz passend. Ich kann mich noch gut bewegen. Wenn da nicht…

Ja, wenn da nicht der Blick jenseits des Rahmens wäre. Ich sehe ja, dass das Leben auch jenseits des Rahmens stattfindet. Alles innerhalb des Rahmens ist mir sehr vertraut. Ich sehe mich allerdings irgendwann satt und möchte frische Anregungen. Mehr Veränderungen und Weiterentwicklung. Der Rahmen suggeriert aber eine Grenze. Eine Grenze, die sich nicht so leicht überschreiten lässt. Ich kann den Rahmen zersägen oder sprengen. Dann verliere ich aber meinen Halt und die Sicherheit. Zugleich gibt es die Verlockungen außerhalb meines Toleranzfensters und die Hürden und Hindernisse, die mir Angst machen. Schön wäre es ja, aber das liegt jenseits meiner Möglichkeiten. Da könnte ich nur mit großer Anstrengung und Kraftaufwand hin.

Mein Blick bewegt sich trotzdem jenseits des Rahmens. Ich sehe, dass die Welt nicht aufhört und mich verlockt. Da wartet etwas Unbekanntes auf mich und möchte entdeckt werden. Ich möchte mich nicht beschränken auf die vorgegebenen Möglichkeiten. Auch wenn meine Durchschnittsnote in der Schule befriedigend war, so gab es immer wieder ein Gut oder sogar ein Sehr gut!  Im Leistungskurs Deutsch bekamen wir unsere Aufsätze zurück und der Lehrer las mehrere davon vor. Unter anderem auch meinen. In den ersten Minuten habe ich mich selbst nicht erkannt. Erst als er meinen Namen nannte. Ich habe diesen Aufsatz geschrieben? Nicht möglich! Außerhalb des Rahmens meiner Möglichkeiten.

Ich möchte dich einladen zu einer kleinen Reise außerhalb deines Rahmens. Du darfst gerne in deinem Rahmen bleiben. Dafür habe ich großes Verständnis. Vielleicht magst du aber mit mir reisen und kehrst eigenverantwortlich zurück, wenn es dir unheimlich wird.

Was war zuerst? Der Rahmen oder die Wirklichkeit außerhalb davon? Was hat darum mehr Bedeutung und ein größeres Gewicht? Die Theologie lehrt uns, dass Gott die Welt erschaffen hat. Aus dem Ewigen schuf er das Begrenzte. Er setzte also den begrenzten Rahmen in dem endlosen Raum. Er schuf Raum und Zeit und die Materialität. Die Welt ohne Rahmen existierte von Ewigkeit her und das Begrenzte ist nachgeordnet. Gott machte damit ein schöpferisches Experiment. Dazu gehörte auch, dass er den Menschen erschuf aus seiner eigenen Grenzenlosigkeit heraus. Weil der Mensch sein Ebenbild ist, kommt der Mensch aus der Ewigkeit, aus der Dimension jenseits von Raum und Zeit. Unser eigener Ursprung ist also eigentlich rahmenlos. Erst mit dem Eintritt in diese Welt und in unsere menschliche Zeit wurde der Rahmen gesetzt. Nach diesem Leben wird also auch der Rahmen wieder verschwinden.

Wenn ich in diese Welt hineingeboren werde, füllt dieser Rahmen mich vollkommen aus. Ich verliere den Zugang zu der Vorstellung, dass meine Wurzeln rahmenlos sind. Ich kann mich darauf festlegen, dass der Rahmen meine ausschließliche Wirklichkeit ist und dass nichts jenseits davon existiert. Das ist grundsätzlich möglich und sehr verständlich. Der Rahmen kann so mächtig werden, dass er alles jenseits davon ausschließt. Du kennst bestimmt Menschen, die so denken und ticken. Sie finden in der Regel ein spirituelles Leben abwegig.

Vielleicht gehörst du aber zu den Menschen wie ich, die sich verlocken und einladen lassen für den Bereich jenseits des Rahmens. Im Grenzbereich von innerhalb und außerhalb wird das Leben erst spannend. Dort zeigt sich der Raum der Weiterentwicklung. Worin liegt die Qualität dieses Grenzbereiches? Was können wir dort erfahren?

Der erste Aspekt heißt: Ausnahmen erleben! In der Regel bewegen sich meine Fähigkeiten in einem mehr oder weniger festgelegten Rahmen. In der Regel! Aber es gibt Ausnahmen. In der Schule hatte ich manchmal Werte außerhalb meiner Möglichkeiten. Mal ein Ausreichend und mal ein Sehr gut. Immer wieder erlebe ich glückliche Momente in einem vielleicht tristen Alltag. In der Langeweile des beruflichen Lebens gibt es immer wieder Momente des Glückes und der Erfüllung. Die Ausnahmen machen den Unterschied zum „Normalen“. Die Ausnahmen, die es immer wieder gibt, sprengen leise mein Rahmendenken. Ich könnte also bei einer Ansammlung von vielen Ausnahmeerfahrungen mir vorstellen, dass der Rahmen nur ein gedachter Rahmen ist. Ein Rahmen meiner Vorstellungen. Jede Ausnahme bestätigt, dass etwas in mir darüber hinausgehen kann.

Der zweite Aspekt heißt: Wunder erfahren! Stärker noch als Ausnahmen können Wunder wirken. Dabei geht es um den Moment der Überraschung. Etwas jenseits der Regel und somit außerhalb des Rahmens. Da verliebt sich jemand in mich und findet mich ganz wunderbar. Das kann ich nicht planen oder berechnen. Es fliegt mir zu wie ein Geschenk. Oder ich wache am Morgen auf und fühle mich ohne Grund glücklich. Oder ich bin ein wenig einsam und bekomme Besuch. Immer wieder ereignen sich außerhalb meines gesetzten Rahmens kleine und große Überraschungen. Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf die kleinen und großen Wunder richte, könnte ich bemerken, dass Wunder öfter vorkommen als ich dachte.

Der dritte Aspekt heißt: Krisen bewältigen. Es kann geschehen, dass das Leben dafür sorgt, dass der Rahmen nicht mehr passt. Ich kann arbeitslos, krank oder arm werden. Ich kann durch den Tod einen Menschen verlieren. Das ganze Leben kann wie ein Kartenhaus zusammenbrechen und der Rahmen löst sich auf. In solchen Momenten wird deutlich, wie fragil der scheinbar stabile Rahmen eigentlich ist. Das, was ich als fest und beständig erlebe, zeigt sich in der Krise als brüchig und störanfällig. Ich könnte mir vorstellen, dass sich dann mein Leben auflöst und ein paar Tage später stelle ich fest, dass ich noch nicht gestorben bin, sondern beginne, mit den Veränderungen anfangshaft klarzukommen. Eine Krise gibt mir die Möglichkeit, den manchmal starren Rahmen zu erweitern.

Der vierte Aspekt heißt: Schöpferische Kreativität. Ich habe ein Problem und denke über die Lösungen nach. Oft geht das gut, weil ich im Laufe des Lebens Erfahrungen gesammelt habe. Mein Denken bewegt sich allerdings immer im Bereich des Bekannten. Mein Verstand gleicht einer Bibliothek. Alles Wissen ist dort abgespeichert. Manchmal brauche ich für eine Lösung allerdings etwas außerhalb meiner Bibliothek. Durch angestrengtes Nachdenken komme ich keinen Schritt weiter. Wenn ich mich aber entspanne und zurücklehne und ganz aus der Anstrengung herausgehe, kommt da plötzlich eine Idee auf. Es fühlt sich so an, als käme etwas außerhalb meines Rahmens auf mich zu. Die schöpferische Kreativität zeigt sich also darin, mit der Welt außerhalb meines Rahmens kommunizieren zu können. Im eigenen Rahmen zeigt sich oft keine Lösung, aber außerhalb ist es möglicherweise nicht einmal ein Problem.

Wo fühlst du dich eher beheimatet? Was entspricht deiner Persönlichkeit? Stell dir ein Pendel vor. Der eine Pol heißt „leben im Rahmen“, der andere Pol heißt „grenzenloses und ewiges Sein“. Wo in diesem Pendel würdest du dich einordnen? 

Mit welchen Menschen tust du dich leicht, und wann spürst du eher Widerstände.

Menschen im Rahmen haben es mit Hürden und Hindernissen. Sie denken in Regeln und Ordnungen. Sie tragen bei Lösungen gerne ein „aber“ im Gepäck. Sie besitzen einen guten Sinn für die realistischen Möglichkeiten. Sie haben im Blick, dass das menschliche Leben begrenzt ist. Unangenehm, aber unausweichlich.

Menschen mit dem grenzenlosen und ewigen Sein finden in jeder unmöglichen Situation noch einen Ausweg. Sie mögen das Wort „und“ im Unterschied zu „aber“, weil es Räume öffnet. Sie lieben das kreative Phantasieren und lassen sich nicht gerne festlegen. Für sie muss jetzt in diesem Leben nichts sein, es gibt ja noch die Fülle nach dem Tod.

Wenn ich mich im Pendel irgendwo zu sortieren kann, kann ich besser einschätzen, was mir fehlt und wohin ich mich weiterentwickeln möchte.

In der Geschichte gab es immer wieder Menschen, die den Rahmen sprengten und dadurch neue Räume öffneten. Jesus erweiterte ein starres Gottesbild, Gandhi entdeckte die Kraft des gewaltlosen Widerstandes und Paul Watzlawick die Grundsätze des Konstruktivismus. Mich fasziniert die Vorstellung, dass wir alle im Laufe der Evolution den begrenzten Rahmen immer weiter aufspannen, bis er nicht mehr spürbar und sichtbar wird. Dann würden wir den Himmel auf Erden haben und das Tor zur Ewigkeit weit öffnen.

 

Montag, 1. November 2021

Die ganze Welt ein Friedhof!


Zugegeben! Auf den ersten Blick kein schönes Thema! Aber wenn du bereit bist, mit mir einmal dahin zu schauen dann musst du mit mir übereinstimmen, dass die ganze Welt ein einziger Friedhof ist. Jede Blume, jeder Baum, jedes Tier in freier Wildbahn oder gezähmt und jeder Mensch stirbt irgendwann und geht den Weg der Verwesung.
Wenn wir an einen Friedhof denken, dann kommen uns natürlich zuerst die von uns Menschen angelegten Orte in den Sinn. Da wird der Tod hin verbannt. Der Friedhof ist eingezäunt und abgegrenzt. So wird der Tod kontrolliert und es wird ihm ein Ort zugewiesen, an dem er sein darf. Aber der Tod lacht uns aus! Er sagt dir: "Du lebst in einer Illusion! Die ganze Welt ist ein Friedhof und du findest keinen Ort, wo es mich nicht gibt."
Im Bad hinterlassen wir unsere Ausscheidungen, die Haare und die Hautschuppen.
Auf den Sitzpolstern reiben wir im Laufe der Jahre die Kleidung ab, die wir tragen.
In der Küche beendest du das Leben von Obst und Gemüse. Dort steht dein Behälter für Müll, der dann weitertransportiert wird auf unterschiedliche Friedhöfe für Bio, Rest oder "gelber Sack" mit der Chance, noch einmal in den Kreislauf zu dürfen.
In deinem Schlafzimmer findest du in der Schmutzwäsche die Sammlung deiner Körperdüfte und Ausscheidungen in etwas feinerer Konsistenz.
Im Waschkeller hast du dir einen besonderen Friedhof eingerichtet und leitest das Schmutzwasser geschickt aus deinem Haus.
Kein Raum in deinem Haus, der nicht Friedhof ist. Schau einmal genau hin!
Im Supermarkt beerdigst du dein Geld und auf der Arbeit begräbst du dein Zeitkontingent. Nicht jeder deiner Friedhöfe zeigt seine schreckliche Seite. Sehr dezent lassen wir den Tod agieren! Aber du wirst nicht drum herum kommen. Du lebst in deinem Friedhof Körper, in deinem Friedhof Haus und in einer Welt, die ein einziger Friedhof ist!
Erschrickt dich diese Sichtweise? Wir bauen ja oft einen Gegensatz auf. Hier das Leben und da der Tod! Das Leben suchen wir, den Tod vermeiden wir! Doch Martin Luther sagte schon: "Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen!" Wahrscheinlich meinte er damit das biologische, menschliche Ende.
Die ganze Welt ein Friedehof! Immerhin verbirgt sich in dem Wort ein Geheimnis. Da steckt das Wort "Frieden" drin! Die Ganze Welt ist also ein Hof, an dem es Frieden gibt. Mir geht es darum, dass es immer zwei oder mehr Wahrheiten gibt, die zur gleichen Zeit existieren. Die andere Wahrheit stimmt ebenso: Die ganze Welt ist ein Paradies!
Dein Schlafzimmer schenkt dir Ruhe und Erholung! Deine Küche gibt dir wunderbare Nahrung! Dein Bad lässt dich frisch werden! Dein Waschkeller sorgt für saubere Kleidung! Du verbindest dich mit der lebendigen Natur und dankst dem Schöpfer für dein Leben. Die ganze Welt ist ein Friedhof! Das bleibt! Die ganze Welt ist ein Paradies! Das bleibt auch!
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