Dienstag, 31. Oktober 2017
Absolut!
Ich habe an einer Weiterbildung teilgenommen. Der Referent hatte ein Lieblingswort: "Absolut!"
"Ist es in Ordnung, dass ich einem Klienten etwas so sagen kann?" - "Absolut!"
Jegliches "Ja" wurde zu einem "Absolut". Schade! Ich mag die Unterschiede. Auch bei einer Zustimmung.
Da gibt es doch die vielen "Ja" - Möglichkeiten wie vielleicht, ein wenig, richtig, genau, ich stimme zu, ganz gut, ja mit einer kleinen Einschränkung, jein, nein mit einer Ausnahme...
Wenn es nur ein "Absolut" gibt, gibt es auch keine Steigerung mehr. Alles und jedes ist "Absolut!"
"Liebst du mich?" - "Absolut!"
"Gefällt dir mein neuer Pullover?" - "Absolut!"
Das Absolute in der Philosophie meint die Loslösung von allen Einschränkungen. Ein völliges Ja ohne jeden Funken von Nein. Manche sehen darin eine göttliche Qualität. Nur Gott ist der "Absolute!" Alles Menschliche hat immer eine Einschränkung, wenigstens eine kleine!
Meine Freundin sitzt gerade neben mir und findet das "absolut" von dem Referenten ganz toll! Sie sieht es als wunderbare Wertschätzung und setzt ein breites Strahlen auf. Sie mag schon jetzt den Referenten - ohne dass sie ihn kennt. Er muss "absolut" nett sein. Die Westwestfalen und übrigens auch die Ostwestfalen sind eher sparsam mit "absoluten" Wertschätzungen. "War nicht schlecht!" ist die westfälische Art von "absolut toll."
Ich finde es übrigens absolut in Ordnung, wenn du meinen Gedanken nicht teilst! ;-)
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Montag, 30. Oktober 2017
Probleme sind verkleidete Möglichkeiten
Manche ordnen diesen Spruch Henry Ford zu und andere wiederum Henry David Thoreau. Mir gefällt die Vorstellung, dass Probleme nicht einfach Probleme sind. Ich stelle mir vor, dass jemand zu mir in die Beratung kommt mit dem Auftrag, dass er an Möglichkeiten glaubt angesichts seines Problems. Dass er sie im Augenblick nur nicht erkennen kann.
Die meisten Menschen sind ja klug genug, das eine oder andere Problem zu lösen. Seit frühester Kindheit gehört es ja zum Lebensprogramm, dass wir Aufgaben gestellt bekommen und sie in der Regel auch gut lösen. Wir lernen, wie wir wieder aufstehen können nachdem wir hingefallen sind. Wir lernen, wie wir mit einem Löffel Brei von der Schüssel in den Mund bewegen ohne zu schlabbern. Wir weiten unsere Fähigkeiten aus je nach Anforderung. Wir bauen auf auf dem Wissen, was wir in uns tragen. Wenn ich mal eine Schraube gelöst habe werde ich andere Schrauben von anderen Gegenständen auch lösen können. Erst, wenn ich mit meine Aufgaben nicht lösen kann und darunter leide, wird es zu einem Problem.
Ich habe mich mit meinem Verstand angestrengt. Ich habe alles probiert und es lässt sich nicht lösen. Dann wird es für mich zu einem Problem. Ich bin überzeugt davon, dass ich es nicht lösen kann. Weil ich es nicht kann! Ich habe ja alles probiert! Was ist, wenn mein Problem nur aus verkleideten Möglichkeiten besteht? Dann würde es ja bedeuten, dass ich es grundsätzlich lösen könnte. Wenn ich die Kleider ablege. Ich kann meine Möglichkeiten im Moment nur nicht sehen, weil sie unter den Kleidern verborgen sind.
Kann ich die Kleider selber ablegen oder brauche ich dafür Unterstützung? Vielleicht kann ich es gar nicht erkennen, dass ich gerade verkleidet bin. Es sieht nur ein Außenstehender. Der von außen sieht mehr als ich selber. Wie bei des Kaisers neuen Kleidern. Ich bin manchmal blind für meine Möglichkeiten.
Es könnte doch hilfreich sein für mein nächstes Problem, dass ich mir einfach vorstelle, dass ich gerade verkleidet bin. Benebelt! Kurzsichtig! Ich könnte einen Schritt zurücktreten und mich von außen wahrnehmen. Ich könnte mein eigener Coach sein und mit von außen mal ganz neutral betrachten. Auch wenn ich von dort mein Problem nicht lösen kann könnte ich mich dadurch von meinem Problem lösen. Ich könnte zu meinem Problem sagen: "Du bist jetzt da. Aber ich entscheide mich dafür, dich nicht zu lösen. Kann ja jemand anders machen. Kannst ja mal einfach mich in Ruhe lassen. Mir die Ruhe geben, damit da ein Impuls kommt. Nicht aus dem Kopf, vielleicht aus dem Bauch oder aus dem Herzen."
Wenn Probleme verkleidete Möglichkeiten sind, lässt sich dann vom Kleid auf die Möglichkeiten schließen. Könnte ich mir das "Kleid" anschauen und eine Idee bekommen, welche Möglichkeit sich dahinter versteckt? Ich glaube, ja! Nicht jede Möglichkeit trägt das gleiche Kleid. Bevor ich da aber weiter spekuliere müsste ich das mal ausprobieren. Bei meinem nächsten Problem achte ich auf mögliche Verkleidungen. Eine Verkleidung kann ich vielleicht schneller entdecken als die dahinter liegende Möglichkeit. Die Möglichkeit sehe ich also nicht, aber immerhin schon das Kleid. Im Wort Kleid höre ich das Wort Leid. Vielleicht ist mein Leid ein Hinweis auf diese Möglichkeit. Ich leide wenn ich ein Problem habe. Dann schaue ich mir doch mal mein Leid an. Was lässt mich genau leiden? Welches Bedürfnis kann ich im Moment nicht erfüllen? Kann ich mein Problem besser lösen, wenn ich das verk-leid-ete Bedürfnisse kenne? Ich wünsche dir viele Möglichkeiten beim entk-leid-en deiner Probleme!
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Samstag, 28. Oktober 2017
Rede wie Silber und schweige wie Gold!
So geht ja das Sprichwort eigentlich: "Reden ist Silber. Schweigen ist Gold!" Ein feierliches Abschlusswort eines Menschen, der nicht zum Kreis der Schwätzer, Denunzianten und Intriganten gehört. Ein Mensch, der auf die Kraft des Schweigens vertraut! Reden ist ganz in Ordnung, aber Schweigen ist auf jeden Fall besser. Silber ist wertvoll, aber Gold ist noch wertvoller.
Dadurch, dass "reden" und "schweigen" in einem Zusammenhang gesetzt werden geschieht zugleich eine Wertung.
Silber hat doch eine ganz eigene und besondere Qualität. Silber ist sehr kostbar. Manche Menschen können sehr gut Silberschmuck tragen. Sie sehen damit wunderbar und würdig aus! Eine Augenweide! Alte Menschen mit "silbernem" Haar wirken erfahren und weise!
Gold hat auch eine ganz eigene und besondere Qualität. Gold ist sehr kostbar. Manche Menschen können sehr gut Goldschmuck tragen. Sie sehen damit wunderbar und außergewöhnlich aus! Eine Augenweide! Menschen mit Gold in der Stimme erfreuen das Herz der Zuhörer!
Reden hat eine wunderbare Qualität! Darin besteht die Hälfte der Kommunikation! Reden auf der einen Seite und zuhören auf der anderen Seite. Toll, wenn jemand über seine Gefühle sprechen kann! Einladend, wenn jemand wohltuende Worte findet! Was täten wir ohne die Geschichtenfinder- und erzählerInnen! Durch das Reden werden ganze Welten erfunden. "Am Anfang war das Wort!" steht schon in der Bibel. Du kannst natürlich auch einfach drauflos quatschen! Darum wäre das schon wichtig, "Reden" mit "Silber" in einen Zusammenhang zu bringen. Etwa so: "Rede wie Silber!" Geh sorgfältig mit deinen Worten um! Achte darauf, was dein Reden beim Zuhörer auslösen kann! Finde ein gutes Maß! Zu wenig ist manchmal eben zu wenig. Und zu viel ist zu viel!
Schweigen hat eine wunderbare Qualität! Verteilt auf die vielen Stunden des Tages schweigst du lange Zeiten. Wenn du nachts im Bett deine Augen schließt trittst du ein in das große Schweigen! Im Schweigen kommt eine ganz neue Welt zu dir! Im Schweigen findest du Ruhe und Kraft! Es ist möglich, im Schweigen sich jenseits aller Worte zu verstehen. Du kannst aber auch schweigen, weil du gekränkt bist. Du verweigerst dich der Kommunikation bzw. des Redens. Du hältst den Mund, damit du nichts falsches sagen willst! Du schweigst halt lieber in Streitsituationen. Darum macht es Sinn, auf die Qualität des Schweigens zu achten! "Schweige wie Gold!" Werde dir dessen bewusst, dass es Art des Schweigens gibt, die wir Meditation oder Kontemplation nennen. Im Schweigen nimmst du das "Ganze" wahr. In der Bibel wird erzählt wie Gott am siebten Tag der Schöpfung ins Schweigen ging. Er ruhte aus! Auch Jesus ging für 40 Tage in die Wüste um eine "goldene" Schweigezeit mit Gott zu erleben.
Doch in der Kombination von "Reden wie Silber" und "Schweigen wie Gold" wird der Wert der einzelnen Qualitäten zerstört. Hilfreicher wäre es, ein Gespür dafür zu entwickeln, was zu welcher Zeit dran ist. Und dass du zugleich darauf achtest, dass deine Art zu reden und zu schweigen sich gut weiterentwickelt zu einer silbernen und goldenen Qualität.
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Freitag, 27. Oktober 2017
Über das spurlose Verschwinden...
Manchmal verschwindet etwas spurlos. Socken verschwinden in der Waschmaschine und Pullover befinden sich plötzlich nicht mehr im Schrank. Du bist dir sicher, wo du deine Sachen abgelegt hast und auf einmal sind sie nicht mehr da. Spurlos verschwunden. Ich vermisse meinen Personalausweis. Er ist spurlos verschwunden. Ich habe alle Schubladen abgesucht und alle Jacken- und Hosentaschen gefilzt. Ich habe an jeden auch nur erdenklichen Ort nachgeschaut und jetzt blicke ich der Tatsache ins Auge. Mein Peronalausweis ist unauffindbar. Dabei steht doch darauf, wer ich bin. Mein Name, meine Anschrift, die Körperlänge und die Farbe meiner Augen. Merkwürdig, nicht wahr? Zur gleichen Zeit befinde ich mich in einer Identitätskrise. Vor zwei Jahren wusste ich noch, wer ich war. Das weiß ich im Moment nicht mehr. Ist es da nicht folgerichtig, dass sich der Personalausweis auch auflöst? Wie im Inneren so auch im Äußeren. Ich versuche, eine Weile ohne Identität auszukommen und probiere es auch mit meinem Ausweis. Wenn ich hoffentlich irgendeine Identität wiedergefunden habe wird sich auch der Ausweis einfinden.
Spurlos verschwinden Dinge und auch Menschen. Hast du schon erlebt, wie Menschen in deinem Leben spurlos verschwunden sind? Sie haben sich nicht verabschiedet und du hast auch nicht selbst Abschied genommen. Ihr habt euch nicht gestritten und nicht bewusst getrennt. Aber wenn du genau hinspürst, dann ist es doch stimmig. Es ist nicht grundlos, dass diese Menschen aus deinem Leben verschwunden sind.
In einer Achtsamkeitsübung habe ich gelesen, dass ich für eine Woche einen Raum in meiner Wohnung nur so benutze, dass nach der Aktion keine Spuren sichtbar sind. Ich räume also meine Küche so auf, dass ein Fremder denkt, die wird gar nicht benutzt.
Manchmal ist es gut, wenn die Dinge oder Menschen verschwinden. Wir können eh nichts festhalten. Alles im Leben ist wie Sand und zerrinnt zwischen den Fingern. Wenn etwas spurlos verschwindet gibt dir das Leben die Möglichkeit, eine Lektion zu lernen. Lasse los!
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Dienstag, 24. Oktober 2017
Man hört immer von Leuten, die vor lauter Liebe den Verstand verloren haben. Aber es gibt auch viele, die vor lauter Verstand die Liebe verloren haben. (Jean Paul)
Vielleicht bist du am Anfang deiner Beziehung so verliebt, dass du den Verstand verlierst. Du siehst mit deiner rosaroten Brille eine Prinzessin. Eine Königin. Einen Menschen ohne Schwächen. Oder wenn, dann mit äußerst liebevollen Schwächen. Der Schatten ist weit weggerückt. Wenn schon nicht mit dem Kopf, dann doch im Gefühl. Und das ist am Anfang einer Beziehung auch ganz normal.
Jean Paul kehrt diesen Satz mit Bedacht um. Es gibt auch viele, die vor lauter Verstand die Liebe verloren haben. Ich kenne solche, die von der Liebe enttäuscht sind. Sie prüfen jeden Menschen jetzt kritisch. Welche Fehler kann ich entdecken? Ist dieser neue Mensch kompatibel mit meinen Erwartungen und Werten? Wird dieser Mensch mich auch verlassen? Der Verstand bekommt eine Menge Aufgaben. Er soll prüfen, ob sich die Liebe lohnt.
Oder du lebst schon lange mit deinem geliebten Menschen zusammen. Dein Blick und deine Gedanken werden von Jahr zu Jahr kritischer. Lohnt es sich noch? Ist das Leben nicht doch zu anstrengend. Wirst du genug gesehen mit deinen Bedürfnissen? Bekommst du genug oder gibst du nur? Auch da bist du im Verstand. Du denkst ständig nach. Darüber kann das Fühlen verloren gehen. Das Fühlen der Verbundenheit. Dieser Prozess kann schleichend sein. Du denkst ständig kritisch über diesen Menschen, mit dem du zusammenlebst und irgendwann ist die Liebe weg. Du wachst auf und stellst dir plötzlich die Frage, wer denn dieser Mensch ist, mit dem du da zusammenlebst. Was findest du noch liebenswert? Und du fragst wieder mit dem Verstand und fühlst nicht.
Gibt es eine Lösung? Wünsche dir einfach, wieder in Verbindung zu kommen. Sieh diesen Menschen an deiner Seite an und lass das Herz sprechen. Da sitzt jemand, der auf jeden Fall liebenswert ist. Ohne jeden Zweifel. Es liegt nicht an diesen Menschen an deiner Seite. Es liegt an deiner Sichtweise und deinen verqueren Gedanken.
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Montag, 23. Oktober 2017
Vielleicht geht doch noch was?
Das Kind bekommt ein schlechtes Zeugnis und wird nicht versetzt in die nächste Klasse. Da kann man nichts machen!
Das Paar hat sich heillos zerstritten und reicht die Scheidung ein. Da kann man nichts machen.
Der Kranke liegt im Sterben und der Tod wartet vor der Tür. Da kann man nichts machen.
Klingt wie Resignation, nicht wahr. Manchmal müssen wir uns dem "Schicksal" ergeben. Das Kind hat sich alle Mühe gegeben und dennoch die erforderlichen Noten nicht geschafft. Das Ehepaar war sogar in einer Beratung und der Kranke hat lange gekämpft. Da kann man nichts machen. Es mag sein, dass das Kind nicht versetzt wird, das Paar sich trennt und der Kranke stirbt. In jeder Situation "kann man dann dennoch etwas machen".
Das Kind kann daraus eine Lektion für die Zukunft lernen und andere Wege gehen. Das Paar findet in der Krise vielleicht einen neuen Anfang. Der Kranke kann noch vor dem Tod seinen Angehörigen seine Liebe zeigen.
Die Situationen können wir manchmal nicht verändern, aber unsere innere Einstellungen. Jedes Ereignis, das uns herausfordert, gibt uns die Gelegenheit zum inneren Wachsen.
Du kannst dein Leben bejahen mit allen Facetten. Es gibt nichts zu tun.
Du kannst Ja sagen auch zu deinen Fehlern. Dann gibt es nichts zu tun.
Du kannst dich mit dir selber aussöhnen. Dann gibt es nichts zu tun.
Da kann man nichts machen - Resignation.
Es gibt nichts zu tun - einfach im Sein sein!
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Das Paar hat sich heillos zerstritten und reicht die Scheidung ein. Da kann man nichts machen.
Der Kranke liegt im Sterben und der Tod wartet vor der Tür. Da kann man nichts machen.
Klingt wie Resignation, nicht wahr. Manchmal müssen wir uns dem "Schicksal" ergeben. Das Kind hat sich alle Mühe gegeben und dennoch die erforderlichen Noten nicht geschafft. Das Ehepaar war sogar in einer Beratung und der Kranke hat lange gekämpft. Da kann man nichts machen. Es mag sein, dass das Kind nicht versetzt wird, das Paar sich trennt und der Kranke stirbt. In jeder Situation "kann man dann dennoch etwas machen".
Das Kind kann daraus eine Lektion für die Zukunft lernen und andere Wege gehen. Das Paar findet in der Krise vielleicht einen neuen Anfang. Der Kranke kann noch vor dem Tod seinen Angehörigen seine Liebe zeigen.
Die Situationen können wir manchmal nicht verändern, aber unsere innere Einstellungen. Jedes Ereignis, das uns herausfordert, gibt uns die Gelegenheit zum inneren Wachsen.
Du kannst dein Leben bejahen mit allen Facetten. Es gibt nichts zu tun.
Du kannst Ja sagen auch zu deinen Fehlern. Dann gibt es nichts zu tun.
Du kannst dich mit dir selber aussöhnen. Dann gibt es nichts zu tun.
Da kann man nichts machen - Resignation.
Es gibt nichts zu tun - einfach im Sein sein!
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Samstag, 21. Oktober 2017
Wo liegt dein Venedig?
Vor ein paar Tagen las ich von Lippstadt als dem Venedig Westfalens. Kannte ich noch nicht! Dann begann ich zu recherchieren und fand heraus, dass es die Venedig des Nordens gibt mit Giethoorn in Holland. Dazu kommen noch Amsterdam, Brügge, Kopenhagen und Friedrichstadt. Im Osten tummeln sich als Venedig Städte wie Dresden, Breslau und St. Petersburg. Im Westen gibt es auch Orte mit dem gleichen Beinamen wie Westport in Irland und Nantes in Frankreich. Um die Venedigs zu komplettieren wandern wir in den Süden nach Recife, Puerto de Mogan auf Gran Canaria und nach Bangkok.
Ergänzen wir dann noch die Vendigs für die Städte, die sich ein wenig zurücknehmen, dann gelangen wir zu den "Kleinvenedigs" nach Berlin, Colmar und Bamberg. Und mitten drin: Lippstadt, das Venedig in Westfalen! Herrlich!
Ein paar Venedigs habe ich bestimmt noch vergessen. Mir geht es jedoch um das Thema, das sich dahinter verbirgt. Wir möchten alle im Paradies leben. Ein paar Kanäle, schöne Häuser, Orte des Verweilens, ein Straßencafé. Einfach im Sein sein! Manchmal entscheiden wir uns für diesen Ort und fahren nach Venedig im Original. Wir haben die Hoffnung, dass sich da unsere Träume und Sehnsüchte erfüllen.
Die Sehnsucht treibt uns voran und zieht uns an sich. Das lässt sich auch gut vermarkten. Sobald eine Stadt ein wenig Venedig ausstrahlt, lässt sich das mit der Sehnsucht der Menschen verknüpfen nach dem Motto: "Komm nach Lippstadt und deine Seele findet, was sie sich wünscht!" Und so nebenbei lässt du den einen oder anderen Euro im dahinsiechenden emotionalen Sehnsuchtszustand fallen.
Das erinnert stark an die ersten Geschichten im Buch Genesis. Die Menschen verlieren ihr Paradies, weil sie von der verbotenen Frucht essen. Sie werden vertrieben, aber die Erinnerung bleibt und die Sehnsucht auch, wieder dahin zu finden.
Im psychologischen Sinn war unser erstes Paradies der Mutterleib. Den mussten wir verlassen bei der Geburt. Jeder Mensch trägt also eine Geschichte der Verlassenheit in sich. Und zugleich eine Geschichte der Sehnsucht. Ich will zurück! Zurück an dem Ort des Glückes.
"Venedig" wird zu einem modernen Bild unserer Sehnsucht. An das Paradies glaubt ja keiner mehr. Mit dem lässt sich auch kein Geld verdienen.
Wo liegt dein Venedig, wenn wir schon einmal bei dem Thema sind? Wann kannst du entspannen. Wo und was brauchst du dafür, wenn du etwas brauchst? Siechst du noch dahin in deiner Sehnsucht? Bist du also "süchtig" oder bist du schon angekommen? Bist du vielleicht noch verführbar? Wenn ja, wie stark? Welches "Venedig" steht dir zur Verfügung und nach welchem "Venedig" schmachtest du?
Wenn du magst, dann öffne doch mal dein Herz und schau da rein. Vielleicht entdeckst du, dass ein Stück Venedig dort verortet ist und du aufhören kannst mit dem Suchen. Frohes Entdecken!
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Freitag, 20. Oktober 2017
Heilsame Töne
Eigentlich würde ich hier lieber eine Audiodatei veröffentlichen, denn bei der Betonung geht es ja um den Ton und um das Hören. Auf den Ton kommt es an!
"Was du gesagt hast, stört mich nicht! Aber wie du es sagst! Da hast du dich wohl im Ton vergriffen!" Im Schwingen der Stimme hören wir mehr als nur Worte wie von einem neutralen Sprachcomputer. Da möchte jemand etwas von dir. Mit welchem Wort fängt er an? "Anna,... könntest du mal..." "Martin,... das finde ich jetzt...." Du wirst also mit deinem Namen angesprochen. Und oft vermutest du schon beim Aussprechen deines Namens, dass da jemand von dir etwas möchte. Kennst du auch solche Sätze wie: "Du meldest dich auch nur, wenn du etwas willst!" Jemand möchte "etwas" von uns, aber wir als Personen sind selbst oft gar nicht gemeint. Dein Auto ist interessant, dein Wissen, dein Rasenmäher oder dein Grill. Aber du?
Ja klar, du wirst mit deinem Namen angesprochen, aber du bist nicht gemeint. Jetzt stell dir einmal einen Menschen vor, der dich mag! Er spricht dich an und sagt deinen Namen. Er will nichts von dir. Er ruft nur deinen Namen! In seiner Stimme schwingt Wohlwollen, Aufmerksamkeit, Neugier und Freude. Da gibt es auf einmal einen völlig anderen "Ton". Die Vokale in deinem Namen fangen an zu schwingen. Die M's und S's, F's und W'S beginnen zu surren und zu vibrieren. Im "Tönen" deines Namens spürst du ein großes Willkommen. "Schön, dass du da bist!"
Auf den Ton kommt es wirklich an! Nicht, wenn jemand etwas von dir will. Einen höflichen und freundlichen Ton finde ich eher selbstverständlich. Mir geht es um den Ton, der da drunter und da drüber liegt. Die Ober- und Untertöne! Das ganze Spektrum deines Daseins! Ob du deinen Namen liest oder aussprichst - ein Riesenunterschied! Geh doch mal in den Wald und rufe deinen eigenen Namen. Summe ihn! Singe ihn! Dehne die Vokale und lasse es klingen! Verlocke dich selbst, lade dich ein und lege ein schelmisches Glucksen mit hinein. Dann geh in eine Kirche, stelle dich mitten in den Raum und wiederhole das Ganze noch einmal. Bemerkst du einen Unterschied? Du im Wald oder du in der Kirche?
Dann gehst du mit einem lieben Menschen in den Wald oder in die Kirche und "betönst" diesen. Du wirst merken, wie du da in Schwung kommst. Alle deine Körperzellen werden aktiv werden. Dein Gegenüber wird vor Freude und vielleicht auch vor Scham erröten. Aber es wird zu einem unvergesslichen Ereignis und Fest werden.
Nach der Bibel erschuf Gott die Welt durch das Wort. Er tönte auch! Durch die Schwingungen aus seinem Herzen, ausgedrückt in Töne und Worte wurde die Schöpfung! Für ihn kam es auch darauf an, dass er den Ton fand, der das Leben hervorbrachte. Auf den Ton kommt es an, weil er eine ganze Welt erschafft!
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Montag, 16. Oktober 2017
Bitte hängen sie hier Ihre anprobierte Ware ab.
Du
gehst in eine Boutique und probierst ein Kleidungsstück an. Wenn es
nicht gefällt oder passt, was machst du dann? Du hängst es an einen
Ständer direkt an der Umkleide. Dieses Prozedere musste ich erst einmal
verstehen. Mir ist das bislang nie aufgefallen.
Ja, ich habe an der Umkleide mal einen Ständer gesehen mit lauter Anziehsachen. Meistens in einem Durcheinander. Aber erst dieses Schild hat mich aufgeklärt. "Bitte hängen Sie hier Ihre anbrobierte Ware ab."
Bisher habe ich meine Waren immer sorgfältig gefaltet und dahin zurückgebracht, wo ich es hergenommen habe. Die Verkäufer machen das auch so. Sie falten und bringen zurück. Für mich war das einfach selbstverständlich. Ich habe es dort weggenommen, also bringe ich es dorthin zurück. Ich mache das wie in meinem Haushalt. Ich benutze das Geschirr. Wasche es ab und stelle es zurück an den Ort, wo es hingehört.
Das gibt mir Halt und Sicherheit. Alle Dinge haben ihren Platz. Dort gehören sie hin. Da finde ich sie wieder und sie stehen dort, bis sie von mir gebraucht werden. Da gibt es so viele Diener in meinem Leben. Teller und Tassen, Lappen und Eimer, Hosen und Hemden, Konservendosen und Tüten. Hunderte von Dingen bleiben geduldig an ihrem Platz bis ich sie greife.
Wenn ich meine anprobierten Waren an diesen "Ständer" hänge - wann werden sie wohl an ihrem Platz zurück gebracht? Vielleicht sucht ein Kunde gerade nach einem Teil, das an diesem Ständer hängt. Es hängt dort und findet nicht den Weg zum Kunden. Ich werde auch in Zukunft meine Pullover, Hemden und Hosen wieder an ihren Platz zurückbringen. Nicht, um die Verkäufer zu entlasten. Die stehen sowieso oft nur herum. Ich tue das für mich und für die Sachen, die ich anprbiere. Und ich erinnere mich daran, dass ich selber auch einen Platz brauche, wo ich sein darf. Ein Platz, den mir niemand streitig macht. Ich möchte auch nicht entsorgt werden und an einem Ort landen, den ich mir nicht ausgesucht habe. Und? Hast du deinen Platz schon gefunden?
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Ja, ich habe an der Umkleide mal einen Ständer gesehen mit lauter Anziehsachen. Meistens in einem Durcheinander. Aber erst dieses Schild hat mich aufgeklärt. "Bitte hängen Sie hier Ihre anbrobierte Ware ab."
Bisher habe ich meine Waren immer sorgfältig gefaltet und dahin zurückgebracht, wo ich es hergenommen habe. Die Verkäufer machen das auch so. Sie falten und bringen zurück. Für mich war das einfach selbstverständlich. Ich habe es dort weggenommen, also bringe ich es dorthin zurück. Ich mache das wie in meinem Haushalt. Ich benutze das Geschirr. Wasche es ab und stelle es zurück an den Ort, wo es hingehört.
Das gibt mir Halt und Sicherheit. Alle Dinge haben ihren Platz. Dort gehören sie hin. Da finde ich sie wieder und sie stehen dort, bis sie von mir gebraucht werden. Da gibt es so viele Diener in meinem Leben. Teller und Tassen, Lappen und Eimer, Hosen und Hemden, Konservendosen und Tüten. Hunderte von Dingen bleiben geduldig an ihrem Platz bis ich sie greife.
Wenn ich meine anprobierten Waren an diesen "Ständer" hänge - wann werden sie wohl an ihrem Platz zurück gebracht? Vielleicht sucht ein Kunde gerade nach einem Teil, das an diesem Ständer hängt. Es hängt dort und findet nicht den Weg zum Kunden. Ich werde auch in Zukunft meine Pullover, Hemden und Hosen wieder an ihren Platz zurückbringen. Nicht, um die Verkäufer zu entlasten. Die stehen sowieso oft nur herum. Ich tue das für mich und für die Sachen, die ich anprbiere. Und ich erinnere mich daran, dass ich selber auch einen Platz brauche, wo ich sein darf. Ein Platz, den mir niemand streitig macht. Ich möchte auch nicht entsorgt werden und an einem Ort landen, den ich mir nicht ausgesucht habe. Und? Hast du deinen Platz schon gefunden?
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Samstag, 14. Oktober 2017
Laufe nicht der Vergangenheit nach und verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt. (buddhistische Weisheit)
Manchmal klebe ich in meiner Vergangenheit fest. Ich bedaure, dass ich dieses oder jenes so und nicht anders gemacht habe. Hätte ich doch nicht... Ich kann mich in einen solchen Gedanken ganz tief eingraben und werde traurig.
Manchmal klebe ich aber auch in der Zukunft fest. Ich muss einen Vortrag halten und spüre schon Tage vorher die Angst. Es fühlt sich so an, als ob die vielen Menschen mich schon jetzt erwartungsvoll anschauen.
Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft noch nicht da. Leider sind die Ereignisse der Vergangenheit oft noch im gegenwärtigen Erleben präsent. Ich hole sie mir immer wieder herbei. Und auch, wenn die Zukunft noch nicht sattgefunden hat. Wenn ich daran denke wird sie gegenwärtig.
Das Leben ist hier und jetzt. Wenn ich mich auf das Jetzt konzentriere verschwinden vergangene Gedanken und Gefühle. Wenn ich mich auf des Jetzt fokussiere gibt es keinen Platz für die Zukunftsangst. Doch wie schnell wandert der Gedanke wieder zurück und nach vorne.
Ich lade dich ein zu einem Experiment. Denke doch einmal an ein Ereignis der Vergangenheit, das dich belastet. Warte, bis du ein Gefühl dazu bekommst. Dann springst du in die Zukunft und holst dir ein Ereignis ins Herz, das dir Angst macht. Wenn du es fühlst springst du wieder zum gleichen Ereignis zurück in die Vergangenheit. Von dort aus wieder zum gleichen Ereignis in die Zukunft. Beobachte dabei, was in dir geschieht. Verlangsame das Tempo und dann mache wieder schneller. Switche von der Zukunft in die Vergangenheit und wieder zurück.
Verwirrt es dich? Stellst du einen inneren Beobachter oder Gestalter fest, der das vollbringt? Ein "Ich", dass in die Vergangenheit gehen kann und in die Zukunft? Bemerkst du, dass du im Wechseln immer mehr die Gestaltungshoheit übernimmst? Die Vergangenheit "überfällt" dich nicht mehr? Ist die Verwirrung heilsam?
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Donnerstag, 12. Oktober 2017
Zwei Taschen muß ein Mensch in seiner Jacke haben. In der einen findet man die Worte: Die Welt wurde um meinetwillen erschaffen, in der anderen: Ich bin nur Staub und Asche. (Weisheit der Sufi)
Die Welt wurde um meinetwillen erschaffen.
Nur für mich wurde diese Welt erschaffen. Meine Eltern haben sich miteinander verbunden, damit sie mich in die Welt setzen konnten. Für mich haben sie ihr Haus gebaut und für mich wurde der Kindergarten in meinem Heimatdorf ins Leben gerufen. Die Erschaffung der Welt vom Anfang an hatte nur ein einziges Ziel. Mir einen Platz vorzubereiten damit ich da leben kann. Und weil der Schöpfer unendlich großzügig war erschuf er für mich persönlich nicht nur eine Möglichkeit sondern gleich unendlich viele. Ich hätte nach Indien oder nach Afrika gehen können. Abermillionen Plätze wurden nur für mich vorbereitet. Die Welt liegt mir zu Füßen und ich bin unendlich reich!
Ich bin nur Staub und Asche.
Ständig plagt mich ein Schnupfen. Ich verstehe keine Gebrauchsanweisungen und ich kann bis heute kein Fußball spielen. Ich werde eines Tages meine Augen schließen und diese Welt verlassen. Nichts wird mir mehr gehören. Schon morgen könnte ich meine Arbeit verlieren, mein Geld, meine Gesundheit, alles.... Und ich werde mit tötlicher Sicherheit alles verlieren. Der Staub in meiner Tasche sammelt sich an. Der Haufen wird größer. Als ich auf diese Welt kam legte der Schöpfer gleich am ersten Tag die Asche mit in meine Windel. Sie wächst Tag für Tag und ich werde daran ersticken. Ich kann sie wegfegen aber sie kommt wieder.
Welche Wahrheit stimmt nun? Beide Wahrheiten und eine dritte. Ich lebe den einen Standpunkt und den anderen Standpunkt und die Standpunkte dazwischen. Mein Leben speist sich aus dem sicheren Wissen um meine Endlichkeit und dem sicheren Wissen um meine Ewigkeit. Das ist der Brennstoff in den Taschen meiner Jacke. In dieser Welt lässt sich das nicht auflösen. Ich kann mich aber in diese Spannung hinein ausdehnen. So ist es! Das alles gehört zu mir. Ich nehme es an!
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Mittwoch, 11. Oktober 2017
Hab viel Geld in deinen Taschen, aber keines im Herzen. (Weisheit der Sufi)
Im Rahmen einer Predigt habe ich einmal einen Fünf Euro Schein verbrannt. Ich wollte damit ein kleines Experiment machen. Wie stark ist das Herz von uns Menschen mit dem Geld verbunden. Und - wie war die Reaktion? Wenn Menschen sich an meine Predigten erinnern, dann vor allem an diese Aktion. Da gingen die Wogen hoch! Geld verbrennen? Wie kann man so was machen! Erklären hätte auch ausgereicht! Damit hätte man helfen können!
Der Schrei der Herzen war unüberhörbar. Es waren meine eigenen fünf Euro. Das wurde schnell ignoriert. Ehrlich gesagt: Mir tat es auch Leid um das Geld. Ein wenig. Was habe ich in meiner Tasche und was in meinem Herzen?
Die Sufi empfehlen, da einen Unterschied zu machen. Was du in deinem Herzen trägst prägt dich. Macht dein Leben aus. Bestimmt dein Denken und Handeln. Was du in den Taschen trägst, wandert ohne große Emotionen. Du steckst was rein und holst was raus.
Ich könnte also leicht sagen, dass mein Geld nicht am Herzen klebt. Das sagt der Verstand. Aber wenn du das Geld verbrennst meldet sich vielleicht das Herz. Dann weißt du, wo dein Geld sich wirklich befindet. Warum befindet es sich so oft im Herzen? Es geht um dein Bedürfnis nach Sicherheit. Wenn du genug Geld hast glaubst du, dass du nicht verhungern musst. Darum hältst du dein Geld fest. Damit du auf keinen Fall verhungerst. Deine eiserne Reserve!
Wenn das Geld wertlos wird hast du allerdings nichts mehr davon. Ich plädiere für echte Werte, die ich im Herzen platziere. Du bist mir zum Beispiel wervoll. Dich platziere ich gerne im Herzen. Und neben dir auch meine Menschen, die mir nahe sind. Die an meinem Herzen wohnen.
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Dienstag, 10. Oktober 2017
Wir haben eine Regel, nach der sich nie alle immer richten.
Vor ein paar Tagen erschien mir im Traum ein Freund. Er sprach vom Zusammenleben in seiner Familie. Mit folgendem Satz bin ich aufgewacht: "Wir haben eine Regel nach der sich nie alle immer halten."
Nie, alle und immer schwirrte in meinem Kopf herum. Im Aufwachen verstand ich den Sinn dieses Satzes überhaupt nicht. Menschen leben zusammen und entwickeln Regeln. Das gibt jedem in der Gruppe Halt und Orientierung. Regeln verhindern das Chaos. Jedes Mitglied in der Gruppe versucht so gut es geht, sich daran zu halten und dafür zu sorgen, dass alle das Bedürfnis nach Sicherheit und Zusammenhalt wahrnehmen und respektieren. Manchmal entstehen die Regeln demokratisch und manchmal auch nach der Vorstellung der Eltern oder sonstiger Autoritäten.
In meinem Traum nun gab es eine Regel nach der sie nie alle immer halten. Ging es dabei um ein bestimmtes Thema oder galt das grundsätzlich? Ich habe es so verstanden, dass es in der Familie meines Freundes die Erlaubnis gab, dass immer jemand von der Regel befreit war. Niemand erwartet, dass sich alle immer nach dieser Regel richten. In meinem Wachbewusstsein gehe ich davon aus, dass eigentlich sich alle an die Regeln halten. Wie selbstverständlich. Ausnahmen sind Ausnahmen.
Wenn eine Gruppe es sich erlauben kann, dass immer Mitglieder sich befreien dürfen dann entsteht doch ein größerer Freiraum, oder? Es bringt zum Ausdruck, dass es nicht um das Einhalten von Regeln geht sondern um einen guten sozialen Zusammenhalt.
Wir Menschen haben alle unterschiedliche Bedürfnisse zu unterschiedlichen Zeiten. Ich habe das Bedürfnis nach Gemeinschaft, aber auch nach Autonomie. Manchmal scheinen sich die Bedürfnisse zu beißen. "Wir haben eine Regel, nach der sich nie alle immer richten." Den Satz übersetze ich so: "Wir achten darauf, dass möglichst viele Bedürfnisse unserer Gruppenmitglieder erfüllt werden. Dabei stellen wir Regeln eher hinten an."
Wie streng bist du mit deinen Regeln? Am Arbeitsplatz oder in der Familie oder in deinen sonstigen sozialen Gruppen? Wer nimmt sich da mehr Freiheiten heraus und wie händelst du es? Gibt es eine Regel, die für dich absolut gilt? Ich wünsche dir ein Quäntchen mehr Freiraum.
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Montag, 9. Oktober 2017
Leben im meditativen Pilgerschritt oder doch lieber als Tanz?!
Die Zeit rast dahin. Sie reicht nie aus für all die Projekte, die ich vorhabe. Die Tage sind zu kurz. Die Wochen sind erfüllt. Ich könnte noch effektiver werden. Ich könnte mich noch mehr konzentrieren. Die Abläufe besser planen. Aber wenn ich eine Aufgabe erledigt habe ruft die nächste mir zu, dass sie auch noch dran ist. Innerlich gibt es seit einigen Jahren einen völlig entspannten Teil von mir, dem klar ist: „Es gibt nichts zu tun!“ Angesichts der Ewigkeit sind meine Lebensaufgaben doch eher bescheiden und überschaubar.
Ein anderer eher
praktisch orientierter Teil von mir sieht aber den ungepflegten Garten, die
Bügelwäsche, die Kunden und die hohen eigenen Ansprüche. Der Terminkalender
erzählt mir, dass ich in der nächsten Woche einen Vortrag halten muss, in zwei
Wochen ein Seminar, viele Beratungen und, und, und.
Ich möchte das
Leben gerne entschleunigen. Langsamer werden. Auf dem Markt finde ich dazu
viele Bücher, die mich unterstützen wollen. Aber irgendwie habe ich den
Eindruck, dass diese Bücher mir nicht helfen. Sie versetzen mich in eine noch
größere Unruhe. Ich werde mir meiner Unfähigkeit bewusst, wirklich langsamer zu
werden. Die Ratgeberliteratur bringt meinen Verstand durcheinander. „Das müsste
ich auch noch bedenken?“ - „So könnte ich es noch besser machen?“ – „Eigentlich
müsste ich meine ganze Persönlichkeit umkrempeln!“
Wie gehe ich aber
damit um, wenn ich in meinem Leben dahineile? Ich erinnere mich an einen Meditationskurs,
wo die Kursleiterin uns einen meditativen Tanz beigebracht hat. „Wir gehen im
Pilgerschritt.“ Mit langsamer Musik drei Schritte vor und einen Schritt zurück.
Wer langsam läuft kommt auch ans Ziel. Mir gefällt diese Form der
Entschleunigung. Ich laufe in der Regel schnell. Sehr schnell! Ich rase durchs
Leben. Wenn ich jetzt drei Schritte vorlaufe befinde ich mich im gängigen
Arbeitsmodus. Wenn ich dann den Schritt rückwärts setze unterbreche ich und mache
einen Stopp. Jetzt sehe ich für einen Moment noch einmal den „Filmausschnitt“,
wo ich beim zweiten Schritt war.
Dieser eine
Schritt zurück macht einen Unterschied. Ich unterbreche die Abläufe. Überprüfe
noch einmal, ob sich alles so richtig anfühlt. Ich kann die Richtung korrigieren.
Ich werde zwar langsamer, aber ich komme trotzdem ans Ziel.
Das sage ich
meinem Kopf! Wenn da nur nicht dieser Turbo im Inneren wäre. Klar komme ich
auch ans Ziel wenn ich langsamer bin. Aber ich möchte gerne schnell ankommen. Der
Antreiber! „Mach voran! Fürs Ausruhen wirst du nicht bezahlt!“ Ich erinnere
mich an meine Kindheit. Mein Vater hat als Schuhmacher in einer Fabrik
gearbeitet. Schuhe produzieren im Akkord. Dieser Rhythmus übertrug sich auch
auf unser Familienleben. Irgendwie kann ich diesen Rhythmus nicht wirklich abstellen.
Er ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Automatisiert.
Wenn Menschen bei
der Arbeit trödeln fange ich an, mit den Fingern auf Tische zu trommeln. Wenn
bei einer Konferenz der Moderator durch die Tagesordnungspunkte schleicht,
steigert sich bei mir der Stresspegel von Minute zu Minute. Der Pilgerschritt
mit drei nach vorne und eins zurück bedeutet für mich eine echte Herausforderung.
In eine meiner
Beratungen habe ich eine Frau begleitet während ihrer Trennungsphase vom Ehemann.
Es hat lange gedauert, bis sie sich wirklich trennen konnte. Ich an ihrer
Stelle hätte den Schritt schon viel früher gemacht. Es war alles klar. Die
Beziehung war nicht mehr zu retten. Ich musste all meine Geduld aufbringen,
mich ihrem Tempo anzupassen. Dann schaffte sie endlich die Trennung und zog in
ihre neue Wohnung ein. Ein paar Wochen später erzählte sie mir, dass sie immer
noch die Wäsche ihres Mannes waschen würde. Und kochen würde sie auch noch für
ihn. Und sie litt, dass das mit der Trennung wohl nie völlig klappen würde.
Für einen
Augenblick dachte ich: „Es ist alles zwecklos. Die trennt sich nie!“ Im
nächsten Augenblick jedoch wurde ich völlig heiter und gelassen. Jetzt hatte
ich verstanden. Diese Frau lebt im Rhythmus des Pilgerschrittes. Und das
erzählte ich ihr. „Ja, Sie machen das wie beim Pilgerschritt. Drei vor und eins
zurück.“ Als ich ihr den Ablauf erklärte brach sie in ein Gelächter aus. „Davon
habe ich ja noch nie was gehört.“
Der Pilgerschritt
wurde für diese Frau zu einer Erlaubnis. Die Erlaubnis, sich so zu trennen, wie
es ihrem Tempo entsprach. Zugleich fand ich darin einen Hinweis für mich
selbst. Es ist auch in Ordnung durchs Leben zu eilen. Ich darf mir dazu die
Erlaubnis geben.
Irgendwann kam
mir die Erinnerung, dass es da auch noch die Echternacher Springprozession gibt.
Mir erzählte mal ein Pfarrer, dass man bei dieser Wallfahrt auch ein paar
Schritte vor und dann wieder zurückging. Ich konnte mir nie vorstellen, wie eine
große Schar praktisch gemeinsam springen könnte. Ich stellte mir so etwas wie
den Pilgerschritt vor.
Nach meiner
Trennungsberatung machte ich mich schlau und suchte bei YouTube nach der Echternacher
Springprozession und wurde fündig. Am Dienstag nach Pfingsten wird zu Ehren des
Heiligen Willibrord prozessiert. Unzählige Musikkapellen begleiten das Geschehen,
Tausende Zuschauer am Straßenrand. Das „Springdetail“ sieht folgendermaßen aus:
Zuerst die Musiker und dann eine feste Gruppe von Springern. Fünf in einer
Reihe, die sich gegenseitig an einem Dreiecktuch festhalten und miteinander
verbinden. Die Kapelle spielt eine Einleitung und dann ertönt so etwas wie eine
Polka. Und immer die gleiche Polka für die ca. 45 Fußgruppen. Die Leute gehen
aber nicht im meditativen Pilgerschritt drei Schritte vor und einen zurück
sondern alle tanzen eher vorwärts und von links nach rechts. Manche tanzen eher
ernsthaft versunken aber die meisten fröhlich und beschwingt. Nur die Bischöfe
und Prälaten laufen andächtig. Ich hätte sie gerne auch springen gesehen.
Jetzt schaute ich
mir also die Echternacher „Tanzprozession“ an und dachte dabei an meine Frau
aus der Beratung. Wie wäre es, wenn sie ihr Leben umdeutet? Der mühsame Prozess
der Trennung mit drei Schritten vor und einen zurück? Oder lieber doch tanzend
durch die Krise?
Bei der
Springprozession geht es wie beim Pilgerschritt langsam voran. Aber eben mehr
zur Seite als nach vorne. Es sieht nicht sehr fromm aus und man kann bestimmt
nicht gleichzeitig beten. Wenn ich im übertragenen Sinne zur Seite trete, dann
mache ich Platz. „Könnten Sie mal bitte zur Seite treten? Danke!“ Ich tanze zur
Seite und mache mir selber Platz. Oder der Zukunft oder dem Schicksal. Oder der
Lösung? Wenn ich mich in einer Krise befinde tanze ich zur Seite damit sich mir
eine Lösung zeigt. Sie hüpft von hinten an mir vorüber und lacht mir zu: „Hier
bin ich!“
Welche Schüsse
ziehe ich nun aus den unterschiedlichen Arten des Pilgerns? Ich kann laufen in
meinem Tempo und erlebe darin meinen Alltag. Da geht es mal langsamer und mal
schneller. Eben normal. Hilfreich finde ich dabei, sich nicht zu verurteilen
für welches Tempo auch immer.
Daneben kann ich
im Pilgerschritt durchs Leben gehen. Das wirkt besinnlich und hat den Vorteil,
mal innezuhalten. Ich gehe einen Schritt zurück und entscheide mich vielleicht
noch einmal neu. Ich bin mir sicher, dass ich auch langsam ans Ziel komme.
Oder ich wähle
zwischendurch mal die Echternacher Variante. Ich tanze und hüpfe durchs Leben.
Weg von der Mühe und der Anstrengung. Und mit mehr Leichtigkeit. Pilgerschritt
als Aufgabe und den Tanz als Geschenk.
Meine Empfehlung: Wenn du mal eine etwas dunkle Stunde hast mit
schweren Beinen, dann besuche einen YouTube Kanal und schau dir die
Echternacher Springprozession an. Bleib dabei nicht sitzen sondern hüpfe mal
eben so durch dein Wohnzimmer. Schon nach wenigen Minuten kannst du die Melodie
mitsummen. Sie klingt irgendwie nach Kinderreim. Mach es, auch wenn dir gar
nicht zum Tanzen zumute ist. Es könnte eine gute Therapie sein.
Samstag, 7. Oktober 2017
Hetz dich nicht ab!
Das
wünschen sich viele Menschen vor allem am Wochenende nach einer
anstrengenden und nervenaufreibenden Woche. Zeit und Ruhe, in sich
gehen, mal ein gutes Buch lesen, gemütlich beim Kerzenlicht sitzen, ein
gutes Gespräch mit einem lieben Freund, ein besinnliches Konzert
besuchen und die Seele baumeln lassen.
Das ist jedoch die Realität am Wochenende: Nachholen, was liegen geblieben ist; den Großeinkauf machen; Verwandte besuchen; den Garten bearbeiten und vieles mehr. Eigentlich wie immer: ein voller Terminkalender.
Ein ägyptisches Wort sagt: Wer sich abhetzt, wird nie Vollkommenheit erlangen. Dazu gehören Ruhe und Stille.
Die meisten Menschen werden es nicht verhindern können, den einen oder anderen auch schönen Termin zusätzlich zu haben. Aber du kannst alle Dinge etwas gelassener angehen und entgegennehmen. Du lässt dich in deiner Arbeit nicht antreiben vom inneren Unruhestifter. Du nimmst dir vor, vollkommener zu werden in einer ganz speziellen Weise. Vollkommener zu sein in deiner Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst. Vollkommener zu werden, barmherzig mit deiner Unfähigkeit umzugehen, deine Termine gut zu koordinieren. Vollkommener zu werden, all deine Unzulänglichkeiten zu akzeptieren und dabei der glücklichste Mensch der Welt zu sein. Ich wünsche dir einen gesegneten Tag.
www.matthias-koenning.de
Das ist jedoch die Realität am Wochenende: Nachholen, was liegen geblieben ist; den Großeinkauf machen; Verwandte besuchen; den Garten bearbeiten und vieles mehr. Eigentlich wie immer: ein voller Terminkalender.
Ein ägyptisches Wort sagt: Wer sich abhetzt, wird nie Vollkommenheit erlangen. Dazu gehören Ruhe und Stille.
Die meisten Menschen werden es nicht verhindern können, den einen oder anderen auch schönen Termin zusätzlich zu haben. Aber du kannst alle Dinge etwas gelassener angehen und entgegennehmen. Du lässt dich in deiner Arbeit nicht antreiben vom inneren Unruhestifter. Du nimmst dir vor, vollkommener zu werden in einer ganz speziellen Weise. Vollkommener zu sein in deiner Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst. Vollkommener zu werden, barmherzig mit deiner Unfähigkeit umzugehen, deine Termine gut zu koordinieren. Vollkommener zu werden, all deine Unzulänglichkeiten zu akzeptieren und dabei der glücklichste Mensch der Welt zu sein. Ich wünsche dir einen gesegneten Tag.
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Freitag, 6. Oktober 2017
Liebeslänglich
"Liebeslänglich" - las ich auf einer Postkarte.
"Ich verurteile Sie zu einer lebenslänglichen Liebe und zu einem liebeslänglichen Leben."
Möge deine Fähigkeit zu lieben für ein langes Leben andauern.
Hoffentlich bis zu deinem Tod und darüber hinaus.
Möge deine Liebe "lang"- mütig und "kurz" - weilig sein!
"Liebeslänglich" mit und ohne Freispruch - sogar jenseits von Freisprüchen!
Wenn alle Menschen auf der Welt "liebeslänglich" hätten...
Wie sähe eine Zelle aus, wo die "Liebeslänglichen" säßen?
Freiraum statt Gefängnis, nicht wahr?
Liebeslänglich sage ich Ja zu mir und Ja zu dir.
Liebeslänglich halte ich das Licht in die Dunkelheit.
Liebeslänglich umgarne ich die Dornen mit Blütenblättern.
Liebeslänglich kitzle ich den Frust und locke das Lachen.
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Donnerstag, 5. Oktober 2017
Alles nur subjektiv!
Eine Freundin erzählt von einem Einkauf mit einer anderen Freundin. Die Freundin probiert eine Hose an. Sie passt nicht. Sie sagt zur Verkäuferin: "Die Hose ist verschnitten!" Sie nimmt sich eine andere Hose. Diese passt auch nicht. "Auch diese Hose ist verschnitten!" Die Freundin probiert lauter Hosen an und alle sind verschnitten. Die Freundin denkt nicht, dass es an ihrer Figur liegen könnte. Es lieg eindeutig an den Hosenmodellen, die angeboten werden. Ihre Interpretation der Wirklichkeit ist auf jeden Fall gesünder als die Sorge um die eigene Figur. Jeder andere würde sagen: "Du bist zu dick!" Auch diese Sichtweise ist sehr subjektiv!
Ein anderes Beispiel: Ich treffe Frau Schubert auf der Straße. Sie klagt mir ihr Leid über ihren jetzt pensionierten Mann. "Seit er in Rente ist sitzt er nur auf dem Sofa herum und klagt, dass er nichts zu tun hat. Ständig sage ich ihm, er könnte doch mal all die Reparaturen machen, die er aufgeschoben hat. Außerdem kann er mir auch im Haushalt helfen. In meinem Alter bekomme ich die Sachen auch nicht mehr so gut hin. Jetzt konnte ich ihn gerade mal überreden, zweimal in der Woche für mich einzukaufen. Das ist immerhin ein Anfang."
Ein paar Tage später treffe ich Herrn Schubert auf der Straße. Er klagt mir sein Leid über seine Ehefrau. "Seit ich in Rente bin muss ich mir das ständige Jammern meiner Frau anhören. Da sitzte ich mal für einen Moment zum Ausruhen auf dem Sofa, da jagt sie mich schon wieder hoch. Ich kann ihre Klagen kaum noch ertragen. Da biete ich meine Mithilfe an und sie winkt nur ab. Jetzt habe ich sie endlich überredet, dass ich ihr zweimal in der Woche den Einkauf abnehmen darf. Das ist ja immerhin schon ein Anfang."
Die Moral von der Geschichte: Höre mindestens zwei Seiten an, bevor du dir eine Meinung bildest. Und besser noch, du bildest dir gar keine Meinung, weil die Wirklichkeit immer subjektiv ist. Jeder lebt seine eigene subjektive Wahrheit und Wirklichkeit.
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Mittwoch, 4. Oktober 2017
Wir alle brauchen jemanden, der uns keine Vorwürfe macht
Stell dir vor, dass du am Morgen aufwachst. In der Nacht ist ein Wunder geschehen. Eine Fee kam und hat dieses Wunder bewirkt. Die Fee hat das Wunder bewirkt, dass niemand in deiner Familie dir mehr Vorwürfe macht. Es gibt keine Sätze wie: "Du hättest aber..." "Du solltest..." "Du müsstest..." "Hast du noch nicht..." Woran würdest du merken, dass dieses Wunder eingetreten ist? Was würden deine Familienmitglieder stattdessen sagen. Wie würden sie aussehen? Wie auf dich wirken?
Vielleicht kommt dir dein Heim freundlicher vor. Zugewandter? Wohlmeinender? Und wenn dir niemand einen Vorwurf mehr macht und alle sich gegenseitig ermutigen und bestätigen - wie würdest du dann reagieren? Was würde sich bei dir ändern? Welche Sätze würdest du sagen? Wie würdest du dich fühlen?
Jetzt stell dir vor: Du gehst morgen ins Bett und wachst am nächsten Morgen auf. Du stellst fest, dass die Fee tatsächlich in der Nacht dieses Wunder bewirkt. Du wirst am Morgen aufwachen und dieses Wunder an dir bemerken. Du wirst keine Vorwürfe mehr machen. Es ist geradezu unmöglich für dich, einen Vorwurf zu formulieren. Du bist voller Verständnis und Mitgefühl. "Wir alle brauchen jemanden, der uns keine Vorwürfe macht!" las ich auf einer Spruchkarte. Zunächst dachte ich an einen anderen Menschen, der uns so annimmt wie wir sind. Und einer, der uns keine Vorwürfe macht. Diesen Menschen zu finden ist nicht leicht. Ist eher ein Geschenk! Und wenn du keinen Menschen mit dieser Qualität hast? Gehst du in den Mangel?
Wenn die Fee kommt und das Wunder bewirkt, dass du morgen in dir keine Vorwürfe mehr hörst dann hast du einen Menschen gefunden, der dir keine Vorwürfe mehr macht. Du selbst! Du machst dir keine Vorwürfe mehr! Fängt nicht alles damit an, dass wir gnädig mit unserem inneren Kritiker umgehen? Wenn wir aufhören mit unseren Selbstvorwürfen wird das etwas verändern. Die anderen werden auch aufhören, uns Vorwürfe zu machen. Wir alle brauchen jemanden, der uns keine Vorwürfe macht! Fang doch einfach mit dir selber an!
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Dienstag, 3. Oktober 2017
Kreative Lösungen finden!
In einer Seitenkapelle der Kathedrale von Santiago sieht man den Heiligen Jakobus mit erhobenem Schwert, das gleich auf eine Schar von Männern mit Turban niedersaust, um ihnen martialisch den Kopf abzusäbeln. Santiago, der Maurentöter. Ein beliebtes Motiv in der jahrhunderte dauernden kämpferischen Kirche gegen den islamischen Feind.
Vor ein paar Jahren nun beschloss das Domkapitel, diese Figur zu entfernen, weil sie nicht mehr zeitgemäß ist. Diese Entscheidung stieß auf den erbitterten Widerstand der Traditionalisten. Die Figur muss bleiben, sonst gibt es Ärger. Kein Wunder, dass ein schwertschwingender Jakobus den Ärger auch nach Jahrhunderten gut anstacheln kann.
So haben wir nun zwei Gruppen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Die Verfechter eines sich mit dem Islam versöhnenden Klerus und die Gruppe der Traditionalisten, die um ihre schwindende Identität fürchten. Figur rein oder raus? Das Domkapitel hat zwar die Macht, aber den Proteststurm muss man erst einmal überstehen. Es kann doch nur einen Gewinner und einen Verlierer geben, oder?
Die Lösung, von der ich hörte, klingt schildbürgermäßig oder wie ein fauler Kompromiss. Doch manchmal liegt die Lösung eben auf einer höheren Ebene. Und wie machten das die einfallsreichen Spanier? Nun, die "Mauren" bilden den Sockel der Figur und befinden sich folglich unten. Jetzt wird diese Figur über und über ordentlich mit Blumen geschmückt. So ist nicht mehr erkennbar, was Jakobus dort mit dem Schwert macht. Er könnte jetzt also auch Blumen köpfen. Die Traditionalisten haben sich durchgesetzt: Die Figur bleibt. Der Domklerus hat sich auch durchgesetzt: Die Anstößigkeit verschwindet - zwar nicht aus der Kathedrale, aber hinter einem Berg von Blumen. Der nicht wissende Betrachter wird entzückt sein von der spanischen Frömmigkeit, die jederzeit ihren Heiligen in einem Blumenmeer versinken lässt.
Manchmal scheint es im Leben nur ein entweder/oder zu geben. Einer gewinnt und Einer verliert. Für eine Gemeinschaft ist das aber keine wirkliche Lösung, weil der Verlierer den Verlust auf die Dauer nicht so widerstandslos hinnimmt. Besser ist es, eine Lösung zu finden, wo beide Parteien gewinnen. Die Blumen des Heiligen Jakobus erweisen sich als klugen dritten Weg. Solltest du demnächst in eine Situation hineingeraten, in der es zu einer Entscheidung kommt mit möglichen Gewinnern und Verlierern erzähle doch die Geschichte von Santiago de Compostela und dem geschmückten Jakobus. Dann lade deine Gruppe dazu ein, nach einer Lösung auf ähnlicher Ebene zu suchen. Deine Kinder wollen auf den Abenteuerspielplatz und Vater möchte Ruhe haben. Aber die ganze Familie möchte auf jeden Fall den Tag gemeinsam verbringen. Entweder verlieren die Kinder und verzichten auf das Abenteuer oder der Vater verzichtet auf seine Ruhe. Na, fällt dir eine Lösung ein, wie man den Vater oder die Kinder "mit Blumen" schmücken kann?
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Montag, 2. Oktober 2017
Sich hingeben - oder die Kunst, Kastanien zu sammeln
Ich mag Kastanien. Wenn sie am Boden liegen weiß ich, dass der Herbst
Einzug gehalten hat. Es kommen auch Erinnerungen hoch an meine Kindergarten und
Schulzeit, wo wir aus diesen Kastanien und Streichhölzern Tiere gebastelt
haben. Aber irgendwie ist diese Erinnerung nicht mit einer großen Emotion verbunden.
Eigentlich könnte ich darum auch nicht viel zum Thema Kastanien schreiben und
müsste hier einen Punkt machen. Bisher haben sie mich nicht wirklich angesprochen
oder meine Aufmerksamkeit erregt. Im Augenblick beschäftigen sie mich dennoch
vielleicht wegen der Zeit der Ernte.
Susanne berührt dieses Thema auf eine ganz besondere Weise und davon
möchte ich gerne aus einem bestimmten Grund erzählen. Der Anlass sind natürlich
die Kastanien, die du jetzt in der Natur finden kannst. Doch jetzt lasse ich
einmal Susanne sprechen.
„Also, wenn ich
Kastanien finden will, muss ich schon im Sommer anfangen. Wenn ich zum Beispiel
umgezogen bin, dann weiß ich zunächst nicht, wo in meiner Umgebung
Kastanienbäume stehen und ob sie frei zugänglich sind. Wenn ich im Herbst
welche finden will, dann muss ich schon im Sommer Ausschau danach halten.
Wichtig ist, dass ich sie dann auch kontinuierlich im Blick behalte. Wie weit
sind sie? Wann fallen wohl die ersten zu Boden? Schließlich gibt es oft viele
Interessenten dafür. Erzieherinnen, Kinder und andere Herbstsammler.
Da gibt es zunächst
einmal diese Vorfreude, die plötzlich auftaucht. Bald ist es so weit! Der
Zeitpunkt rückt immer näher. Die Bäume sind voll, aber noch will keine fallen. Ich
muss mich noch gedulden. Zugleich muss ich ab einem bestimmten Zeitpunkt
regelmäßig wiederkommen sonst verpasse ich den Augenblick, wo es losgeht.
Und irgendwann ist es so
weit. Ich gehe zu den Bäumen hin und blicke erwartungsvoll auf den Boden. Ich
sehe die ersten Kastanien in der stacheligen Hülle.
Mein Herz hüpft vor Freude
über diesen Augenblick. Ich habe so lange gewartet und jetzt werde ich belohnt.
Ich darf die erste Kastanie nehmen und sie auspacken. Und wenn ich Glück habe,
erwische ich eine „Zwillingskastanie.“ Ich packe sie aus und sie glänzt in der
Sonne. Ich halte dieses glänzende Etwas in meinen Händen und befühle es und streichle
es und – stecke diesen Schatz schnell in meine Tasche. Meine erste Kastanie in
diesem Jahr. Ich habe sie entdeckt! Niemand sonst! Es ist mein ganz
persönlicher Schatz!
Davon möchte ich mehr!
Das Ereignis möchte ich wiederholen. Ich sehe noch eine frische Kastanie auf
dem Rasen und noch eine. Eine um die
andere stecke ich in meine Jackentasche und fühle mich glücklich und beseelt.
Diejenigen, die schon länger
daliegen, interessieren mich nicht. Wenn sie auf die Straße fallen haben sie
oft schon eine Macke oder ihren Glanz
verloren. Mich interessieren die heilen und glänzenden – und vor allem die
eingepackten!
Es darf mir auch niemand
beim Finden helfen oder Hinweise geben. Ich möchte selbst entdecken. Ich befinde
mich in einem Finderausch. Es ist mein Finderausch und ich möchte mich dem
hingeben. Irgendwann bin ich satt und die Kastanien liegen als Herbstdeko auf
meinem Tisch. Und ich weiß, ich bin im Herbst angekommen.“
Ich stehe daneben und staune. Ich staune darüber, dass es möglich ist,
eine solche Leidenschaft zu entwickeln für das Kastaniensammeln. Ich staune
über die Details und das Ausmaß der Freude. Und es ist ein Geschenk, teilnehmen
zu dürfen.
Es gibt noch einen tieferen Sinn, warum ich dir diese Geschichte
erzähle. Ich sehe Kastanien zwar, aber ich empfinde relativ wenig dabei. Sie
sind halt da. So wie Eicheln am Boden liegen oder das Wasser im Bach fließt. Susanne
hingegen geht schon das Herz auf, allein wenn sie an das erste Sammeln denkt
oder darüber spricht. Das ist der Unterschied!
Im Herbst richtet sich die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf das, was
wir geerntet haben. Aus diesem Anlass
feiern wir Erntedank. Wir sagen Dank für die Ernte und für das, was eigentlich
nicht selbstverständlich ist. Aber das sind Sätze für den Kopf und Sätze für
die Moral nach dem Motto: „Sei dankbar!“ Was ist jedoch, wenn du diese
Dankbarkeit nicht spürst? Wenn die Dankbarkeit nicht mit einer tiefen Freude
verbunden ist. Es geht mir also nicht um den Appell: „Sei dankbar!“ Es geht mir
um die Freude, die du spüren kannst, wenn du die frischen Kastanien siehst oder
die duftenden Äpfel riechst.
Du nimmst mit allen Sinnen wahr. Du riechst die Kräuter, du siehst die
Kartoffeln, du schmeckst die Birnen, du befühlst die Nüsse. Du tauchst ein in
die Fülle von allem, was ist. Du bist ein Teil der Schöpfung!
Meine Leidenschaft dreht sich weniger um die Kastanie sondern mehr um
die Kartoffel. Kartoffeln sprechen mit mir. Sie sagen mir: „Wir wollen zu dir!“
Ich sehe eine Kartoffel an und es kommt ein klares „Ja!“ oder ein „Nein!“ Bei
Kartoffeln geht mein Herz auf. Ob gebraten oder gekocht, aus dem Ofen oder als
Bestandteil im Eintopf ist egal. Allein die Vorstellung und das Bild davon
lässt mich ein ganzes Buch darüber schreiben.
Und, wie steht es mit dir? Wenn du jetzt im Herbst das Obst und Gemüse
siehst! Wo geht dein Herz auf? Wo wird deine Leidenschaft geweckt? Wo wirst du
lebendig? Wo verlässt du den moralischen Appell an die Dankbarkeit und findest
den Weg zur puren Lebensfreude? Welche Geschichte würdest du mir erzählen mit
leuchtenden Augen?
Wenn ich diese Frage stelle kommt mir noch ein anderes Wort in den
Sinn: „Hingabe!“ Sich der Freude hingeben, sich den Kastanien hingeben, sich
einem tollen Essen hingeben, sich der Liebe hingeben. Das ist für mich ein
zutiefst spirituelles und religiöses Erlebnis. Du wendest dich mit deiner
ganzen Aufmerksamkeit und deinem Dasein etwas hin und gehst darin auf. Für
einen Augenblick wirst du zur Kartoffel oder zur Kastanie oder zu deiner
Geliebten.
Du lässt dein Sicherheitsbedürfnis los und deine Ängste. Du gehst
hinein wie in einen Prozess von Auflösung und Ganzwerdung zugleich. Wenn du
dich hingibst, dann machst du das ganz freiwillig. Ganz von dir aus und mit deinem
ganzen Wesen. Und darin kommt etwas Göttliches zum Vorschein.
Gott selbst erlebe ich als leidenschaftlich und hingebungsvoll. Vielleicht
kannst du dir vorstellen, dass es da zu einer tollen göttlichen Begegnung
kommen könnte. Du und deine „Kastanie“ oder „Kartoffel“ oder was immer du auch
liebst und für Wert erachtest, dich hinzugeben. So wünsche ich es dir, ganz in
dieser „Erntefreude“ zu sein.
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