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Samstag, 31. Dezember 2016
Mein Silvesterwunsch
Folgenden passenden irischen Segen fand ich zum Abschluss des alten Jahres:
Ich wünsche dir,
dass das alte Jahr in Ruhe zu Ende geht.
Dass du alles, was nicht nach deinen Wünschen war,
ins tiefe Meer des Vergessens wirfst.
Dass du nur behältst, was dir Gutes gelang
und was dir geschenkt wurde.
So wirst du getrost dem neuen Jahr entgegensehn.
Es soll dir bescheren ein Päckchen Glück
und etwas Trübes.
Das eine, damit du dich drüber freust,
das andre, damit du`s vom Guten unterscheidest.
Drei Schritte am Silvestertag
1. Loslassen
Was möchtest du loslassen? Welche Gedanken haben im neuen Jahr keinen Platz mehr? Von welchen Ereignissen und Begegnungen möchtest du dich verabschieden? Mancher Ärger mag dir vorkommen wie ein alter Teebeutel, den du immer wieder ins Wasser hältst. Alle Kraft ist ausgesaugt, aber du tauchst immer noch! Schreibe auf, was du loslassen möchtest und verbrenne es um Mitternacht! Vielleicht eine stille Alternative zu Böller und Rakten.
2. Behalten
Welchen Ereignissen möchtest du einen festen Platz im Herzen geben. Gibt es neue Einsichten und wertvolle Erkenntnisse? Welch glücklichen Momente beschwören das Glück noch einmal? Was war deine Quelle, aus der du schöpfen durftest? Welche Menschen wurden dir zum Segen? Gab es da auch überraschende Augenblicke? Behalte ohne zu konservieren! Nimm das mit ins neue Jahr was dir nährt und stärkt.
3. Sich öffnen
Vor dir liegen die vielen Möglichkeiten. Magst du dich öffnen? Bist du neugierig? Hast du Lust auf das Neue? Wie stark ist dein Vertrauen? Wie sehnsuchtsvoll dein Herz? Wie stark sind deine Ängste, Sorgen und Befürchtungen? Dürfen sie auch sein oder lieber doch nicht? Kannst du dich hineinfallen lassen in den Augenblick, der gerade vor dir liegt und jetzt zur Gegenwart wird? Wie schön für dich!
Ich wünsche dir einen Moment der Ruhe und der Begegnung mit dir selbst in Zufriedenheit mit einem ganz großen Ja!
www.matthias-koenning.de
Freitag, 30. Dezember 2016
Dein Herzputzprogramm in vier Wochen
Wenn
du ein Fest feiern willst, dann bereitest du dich vor. Du möchtest ja
schließlich, dass alles rund läuft. Du bewegst Ideen, schmiedest Pläne und
verwirfst sie wieder. Deine Gefühle gehen in Wellen hin und her je nach Freude
oder Sorge. Und Vorbereitungen folgen bestimmten Fragen und Gesetzen. Ständig
bereite ich etwas vor. Mahlzeiten, Feste, Urlaube und sonstige Arbeiten. Ich
bereite mich vor für ein Ereignis, das in der Zukunft liegt.
Wenn
ich mich nicht vorbereite oder wenigstens innerlich auf das Ereignis einstelle,
dann könnte am Tage X etwas fehlen. Das wäre natürlich schade. Ich kann zu viel
vorbereiten, so dass für spontane Dinge kein Raum mehr ist. Ich kann aber auch
nichts vorbereiten und lebe damit, dass dann eventuell nur wenig möglich ist.
Hochzeiten,
runde Geburtstag oder Weihnachten gehört klassisch zu den Festen, wo es vieler
Vorbereitungen bedarf. Was wird gegessen und was wird geschenkt. Wohin mit den
Emotionen und Ansprüchen. Welchen Raum spielen dabei religiöse Traditionen und
Rituale. Und wie werde ich möglichst harmonisch und konfliktfrei durch diese
Zeit kommen.
Ich
finde es immer hilfreich, bei mir selbst anzufangen. In mir selbst, um es
genauer zu sagen. Ich kann arbeiten an meinen Haltungen und Einstellungen. Ich
kann es mir leicht oder auch schwer machen.
Ich
möchte dich einladen, dein Herz zur reinigen. Was machst du zu viel und was zu
wenig? Immerhin schlägt dein Herz für dich so lange du lebst. Es verdient deine
Aufmerksamkeit und mag es auch!
1. Weniger meckern
Das
Herz und die darin sich ausdrückende Qualität zeichnet uns Menschen als
Menschen aus. Da fühlen wir und nehmen unser Wesen wahr. Verschließe dein Herz
und du wirst einsam. Öffne dein Herz und es wird weit. Du spürst die Liebe und
heißt alles willkommen, was ist. Ich möchte dich einladen zu einem Herzens-TÜV. Überprüfe deine Herzensqualität. Ist es in dir hell und klar? Oder eher trist und grau? Bist du einverstanden mit dem, was du wahrnimmst oder wäre es gut, etwas zu verändern? Dabei kannst du putzen. Dich von Belastungen befreien. Von bestimmten Dingen weniger machen. Von anderen Dingen wiederum mehr. Ich lade dich ein, weniger zu meckern.
Grund genug gäbe es ja. Es ist zu kalt oder zu warm. Das Brot ist zu teuer, der Nachbar zu laut. Der Ehemann zu unaufmerksam und die Kinder zu faul. Die Ehefrau zu anspruchsvoll. Du hast bestimmt deine eigene Liste. Du wirst immer Möglichkeiten finden, deine Unzufriedenheit auszudrücken. Die Welt ist voller Fehler und Mängel. Es wird nie genug und nie ganz richtig sein. Du wirst immer meckern können.
Wenn du jedoch meckerst verändert sich nicht unbedingt etwas. Du erschaffst dir vor allem ein schlechtes Gefühl. Du schadest dir selber. Mit jedem Meckersatz gehst du tiefer in die Mängelgrube.
Wie sähe dein Tag, wenn du heute weniger meckern würdest? Denke mal
einen Meckergedanken und stoppe. Du wirst ihn nicht sagen. Du leitest den Gedanken um in dein Herz und verwandelst ihn in einen Wunsch.
Vielleicht stellst du fest, dass du schon seit vielen Jahren meckersüchtig bist. Dann hast du wirklich genug zu tun. Du könntest dir schnell das nächste Fest vermiesen bevor es überhaupt stattgefunden hat. Also: Wie wird dein Tag aussehen wenn du weniger meckerst?
2. Mehr wertschätzen
Ich
lade dich ein, auf dein Herz zu achten. Schließe die Augen und nimm wahr, wie
es sich anfühlt. Bist du in Übereinstimmung mit dir? Leuchtet und strahlt es?
Oder siehst du grau und fühlst Trauer? Dein Herz freut sich über mehr Kohärenz!
Mehr Freude! Du kannst weniger meckern oder umgekehrt mehr wertschätzen.
Da
kocht jemand für dich. Das Essen steht auf dem Tisch. Du nimmst es für
selbstverständlich. Kann ich verstehen. Mache ich auch. Das ist halt der
Alltag. Du reduzierst im Laufe der Zeit. Schmeckt oder schmeckt nicht. Hunger
ja oder nein. Du isst, bis du satt bist und lässt es dir schmecken.Du könntest zur Abwechslung mal ein wenig mehr wertschätzen. "Danke, dass du heute gekocht hast. Wie lange hast du eigentlich dafür gebraucht? Wo hast du das tolle Rezept gefunden? War es leicht oder schwer? Ich bin jedes Mal erstaunt, dass du das so gut hinbekommst! Das macht so viel Arbeit und du hast das für mich und uns getan. Wir sind dir so wichtig, dass du für uns diese Zeit investiert hast."
Findest du noch mehr Sätze der Wertschätzung? Wertschätzung ist mehr als: "Das hast du toll gemacht!" Du schätzt den Wert! Das, was dir begegnet ist ein Schatz, der Wert hat. Es hat den Wert, dass du ihm Aufmerksamkeit und Beachtung schenkst. Und dass du diese Wertschätzung fühlst und zum Ausdruck bringst.
Du kannst wertschätzen, was deine Familienmitglieder alles so tun für dich und für das Ganze. Du kannst aber auch wertschätzen, dass sie auf dieser Welt sind. Sie sind da und du bist nicht allein! Wenn du genau hinschaust wirst du etwas finden, was du heute wertschätzen kannst!
3. Weniger trennen
Es geht darum, die Qualität des Herzens in den Blick zu nehmen. Ich werde selbstfreundlicher mit mir. Ich betrachte, wie es in meinem Inneren aussieht. Fühlt es sich dunkel an oder eher hell? Ich kann bestimmte Handlungen lassen oder Positives verstärken. Jetzt richte ich deine Aufmerksamkeit darauf, weniger zu trennen.
Kennst du Trennungstage? Du fühlst dich getrennt. Von der Natur, von deiner Arbeit, von den Menschen. Du fühlst dich nicht verstanden. Nicht gesehen. Nicht willkommen.
Dein Chef versteht dich nicht. Er will immer nur Leistung. Du gibst alles. Aber es ist nie genug. Er sieht nur, was noch fehlt. Du könntest dir deinen Chef oder wen auch immer vor dein geistiges Auge führen und merkst: Je mehr Gedanken in Richtung Ärger gehen, desto weiter entfernst du diesen Menschen von dir. Du schaffst einen Raum der Trennung.
Du kannst auch einen Spaziergang machen und die Natur kommt dir feindlich vor. Du fühlst dich kalt und nass an. Du frierst und möchtest sofort an den warmen Kamin. Dann bist du von der Natur getrennt. Trennungsgefühle und Gedanken mindern deine Lebensqualität und bringen dein Herz in einen Zustand von Einsamkeit.
Wenn du dich weniger trennst dann sorgst du dafür, dass du nicht noch einsamer wirst. Achte mal heute auf deine Trennungsgedanken. "Die hat mich heute nicht gegrüßt. Die ist so komisch. Die hat mich noch nie gemocht. Die schaut mich auch nie richtig an." - "Meine Frau spricht nie mit mir. Ich bin ihr völlig egal. Die macht eh, was sie will." Spürst du, was geschieht, wenn die Trennungsgedanken in dir zunehmen? Du wirst solche Gedanken kaum ganz verhindern können. Aber abmildern oder begrenzen. Du trennst mal nur für eine Stunde heute. Mehr nicht. Also weniger trennen...
4. Mehr verbinden
Wie
geht es deinem Herzen? Und wie geht es dir in und mit deinem Herzen heute? Wenn
du mal wieder für einen Augenblick die Augen schließt und dich im Herzraum
umsiehst und dich hineinspürst - fühlt es sich verbunden an? Oder gibt es eher
trennende Gefühle und Gedanken?Magst du es, wenn du mit Menschen zusammen bist? Wie fühlt sich das für dich an? Manchen kommt zuerst in den Sinn: "Der hat aber seltsame Ansichten." "Das, was die trägt, passt gar nicht zu ihr." Wenn solche Gedanken deine ersten Impulse sind, befindest du dich im Zustand der Trennung. Du bist isoliert auf deiner eigenen Seite und die Dinge und die Menschen befinden sich auf der anderen Seite. Zugleich hast du den Eindruck, dass da vielleicht eine Brücke fehlt. Es kann auch geschehen, dass du mit deinen Gedanken die Trennung noch verstärkst.
Wenn du das machst, dann trennst du dich immer mehr und rutscht schnell ab in die Depression. Wenn du eine Brücke baust, gehst du wieder in die Verbindung und damit in die Liebe. Ich möchte dich einladen, dass du dich wieder mehr verbindest. Du magst die Menschen in deiner Familie? In deinem Freundeskreis? Was findest du an ihnen liebenswert?
Wenn du deine Aufmerksamkeit auf die liebenswerten Eigenschaften richtet gehst du automatisch in die Verbindung. Wenn du dich verbindest erlebst du dich selbst vollständiger und geliebter. Du kannst dich mit allem verbinden, was ist. Mit Bäumen und Vögeln, mit Brot und Stühlen. Mit Kindern, Männern und Frauen. Wenn du in Verbindung bist, wird dein Leben automatisch zu einem Fest.
5. Weniger denken
Dein
Herz hat viele Räume. Unendlich viele. Dein Herz ist ein Universum. Du schaust
in den Himmel und siehst das große Universum. Du schaust in dein Herz und
siehst wieder ein unendliches Universum - lediglich auf materiell gesehen
kleinen Raum.In deinem Herzen bist du die Schöpferin, der Schöpfer deiner Gedanken und Bilderwelten. Vielleicht bist du zufrieden mit dem, was du wahrnimmst. Vielleicht gibt es aber die eine oder andere Stelle, die deiner Aufmerksamkeit bedarf. Wovon ist zu viel und was gibt es zu wenig? Was könntest du mehr, und was könntest du mal weniger machen? Heute geht es darum, weniger zu denken.
Ich mache mir ständig Gedanken. Manche sagen von mir, dass ich sehr im Kopf bin. Da verorten wir ja unsere Gedanken. Wir sagen dann: "Der ist ganz schön verkopft." Ohne den Kopf und ohne meine Gedanken könnte ich hier auch gar nicht schreiben. Ich denke nach und schreibe dann auf.
Ich mag es, dass ich denken kann und darf. Ich kann mich sortieren und fühle mich dadurch sicherer. Ich plane meine Arbeit, einen Umzug, einen Einkauf und weiß, dass ich dann nichts vergesse und ein gutes Gefühl bekomme. Ich habe alles richtig gemacht. Ich würdige also ausdrücklich das Denken!
Oft jedoch scheinen meine Gedanken sich selbständig zu machen. Ich denke mir aus, was ich einkaufen muss und "jemand anders" plant einfach weiter. "Was muss ich noch einkaufen. Ich habe bestimmt etwas vergessen!" Ich gehe in Gedanken durch alle Schränke, die Regale des Supermarktes und die sonstigen Geschäfte am Weg. Ich kalkuliere die Zeit und bedenke schon mal die Rezepte für die ganze Woche. Ich schaue nach, ob ich noch genug Geld habe usw. Auf einmal befinde ich mich im Gedankendschungel und finde den Weg nicht mehr hinaus.
Ist dir diese Erfahrung vertraut? Willkommen im Club! Wie wäre es, mal ab und zu wenigstens weniger zu denken. Weniger Gedanken und Grübeleien? Manchmal mache ich meine Einkaufsliste kurz und knapp. Wenn dann das Gedankenkarussell anspringen will sage ich: "Danke! Genug!" Und ich halte sofort an. Ich gehe nicht in Verhandlungen. Verhandlungen liebt mein Denken. Da hilft nur ein liebevoller, aber klarer Schnitt. Wie beim Essen. Du isst deinen Teller leer und es hat dir geschmeckt. Du bist satt. Aber es schmeckt doch so gut! Wenn du dich dann wieder wehmütig den Schüsseln auf dem Tisch zuwendest, beginnt dein Leidensweg. Du kommst von der Lust und gehst in den Frust. Darum: Weniger denken! Einfach Schluss machen weil es dir sonst nicht gut tut. Dein Verstand weiß das nicht. Der macht weiter wie eine Maschine. Da gibt es jedoch eine Instanz in dir, die das Denken beeinflussen kann. Der innere Beobachter ist in der Lage, für einen Stopp zu sorgen. Also weniger denken. Zugleich jedoch dem Verstand eine Aufgabe geben. Sonst hört er nicht auf. Geh in die Wahrnehmung. Was fühle ich jetzt in meinem Körper? Was sehe ich im Außen? Wie kann ich meine Dinge achtsam tun? Bitte deinen Verstand, dich dabei zu unterstützen. Seine Aufgabe ist es, dir zu dienen. Darum wird er es gerne machen.
6. Mehr fühlen
Wofür
schlägt dein Herz? Du kannst dir einen Menschen vorstellen, den du magst.
Vielleicht schlägt dein Herz aber auch für Frankreich oder Spanien. Für Rosen
oder Tulpen. Für Pasta oder Kartoffeln. Wenn dein Herz für etwas schlägt, dann
fühlst du dich lebendig.Du kannst weniger von etwas Negativem machen oder mehr von etwas, was dich positiv stimuliert. Reinige dein Herz. Mache Inventur. Spüre mal in dich hinein. Heute heißt es: mehr fühlen.
Bist du schwerpunktmäßig eher ein Denker oder eher ein Fühler? Du siehst etwas, was dir gefällt und dann tut sich etwas im Körper. Es wird vielleicht weit, du spürst Wärme oder eine gewisse Leichtigkeit. Du denkst an den letzten Urlaub und dein Herz klopft lauter. Es kribbelt in der Haut. Die Nasenflügel weiten sich, als ob sie sich an die Mittelmeerküche erinnern könnten.
Wenn du mehr fühlen kannst, dann weitet sich das Spektrum deiner Wahrnehmung und deines Wohlbefinden. Oft benennen wir die Gefühle ja mit einem Namen. Freude und Glück mögen wir, Trauer, Angst und Ärger vermeiden wir. Wir geben dem, was wir fühlen, einen Namen. Eigentlich aber gibt es so etwas wie ein Körperphänomen. Es fühlt sich manchmal angenehm an und manchmal unangenehm.
Du denkst an etwas und das löst etwas aus auf der Körperebene. Es wird weit oder eng. Es kribbelt oder es drückt. Es ist hart oder weich. Mehr im Unterbauch oder mehr im Herzraum. Du spürst die Haut oder den Hals. Es gibt vielleicht sogar heftige Wellen, die durch den ganzen Körper gehen. Manche Menschen erleben das sehr ausführlich und manche eher weniger davon.
In der Regel koppeln wir da etwas. Ich höre eine Nachricht oder sehe etwas und das wiederum löst etwas aus in mir. Bestimmte Körperreaktionen vermeide ich aber lieber. Wer mag schon Enge? Oder als Gefühlswort: "Angst"? Ich lade dich ein zu folgender Übung. Stell dir etwas vor, das in dir Freude auslöst. Dann lässt du die Geschichte einfach weg und beobachtest, was in deinem Körper geschieht. Du bleibst bei dem, was du "fühlst" und "spürst". Egal, was kommt. Egal, wie lange. Du bist wie ein Forscher neugierig und interessiert. Du bleibst so lange bei den "Sensationen", bis sie verklingen.
Dann denkst du an ein unangenehmes Ereignis und fühlst wieder in dich hinein. Du denkst wiederum nicht mehr länger an die Geschichte, sondern beobachtest wieder die Körpersensationen. Was geschieht jetzt im Unterschied zur Vorübung? Was ist stärker, was ist schwächer, was hat sich verändert. Vielleicht hast du sogar an eine so schlimme Erinnerung gedacht, dass in dir das auftaucht, was du sonst Panik nennst. Aber dieses Mal bleibst du einfach dabei. Du spürst mächtige Wellen, die da kommen und du bleibst dabei. Du kannst diesen "Gefühlen" Nahrung geben, indem sie fütterst mit weiteren Geschichten. So wirst du vertrauter mit deiner Art zu Fühlen.
Du wirst feststellen, so ist das bei mir. Wenn ich Trauriges denke geschieht eher etwas an bestimmten Stellen in meinem Körper. Wenn ich an etwas Freudiges denke nehme ich vielleicht etwas anderes wahr. So wirst du vertrauter mit dir selbst und traust dich, mehr zu fühlen und den Reichtum in dir zu entdecken.
7. Weniger müssen
Es
macht Sinn, sich von Zeit zu Zeit vom Alltagsgeschäft zurückzuziehen. Auch wenn
du im Außen alle Termine wahrnimmst und deine Aufgaben erfüllst, kannst du
innerlich in die Klausur gehen. Du kannst dich befragen, ob du mit dir und der
Welt noch stimmig bist. Gibt es ein Ja auf allen Ebenen? Im Denken, im Fühlen
und im Bauch?Betrachte einmal dein Leben unter der Perspektive deiner Herzensqualität. Du hältst die Zeit innerlich an und schaust, wovon du mehr und wovon du weniger tun kannst. Heute geht es darum, weniger zu müssen.
Da fallen mir die vielen "müssen" und "sollen" Sätze ein, die ich im Laufe des Tages ausspreche und höre. "Ich muss los, sonst verpasse ich den Zug." "Ich muss da noch anrufen, sonst ist er weg." "Ich muss heute unbedingt einen Zahnarzttermin ausmachen. Ich habe ihn schon so lange verschoben." Ich muss, ich muss, ich muss... Ich spüre, wie der Ärger in mir wächst. Oft werde ich getrieben von diesem Satz. Als ob eine Stimme in meinem Inneren sitzt, die erst Ruhe gibt, wenn ich alles erledigt habe. Müssen duldet keinen Aufschub. Müssen will sofort erledigt werden. Müssen erlaubt keine Pausen. Schließlich habe ich Verantwortung übernommen. Ich werde bezahlt. Ich habe etwas versprochen. Ich möchte nicht, dass die Menschen schlecht über mich denken. Müssen ist sehr mächtig.
Aber wenn ich in mein Herz schaue, dann nehme ich auch wahr, dass mich das "Müssen" traurig macht. Dass es mich erschöpft. Dass es in mir Ärger verursacht. Das ist kein Zustand, in dem ich leben möchte. Am Schluss komme ich mir vor wie ein Sklave. Aber als Mensch bin ich zur Freiheit berufen. Darum "putze" ich mein Herz und befreie es so nach und nach von den Ansprüchen, die "müssen" ständig stellt. Hier und da mache ich heute eine Ausnahme. Ich muss nicht!
8. Mehr dürfen
"Mama, darf ich noch ein Eis?" - "Nein Kind, gleich gibt es Abendessen!"
"Mama, darf ich Fernsehen schauen?" - "Nein Kind, du hast heute schon deine halbe Stunde gehabt!"
"Darf ich heute früher gehen, meine Frau ist krank." - "Muss das wirklich sein?"
"Darf ich heute aus dem Krankenhaus entlassen werden?" - "Ich weiß nicht, wenn dann nur auf eigene Verantwortung!"
Schon als Kinder haben wir gelernt zu fragen. Wir bitten um Erlaubnis. Dann dürfen wir oder wir dürfen nicht. Die Eltern haben die Macht. Die Kinder beugen sich der Macht. Denn die Eltern haben es ja zu sagen. Sie bestimmen.
Dann spielen Kinder miteinander und eines macht einen Vorschlag. Ein anderes Kind sagt: "Immer willst du der Bestimmer sein!" Kinder lernen schon früh, wie die Dinge laufen. In der Regel sind Erwachsene die Bestimmer. Sie bestimmen über das Leben der Kinder. Du darfst oder du darfst nicht. Wenn ein Kind Glück hat bekommt es immerhin mal eine vernünftige Erklärung warum es darf oder nicht. Aber es muss auf das gültige "Ja!" der Eltern warten. Wir werden älter und fragen noch immer ob wir dürfen oder nicht. Vor einiger Zeit hielt ich ein Tagesseminar und eine Teilnehmerin fragte mich, ob sie auf die Toilette dürfte. Was hätte ich sagen sollen? "Ja klar, wenn Sie müssen!" "Nein, warten Sie doch noch eine halbe Stunde, dann machen wir sowieso Pause!" Ich habe ihr gesagt: "Wenn ich Sie wäre, täte ich das einfach selbst entscheiden."
"Dürfen" und "nicht dürfen". Natürlich ist es wichtig, dass Kinder noch nicht die volle Verantwortung für ihr Leben übernehmen können, weil sie nicht alle Folgen überblicken. Sie brauchen die Begleitung des Erwachsenen. Das "Dürfen" gibt die Möglichkeit für Eltern im positiven Sinne für die Sicherheit und das Wohlbefinden des Kindes zu sorgen.
Doch nach und nach können wir aufhören mit der Frage: "Darf ich?" Die Bibel erzählt viele Geschichten von Menschen, die etwas nicht oder nicht mehr durften. Sie durften nicht mehr ins Dorf wenn sie aussätzig waren. Sie durften nicht in den Tempel. Sie durften bestimmte Dinge nicht essen. Dazu kommt dann die große Unsicherheit! Darf ich vielleicht doch? Oder manchmal? Oder unter bestimmten Voraussetzungen?
Darf ich wieder heiraten obwohl ich geschieden bin? Darf ich zur Kommunion gehen auch wenn ich aus der Kirche ausgetreten bin? Manchmal bis oft kommt die Antwort wie bei einem Kind: "Du darfst!" oder "Du darfst nicht!" Solange ich um Erlaubnis bitten muss, denke und handle ich wie ein Kind. Ich übernehme keine Verantwortung sondern schiebe sie dem Erwachsenen zu.
Du musst nicht mehr fragen! Grundsätzlich darfst du! Du bekommst eine endgültige Erwachsenenerlaubnis! Du darfst das Spiel befehlen - gehorchen verlassen! Du bist aufgenommen in die Gemeinschaft all derer, die Lebenserlaubnis wie selbstverständlich in sich tragen. Es ist ein Wort mit einem Folgesatz: "Du darfst! Geh in die Selbstermächtigung!"
9. Weniger nehmen
Wenn
das Herz die Nöte in der Welt sieht, was würde es wohl sagen? Es würde sich
berühren lassen und hätte den Wunsch, diese Nöte abzustellen. Das Herz ist mit
allem, was ist, verbunden. Der Verstand würde vielleicht sagen: "Das ist
nun mal so. Dafür gibt es gute Gründe." Aber das Herz wäre nicht
zufrieden.Herzputz heißt, immer tiefer hinzulauschen auf diese Stimme, die so mitfühlend ist. Und vor allem geht es darum, sich berühren zu lassen. Es zuzulassen. Heute geht es mir darum, weniger zu nehmen.
Wenn du das hörst, was kommt dir da im Sinn? Ich wollte erst gar nichts darüber schreiben. Das klingt so moralisch. "Sei nicht so gierig!" "Es muss für alle reichen!" Ich stelle mir ein Hochzeitsbuffet vor. Eine Stimme in mir sagt: "Packe den Teller voll. Es wird toll schmecken und es ist genug da." Eine andere Stimme in mir sagt aber: "Nimm nicht so viel! Deine Figur! Was denken wohl die anderen! Es muss für alle reichen!" Auf dem Teller landet dann eine Mischung von beiden Stimmen. Genug um satt zu werden aber zu wenig für das absolute Freudegefühl.
Ich wandere aber mal hin zu meiner Gier. Vielleicht kann ich nicht genug bekommen. Ich bin jenseits dessen, was ich wirklich brauche. Ich habe Vorräte gesammelt, die ich nie aufbrauchen werde. Ein Prozent der Menschheit besitzt neunundneunzig Prozent der Ressourcen. Und sie wollen immer noch mehr. Was sagen uns wohl die Länder des Südens wenn sie unsere vollen Tische sehen und ihre eigenen leeren? "Gebt uns etwas ab?" Oder kommt eher die Klage: "Ihr nehmt euch zu viel von den Reichtümern der Erde?"
Wenn ich gierig bin, dann fühle ich mich eigentlich im Mangel. Ich muss unbedingt diesen Mangel ausgleichen. Es ist so, als ob ich vor dem Ertrinken so viel Luft schnappe, wie es nur geht. Ich müsste dem Mangelgefühl und den Mangelgedanken auf die Spur kommen. Ich wurde als Kind nicht genug geliebt. Ich fühle mich unterversorgt. Ich lebe den Glaubenssatz: "Nur wenn ich mir selber nehme, kann ich überleben. Die Zuwendung der anderen ist unsicher. Da bleibt nicht genug bei mir hängen. Und sterben möchte ich nicht."
Also, bevor du stirbst versorgst du dich lieber ordentlich mit den Gütern der Welt. Du nimmst dir so viel, dass garantiert nie etwas geschehen wird bis zum Ende deines Lebens. Deine Angst aber wird immer wieder Lücken der Versorgung finden. Sie wird nicht aufhören bis du die Augen zumachst. Weniger nehmen ist die Einübung darin, anders mit einem möglichen Mangelgedanken umzugehen. Dahinter steckt der veränderte Glaubenssatz: "Es ist genug für alle da. Auch für mich. Ich vertraue!" Umgesetzt für das Büffet: "Ich werde satt werden. Das Hochzeitspaar wird dafür sorgen. Der Festwirt und auch die übrigen Gäste. Ich bin ja schließlich eingeladen und alle geben ihren Beitrag zu einem schönen Fest."
10. Mehr geben
Das
Herz ist großzügig! Es schenkt vor lauter Freude. Es hat Freude an der Freude
des anderen. Die Freude des Gegenübers bringt das eigene Herz in eine kohärente
Schwingung. Das Herz nimmt das Blut auf und gibt es weiter. Es pulsiert ein
ganzes Leben lang. Ohne Pause. Das Geben und Nehmen hält es in Bewegung. Macht
es lebendig. Und es folgt damit einem inneren Gesetz, das es einfach befolgt.
"Nimm auf und gib weiter."Das Herz freut sich, wenn es Teil eines großen Netzwerkes ist. Ein Netzwerk von Geben und Nehmen. Menschen, die nach diesem Gesetz leben wirken auf mich so im Reinen mit sich und der Welt. Manche haben Schwierigkeiten mit dem Nehmen und manche mit dem Geben. Wende dich doch mal wieder deinem Herzen zu und nimm wahr, wie du dich selber erlebst. Fühlt es sich an wie im Fluss? Taucht eine Angst auf? Gestern ging es um das Nehmen und heute heißt es: mehr geben.
Als Kinder bekamen wir in unserer Familie von den Tanten oft eine Tafel Schokolade geschenkt. 24 Stücke Schokolade auf fünf Kinder verteilen? Das war gar nicht so leicht. Jeder bekam einen Riegel und dann waren da noch die vier Stücke. Wie weiter? Mit dem Messer teilen bis es gerecht ist? Ein Kind verzichtet? Zwei Stücke jeweils für Mama und Papa? Ein Riegel in die Dose und sammeln, bis sich fünf Riegel eingefunden haben?
Wir bekamen also als Kinder eine Tafel Schokolade geschenkt. Ich dachte in der Regel nicht zuerst an das Geschenk der 4 Stücke Schokolade, die mir sicher waren. Sondern ich dachte an die schwere Aufgabe, den "unteilbaren" Riegel wieder herzugeben. Ich bekam etwas geschenkt und musste es sofort wieder loslassen. Es gab Phasen, wo ich Schokoladentafeln hasste. Und die Tanten, die sich nicht in unsere Verteilschmerzen einfühlen konnten. Unsere Eltern haben uns beim Verteilen nicht geholfen. Das mussten wir selber machen. Irgendwann habe ich die Lösung für mich gefunden. Ich nehme den einen Riegel und fertig. Der Rest war mit so viel Leid behaftet, dass ich diesen Teil nicht mehr für mich beanspruchte.
Es ist schwer zu geben, wenn ich etwas eigentlich lieber für mich hätte. Wenn ich Mangelgefühle bekomme, weil ich dann etwas nicht mehr habe. Wenn ich also an meinem Besitz festklebe. Ich hatte die Schokolade noch nicht mal in meinen Händen und schon klebte ich daran.
Wenn ich mich einübe in das Geben bearbeite ich meine Angst, es könnte für mich nicht reichen. Das Ziel heißt wiederum: Weg vom Mangelgefühl, das mein Leben einschränkt. Wenn ich mehr gebe dann deswegen, weil ich mich als Teil eines Großen und Ganzen sehe. Ich gebe und stelle fest, dass immer wieder etwas nachkommt. Wenn ich gebe muss ich immer wieder ins Vertrauen gehen, dass tatsächlich etwas nachkommt. Immer wieder. Das Geben könnte so zu einer großen Freude werden. Das Herz würde dir sagen: "So ist das Gesetz des Lebens. Empfangen und Geben und aus diesem Prozess die Energie verwenden. Nicht das Halten erzeugt die Energie, sondern die Bewegung von Aufnehmen und Weitergeben."
11. Weniger arbeiten
Wenn
du mal dein Herz befragen würdest, ob es lieber spielt oder arbeitet, was würde
es wohl sagen? Das hängt nach meiner Ansicht vom entstehenden Gefühl ab. Wenn
du beim Wort „arbeiten“ ein leichtes Freudehüpfen bemerkst scheint dein Herz es
zu mögen. Vielleicht verbindet es aber lieber mit „spielen“ ein positives
Gefühl.
Vielleicht
wirst du aber auch zurückkatapultiert in deine Kindheit. Die Eltern haben dir
etwas erzählt vom Ernst des Lebens. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Dabei
möchte dein Herz sich ständig vergnügen. Es liebt das Spiel! Heute möchte ich
den Aspekt beleuchten von weniger arbeiten.
Wie
viele Stunden am Tag beschäftigen uns mit dem, was die Gesellschaft Arbeit
nennt? Du arbeitest um Geld zu
verdienen. Du arbeitest in deinem Haushalt. Du arbeitest Stunde um Stunde.
Viele Dinge arten in Arbeit aus. Am Abend ruhst du dich vielleicht aus vor dem
Fernsehen und denkst: „Genug gearbeitet heute!“ Mit dem Fernsehen belohnst du
dich für alle Mühe und hoffst, abzuschalten.
Wenn
die Arbeit dich befriedigt ist das wunderbar. Warum solltest du davon weniger
machen. Du bist doch ganz in Übereinstimmung mit dir. Du solltest arbeiten so
lange und intensiv, wie es dir gut tut. Wenn du allerdingst mit „Arbeit“ Mühsal
und Beschwer verbindest, solltest du innehalten. Es könnte sein, dass dich dann
Gedanken plagen wie: „Wie lange muss ich noch!“ – „Bekomme ich auch genug Geld
dafür?“ – „Wer sagt am Ende danke!“ – „Wann darf ich endlich in Rente gehen.“
Du stumpfst innerlich ab und schleppst dich durch den Tag. Fernsehen wird für
dich zu einer Droge, um dein Elend zu überdecken.
Wenn
du jetzt weniger arbeitest könnte da ein „Bewusstseinsloch“ entstehen. „Was
will ich eigentlich vom Leben?“ „Was müsste ich verändern, damit ich mehr
spiele!“ Wenn du weniger arbeitest würdest du aufwachen und auf deine Herz
hören. Es möchte spielen! Es könnte ein Wunder geschehen. Du würdest etwas
machen und es als „Spiel“ bezeichnen. Du würdest eines Tages so intensiv
spielen dass du das Wort „Arbeit“ aus deinem Sprachgebrauch streichen würdest.
Um dahin zu kommen müsstest du einen ersten Schritt wagen: weniger arbeiten.
12. Mehr leben
Dein
Herz liebt das Spiel! Da geht es auf! Da wird es weit. Kannst du eigentlich
dein Herz steuern? Es beeinflussen? Es gestalten? Wenn du am Morgen aufwachst
und dein Kopf füllt sich mit lauter Mangelgedanken hat es dein Herz schwer. Du
denkst an alles, was du unbedingt noch erledigen musst. Dann bist du am Morgen
schon fertig und sehnst dich nach dem Sessel am Abend. Du bist fertig, bevor du
angefangen hast.
Wenn
du es lernst, dein Herz zu „steuern“ , hörst du mit einem solchen Denken auf,
das dich fertig macht. Dein Herz ist wie ein „Emotionsmotor“, der bestimmte
Nahrung bevorzugt. Dein Herz liebt die Freude des Augenblicks. Es kennt
eigentlich nur das „Hier und Jetzt“. Darum meine Idee für heute: mehr leben.
Es
geht mir nicht darum, mehr aus dem Tag herauszuholen. Weniger zu arbeiten um
mehr vom Tag und vom Leben zu haben. Es geht mir nicht um die Verlängerung der
Freizeit und die Ausdehnung der Wochenenden. Dann befindest du dich im inneren
Kampf. Du kämpfst mit dir selber im Ringen um Arbeit und Freizeit. Du betrügst
deinen Arbeitgeber und dich selbst. Vor allem kämpfst du!
Mir
geht es darum, die Zeitqualität zu verbessern. Du kannst arbeiten um dir etwas
leisten zu können wie Haus oder Auto. Oder du kannst arbeiten, weil du in der
Arbeit dich total lebendig fühlst. Du hast nur eine bestimmte Anzahl von
Minuten im Leben. Mehr steht dir nicht zur Verfügung. Du kannst da viel
hineinpacken, damit du alle Räume ausnutzt. Du kannst aber auch in den
Augenblick hineingehen. Da verschwindet auf einmal die Zeit. Sie hört auf zu
existieren.
Du
schaust ein Kind an oder einen Vogel. Du liest ein tolles Buch oder schaust in
die Augen eines interessanten Menschen. Du fängst an, die Geschenke des
Momentes auszukosten. Dadurch vertiefst du dein Leben. Du hörst auf, es zu
verlängern. Das schaffst du eh nicht. Du kommst nur in eine Kampfstimmung und
in Rivalität mit den Möglichkeiten. Wenn du in den Augenblick hineingehst
findest du den Weg in die Tiefe zu deinem eigenen Wesen. Je öfter du das
machst, desto mehr wird dir bewusst, wer du als Mensch eigentlich bist.
Du
siehst zum Beispiel einen Menschen und denkst: „Der ist mir so fremd. Die ist
so eigenartig. Was der macht, würde ich nie tun!“ Ich höre dann, was dieser
Mensch so denkt und macht und erschrecke mich. „Hilfe, so möchte ich nicht
sein.“ Wenn du dann in den „Augenblick“ gehst, hören solche Konzepte
schlagartig auf. Es ist egal, wie jemand denkt oder was jemand so macht. Im
„Augenblick“ findest du ein Gegenüber, das dein Leben verstärkt. Du bekommst einen
Impuls. Von jemandem, der dir völlig fremd ist, bekommst du sogar die größten
Geschenke!
Du
könntest dich entscheiden für ein anders Konzept. Das gesellschaftlich gängige
heißt: Das Leben ist ein Kampf nach dem
Motto - arbeite um zu leben. Oder du entscheidest dich dafür, dass dein Leben
ein großartiges Experiment der tausenden
von Möglichkeiten ist, in die Tiefe und in die Weite zu wachsen.
13. Weniger behindern
Als
Kind bist du mit deiner Mutter an einem Spielplatz vorbeigekommen. Dein erster Impuls war: „Da möchte ich hin.“
Deine Mutter jedoch hatte keine Zeit. Sie wollte ihren Haushalt erledigen. Sie
hat dich überall mit hingenommen. Ständig wolltest du etwas und ständig sagte
deine Mutter: „Nein! Jetzt nicht!“ „Später!“ Du hast als Kind das Paradies
gesehen und durftest es nicht betreten. „Schade!“
Dein
Herz möchte im Paradies leben. Es sehnt sich ständig danach. Als Erwachsener
hast du bestimmt gut von deinen Eltern gelernt. Erst alle wichtigen Dinge
erledigen. Dann darf das Herz auch mal. Hier wäre ein Paradigmenwechsel
wichtig.
Stell
dir vor, du sitzt in einer Gruppe mit Freunden und ihr plant gemeinsam etwas.
Ihr bereitet ein Geburtstagsgeschenk vor. Ihr plant den Besuch bei Verwandten.
Ihr wollt über das Wochenende verreisen... Dann gibt es häufig in der Gruppe
eine Person, die dann auf den Plan tritt, wenn alle in einer super kreativen
Stimmung sind.
Diese
Person meint es gut. Sie möchte, dass der Plan gelingt. Das ist ihr tiefes
Ziel. Diese Person sieht allerdings überwiegend die Hindernisse. Sie sieht das
mögliche Scheitern. Sie will nicht, dass es scheitert. „Oma kann keinen Besuch
mehr vertragen. Wir müssen auf ihre Gesundheit achten.“ „Dieses Geschenk ist zu
teuer.“ – „Wer kann denn überhaupt?“ Da, wo es vorher noch freie Bahn gab,
türmen sich auf einmal Hindernisse auf. Echte Hindernisse und auch lediglich
gefühlte. Dabei wollen die Menschen, die diese Hindernisse aufrichten immer
noch, dass es gelingt.
Sie
haben eben Sorgen, weil es diese Hindernisse gibt. Sie glauben, dass diese
Hindernisse in der Lage sind, das Scheitern hervorzurufen. Total berechtigt. Es
gibt da nur eine kleine, aber häufig unbeabsichtigte Seite. So nach und nach
sinkt die Stimmung. Die Bereitschaft insgesamt wird weniger und weniger. Das
Herz wird immer trauriger. Es erinnert sich an die Zeiten in der Kindheit, wo
die Mutter gesagt hat: „Das geht jetzt nicht!“ Der „Hindernisbauer“ will das
Gelingen. Wenn aber die anderen Menschen in der Gruppe in diesen enttäuschten
kindlichen Zustand abrutschen, hat er verloren. Wie viele Hindernisse dürfen
auftauchen, dass immer noch etwas möglich ist?
Das
Herz ist der Maßstab! Irgendwann krabbelt da in dir so ein Unwohlsein-Gefühl
herum. Dann taucht da ein Alarmknopf im Herzen auf. Das darf noch ein paar
Augenblicke aufleuchten und dann... ist es zu spät! Plötzlich ist es aus und
vorbei. Das Projekt ist gestorben.
Der „Hindernisbauer“ will immer noch, dass das
Projekt gelingt. Er hat nicht mitbekommen, dass das Projekt schon längst in den
Herzen seiner Gruppenmitglieder gestorben ist. Darum macht es Sinn, weniger
Hindernisse aufzubauen. Halte im Blick, dass irgendwann die Luft raus ist.
Beschränke dich auf zwei oder drei große Hindernisse. Beharre nicht darauf.
Mache deinen Job darin, aber übertreibe nicht. Bedenke, dass du es nicht
mitbekommst, wann die Stimmung kippt. Du bist ja vielleicht ein Weltmeister im
Errichten und Sehen von Hindernissen. Das ist deine Stärke! Wenn du nicht
aufpasst, kann es schnell zu deiner Schwäche werden.
12. Mehr ermöglichen
Das
Herz sieht interessanterweise immer die Möglichkeiten. „Möchtest du einmal nach
Amerika?“ Das Herz hört es und ruft: „Ja!“ Es sieht sich quasi schon auf dem
Weg und am Ziel. Es malt in Bildern die Reise aus und entwickelt positive
Gefühle. Es ist bei der Frage schon voller Vorfreude und fragt nur: „Wann geht
es los?“ Der Verstand schaltet sich dann in der Regel sehr schnell ein und
überprüft, ob es geht.
Du
putzt dein Herz und hast die Chance, entweder hinderliche Einschränkungen zu
minimieren oder es alternativ zum machen. Ich werde mit dir mehr ermöglichen.
Reise
mit deinen Gedanken und inneren Bildern an die Nordsee oder an das Mittelmeer.
Dann setzt du dich an den Strand und schaust hinaus in die Weite. Lass in dir die Sehnsucht wachsen nach wunderbaren
Ländern. Nach Abenteuern und unberührter Natur. Du schaust auf das Meer hinaus
und machst dich auf die Reise. Du steigst in das Boot, das du dir jetzt
erschaffst und fährst auf das Meer hinaus. Du schwimmst auf dem Meer der
tausend Möglichkeiten. Jeder Weg führt irgendwo hin. Es gibt keine Niete. Am
Ende eines jeden Weges kommst du ins Paradies. Du musst nur los. Mehr nicht.
Stell
dir vor, dass das Wort Hindernis für dich ein Fremdwort ist. Du hast es noch
nie gehört und verbindest damit auch nichts. Kein Gefühl und keine Erfahrung.
Du verbindest dich nur mit den paradiesischen Zielen und der Lust des
Aufbruchs. Du willst reisen und irgendwann ankommen. Dein inneres Ja steigt auf
100 Prozent. Aufzubrechen ist deine Bestimmung. Deine Lebensbestimmung. Nur
dafür bist du auf diese Welt gekommen. Du sitzt am Strand und weißt, dass es
jetzt so weit ist.
Und
nun wachst du wieder auf aus deinem Tagtraum und wendest deine Aufmerksamkeit
hin zu den Alltagsaufgaben. Aber du nimmst die Energie deiner inneren Reise
mit. Du verbindest dich mit den Möglichkeiten. Ob du auf das Meer hinausschaust
oder dich dem Alltag stellst. Der Unterschied ist nicht von Bedeutung. Wieder
hast du viele Möglichkeiten. Du hast sie nur noch nicht wahrgenommen.
Vielleicht, weil du dich schon zu sehr festgelegt hast. Oder weil du ein
Verhinderer bist. Oder weil du zu wenig Vertrauen hast. Dann geh wieder an den Strand und reise in
dein Paradies. Bis du in der Lage bist, mit dem „Traumpotential“ deine neue
Wirklichkeit zu konstruieren. Nur zu! Das Leben wartet nicht auf dich!
15. Weniger haben
Manchmal
sehe ich eine neue technische Erfindung und es kommt der Gedanke: „Das will ich
haben.“ Ich sehe Kinder im Supermarkt an der Kasse und höre immer wieder:
„Mama, darf ich.“ Ich sehe die genervten Mütter, die ablehnen und sich dafür
entschuldigen.
Manchmal
also sehe ich etwas und mein erster Impuls heißt: Das will ich haben. Ich
könnte es jetzt kaufen. Wenn ich es mir aber nicht kaufe und ein paar Tage
abwarte mache ich eine neue Erfahrung. Der Reiz ist zurückgegangen. Manchmal
wundere ich mich, dass ich es gar nicht mehr haben will. Wie eine Welle
schwillt es an und ebbt wieder ab. Ich darf nicht am Anfang der Welle kaufen.
Lieber ein paar Wellen laufen lassen und dann neu entscheiden.
Etwas
haben zu wollen ist wie die Erfüllung eines Versprechens. Das Herz mag das
Haben. Aber nur auf den ersten Blick. Das Herz ist angebunden an die Ewigkeit
und an Fülle. Es ist verführbar, aber nur unter bestimmten Umständen. Beim
Herzputz lade ich dich ein weniger zu haben.
Ich
sehe etwas und möchte es haben. Ein elektronisches Gerät. Ein Stück Kuchen. Ein
Auto. Was auch immer. Ich sehe es und ich will es haben. Wenn ich es ein paar
Tage später auf einmal nicht mehr haben will – wie kommt es dazu? Du kannst
etwas nur haben wollen wenn es ein Bedürfnis in dir anspricht. Wenn du satt
bist, kann dich nichts verführen.
Du
hast Hunger und ein Bedürfnis nach Essen. Klar bist du dann verführbar für
Kuchen und/oder Pizza. Je nach Hunger und Verlangen. Wenn du die Freiheit
liebst bist du ansprechbar für ein Auto,
mit dem du in rasender Geschwindigkeit die ganze Welt bereisen kannst. Wenn du keine Bedürfnisse hast, kann die Werbung
an dir nichts verdienen.
Wenn
du deine Bedürfnisse ständig befrieden möchtest, sobald du einen Mangel spürst,
musst du immer ein „Kaufhaus“ in deiner Nähe haben. Du wirst zum Junkie. Du
musst ständig haben, damit deine Bedürfnisse gestillt werden. Wenn du den
Gedanken zulässt, weniger zu haben könnte eine kleine Lücke oder eine Pause entstehen.
Eine Lücke im Erfüllen deiner Bedürfnisse. Du könntest herausfinden, ob es
etwas gibt, dass dich viel zufriedener macht als gerade dieser Gegenstand.
Du
könntest bei deinem Hunger nach Freiheit eben kein Auto kaufen, sondern tiefer
fragen: „Wer oder was kann meinen Hunger nach Freiheit stillen?“ Vielleicht
kommst du dabei vom Auto hin zum Flugzeug. Und vom Flugzeug zur Rakete. Und von
der Rakete hin zu.... Du wirst also weniger haben und dennoch mehr Wert
erfahren. Wenn du satt bist brauchst du ja nichts mehr. Ein wenig Hungergefühl
kann dich antreiben nach dem tieferen „Mehr“ zu fragen.
16. Mehr sein
Wenn
dein Herz etwas sieht, was gefällt, möchte es das haben. Und wenn es das
bekommt freut es sich. Das Herz liebt das Erleben von Freude und kann nie genug
davon bekommen. Dein Herz wünscht es sich für jeden Augenblick. Es kann keine
Vorräte darin sammeln. Es möchte das immer frisch und unverbraucht. Es ist auch
ständig auf der Suche nach neuer und frischer Freude. Es glaubt sogar, dass es
Freude bekommen kann bei totlangweiligen Konferenzen und bei mürrischen
Menschen.
Dabei
möchte das Herz nicht wirklich etwas haben um es zu besitzen. Darum geht es das
Herz nicht. Im Laufe des Lebens lernt das Herz immer mehr den Unterschied von
Haben und Sein. Im Herzputzprogramm heißt darum heute: mehr sein.
Wenn
du etwas haben möchtest bist du abhängig von dieser Habe. Diese Habe existiert
ja außerhalb deiner selbst. Du siehst einen Pullover und möchtest ihn haben. Im
Moment gehört er dir noch nicht. Du kaufst ihn und dann besitzt und ihn und du
verbindest mit diesem Moment das Entstehen von Glück. Dann stellst du nach
wenigen Tagen fest, dass dieser Glückszustand kleiner wird. Du brauchst wieder ein
neues Teil um Freude zu erleben.
Wenn
du aber etwas findest, was zu dir gehört und was in dir ist, bist du nicht mehr
abhängig. Du bist kein Bettler mehr. Du suchst nicht mehr im Außen. Wenn dein
Herz voller Liebe ist muss es keine „Liebe“ mehr von außen zuführen. Wenn du im
Sein bist, dann kannst du die „Außendinge“ genießen ohne sie haben zu müssen.
Wenn du dir „herzensreich“ vorkommst und erlebst, wirst du unabhängig.
Darin
besteht die Kunst, immer „herzensreicher“ zu werden. Und wie wird ein Mensch
herzensreich? Indem er lernt, dass er eingebunden ist im Meer der Liebe. Wie
ein Fisch im Wasser das Wasser nicht als Wasser wahrnimmt und dennoch darin zu
Hause ist. So ist es für den Menschen wichtig, das Bewusstsein zu entwickeln,
im Meer der Liebe zu schwimmen, die immer und unendlich Nachschub bekommt. Das Haben
versiegt irgendwann, die Liebe dagegen wächst. Du kaufst nicht Liebe, du bist
Liebe. Lieben ist deine natürliche Wesensbestimmung.
17. Weniger jammern
Manchmal
sammelt sich im Herzen Leid an. Das Herz freut sich über ein Ereignis, das noch
kommt. Wenn es sich nicht so erfüllt, dann ist es enttäuscht und lagert Leid
ab. Wenn sich in der Nähe ein anderes Herz aufhält, dann kann durch Leidteilen
der Schmerz schnell überwunden werden.
Aber
manchmal ist niemand in der Nähe oder das Herz hat schon öfter mal eine
Enttäuschung erlebt, dass keiner zuhören möchte. Dann kann sich schon mal eine
Menge Leid ansammeln. Das macht das Herz im Laufe der Zeit schwer. Denn es muss
das ganze Leid ständig mit sich herumtragen.
Wenn
du jammerst, dann ist das der Versuch, mit dem Leid im Herzen umzugehen. Ist
das hilfreich? Du hast wenigstens einen Kanal gefunden, deinen Schmerz
auszudrücken. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Was ist aber, wenn du so
richtig ins Jammern kommst. Ins Dauerjammern. So geht es heute darum weniger zu
jammern.
Jammern
erleichtert. Du redest dir einfach was von der Seele. Jeder von uns jammert mal
und es gibt reichlich Grund dazu. Manche haben ein weites Herz und eine große
Frustrationstoleranz. Die sind gesegnet, weil sie so schnell nichts
erschüttert.
Wenn
du aber genaue Vorstellungen vom Leben hast. Konkrete Wünsche und klare
Bedürfnisse, dann kannst du schon mal schneller enttäuscht werden, wenn die
Ereignisse nicht so eintreten, wie du es dir ausgedacht hast. Dann hast du viel
Grund, die Abläufe deines Lebens zu beklagen. Es fühlt sich einfach nicht schön
an. Das erste Jammern wird dich erleichtern. Wenn aber nichts passiert. Wenn
die Situation sich nicht ändert oder wenn du nichts anders machst, dann bleibt
der Grund zum Jammern. Es ändert sich nichts an der Situation und zum Ausgleich
jammerst du. Dann hast du das Jammern als Lösung gefunden, die Situation zu
ertragen. Du solltest dann auf keinen Fall weniger jammern. Jammern ist ja
deine Lösung!
Nur,
wenn du dich ändern möchtest oder deine unangenehme Lage, dann wäre es besser,
weniger zu jammern. Aber nur dann.
Was
geschieht, wenn du weniger jammerst? Sell dir vor, dass dein Ehepartner nicht
mehr mit dir spricht. Das macht dich traurig und du sammelst Leid in deinem
Herzen an. Dann bejammerst du mit Freunden und Freundinnen dein Schicksal.
Vielleicht bekommst du Verständnis und Zuwendung. Aber irgendwann werden die
Quellen versiegen weil niemand dich mehr hören mag. Wenn du jetzt aufhörst zu
jammern, dann sammelst du immer mehr Leid an bis... Ahnst du, was passiert,
wenn du nicht mehr jammerst?
Entweder
stirbst du vor Kummer oder du möchtest das ganze Zeug irgendwann einmal
loswerden. Vielleicht explodierst du und machst mit einem Wisch einen reinen
Tisch. Oder du fängst tatsächlich an, etwas zu verändern. Du entschließt dich,
nicht mehr länger zu leiden, sondern diesen Zustand zu beenden. Du schreitest
zur Tat. Du machst etwas. Du hältst nicht länger das „Unerträgliche“ aus. Wenn
du aufhörst zu jammern wird daraus etwas anderes wachsen. Denn du hast ja
aufgehört, das Jammern als Lösung zu betrachten. Überlege dir also gut, ob du
weniger jammern möchtest.
18. Mehr freuen
Tiefe
Freude ist einer der Lieblingszustände des Herzens. Du kannst dich freuen wenn
es einen Anlass dafür gibt. Wenn du einen guten Freund triffst, wenn du
eingeladen wirst zu Menschen, die du magst. Du kannst dich über eine Geschenk
freuen oder einfach über ein Lächeln.
Es
braucht nicht viel, dass dein Herz in diese Freudeschwingungen gerät. In der
Regel findet es sehr schnell die Quellen dafür. Es ist darauf programmiert. Das
Herz kennt seine Tankstellen. In manchen Phasen deines Lebens kannst du sogar
in der Freude sein ohne einen Anlass. Die Freude ist einfach da und dein Herz
schwingt. Wie wäre es, wenn du mehr davon erleben dürftest? Mehr freuen?
Stell
dir vor dass du eine Freundin oder einen Freund triffst. Du freust dich schon
vorher. Es tauchen Bilder und Erinnerungen auf. Es kommen Gedanken und Wünsche,
dass es sehr nahe und schön sein möge. Schon beim Nachspüren fühlst du dich
verstanden, verbunden und getragen. Wenn es dann zur Begegnung kommt erfüllt
sich diese Freude. Sie fühlt sich mächtig und stark an und erfüllt dein ganzes
Herz. Du spürst förmlich, wie dein Herz auftankt und ganz präsent ist.
Wenn
die Begegnung dem Ende zugeht, schleicht sich auch neben der Freude ein wenig
Trauer und Schmerz ein. „Schade, wir müssen uns trennen. Wer weiß, wie lange es
dauert, bis wir uns wiedersehen.“
Du
wünschst dir mehr von diesen Gefühlen? Mehr Freude? Wie kann das gehen ohne
dass du dich treffen musst? Wie könntest du dich freuen ohne einen Anlass? Mit
Anlass ist es vermutlich leichter. Aber wenn du dich erinnerst, dann konntest
du schon vor der Begegnung diese Freude erleben. Allein der Gedanke an das
Treffen hat dein Herz erfüllt. Wenn du dich mehr freuen möchtest musst du also
nur an die Dinge denken, die Freude bewirken.
Ich
schließe die Augen und blicke auf das Meer hinaus. Ich rieche das Meerwasser
und spüre die Sonne auf meiner Haut. Ich entspanne mich und vom nahe
gelegenen Restaurant aus wehen
mediterrane Düfte herüber. Mein Herz verwundert sich. „Wie! Ist denn schon
Urlaub? Yes, ich bin dabei!“ Du kannst also die Macht deiner Vorstellung nutzen,
in die Freude zu gehen. Das ist kein Rezept für Zustände, wenn du tief traurig
oder verärgert bist. Dann ist etwas anderes dran. Aber dein Herz mag es sehr,
wenn es mehr Freuen gibt.
19. Weniger schlafen
Manchmal
schaust du am Abend auf deinen Tag zurück und weißt nicht mehr, was so alles
passiert ist. Oder jemand fragt dich etwas und nur wenige Momente später kannst
du dich nicht mehr erinnern. Dann stellst du vielleicht fest, dass du irgendwie
gar nicht da warst.
Mit
einem Teil von dir warst du in irgendwelchen Tagträumen, in Gedanken oder in
einem Niemandsland. Dein Herz war nicht da. Es fühlte sich nicht angesprochen.
Es gibt Tage, da hängt dein Herz in den Seilen. Es bekommt keinen
„Gefühlsstoff“. Dein Herz ist abgetaucht in einen Schlafzustand. Solche
Zustände können durchaus hilfreich sein, besonders, wenn du überfordert bist.
Zu viele belastende Gefühle können dich überfordern, aber auch wenn nichts
passiert. Wie wäre es damit weniger zu schlafen?
Um
es gleich zu sagen: Ich schlafe gerne. Ich schlafe auch gerne genug. Der
Körper, der Geist und die Seele brauchen diese Zeiten, sich zu regenerieren.
Und ich plädiere dafür, da achtsam mit umzugehen. Wenn ich mich dafür stark
mache, weniger zu schlafen, dann meine ich den Schlaf am Tage.
Es
gibt Zeiten am Tag, wo du den Eindruck hast, dass du nicht richtig da bist. Du
nimmst einfach nicht wahr, wo du bist, was du tust und wer sonst noch da ist.
Du bekommst nicht mit, dass da gerade jemand traurig ist. Du spürst nicht, dass
du gerade angesprochen wirst. Du schläfst! Ich sitze manchmal in Konferenzen,
wo ich auch irgendwie schlafe. Schade! Gehört doch zu meiner Lebenszeit. Ich
sitze mit einem Menschen zusammen und ich rede ihn müde. Dann bin ich
eigentlich auch nicht mehr da. Da spricht eine Art Computer ohne zu bemerken,
dass das Gegenüber schon lange abgetaucht ist. Schade! Wenn ich dann für mich
selber das Wort „Jetzt“ sage, werde ich wach. Durch das Wort „Jetzt“ merke ich
erst, dass ich gerade geschlafen habe. Rund um die Uhr bewusst leben geht
vielleicht noch nicht – aber ich kann diese Augenblicke ausdehnen und
vermehren, in denen ich den Schlaf mehr und mehr abstreife und ganz da bin.
20. Mehr wachen
Das
Herz ist gerne hellwach. Was geschieht gerade? Wo ist etwas los? Wo begegne ich
dem Leben? Das Herz möchte ja in eine kohärente Schwingung kommen. Dazu muss es
Impulse erhalten. Es sucht ständig Impulse um festzustellen, dass es lebendig
ist. Im Schlaf sinkt es ab und sorgt für eine gute Ruhephase.
Das
Herz ist neugierig. Darum kannst du es ganz leicht schaffen, in einem
anregenden Wachzustand zu kommen. Jetzt geht es also um mehr wachen.
Wenn
ich nichts mehr vom Leben erwarte dann plätschere ich dahin. Worüber sollte ich
mich freuen oder ärgern? Alles geht seinen Gang und ich gehe irgendwie mit.
Wenn ich aber etwas erwarte, dann bin ich ausgerichtet. Ich bin ausgespannt auf
etwas hin. Ich richte meine Antennen aus und mein Körpertonus kommt in eine
gewisse Spannung.
Ich
bin zum Aufbruch bereit. Ich erwarte zum Beispiel Besuch und richte meine Ohren
aus. Gleich wird es klingeln. Ich möchte den Moment nicht verpassen. Mein
Besucher soll nicht unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen.
In
einem Wachzustand bekommst du mehr mit. Zu viel ist vielleicht auch nicht gut,
damit du dein System nicht überforderst. Aber eine gewisse Wachheit lässt dich
mehr teilnehmen am Leben. Du bekommst mit, was in der Welt so geschieht. Du
glaubst nicht einfach den Medien und liest zwischen den Zeilen. Du
interessierst dich mehr für die Zwischentöne und die verborgenen Nachrichten.
Du hörst mehr von dem, was jemand verschweigt als von dem, was er dir verkauft.
Du findest eher den Weg zum gesunden Gemüse und hältst dich in der Nähe von
Menschen auf, die dir gut tun. Wenn du wach bist, dann meidest du
energieräuberische Menschen und merkst sehr schnell, wenn jemand dich nur
aussaugen will. Du merkst Veränderungen in der Welt. Je wacher du wirst, desto
eher bemerkst du die Vogelarten, die nicht mehr in deiner Umgebung vorkommen.
Du nimmst wahr, ob die Kassiererin im Supermarkt gerade zufrieden oder abwesend
ist. Du wirst wacher und nimmst mehr wahr. Du nimmst mehr wahr und fühlst dich
mehr als Teilnehmer am Leben.
21. Weniger reden
Manchmal
sitze ich mit meinem Herzen in der Runde und frage mich: „Worüber sprechen die
hier eigentlich?“ Es berührt mich nicht. Es ist langweilig. Es geht um nichts.
Um nichts Wichtiges. Ich höre die Worte und ich höre Sätze und es kommt nichts
bei mir an. Ich schaue verwundert in die Runde und werde abgehängt. Ich bin
nicht mehr da.
Das
Herz mag es nicht, wenn es mit anderen Menschen zusammen ist und dann abgehängt
wird. Es möchte gerne dabei sein. Wie wäre es mit weniger reden?
Es
gibt ja Menschen, die nie reden. Denen man die Worte aus der Nase ziehen muss.
Von denen man nichts mitbekommt. Die meine ich nicht! Ich spreche von mir und
von den Menschen, die nicht mit dem Sprechen aufhören können. Ich erwische mich
dabei, dass ich einen Gedanken ausspreche und dann noch einmal mit anderen
Worten und dann noch einmal ohne zu überprüfen, ob der Gedanke angekommen ist.
Vielleicht habe ich mein Gegenüber schon müde geredet. Ihn eingelullt. Ihn mit
Worten abgeschossen. Da wäre ein frühzeitiger Punkt hilfreich. Einen Gedanken
einmal ausgesprochen und Punkt. Und abwarten, ob und was kommt. Das könnte ich
mal tun. Wäre sinnvoll.
Ich
denke aber auch an Menschen, die sprechen können, ohne dass das Herz dabei ist.
Sie schalten es einfach gar nicht ein und wirken wie eine Sprechmaschine. Für
alle Vielsprecher empfehle ich, einen Satz einfach auslaufen zu lassen und
keinen Satz nachzuschieben. Einfach mal aufhören. Und schauen, was dann
geschieht. Das mache ich jetzt.
22. Mehr schweigen
Wenn
du dich selber in deinem Herzen besuchst gibt es die große Freude und zugleich
auch das große Schweigen. Du kannst in der Nacht den Sternenhimmel betrachten
oder in der Meditation in dein Herz gehen.
Das
Herz kann schweigen, weil es sich depressiv zurückzieht. Es kann aber auch
schweigen, weil es von der Größe des Daseins ergriffen wird. Und dazu lade ich
dich ein.
Viele
Menschen verbinden mit dem Schweigen ein unangenehmes Gefühl. Du streitest dich
und fühlst dich verletzt. Dann schweigst du, weil du nicht noch mehr Öl ins
Feuer gießen möchtest und du magst auch einfach nicht mehr. In einer Gruppe
schweigen alle plötzlich, weil sie unangenehm berührt sind. Es gibt peinliche
Schweigemomente. In solchen Augenblicken wünschst du dich sehr schnell weg.
Dann
gibt es aber auch Zeiten des Schweigens, wo eine Stille heilsam und wohltuend
ist. Du sprichst mit einem Menschen und es entsteht Nähe. Da berührt dich ein
Wort und es darf sich in dir ausbreiten. Es wird nicht sofort wieder übertönt
durch ein neues Wort. Ein Wort bekommt Zeit, sich in dir auszubreiten. Ich
glaube, dass wir das wieder lernen müssen. Bei uns geht alles so schnell. Ein
Wort bekommt nicht mehr die Zeit, die es braucht, um wirken zu können. Je
schneller die Welt und dein Leben abläuft, desto mehr geht die Qualität der
Schweigezeiten verloren. Aber du kannst das wieder einüben.
Du
setzt dich hin und schließt die Augen. Du gehst mit deiner Aufmerksamkeit in
das Herz und atmest tief ein und aus. Du stellst dir vor, dass dein Herz ein
Fenster hat, in das du hineinatmest und wieder ausatmest. In deinem Herzen
nimmst du ein ganzes Universum wahr, das du beatmest. Dabei schaust du nur zu
und nimmst wahr, was geschieht. Das machst du regelmäßig. Im Bus, auf der
Parkbank oder vor dem Essen. Das Schweigen wird dir helfen, wieder Freiräume in
dir zu finden. Vor allem, wenn es mir Worten vollgestopft ist.
23. Weniger suchen
Wenn
du im Sehnsuchtsgefühl wohnst dann geht dein Herz auf die Suche. Es sucht
Nahrung und möchte satt werden. Das Herz spürt hin und schaut sich um, ob es
Zuwendung bekommt. Du kannst dabei merkwürdige Erfahrungen machen. Du gehst in
die Stadt und fragst dich in der Fußgängerzone, warum du eigentlich hier bist.
Vielleicht
hattest du Lust auf einen Bummel oder du wolltest irgendetwas einkaufen. Und
plötzlich verliert sich die Idee. Der Impuls verschwindet.
Dann
hat dein Herz dir vorher ein Signal gesendet. Ein unbestimmtes. „Suche mir
etwas, das mir Freude bereitet.“ Möglicherweise verbringst du viel Zeit mit der
Suche nach Dingen, nach menschlichen Zuwendungen und empfindest es als
Zeitverschwendung. Vielleicht erfüllt dich das Suchen aber auch und du magst es
einfach. Du wohnst in einer großen Unordnung, weil du das Suchen liebst. Dann
behalte es und mach weiter so. Suchen macht dich glücklich. Wenn es dich aber nervt,
dann lade ich dich ein, weniger zu suchen.
Ich
habe drei Jahre in einem Pfarrhaus gelebt mit einem Pfarrer, der permanent auf
der Suche war. Er suchte ein sinnerfülltes Leben. Er entwickelte Ideen von
psychosomatischen Kliniken für spirituelle Menschen. Er stellte sich
Wohngemeinschaften vor mit mehreren Generationen unter einem Dach. Oder auch
einen Planwagen, mit dem er unterwegs sein wollte als Zeichen gegen Besitz- und
Konsumdenken. Eine Frau in der Gemeinde fragte ihn einmal, ob er „es“ immer
noch nicht gefunden hätte. Seine Antwort: „Der Mensch bleibt sein ganzes Leben
lang auf der Suche.“
Bist
du auch Sucherin/Sucher eines Weges? Was oder wen suchst du und was treibt dich
an? Suchst du lediglich verlorene Schlüssel oder verlegtes Geld? Suchst du in
Supermärkten die Produkte, die du haben willst? Oder suchst du Sinn in deinem
Leben? Egal, was du suchst. Wenn du suchst, dann fehlt dir in der Regel etwas.
Dir fehlt der Schlüssel, ein anderer Gegenstand oder sogar der Sinn. Du
befindest dich in einem Mangel. Da gibt es ein Bedürfnis oder eine Lücke. Die
Suche kann deinen Tag völlig bestimmen. Du kannst an nichts anderes mehr
denken. Du suchst, bis du es gefunden hast. Du möchtest auf keinen Fall vorher
aufgeben.
Je
höher deine Sehnsucht ist, desto intensiver der Wunsch, ans Ziel zu gelangen.
Dabei kann sich schnell dein Ärger oder auch deine Trauer immer mehr steigern.
Du wirst im Suchen enger und enger. Du verlierst nach und nach die Freiheit und
wirst zum Sklave deines Suchens. Ich übertreibe vielleicht ein wenig, aber das
Suchen kann dir deine Abhängigkeiten klar machen. Erst, wenn du das Gesuchte
gefunden hast, kannst du loslassen. Dein Suchen kann dich zermürben und dich
blind werden lassen für die vielen anderen Möglichkeiten am Weg. Wie würde dein
Leben aussehen, wenn du weniger suchen würdest. Du müsstest die Gegenstände und
Dinge natürlich loslassen. Du suchst gar nicht erst, wenn du nicht weißt wo es
ist. Oder du beschränkst zeitlich deine Suche. Du nimmst die Stoppuhr und hörst
nach fünf Minuten auf. Nach fünf Minuten lässt du aber auch im Kopf los. Test
mal, ob dein Leben dann weitergeht. Und ob du für dein „Problem“ noch andere
Lösungen findest. Vielleicht stellst du fest, dass du doch ein sehr kreativer
Mensch bist.
24. Mehr finden
Ich
kann finden als Ergänzung oder Gegensatz zum Suchen definieren. Ich kann aber
auch sagen: „Ich finde dich toll!“ Ich kann Dinge finden, obwohl ich sie gar
nicht gesucht habe. Ich begegne ihnen einfach. Ich kann die Liebe meines Lebens
finden im Sinne von antreffen.
Das
Herz findet sehr gerne. Es liebt Überraschungen. Wenn das Herz überrascht ist,
nimmt es eine körperliche Verlängerung zur Hilfe um sich auszudrücken. Es nimmt
die Hände und klatscht sie zusammen. Das Herz trottet irgendwie dahin und
plötzlich wird es wach. Es kommt ins Schwingen und bekommt einen totalen
Energieschub. Das Finden kann ein Ergebnis des Suchens sein, sozusagen die
Belohnung einer Arbeit. Es kann aber auch sein, dass das Finden sich einfach so
ereignet. Und davon wünsche ich dir mehr.
Haben
die Hirten eigentlich die Krippe gesucht? Oder haben sie die Krippe gefunden? In
meiner Vorstellung haben sie einfach einen Schutz für die Tiere aufgesucht. Sie
kannten diese Hütte und waren überrascht, dass da einfach fremde Leute waren.
Vielleicht haben sie sich sogar geärgert über die Besetzung. Aber dann sahen
sie das Kind und die Freude brach aus.
Die
drei Könige haben vermutlich gesucht. Sie wussten ja von den alten Weissagungen
und sind ihrem Traum gefolgt. Gesucht haben die aber auch nicht, denn sie
hatten einen Stern als Wegweiser. Die Engel mussten auch nicht suchen. Sie ließen
sich vom inneren Wissen leiten. Wie kann ich etwas finden ohne dass ich suche?
Ich
darf nichts Bestimmtes im Sinne haben. Dann fange ich an zu suchen. Ich muss
mich von allem verabschieden. Darf keine Konzepte im Kopf haben. Es könnte auch
sein, dass nichts passiert. Ich laufe und finde eben nichts. Wenn ich wach bin
und mein Herz öffne, so meine Erfahrung, dann passiert immer etwas
Überraschendes. Ich darf mich nicht fokussieren auf eine einzige Sache. Sondern
ich muss defokussieren. Den Fokus also auf alles zugleich und nichts Konkretes
richten. Ich besuche an Weihnachten jemanden und habe gar keine Erwartungen.
Weder Geschenke noch Kuchen. Nicht einmal, dass dieser Mensch zu Hause ist.
Vielleicht treffe ich ja ein Eichhörnchen. Deine Erwartungen werden schnell
enttäuscht, wenn sie sich nicht erfüllen. Du befindest dich dann im Suchmodus.
Im Suchmodus hast du klare Vorstellungen von allen Abläufen. Im Findemodus
lehnst du dich zurück und lässt dich überraschen. Alles darf und nichts muss.
Hast du Lust, in den Findemodus zu wechseln? Wann fängst du damit an?
Welche
Menschen haben wohl das Jesuskind gefunden im Stall von Bethlehem und wir haben
bisher nichts davon erfahren? Herodes hat übrigens das Kind gesucht und nicht
gefunden. Vielleicht nähert man sich der göttlichen Quelle auch so. Nicht
suchen, sondern finden. Wenn du findest, dann gehst du davon aus, dass es schon
da ist auch wenn du es noch nicht siehst. Und wenn es schon da ist, kann es
auch seine Kräfte entfalten. Du könntest auch einfach mal so tun, als hättest
du es schon gefunden. Wie fühlst du dich als Finder?
Was kommt nach dem
Herzputz?
Nun
hast du dein Herz gereinigt im Laufe von 24 Impulsen oder in einem vier Wochen
Programm. Spürst du Veränderungen? Fühlst du dich lebendiger? Leichter?
Bewusster? Befrage dein Herz und befrage deinen Verstand. Ich erlebe es so,
dass ich den Eindruck habe, jetzt mehr in Übereinstimmung mit mir zu sein. Ich
fühle mich stimmiger. Nicht moralisch besser oder schlechter. Aber stimmiger. Ich
fühle mich neu ausbalanciert. Mein Herz fühlt sich kohärent an. Und das finde
ich sehr erstrebenswert.
www.matthias-koenning.de
www.matthias-koenning.de
Donnerstag, 29. Dezember 2016
Herbergsräume suchen und den Weihnachtsraum finden
Das Leben kommt mir manchmal vor wie
eine ständige Herbergssuche. Ich wurde gezeugt und richtete mich im Bauch
meiner Mutter ein. Meine Seele fand eine erste Herberge. Leider musste ich
diese verlassen, die Hütte wurde zu klein für mich. Ich wurde verstoßen und
bekam eine Wiege. Diese stand in einem kalten und viel zu großen Zimmer. Mir
kam die erste Erinnerung hoch: Der Bauch deiner Mutter war am Anfang doch auch
zugleich fremd und viel zu groß.
Dieses Spiel setzte sich fort.
Kindergarten, Schule, eigene Wohnung, Universität. Immer war ich nur
vorübergehend dort. Mal für ein paar Minuten, mal für ein paar Tage und auch
mal für ein paar Jahre. Da gibt es das ständige Schwanken in mir. Darf ich
bleiben? Wenn ja, wie lange? Ist es sicher hier? Dann richtest du dich ein,
fühlst dich wohl und dann? Dann musst du wieder gehen. Immer, wenn es am
Schönsten ist. Du musst damit klarkommen, ob du willst oder nicht.
Da fällt mir meine Seele ein. Auch sie
wohnt in einer Herberge. Diese „Herberge“, mein Körper kommt mir auch oft sehr fragil vor. Immer verlangt er
nach Aufmerksamkeit. Er möchte geschützt werden vor Wärme und Kälte, vor Nässe
und Trockenheit. Manchmal fühlt er sich wohl in seiner Haut, in seiner
„Umhüllung“ und manchmal möchte er da einfach nur raus.
Mein Körper, eine Herberge für die
Seele. Mein Körper hat die Aufgabe, die Seele zu beherbergen. Da steckt doch
das Wort bergen und Geborgenheit drin. Die Seele sucht Geborgenheit und bekommt
sie auch. Aber es ist nie so ganz sicher! Da gibt es die Krankheiten, die
Ängste und Sorgen. Da gibt es die lebensbedrohlichen Zustände, wenn die
Geborgenheit aufhört und die Unsicherheit beginnt. Der Anfang einer möglichen
Panikattacke.
Es lohnt sich also, einmal genau
hinzuschauen. Die Herbergen zu betrachten. Ich möchte es gerne mit dem Wort
„Raum“ bedenken. Ein neutrales Wort. Jede Herberge ist zunächst einmal ein Raum
mit Länge mal Breite mal Höhe. Der einfachste Raum ist geometrisch gesehen ein
Würfel. Und damit fängt jetzt der Advent an.
Der Advent hat als Ziel auch einen
Raum: Den Stall von Bethlehem. Auf den ersten Blick erscheint er eher
nebensächlich. Dennoch ist es das Ziel einer Reise. Maria und Josef waren
unterwegs. Sie gingen ihren eigenen Adventsweg. Maria war schwanger im
Bauchraum barg sie das Kind. Ihr Ziel war Bethlehem, übersetzt: „Hausraum des
Brotes“. In der Konkretisierung ein Stall oder der Legende nach auch eine
Höhle. Da tauchen die ersten Misstöne schon auf! Ein zugiger Stall im „Haus des
Brotes“! Da gibt es die Begegnung meiner Fragilität mit der Fragilität des
göttlichen Kindes. Da kommen mir die Räume in den Sinn, die ich schon
durchwandert habe. Räume der Geburt, Räume des Lebens, Räume des Sterbens und Räume
des Abschiedes. Aber im Advent taucht da dieser Raum in Bethlehem auf. Im
Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse taucht die Zeile auf:
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
Mir gefällt die Idee, mit Hermann Hesse
Raum um Raum zu durchschreiten und nach der Qualität des jeweiligen Ortes zu
forschen. Ich lade dich ein, in den Tagen des Adventes mit mir den einen oder
anderen Raum zu besuchen. Wir werden keinen Raum zur Heimat machen. Aber in
jedem Raum wird es Hinweise geben, die für den Adventsweg hilfreich sein
können. Die Wegweiser dazu werden Hinweise aus der Sprache. In welchem Raum
dürfen wir bleiben? Selbst der Stall in Bethlehem lädt nur zum Rasten und
Ausruhen ein für eine kleine Weile. Betreten wir also neugierig morgen den
ersten Raum.
Im Vorraum der
Ahnungen
Je größer und das Haus, je reicher der Besitzer, desto
imposanter der Vorraum. In der einfachen Wohnung ist es der Flur und im Schloss
stehst du in der imposanten Eingangshalle. Der Vorraum eines Hauses wirkt auf
mich wie die Verlängerung der Haustür. Und zugleich kannst du wie bei der
Ouvertüre eines Musikstückes die „Themen“ wahrnehmen. Farben, Gegenstände,
Atmosphäre, Gerüche, Ordnung, Platz und Sauberkeit erzählen dir ganz viel von
den Bewohnern. In den Vorräumen kannst du erahnen, was sich hinter den
einzelnen Türen verbirgt. Die Themen stehen fest. Bist du willkommen? Kommst du
dir vor wie ein Eindringling?
Eigentlich gibt es immer den Raum vor dem Raum. Der Stall zu
Bethlehem besitzt auch einen Vorraum: das Feld der Hirten, der Stern und die
Weite des Himmels. Der „Vorraum des göttlichen Kindes“ stellt sich dar wie eine
riesengroße Einladungskarte: „Du bist herzlich willkommen!“
Sogar dein eigener Körper besitzt einen Vorraum. Wenn dir
jemand zu nahe tritt, gehst du automatisch einen Schritt zurück, auch wenn du
noch gar nicht berührt worden bist. Du kannst dich verschließen, indem du die
Hände ineinander verschränkst oder du kannst die Hände ausbreiten mit einer
Einladung.
Beobachte doch einmal den Vorraum deines Körpers. Wie weit
dehnt er sich aus. Was spürst und merkst du dort? Wie sicher fühlt er sich an?
Wie spiegelt sich der „Vorraum“ deines Körpers in deinem Hausflur-Vorraum? Und
was kannst du erkennen, wenn du dann auf dein Herz schaust? Die Einladung des
Adventes lautet: „Effata! Öffne dich!“
Das ist mein Revier!
Das ist mein Raum! Hier sitze ich! Dieser Platz gehört mir!
Wenn du durch deine Wohnung gehst und
allein wohnst, dann wirst du feststellen, dass die ganze Wohnung dein Revier
ist. Da kannst du atmen, wohnen, dich ausdrücken, sicher sein!
Wenn du deine Wohnung teilst mit anderen Menschen hast du in
der Regel auch dein Revier. Dein Bett, deine Schubladen, dein Kleiderhaken,
dein Stuhl bei den Mahlzeiten. Die Plätze verteilen sich. Je kleiner der
Wohnraum, desto kleiner dein Revier, dein eigener Raum!
Auch in einem Zeltlager wird jedes Kind seinen Raum finden.
Die eigene Matratze und der Koffer! Der eigene Raum, den Jesus belegte war auch
nicht groß: Zuerst der Bauch von Maria und dann der Futtertrog – im Wechsel mit
dem Schoß! Ich glaube schon, dass Jesus die Zärtlichkeit seiner Mutter erlebt
hat.
Manchmal müssen wir um unseren Raum kämpfen oder wir müssen
ihn teilen. Dein eigenes Revier gibt dir Sicherheit und bestätigt dich in der
Existenzberechtigung. Ist dein Raum groß genug? Freundlich? Fühlst du dich wohl
dort? Möchtest du ihn erweitern oder verkleinern? Wohnst du vielleicht in einem
Revier, das dir viel zu groß geworden ist? Nimm einfach mal deinen Raum und dein
Revier wahr und spüre hinein ob er stimmig ist!
Der eigene Raum! Der Raum von Jesus war knapp. Bauch und
Krippe! Eine gute Vorbereitung für die Zeit als Wanderprediger. Der
Menschensohn hat keinen Platz, der ihm gehörte. Sein Revier? Das Herz?
Dasein im Spielraum
Haben wir noch etwas Spielraum? Die Zeit drängt! Der Stress
steigt! Das Geld wird knapp! Haben wir noch etwas Spielraum? Es gilt, das Feld
der Möglichkeiten auszuschöpfen. Sich nicht sofort zu begrenzen.
Wenn du einatmest gibt es oft noch etwas Spielraum. Selten
atmest du restlos ein und wieder aus. Etwas Spielraum nach oben und nach unten.
Nicht zu knapp kalkulieren!
Der Spielraum will dir sagen, dass es im Leben Variablen
gibt. Nicht alles ist festgelegt. Gott sei Dank! Oft höre ich aber auch die
Worte: „Da geht nichts mehr!“ Wir sind am Limit angekommen. Limit ist die
Grenze! Es ist gut, immer ein wenig Spielraum zu lassen!
Denn es gibt die Pflicht und die Kür. Da muss etwas auf der
einen Seite und da darf etwas sein auf der anderen Seite. Die Kleidung muss
deinen Körper bedecken, aber der Spielraum lässt zu, dass du dich bewegen
kannst. Je mehr Spielraum, desto mehr Bewegungsmöglichkeiten.
Gefällt dir nicht auch die Vorstellung, dass es im Leben
Räume gibt, in denen du spielen kannst. Auch noch als Erwachsener! Wenn du
spielst, vergisst du deine Sorgen und gehst ins Sein. Du darfst das Leben
spielen und musst es nicht bestehen.
Und Jesus? Er suchte auch nach den Spielräumen, vor allem,
wenn es um die Gesetze ging. Wenn diese einschnüren und einschränken, dann
schafft er Spielraum! Und du? Ist dein Spielraum groß genug? Kannst du ihn gut
für dich nutzen? Magst du spielen?
Übergänge – Dasein im
Zwischenraum
Zwischen den Stühlen sitzen. Zwischendurch etwas machen. Mal
eben etwas erledigen zwischen zwei wichtigen Terminen.
Im Haus und in der Wohnung gibt es auch manchmal
Zwischenräume. Der Raum zwischen zwei Räumen. Einbauschränke, Platz für die
Dämmung, der Platz in der Tür, wo es keine Mauer gibt... Rechne einmal den
Reichtum deiner Zwischenräume aus!
Der Zwischenraum ist ein „mal eben“. Mal eben noch dieses
tun. Mal eben noch eine Schnitte Brot essen im Stehen. Mal eben noch auf die
Toilette gehen! Mal eben noch zum Briefkasten laufen. Mal eben noch Brötchen
kaufen. Mal eben noch! Zwischenraum! Wie sähe dein Leben ohne Zwischenräume
aus? Da kannst du abschalten, umschalten, loslassen und dich neu orientieren.
Du kannst dich auf den Wechsel einstellen und den Raum für dich zusätzlich
nutzen.
Rechne einmal aus, wie groß deine zeitlichen Zwischenräume
sind. Was machst du da? Kannst du dich im Zwischenraum auch einfach mal
hinsetzten und tief atmen? Wenn du das machst wirst du feststellen, dass es da
auch einen Zwischenraum gibt. Du atmest ein – Pause – du atmest aus.
Die Zeit des Adventes gleicht auch einem Zwischenraum, der
Übergang von einer Zeit in eine andere Zeit. Es wächst das Bewusstsein, dass
mehr Göttliches zu dir kommen kann. Im Zwischenraum blitzt das Göttliche auf!
Die Kunst des
Räumens!
Einmal nicht Raum als Substantiv, sondern als Verb. Wir
räumen! Wenn wir räumen, dann sortieren wir die Gegenstände des Raumes. Wir
fügen ein. Wir entfernen. Wir sortieren um. Wir gestalten den Raum.
Räumen ist die Art und Weise mit dem Raum umzugehen oder im
Raum da zu sein. Wir füllen auf, wir schaffen Platz. Die Kunst des Räumens
besteht darin, den Raum zu gestalten. Du wirst dir deines Raumes bewusst. Nimm
einmal deine Wohnräume bewusst wahr. Vielleicht möchtest du ein wenig räumen?
Raum gestalten? Räume den Tisch ein wenig nach links oder nach rechts. Mehr in
die Mitte oder mehr an den Rand. Räume die Sachen in den Schränken. Räume
chaotisch oder räume mehr sortiert. Räume die Bilder an deiner Wand. Räume auch
mal ein wenig schräg! Kannst du es aushalten?
Bei dem Verb „räumen“ denken wir oft an „aufräumen“. Als wir
Kinder waren haben uns die Eltern genervt. „Räum auf!“ Dann haben wir wieder
unsere Kinder genervt als Erwachsene: „Räum auf!“ Dabei könnte räumen sehr lustvoll
sein! Räumen ist letztlich ein schöpferischer Prozess. Räumen schafft Räume! Am
Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde war wüst und leer. Dann
räumte er auf, indem er das Licht von der Finsternis schied.
An Weihnachten erinnern wir uns daran, wie Gott wieder
einmal räumte und Platz schuf in einem Stall. Wie räumst du? Wie ist das Thema
für dich besetzt? Magst du räumen? Lustvoll? Oder mit nervigen Erinnerungen an
die Kindheit. Vielleicht ist es gut, für Neues ein wenig Platz zu schaffen und
dafür umzuräumen.
Raumwunder –
Wunderräume
Manche Häuser werden verkauft als Raumwunder. Die Maße sind
bescheiden, aber so gestaltet wie ein Palast. Gut durchdacht und jeder Fleck
wird ausgenutzt. Man wundert sich eben, wie viel Raum es gibt. Meine Festplatte
ist auch ein Raumwunder. So viele Informationen auf so engem Raum!
Die Kombination macht es! Raum und Wunder – Wunder und Raum!
Ein Raumwunder übersetzt heißt: Es scheint klein, aber am Ende ist es größer
als gedacht. Ein Wunderraum: Ein Raum, in dem Wunder geschehen.
Kennst du Räume, in denen Wunder geschehen? Gibt es im
Krankenhaus Wunderräume? In einer Arztpraxis? In einer Schulklasse? In einer
Kirche? Bei dir in deiner Wohnung? In deinem Herzen? Räume, in denen Wunder
geschehen. Das wünsche ich mir!
War der Stall zu Bethlehem ein solcher Wunderraum und zugleich
ein Raumwunder? Dass das Göttliche in der Bescheidenheit wirklich Platz
gefunden hat? Dass in diesem Raum ein echtes Wunder geschah?
Stell dir vor, dass du nach Hause kommst und in einem deiner
Räume ist ein Wunder geschehen. Du siehst es nicht, aber du spürst es. Da ist
ein Wunder passiert. Der Raum hat eine andere Ausstrahlung! Vielleicht
befriedet es dein Herz und dir wird es ganz leicht. Du fühlst dich wie ein
Engel. Du bist ein Engel in einem Wunderraum. Meinst du, dass du heute einen
von deinen Räumen „bewundern“ kannst? Wie mit einem Zauberstab? Vielleicht
bewunderst du zunächst dein Herz und verwandelst es in einen Wunderraum. Das
wäre ein wirkliches Raumwunder! Was da nicht alles so reinpasst – in unser
Herz!
In der Werkstatt
eines Raumausstatters
Da liegen Tücher! Da gibt es Stoffe! Kissen, Kerzenständer
und Decken. Viel Tuch! Für die Möbel, für den Tisch, für die Wand und für das
Fenster. Ein Mensch, der Räume ausstattet. Es gibt Ausstatter und Bestatter.
Das darf man nicht verwechseln. Der Bestatter gibt sich mit einer Holzkiste
zufrieden und stattet sie aus um sie anschließend zu versenken. Ein Ausstatter
verziert, verschönert, sorgt für das Wohlbefinden.
Ich habe mal mit einem Raumausstatter gesprochen. Der
erzählte mir, dass er sofort sieht und weiß, was ein Mensch möchte, wenn er zu
ihm kommt. Er sieht den Menschen und weiß, was zu ihm passt. Vielleicht ist der
Stoff im Wohnraum die Ausdehnung der Kleidung. Kleidung für die Haut und
Kleidung für den Raum.
In meinem Studienjahr in Spanien ist mir ein Unterschied
aufgefallen. Dort waren die Räume nicht gestaltet, nicht ausgestattet. Die
Möbel hatten Flair, aber es fehlte die Ausstattung. Die war eher sparsam. Wenn
ich heute in so manche Wohnzimmer komme, dann könnte ich mich gut ausziehen. Es
wäre noch genug Kleidung übrig. Hier eine Decke, dort ein Teppich und da eine
Decke.
Wie hast du deine Räume ausgestattet? Bist du ein Gestalter?
Eine Gestalterin? Hast du Freude daran? Geht es dir auch so, dass du manchmal
einen Raum betrittst und denkst: Too much!
Ich stelle mir Gott vor wie einen Raumausstatter. Er hat die
Schöpfung gestaltet mit Flora und Fauna, mit Wind und Sonne und vor allem mit
Farben. Mit vielen bunten Farben. In allen Schattierungen. Und dann entscheidet
er sich für einen Stall! Die Minimalform von Ausstattung! Wenn ich ihn besuchen
will, diesen Stall, dann könnte ich ja ein Tuch mitbringen. Eines von mir mit
Liebe gewebt! Ein schöpferisches Tuch für den Stall, gewebt von mir. Dann stehe
ich an der Krippe und lache mich kaputt! Der Stoff für mein Tuch kommt ja eh
von Gott! Ich bringe zurück, was eh von ihm ist! Ich habe nur ein bisschen mit
rumgewebt. Ich bin eben auch ein Raumausstatter! Und du?
Der Ort hinter dem
Raumteiler
Ich hatte mal einen Raumteiler. Selbstgeknüpft, Makramee!
Dieser Raumteiler grenzte das Waschbecken aus. Ich wollte es nicht direkt in
meinem Wohnraum haben. Auf diese Weise bastelte ich mir zwei Räume. Einen
Wohnraum und ein Badezimmer! Der Raumteiler teilt den Raum in mehrere Teile.
Hinter dem Raumteiler kann ich mich umziehen oder etwas verstecken. Ich kann
etwas unsichtbar machen für meine Augen oder für die Augen der Besucher.
Praktisch!
Alle Räume sind eigentlich aufgeteilt. Ein Tisch kann einen
Raum teilen, ein Sofa und auch der Fernseher. Wenn ich mich mitten in den Raum
stelle, dann werde ich selbst zum Raumteiler. Ich strecke meine Hände aus und
habe jetzt einen Raum vor mir und einen Raum hinter mir.
Ich kann mich auch einüben ins Raumteilen. Dann teile ich
nicht mehr den Raum in zwei Teile, dann teile ich meinen Raum mit einem anderen
Menschen. Dann bewohne ich nicht mehr meinen Raum exklusiv, sondern ich teile!
Diese Art des Raumteilens mag ich sehr!
Da kommt das Kind in der Krippe und teilt auch den Raum. Der
Stall zu Bethlehem ist oft gut aufgeteilt. Die Krippe in der Mitte. Maria auf
der einen Seite und Josef auf der anderen Seite. Dazwischen und direkt dahinter
Ochs und Esel. Die Hirten davor. Alles ist schön geordnet! Dabei teilt das Kind
den Raum. Es teilt den Raum auf für dich und mich und sagt mir: „Hier! Da ist
Platz! Ich teile diesen Raum mit dir!“
Betrachte doch einmal deine Räume unter dem Aspekt des
Teilens! Welche Räume teilst du gerne? Welche teilst du ab um sie unsichtbar zu
machen? Welche Falten versteckst du hinter dem Raumteiler Schminke? Wen lädst
du hinter deinen Raumteiler ein um ein wenig Raum zu teilen?
Mit dem Raumschiff
durch die Galaxis
Die Erde ist unser Wohnraum. Wir sind körperlich auf diesen
Raum beschränkt. Wir können hier zwar die Räume wechseln, innerhalb der Wohnung
oder von Haus zu Haus. Wir können auch in eine andere Wohnung fliegen. Aber es
werden immer Räume auf dieser Erde sein.
Aber in unserer Phantasie sind wir in der Lage, das
Raumschiff zu besteigen und einen Ausflug in die Galaxis zu machen. Wir können
uns von der Erde entfernen und wie bei Raumschiff Enterprise ferne Welten
besuchen.
Im Science Fiction können wir uns vorstellen, dass es andere
Wesen auf anderen Planeten gibt, die andere Werte haben. Die nach anderen
Vorstellungen und Bedingungen leben. Für uns fremd und vielleicht auch
bedrohlich, bisweilen sogar abstoßend bis ekelerregend.
Unser Leben findet in der Komfortzone statt. Ein Leben in
einer afrikanischen Hütte oder einer luxuriösen Villa in Amerika wären immer noch
ähnlich im Verhältnis zum Leben auf einem anderen Planeten. Aber erst wenn wir
unsere Komfortzone deutlich verlassen merken wir den Unterschied.
Setz dich doch einfach mit in deiner Phantasie in ein
Raumschiff und verlasse diese Erde. Was wirst du vermissen? Woran hängst du? Wo
wird dir deutlich, dass du ganz gerne da bist, wo du bist?
Wenn wir uns im Advent erinnern an die Geburt Jesu im Stall
zu Bethlehem könnten wir uns ja mal fragen nach seinem Vorleben. Weil ich nur
menschlich denken kann könnte ich mir auch vorstellen, dass er mit einer Art
„Raumschiff“ von einer anderen Dimension zu uns gekommen ist. Die andere
Dimension war seine Komfortzone und er hat sein Dasein eingetauscht mit einem
Erdenplatz. Freiwillig!
Wir Menschen sind nur vorübergehend auf dieser Erde. Wir
sind Gäste! Nach diesem Leben werden wir uns in ein irgendwie geartetes
„Raumschiff“ bewegen und körperlos diese Dimension verlassen. An Weihnachten
berühren sich also die Dimensionen. Die an die Erde gebundene Körperdimension
wird aufgebrochen und es zeigt sich, wer wir auch noch sind!
Die Raumbeleuchtung
muss stimmen
Stell dir vor, dass du eine Krippe in einer Kirche besuchst.
Die Hirten werden angestrahlt. Auch der Verkündigungsengel ist eingetaucht in
hellem Licht. Der einzige Ort, der im Dunkel liegt, ist das Kind. Du würdest
dir sicher deine Gedanken dazu machen. Da stimmt doch was nicht! Die
Hauptperson im Verborgenen? Vielleicht würdest du auch denken, dass da ein
Konzept und eine Idee hinter stecken muss.
Du kannst in einem Raum Betonung hineinbringen, indem du
Licht hineinfallen lässt. Du richtest dein Licht dahin, wo du etwas sehen
möchtest. Andere Teile des Raumes bleiben im Dunkel. Damit entscheidest du, was sichtbar und betont
werden möchte und was besser im Verborgenen bleibt. Einen Fleck an der Tapete
würdest du so vielleicht eher verbergen.
Vor ein paar Tagen habe ich das Sofa im Wohnzimmer von der
Wand abgezogen. Im Verborgenen konnten die Spinnen ihre Netze unbemerkt
knüpfen. Leider kann ich nicht den ganzen Raum beleuchten. Es bleiben Ecken und
es entstehen Schatten, wenn das Licht irgendwo hin fällt.
Jetzt könnte ich auch einmal nach meiner inneren
Raumbeleuchtung fragen. Wenn du eine Lampe in dein Inneres hältst: Was möchtest
du gerne ins Licht stellen? Welche Seiten ließest du lieber im Verborgenen?
Hast du ein Raumbeleuchtungskonzept oder überlässt du das dem Zufall oder gibst
deinem Unterbewusstsein die Verantwortung? Wenn du um besonders abgelehnte
Schattenseiten in weißt könntest du ja auf die Idee kommen, dein Licht extra
auf die Sonnenseiten deines Charakters zu richten. „So möchte ich, dass die
Menschen mich wahrnehmen und sehen! Meine Schokoladenseite!“
Wie sähe das Lichtkonzept des königlichen Kindes aus? Ich
vermute, dass die Besucher an der Krippe merken, dass das Licht besonders die
Schattenzonen ausleuchten würde. Das finde ich gar nicht schlecht. Dann können
die inneren Spinnennetze auch mal aufgeräumt und entfernt werden.
Wer darf wo hin? Das
finde ich im Raumbelegungsplan
Fahre ich in ein Seminarhaus gibt es dort einen
Raumbelegungsplan. Da darf ich schlafen, da isst unsere Gruppe, dort finden
Kleingruppentreffen statt und in einem anderen Raum trifft sich die Großgruppe.
Der Raumbelegungsplan koordiniert alle Wünsche und Bedürfnisse aller Menschen
und Gruppen an einem bestimmten Ort.
Ich habe einmal eine Raumbelegungsplanerin getroffen. Die
war gut organisiert! Die hatte den Überblick! Sie kannte die Namen der
Teilnehmer, der Gruppen, die Größe und Ausstattung der Räume. Sie war vertraut
mit allen Ressourcen. Bei ihr liefen alle Fäden zusammen. Ohne sie gäbe es in
dem Seminarhaus ein Chaos. Niemand würde mehr seine Gruppe finden. Räume wären
zu groß oder zu klein für die Gruppe. Ein Blick auf den Raumbelegungsplan und jeder
weiß: Das passt!
Genau darum geht es! Es muss passen! Alles ergibt einen Sinn
und fügt sich wie ein Puzzle zusammen. Ich als Teilnehmer kann die verborgene
Ordnung oft nicht erkennen. Das System durchschaue ich nicht. Mir reicht auch
aus zu wissen, wo mein Zimmer ist und in
welchem Raum ich jetzt meine Gruppe treffe. Als Teilnehmer benötige ich nicht
den Überblick.
Kann ich mir Gott vorstellen als einen Raumbelegungsplaner?
War das mit dem Stall Absicht? Oder hat er sich verplant? Sind seine Vorstellungen
nicht aufgegangen? Ist die Erde zu chaotisch und Gott sehr planvoll?
Bethlehem wirkt auf mich eher wie ein Ordnungsminimum im
Chaos oder wie eine chaotische Minimalordnung. Die Erde ist groß genug und es
fügt sich von allein. Vielleicht brauchen wir weder einen Raumplaner noch einen
Raumbelegungsplan. Was für ein Seminar zweckmäßig ist scheint für das Leben
nicht so übertragbar zu sein. Du darfst also im Advent darauf vertrauen, dass
es für dich schon irgendwo einen Platz gibt im großen Universum.
Wie die Raumluft dein
Wohlbefinden beeinflusst
Die Luft ist dicke! Du betrittst einen Raum und spürst die
Auswirkungen eines Konfliktes. Da muss es gebrodelt haben! Die Personen sind
nicht mehr dort. Du kontest den Konflikt nicht verfolgen und du kennst nicht
den Inhalt. Aber du spürst ihn deutlich! Liegt das an der Raumluft? Wann ja,
welcher Teil deines Systems kann die Luft erkennen und ihr eine Bedeutung
geben? Wie gelangt diese Information zu dir?
Du betrittst einen Raum und es übertragen sich Gefühle. In
der Luft müssen sich Informationen befinden. Für deine Augen unsichtbar. Für
deine Ohren nicht hörbar. Deine üblichen Sinne versagen! Sie können ja auch
nicht die Wellen wahrnehmen, die von Handy und Co. ausgelöst werden.
Dann gibt es Gott sei Dank noch die Raumluft, die du gut
zuordnen kannst. Der Duft von Kerzen, Brot oder Kräutern. Die frische Brise am
Meer und der typische Geruch der Toskana oder des Hochgebirges. Die Luft
beeinflusst dein Wohlbefinden. Das geschieht automatisch. Du kannst einen
Menschen riechen und der Geruch gefällt dir und schenkt dir Nähe. Oder er warnt
dich und bringt dich auf Distanz.
Wie stellst du dir die Luft im Stall von Bethlehem vor?
Alpenländisch? Orientalisch? Wie ein typischer Kuhstall im Münsterland?
Wahrscheinlich gab es ein Mischung von Schaf, Heu, Holz, Orient und menschliche
Ausdünstungen. Ich stelle mir vor, dass mein ganzer Körper dort entspannt.
Automatisch! Das mache ich nicht über das Denken. Ich denke nicht, dass dort
das göttliche Kind liegt und ich deswegen heilige Gefühle bekomme. Ich stelle
mir vor, dass ich einfach entspanne. Ich lasse los und bin da. Nur weil ich in
Resonanz gehe mit der Raumluft. Sie wirkt auf mein Unterbewusstsein. Ich
bekomme das Signal über den Körper zu den Gefühlen bis hin zum Gehirn: „Hier
ist es sicher!“
Wandere doch einmal durch deine Wohnung und schalte nur
deine Nase ein. Stell dich mitten in einen Raum und öffne weit deine
Nasenflügel. Was kannst du wahrnehmen? Was erzählt deine Nase und was nimmst du
darüber hinaus wahr? Duftet es nach Verständnis und Wohlwollen? Riecht es nach
Stress und Angst? Wie kannst du deine Raumluft ein wenig duftiger machen – mit
und vor allem ohne Hilfsmittel, rein mental!
Bloß keine Räumungsklage
Da bist du angekommen. Du hast einen Raum besetzt. Da stehen
deine Möbel. Da hängen deine Bilder an der Wand. Du hast dich eingerichtet und
du fühlst dich wohl. Dein Wohnraum ist dir zur zweiten Haut geworden. Leider
wohnst du zur Miete.
Da kommt der Besitzer und will dich heraus haben. Du
möchtest nicht gehen und es kommt zu einer Räumungsklage. Da will jemand, dass
du gehst. Das Gericht entscheidet sich gegen dich. Dein „Wohlbefinden“ zählt
dort nicht. Die Wohnung gehört dir nicht und du bist lediglich ein „Gast“ auf
Zeit.
Du könntest jetzt sagen: „Das ist das Schicksal eines
Mieters. Du bist nie wirklich sicher. Wenn du gehen musst dann musst du gehen.
Freiwillig oder mit Klage!“ Dennoch möchte ich gerne für einen Moment bei dem
Gefühl verweilen wenn ich das Wort Räumungsklage höre.
Da nimmt dir jemand etwas weg. Du hast es geliebt. Dein Herz
hängt daran. Du gehst nicht freiwillig. Der Gedanke allein schmerzt dich. Du
fühlst dich heimatlos. Der Boden wird dir unter den Füßen entzogen. Du musst!
Wenn du nicht dein inneres Einverständnis gibst bekommst du neben der Klage
auch noch Depressionen. Du zahlst einen doppelten Preis. Du verlierst deine
Heimat und hast zusätzlich ein Gefühl von tiefer Trauer.
Die Menschen im Stall von Bethlehem sind zwar nicht aufgrund
einer Räumungsklage dort gelandet. Sie wirken aber wie Menschen, die unter den
Folgen einer Räumungsklage litten. Der Abrutsch in die Obdachlosigkeit. Aber
sie haben sich nicht beklagt, keine Klagen eingereicht. Vielleicht konnte sich
die göttliche Familie ja woanders beheimaten.
Wer in Gott Heimat findet bekommt lebenslanges Wohnrecht. Es
ist gut zu wissen, dass Räumungsklagen sich nur auf diese eine irdische Wohnung
beziehen und nicht auf die innere Verankerung.
Zugleich bringt mich das auf den adventlichen Gedanken, wem
du mal eine Räumungsklage ins Haus schicken möchtest. Welche Anteile in dir
besetzen dich, gehören da gar nicht hin. Ich denke da vor allem an „Mama“ und
„Papa“ Sätze aus der Kindheit, die immer noch sehr wirksam sind. „Wenn du
nicht...!“ Schick diese alten
Glaubenssätze zurück, wo sie herkommen. Steck sie in einen virtuellen
Briefumschlag mit der Anschrift: „An meine Eltern! Ich schicke euch alle
„Müssen“ und „Sollen“ - Aufforderungen zurück. Ich brauche meinen Wohnraum für
mich und stelle einen Antrag auf Eigenbedarf.“
Putzt du noch oder
betreibst du Raumpflege
Normalerweise nehme ich Staubsauger, Putzeimer und Lappen in
die Wand und wühle mich durch die Wohnung. Es muss halt sein, das Putzen.
Regelmäßig! Ich möchte es ja schließlich sauber haben und bei Gästen einen
guten Eindruck hinterlassen.
Hilfreich ist es für mich, in eine entsprechende Putzenergie
zu kommen und systematisch von A nach B zu gelangen. Vor allem auf die Ecken
und versteckten Räume achten. Dann Augen auf und durch!
Da kommt mir mein Elternhaus in Erinnerung und das Bestreben
meiner Mutter, uns Kinder eifrig abzuschrubben, wenn wir verdreckt vom
Spielplatz zurückkehrten. Schrubben, bis
die Haut glüht! Heute gehe ich
behutsamer mit mir vor. Vielleicht war das Putzen früher geprägt davon, allen
Bakterien und Kleinlebewesen auf den Leib zu rücken und gnadenlos auszumerzen.
Den Staubkörnern in der Wohnung und dem Dreck unter den Fingernägeln den Garaus
machen. Dreck darf nicht sein! Den putzen wir weg!
Wie anders klingt das Wort Raumpflege! Wenn ich den Raum
pflege, dann bringe ich ihm Achtung entgegen. Ich gestalte ihn so, dass er
seine Wirkung entfalten kann. Ich pflege ihn so, dass ich mich darin wohlfühle.
Ich pflege meinen Körper, damit er sich wohlfühlt. Das mache ich mit meiner
Wohnung und das mache ich mit allen Dingen. Ich bringe den Gegenständen meine
Aufmerksamkeit und Achtung entgegen. Sie werden es mir danken und länger leben.
Wenn ich aufhöre zu putzen und anfange zu pflegen mache ich meine Reinigung zu
einem Wellnessereignis. Diese Vorstellung gefällt mir. Wellness für die Räume
vor Weihnachten!
Wenn ich auf den Stall von Bethlehem schaue, dann kommt mir
in den Sinn, dass Maria und Josef wohl eher darauf achten konnten, ihn
behaglich zu machen als ihn durch zu wienern.
Welche Räume waten denn schon auf deine pflegenden Hände? Wo
kannst du einmal liebevoll hinschauen und welchen Dingen ein wenig mehr
Beachtung schenken?
Ein Raum für die Andacht
Jede Kirche ist eigentlich ein Andachtsraum. Heute gibt es
auch in öffentlichen Gebäuden Andachtsräume, so in manchen Flughäfen und im
Reichstag in Berlin. Ein Raum, in dem nicht gearbeitet wird. Ein Raum, der
keine praktischen Funktionen hat. Dort ist es still. Dort wird nicht
gearbeitet.
Im Andachtsraum kann ich meine Gedanken sammeln. In meiner
Andacht kann ich meine Aufmerksamkeit auf etwas hinlenken. „Andächtig“ lausche
ich der Musik.
Gibt es in deiner Wohnung einen Raum, wo du andächtig sein
kannst?
Ich sehe da zwei Möglichkeiten. Die erste ist ein ganz konkreter Ort, ein
Platz. Vielleicht besitzt du sogar ein eigenes Zimmer, das nur dem Schweigen
dient. Ein Ort, an dem du dich zurückziehen kannst. Vielleicht bevorzugst du ja
eher die Gartenbank draußen und machst die ganze Welt zum Andachtsort. Oder du
hast dir eine Nische eingerichtet, mit Bild und Kerze oder einem anderen
Gegenstand, der dich in die Andacht führt, in das Sammeln deiner Gedanken und
Gefühle.
Die zweite Möglichkeit gefällt mir besonders gut. Dieser
Andachtsraum ist mobil und immer und überall einsetzbar. Du kannst stehen,
sitzen oder gehen. So wie es dir entspricht. Du schaffst dir durch die innere
Stille, Affirmationen, Visualisierung, Bewusstheit einen Raum in dir und um
dich herum. Du triffst die Entscheidung, in deinen Andachtsraum zu gehen und
dort zu sein. So kannst du die Zeit im Wartezimmer beim Arzt nutzen. Deinen
Sessel im Wohnzimmer, die Bahnfahrt, deinen Gang durch die Stadt. Du kannst
jeden Ort der Welt zu einem Andachtsraum machen, einem Ort, an dem du deine
Gedanken sammelst und aufmerksam bist für das Hier und Jetzt.
Weihnachten macht eben genau dieses deutlich. Der Stall wird
zum Ort der Andacht. Dort angekommen gehen die Menschen in die Achtsamkeit. Sie
lauschen genauer hin! Achten auf ihre Intuition! Unterscheiden die Geister!
Sammeln Kraft! Viel Freude in deinem Andachtsraum!
Vom Strafraum zum
Erlaubnisraum
Bei einem Strafraum handelt es sich um eine Fläche vor dem
Tor im Fußballfeld, der genau vermessen und durch Linien gekennzeichnet ist.
Dort herrschen andere Regeln als im Rest des Feldes.
Wer diesen Raum nicht beachtet und die Regeln verletzt, wird
bestraft. Wenn ich mich im Strafraum aufhalte ist besondere Vorsicht angesagt.
Da gelten andere Regeln und Gesetze.
Das erinnert mich an manche Räume, die durch
einen Stacheldrahtzaun eingefasst werden. Atomkraftwerke, tiefe Gruben,
Gefängnisse, besondere Hoheitsgebiete. Das Innenleben muss vom Außenleben
getrennt werden. Trennende Räume. Wer dort macht was er will muss die
Konsequenzen spüren.
Ein Fußballfeld ist ja eigentlich nur ein einziges Feld und
dennoch zeigen die Linien dort eine Trennung an. Hier wir und da die anderen –
mit einem besonderen Hoheitsgebiet.
Jeder Mensch lebt auch quasi wie in einem „Strafraum“. Komm
mir nicht zu nahe, wenn du mir unbekannt bist oder wenn ich dir nicht traue! Respektiere meine körperlichen Grenzen! Manche
Menschen sind da großzügig und andere weniger. Für einen gewalttätigen Ehemann
kann der Raum um die Wohnung zum Strafraum werden, wenn ein Richter ihn dazu
verurteilt. Schutz der Familienangehörigen!
Es reicht, eine Linie zu denken. Hier ich und da du! Ich
kann die Linie auch ausradieren der wegdenken. Dann gibt es Verbindung.
Ich stelle mir vor, dass an Weihnachten die Strafräume
durchlässiger werden. Es wächst das Vertrauen, dass ich mich nicht schützen
muss. Das Kind in der Krippe sagt: „Verwandle die Strafräume in
Erlaubnisräume!“
Die Schätze aus dem Abstellraum
Es gibt Räume, das stelle ich etwas ab. Ich kann es nicht
wegwerfen. Aber jetzt brauche ich es nicht. Dort stelle ich ab, was ich
zeitweise benötige. Saisonartikel! Dort stelle ich auch Dinge ab, die nicht
schön sind für den Wohnbereich wie Putzeimer und Leiter.
Wir hatten einen ganzen Keller als Abstellraum. Der war sehr
beliebt für Strafen! „Ab auf die Kellertreppe!“ Dort saßen wir dann und
blickten auf Eimer, Kartoffelkiste, Besen und Schubkarre. Wir waren dort für
eine Zeit abgestellt. Nicht tauglich für das Familienleben! Nicht richtig! Es
war unbestimmt, wann wir zurückkehren durften. Wir wurden eins mit Eimer und
Putzlumpen. Nicht beliebt und nicht erwünscht. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Heute als Erwachsener liebe ich Abstellräume! Dort kann ich
Schätze entdecken, die ich vor Jahren selber dort weggelegt habe. Dort finde
ich, was ich vermisst habe. Dort entdecke ich Dinge, von denen ich gar nicht
wusste, dass ich sie besitze. Da kann ich Hobbys wiederbeleben, Geschenke
finden, Kinder beglücken, Ersatzteile entdecken, ausrangierte Geräte wiederbeleben.
Dort finde ich wichtige Teile meiner eigenen Lebensgeschichte wieder. Die
Geschichte der abgelegten Dinge.
In meinem Inneren gibt es auch einen Abstellraum. Dort parke
ich die Begegnungen, die mir gut taten und auch die Kränkungen, die mich nicht
loslassen. Da sind alle Erinnerungen in Regalen abgelegt, mal offen und mal
versteckt. Das ist so eine total bunte Mischung von Willkommen und Ablehnung.
Von nützlich und kitschig. Kein Raum erzählt so viel von mir wie mein
innerer Abstellraum.
Ich könnte diesen Raum mal wieder im Advent besuchen. Welche
Schätze verbergen sich dort, die ich mal wieder reaktivieren könnte. Was dürfte
mal wieder ans Tageslicht? Was sollte gereinigt und repariert werden? Wem
könnte ich etwas davon schenken?
War der Stall von Bethlehem vielleicht auch so etwas wie ein
Abstellraum? Dort trafen sich ja Menschen, die nicht wichtig waren für die
große Politik. Hirten, Ochs und Esel und Schafe.
Schau doch einmal in deine inneren und äußeren Abstellräume
nach. Nimm dir Zeit. Hole die Dinge ans Licht. Stell sie aus! Verschenke etwas
davon! Mach Platz für das Neue!
Bewusstseinserweiterung
im Aufwachraum
Du bekommst eine Narkose und wirst operiert. Anschließend
wird dein Bett in ein bestimmtes Zimmer geschoben, wo du dich von deiner
Narkose erholen kannst. Aufwachen unter Beobachtung. Du befindest dich in einem
Raum, der dem Aufwachen bestimmt ist.
Jetzt stell dir einmal vor, dass du nachts schläfst. Am
Morgen wachst du auf und dein „Schlafraum“ wird zu einem „Aufwachraum“. Du
kennst den Unterschied von schlafen und wachen. Denn nach dem Aufwachen
erinnerst du dich daran, dass du ja vorher geschlafen hast. Das fühlte sich
völlig anders an. Im Schlaf warst du dir deines Körpers nicht bewusst. Du weißt
nicht, wann und wie oft du dich bewegt hast. Aber du kennst den Unterschied von
schlafen und wach sein. Durch das Aufwachen wechselst du vom Schlaf zum Wachzustand.
„Das ist mir nicht neu!“ wirst du jetzt sagen. Das kenne
ich! Na und? Das mache ich seit ich lebe. Ich schlafe und ich wache! Dann
möchte ich mit dir jetzt einen Schritt weiterdenken. Stell dir vor dass du
schläfst und aufwachst. Aber, dein Aufwachen ist kein echtes Aufwachen, sondern
lediglich der Wechsel in einen anderen Traumzustand. Du bist also nur scheinbar
wach. Du befindest dich quasi in einer Art Dämmerzustand. Wie mit Drogen, nur
nicht so krass. Du denkst, dass du wach bist, du bist dir vielleicht sogar ganz
sicher! Aber wirklich wach bist du nicht!
Du weißt nicht wer du in Wirklichkeit bist! Du hast
Ereignisse aus deiner Kindheit verdrängt. Du erinnerst dich nicht an deine
Vorleben und hältst diese Idee an sich schon für Spinnerei. Wenn du alle deine
Identitäten einmal fortdenkst als da sind: „Ich
bin Vater, Mutter, habe einen Beruf, bin ein Familienmitglied, Nachbar,
Staatsbürger...“ Durch das Fortdenken
deiner Scheinidentitäten besitzt du jetzt keine Identität mehr! Wer bist du
dann, wenn du so denkst? Wer ist dieses „Ich“?
Wenn du diese Frage stellst dann kann es geschehen, dass du
im Wachsein noch einmal neu aufwachst. Es ist so, als ob ein Groschen fällt. Es
gibt ein Aha! Du nimmst wahr, dass es ein vom Körper unabhängiges Bewusstsein gibt.
Dieses „ich“ nimmt sich anders wahr. Dieses „ich“ ist in der Lage, sich selbst
zu beobachten und entschiedener da zu sein.
Wenn du dich auf dem Weg zur Krippe machst kommst du auch in
einen „Aufwachraum“. Du kommst wie in Trance zu der Krippe mit deiner ganzen
Lebensbiographie, deinen Hürden und Einschränkungen. Dann stehst du vor dem
Kind und es geht ein Ruck durch dich hindurch. Du stellst fest, dass du das gar
nicht bist. Du bist nicht das Sammelsurium deiner biographischen Ereignisse. Im
angeschaut werden durch das Kind wachst du auf. „Aha“, das bin ja „Ich“. Da
gibt es ein „Ich“, das gemeint ist. Meine Eltern wollten vielleicht ein
„braves“ Kind. So habe ich mich auf deren Wunsch hin „brav“ entwickelt. Aber
das bin nicht ich! Das war das „Wunsch-Ich“ meiner Eltern. Ich war ständig ein
„Wunsch-Ich“ anderer Menschen. Jetzt wache ich auf! Jetzt merke ich das erst!
Und? Bist du schon wach oder schläfst du noch obwohl du wach bist?
Geheimnisse im Hohlraum
In unserer Wohnung gibt es einige Wandschränke. Jeder
Schrank ist letztlich ein Hohlraum, in dem ich etwas einlagern kann. Es ist
dort gut geschützt in diesem Raum vor Sonnenlicht, Feuchtigkeit, Insekten und
Temperaturschwankungen.
In unseren Wandschränken gibt es zusätzliche Hohlräume.
Kleine Orte, die niemand vermutet. Löcher in der Wand oder Plätze hinter einer
Säule wurden dadurch sinnvoll
ausgenutzt. In solchen Hohlräumen kannst du deine Kostbarkeiten
verbergen und verstecken. Ersatzschlüssel, Kreditkarten oder Schmuck.
Als Kind habe ich mit Leidenschaft Hohlräume erkundet.
Überall habe ich dadurch Höhlen entdeckt. In Bäumen, im Boden, in Mauernischen.
Und immer habe ich mir vorgestellt, dass andere Menschen dort ihren Schatz
versteckt haben. Eines Tages werde ich einen Schatz in einem Hohlraum finden
und damit glücklich sein.
Vielleicht ist diese Vorstellung ein wenig naiv. Aber es hat
etwas Verlockendes. Das Geheimnis im Hohlraum hält deine Neugier wach. Du
bleibst lebendig. Du bist noch nicht fertig mit dem Leben. Du vermutest, dass
da noch etwas auf dich wartet. Wenn du es gefunden hast, wirst du ganz
glücklich sein. Es kribbelt. Es lässt dich lebendig werden. Du kannst es für
dich behalten oder mit jemandem teilen.
Der Stall von Bethlehem hat auch Aspekte des Hohlraumes. Dort
ist ein Geheimnis, ein Kleinod verborgen. Nicht jeder kann ihn entdecken. Du
kannst schnell daran vorbei laufen, weil dein Blick auf Paläste gerichtet ist.
Da gibt es Bethlehem und einen Stall mit einem Hohlraum. Dort wartet ein
Geheimnis auf dich, das von dir entdeckt werden möchte. Weißt du schon, was du
dort findest? Weißt du es wirklich? Oder schaust du jetzt lieber noch einmal
nach? Manchmal ist das mit dem Hohlraum sehr geheimnisvoll. Du gehst hin und es
ist leer. Dann ist auf einmal etwas drin. Und dann wieder etwas anderes. Du
weißt es nie genau?!
Vom Zuschauerraum auf
die Bühne und zurück
Wenn es einen Zuschauerraum gibt, dann existiert auch eine
Bühne. In einem Zuschauerraum versammeln sich die Menschen, die bei einer Sache
zuschauen. Die Plätze sind verteilt. Auf der einen Seite wird aktiv etwas
gemacht. Auf der anderen Seite schaut man zu. Die eher aktive Seite und die
eher passive Seite. Aber beide Seiten bedingen sich gegenseitig. Ohne ein
Schauspiel ist der Zuschauerraum ein Raum wie jeder andere. Erst durch die
Anwesenheit von Zuschauern erlangt dieser Raum seine Funktion. Das Schauspiel
benötigt den Zuschauer, sonst wird es nicht bemerkt. Ein Theaterstück ohne
Zuschauer muss ausfallen. Darum ist der Zuschauer ein höchst aktiver Mensch. Er
sitzt und richtet seine ganze Aufmerksamkeit auf das Schauspiel.
Wir könnten uns Bethlehem und den Stall auch so vorstellen.
Da gibt es eine Bühne mit einem Geburtsschauspiel und die Zuschauer, die
aufmerksam hinschauen und hinhören. Die Räume sind dabei verteilt. Der Platz,
von dem aus jemand auf die Krippe schaut ist der Zuschauerraum. Du darfst von
außen auf das schauen, was im Inneren geschieht.
Manchmal möchtest du vielleicht die Position wechseln. Du
möchtest an dem Schauspiel teilnehmen. Weil es dich fesselt? Weil du dir eine
andere Handlung wünschst? Weil die Schauspieler ihr Geschäft nicht verstehen?
Im Stall von Bethlehem stehst du als Zuschauer und bemerkst, wie dein Herz die
Position verändert. Es hüpft einfach in die Krippe hinein. Es wird Teil des
Schauspieles. Du bekommst die Möglichkeit vom Zuschauer zum Mitspieler zu
werden. Du darfst auch wieder zurückgehen in deine Ausgangsposition.
Im Leben ist es hilfreich, in beiden Räumen zuhause zu sein.
Wenn du zu sehr in deinem Spiel auf der Lebensbühne negativ vertieft bist,
kannst du eine Pause machen und in den Zuschauerraum wechseln. Von dort aus
kannst du deine Position überdenken und neue Entscheidungen treffen.
Wenn du zur Krippe gehst kann es geschehen, dass du deine
Zuschauerposition veränderst. Du möchtest eben nicht länger zuschauen, sondern
aktiv dabei sein. Dein Herz hüpft zum Krippenkind und lässt sich mit Liebe
erfüllen. Es kehrt zu dir zurück und du veränderst dich und die Welt in eine
riesengroße Krippe voller Liebe und Lebendigkeit.
Verbindung mit dem Herzraum
Es gibt Räume, die wir ständig wie selbstverständlich
benutzen. Im Schlaf- und Wohnzimmer halten wir uns auf und sind uns dessen
nicht bewusst. Wir gehen in der Regel nicht in das Wohnzimmer und denken:
„Jetzt bin ich im Wohnzimmer. Ich spüre nach, wie sich das anfühlt. Ich setze
mich hin und entspanne.“ Wir machen es einfach ohne einen Gedanken daran zu
verschwenden.
Wir atmen ohne dass wir uns des Atmens bewusst werden. Ich
kenne viele Menschen, die ganz erstaunt sind, wenn ich sie auffordere, einmal
ihren Atem zu beobachten. Sie wissen nicht, in welche Räume sie hineinatmen.
Dann sind sie erstaunt, dass sie manchmal aufhören zu atmen, vor allem dann,
wenn sie Angst haben.
In diese Kategorie gehört auch der Herzraum. Wir spüren
unser Herz pochen wenn wir darauf achten. Wir wissen, dass es dieses Organ gibt
und wir kennen die Grundfunktionen. Wir nehmen aber selten wahr, dass es dort
einen Raum gibt, in dem wir hineinspüren können. Wenn wir denken, dann verorten
wir unser Bewusstsein oft oben im Kopf. Wir denken und schauen die Welt mit
unseren Augen an. Wir hören mit den Ohren und alle diese Körperteile liegen im
Kopf. Darum sind wir mit unserer Aufmerksamkeit dann im Bereich des Kopfes. Von
dort aus nehmen wir wahr.
Du kannst jetzt einmal folgendes Experiment machen. Du
verabschiedest dich von der Kopfregion in folgender Weise. Du konzentrierst
dich mit deinen Augen nicht mehr auf ein bestimmtes Objekt. Du schaust also
nicht die Blume oder die Tasse an, sondern du schaust durch alle Dinge
hindurch. Du schaust auf einen imaginären Punkt am Horizont und nimmst alles
gleichzeitig war. So, als ob du einen glasigen Blick bekommst. Auch deine Ohren
richtest du auf alles aus. Du hörst nicht mehr ein einzelnes Geräusch und
versuchst, es zu identifizieren. Du wirst ein Gesamthörender und ein
Gesamtsehender. Wenn du das machst, dann musst du nicht mehr aufmerksam sein
für die Details in deiner Umgebung.
Dann stellst du dir vor, wie du mit Hilfe deiner
Imaginationskraft in deinen Herzraum hinunterrutschst. Setze dich neben dein
Herz und nimm wahr, was dort geschieht. Nur wahrnehmen und beobachten. Nichts
tun! Du brauchst Geduld und es ist gut, dort zu bleiben. Es wird einen Impuls
geben wieder nach oben in den Kopf zu gehen. Das ist deine gewohnte Art, da zu
sein. Du kannst dir einen Sessel neben deinem Herzen vorstellen, in dem du
platzt nimmst und es dir gemütlich machst. Nach einer Weile kannst du
versuchen, einen Weg in dein Herz hinein zu finden. Was spürst du dort? Was
nimmst du wahr? Wie unterscheidet sich deine Wahrnehmung vom Herzen her und vom
Kopf her.
Wenn du an einer Besprechung teilnimmst, dann probiere dort
einmal diesen Unterschied. Nimm die Menschen vom Herzaum her wahr und dann geh
in den Kopf. Was wirst du anders denken, fühlen, spüren oder dann sagen oder
ausdrücken. Wann ist es gut, im Kopf zu sein und wann wechselst du besser in
dein Herz?
Stell dir Bethlehem wie einen Herzraum vor oder wie einen
Kopfraum. Der Kopfraum sagt: „Dort kommt Jesus Christus zur Welt. Er ist Gottes
Sohn, geboren von der Jungfrau Maria. Er hat den Auftrag, die Menschen von
ihren Sünden zu erlösen.“ Was sagt der Herzraum, wenn du zur Krippe trittst?
Vielleicht so? „Ah, wie schön!“
Kraft sammeln im Rückzugsraum
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Im
„Rückzugsraum“ wird alles noch einmal in Ruhe bedacht. Alle Fakten für ein
Urteil kommen auf den Tisch. Es wird abgewogen und nach einem gerechten Urteil
gesucht.
Du kommst von der Arbeit nach Hause und brauchst etwas Zeit
für dich. Du ziehst dich zurück in dein Zimmer oder in eine Ecke des
Wohnzimmers und lässt den Tag an dir vorüberziehen. Du bist vielleicht noch
aufgeregt. Dein Herz schlägt. Die eine oder andere Begegnung geht dir nicht aus
dem Sinn. Du brauchst die Zeit damit du mit Kopf, Herz und Seele wieder
ankommen kannst. Wenn dein System durcheinander gerät braucht es Zeit, sich
wieder zu synchronisieren. Dazu braucht es Zeit und Raum.
Manche bevorzugen dafür einen bestimmten Platz. Ein Sessel,
ein Blick aus dem Fenster, ein Platz draußen im Garten, auf der Terrasse oder
in der freien Natur. Manche können einfach die Augen schließen und den
Rückzugsraum im Innen aufsuchen.
Vielleicht ergeht es Menschen im Großraumbüro oft deswegen
nicht gut, weil der Rückzugsraum fehlt. Sie sind immer öffentlich. Alles ist
für alle zu hören und zu sehen. Wer traut sich schon in aller Öffentlichkeit
während der Arbeitszeit die Augen zu schließen und sich zu sammeln?
Wie sieht dein Rückzugsraum aus? Nutzt du ihn? Welche
Rituale findest du hilfreich? Besuchst du diesen Raum zu festgelegten Zeiten
oder nach Bedarf und Möglichkeit?
Nach der Geburt, den Besuchen an der Krippe, den
Verheißungen und Aufregungen heißt es in der Bibel über Maria: Sie bewegte
alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Auch Maria nahm sich Zeit zum
Sammeln und zum Verarbeiten der Ereignisse.
Ich entdecke darin die Einladung, nicht immer aktiv sein zu
müssen. Immer in der Spirale von Hektik und Anstrengung sein. Ich habe ein
Recht zum Rückzug. Ich habe eine Verantwortung mir selbst gegenüber. Ich kann
mir die Erlaubnis erteilen und meiner Umwelt sagen: „Jetzt nicht!“ – „Ich nehme
mir eine Auszeit!“
Bei der Nahrungsaufnahme machst du es ja auch so! Du nimmst
die Nahrung auf und gönnst deinem Körper die Zeit des Sortierens und Verdauens.
Und das braucht Zeit und Raum.
Genügend Wohnraum für
alle
Bei einem Adventsabend wurde die Geschichte vorgelesen von
einem Krippenspiel mit dem Thema Herbergssuche. Maria und Josef waren unterwegs
und wurden an jeder Tür abgewiesen. In Bethlehem gab es nicht genug Wohnraum
für alle. Die Kinder hatten ihre Rollen gut gelernt. Die Lehrerin unterstützte
als Souffleuse. Der Junge, der den letzten
Herbergswirt spielte sollte nach Drehbuch energisch das Paar zurückweisen.
Der Junge nahm wahr, wie Maria und Josef ständig Ablehnung
erfuhren. Da krampfte sich sein Herz mehr und mehr zusammen und das Spiel nahm
einen ungeahnten Verlauf. „Ich kann das nicht! Ich kann euch nicht wieder auf
die Straße schicken. Kommt herein und seid meine Gäste. Wir können heute auch
in den Stall gehen.“ Totenstille und dann kommt der donnernde Applaus.
Genügend Wohnraum für alle. Die Konventionen durchbrechen.
Die Geschichte neu erzählen. Keine Geschichte von zugeschlagenen Türen und Abweisung.
Sondern eine Geschichte von Willkommen und Einladung. Genügend Wohnraum für
alle!
Im Wohnraum kannst du wohnen. Im Wartezimmer kannst du nur
für einen Moment verweilen und dann musst du wieder aufbrechen und gehen. Im
Wohnraum darfst du bleiben. Du kannst dich entspannen. Niemand schickt dich
fort. Du kannst deine Sorgen loslassen. Du hast Zeit zum Essen und Trinken. Du
darfst erzählen und jemand hört dir zu. Keiner schaut auf die Uhr.
Vielleicht hat das Wort „wohnen“ ja etwas mit „Wonne“ zu
tun. Das würde mir gefallen. Es gibt einen Ort, an dem du mit Wonne sein
kannst. Du machst dich einfach breit und bist satt und zufrieden.
Freiraum schaffen
Es wird eng! Am Ende des Monats schaust du
auf dein Bankkonto und bekommst ein beklemmendes Gefühl. Da sind nur noch
wenige Geldreserven da und es wird eng für die letzten Tage. Du hast einen Termin vereinbart und steckst mit deinem Auto im Stau. Du wirst unruhig und schaust ständig auf die Uhr. Noch gibt es einen Puffer, aber wie lang reicht er noch? Irgendwann wird es eng und du weißt nicht, ob du pünktlich an dein Ziel kommst.
Du glaubst dich am Ende deines Lebens. Eigentlich wolltest du noch dieses oder jenes erledigen. Du stirbst und dein Leichnam wird in den Sarg oder die Asche in die Urne gelegt. Sowohl da als auch in der Erde wird es eng.
Dir wird klar, dass du auch an Weihnachten viele Aufgaben zu erledigen hast. Dein Terminkalender wird voller und voller. Deine Gedanken kreisen um die Anforderungen und du machst dir Sorgen, ob du das alles noch schaffst, was du dir vorgenommen hast. Es wird enger und enger. Die letzten Einkäufe, Geschenke, kochen, Verwandtenbesuche, schmücken und putzen...
Du kommst von deinen Aktivitäten nach Hause und bist in Gedanken noch bei den Ereignissen des Tages. Du kannst nicht loslassen und hast dich noch nicht von dem zuvor Erlebten verabschiedet. Zu Hause wirst du überfallen mit Wünschen und Bitten und du merkst, dass du noch gar nicht dazu bereit bist. Du spürst schon körperlich die Enge.
Begleitet wird das Erleben von Enge vielleicht auch dadurch, dass du förmlich vergisst zu atmen oder dass du ganz hektisch, unregelmäßig oder viel zu schnell atmest.
Immer wenn es eng wird bist du nicht mehr gut in dem, was du tust. Du verlierst die Aufmerksamkeit für die Details. Du fühlst dich überfordert. Du verlierst den Überblick. Du bist angespannt. Du bist nicht mehr ganz präsent. Irgendwann versuchst du, alles „so ungefähr“ hinzubekommen, aber eben nur „so ungefähr“. Du hast das Gefühl, als ob du in einen anderen Modus schaltest. Wenn es eng wird, schaltetest du in den Funktionsmodus.
Eng kann es auch beim Kontakt mit Menschen werden. Ist dir folgende Erfahrung vertraut? Da steht dir jemand gegenüber und kommt dir mit seinem Gesicht näher. Er überschreitet diese imaginäre, unsichtbare und persönliche Körpergrenze immer mehr. Dir wird es unangenehm und du weichst instinktiv einen Schritt zurück. Dein Gegenüber bemerkt nicht einmal dein Unwohlsein und rückt nach. Du spürst die kurze Distanz förmlich wie eine Bedrohung. Es fällt dir immer schwerer, aufmerksam zuzuhören und du weichst wieder einen Schritt zurück. Was ist dein Impuls? „Es wird mir hier viel zu eng! Rück mir von der Pelle!“
Auf der anderen Seite sprechen wir von engen Freundinnen und einer engen Verwandtschaft. Dann geht es nicht um Einengung, sondern um unser Wohlgefühl bei einer positiv erlebten Nähe. Nicht jede Enge wird also automatisch negativ empfunden.
Die meisten „Engen“ jedoch bedürfen der Aufmerksamkeit und rufen nach einem sehr notwendigen Schritt. Wenn es eng wird, dann brauchst du zuerst einen Freiraum.
Stell dir eine Lehrerin in ihrem Klassenzimmer vor, die von allen Kindern körperlich gleichzeitig bestürmt wird. Sie wird sagen: „Macht mal erst Platz!“ Wenn du zu viele Aufgaben zur gleichen Zeit erledigen musst, dann ist es wichtig, sich zuerst inneren Freiraum und Platz zu verschaffen. Im Freiraum kannst du vom Funktionsmodus in einen entspannten Zustand umschalten.
Das Leben im Freiraum wird sich verändern. Du bekommst neue Impulse. Die Aufgaben lassen sich leichter bewältigen. Du fühlst dich im Fluss mit den Dingen und alles geht dir leicht von der Hand.
Ich kenne viele Menschen, die einem anderen Lebensprinzip folgen. Sie erledigen erst die vielen einengenden Aufgaben und atmen dann erleichtert auf. Sie gönnen sich erst den Freiraum, nachdem sie es sich „leisten“ können. Ich glaube, das ist ein Irrtum! So bewegst du dich von Anspannung zu Anspannung, von Enge zu Enge und von Erleichterung zu Erleichterung. Irgendwann bist du nur noch froh um die kurzen Augenblicke der Erleichterungen im Lauf der gewohnten Enge.
Um den Stall von Bethlehem herum gibt es viel Raum. Viel Freiraum! Da darf alles und da muss gar nichts sein. Du bist eingeladen aber es gibt keinen Besuchszwang. Allein die Vorstellung reicht aus, dass sich dein Herz weitet und der Freiraum vergrößert. An der Krippe will niemand etwas von dir. Nicht einmal beten musst du. Was immer du auch denkst oder machst, es wird nicht bewertet. Der Freiraum von Bethlehem lässt dich tief durchatmen. Schöpfe Kraft und sei einfach da. Du kannst diesen Freiraum im Außen finden, vielmehr noch im Innen.
Du hast es in der Hand. Du kannst eine Entscheidung treffen und für einen Moment innehalten: Stopp sagen und den Herzensraum weiten. Und wenn dir jemand zu nahe in dein Gesichtsfeld tritt dann kannst du sagen: „Schön, dass du da bist und meine Nähe so schätzt. Aber ein paar Zentimeter mehr Abstand lässt meine Sympathie zu dir noch wachsen.“ Dann atmest du tief ein und füllst Bauch und Brustraum ganz aus mit deiner Gegenwart. Hier stehst du und nimmst den Raum ein, den du brauchst, um gut da sein zu können.
Zum Schluss
Wir haben viele Räume besucht und in keinem wirklich geblieben. Zugleich bewegen wir uns ständig in diesem großen Raum der Welt. Wir sind unendlich kostbare Teile dieses Weltenraumes. Dieser Raum ist so groß, dass wir uns darin verloren fühlen könnten. Aber wenn ich die Unendlichkeit des Weltenraumes in mein Bewusstsein hole kann er unendlich klein werden. Der Makrokosmos und der Mikrokosmos in meinem Bewusstsein. Darin darf ich den Spiegel des Göttlichen erkennen.
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