Auf
einer Toilette in einem Museum fand ich diesen Hinweis: "Die
Druckspülung bitte lange gedrückt halten!" "lange gedrückt" in roter
Signalfarbe mit Ausrufezeichen. Da wollte ich doch mal die Druckspülung
testen. Ich habe draufgedrückt und es kam Wasser. Kurz reichte aus. So
fand ich. Länger drücken ginge auch. Aber lange drücken? Wie lange? Eine
Stunde? Fünf Minuten?
Drei Erkenntnisse nehme ich mit. Lang oder
kurz drückt eher eine Gefühlsqualität aus. Da hat jeder Mensch ein
anderes Maß. Wenn ich es eilig habe, dann sind fünf Minuten für mich
sehr lang. Wenn ich ein spannendes Buch lese sind zwei Stunden für mich
sehr kurz.
Die zweite Erkenntnis: Manchmal gibt es keine schnellen
Ergebnisse. Ich muss etwas lange genug machen. Lange genug den Topf
putzen bis er sauber ist. Lange genug schreiben bis der Gedanke fertig
gedacht ist. Lange genug Geduld haben mit einem Handwerker, den ich
beauftragt habe. Lange genug warten, bis der Kaffee durchgelaufen ist.
Lange genug den Kuchen im Ofen lassen bis er gar ist. Zugleich kann es
auch zu lange sein. Dann bin ich über einen gewissen Punkt
hinausgegangen. Habe den richtigen Zeitpunkt verpasst. Ich stelle mir
einen Zeitstrahl vor. Auf diesem Zeitstrahl gibt es eine erste
Markierung mit dem Hinweis: "lange genug" und einen zweiten Hinweis "zu
lange". Dazwischen gibt es die Momente, die richtig sind.
Wohin
tendierst du, wenn du dein Leben betrachtest? Bist du geduldig und lässt
dir lange genug Zeit? Oder gehörst du zu denen, die den Kuchen kurz vor
fertig herausnehmen. Kurz vor fertig die Arbeit beenden? Oder verpasst
du den Augenblick und bist kurz nach "zu lange". Das Sonderangebot ist
nicht mehr da! Der Kuchen etwas angekokelt. Der Bus vor deiner Nase
weggefahren? Wo befindet sich dein "Lieblingszeitpunkt"?
Die
dritte Erkenntnis: Manchmal muss ich drücken! Es tut sich nicht von
allein. Ich kann vor der Kloschüssel warten und es kommt kein Wasser -
es sei denn, es gibt eine Lichtschranke. Ich muss den Knopf drücken. An
der Waschmaschine, am PC, am Kaffeeautomaten. Ich muss selber etwas
machen. Ohne mein Signal geht es nicht los. Den Knopf an der
Waschmaschine drücke ich in der Regel sofort. Ich kenne die Programme
und es läuft. Aber am Fahrkartenautomaten fällt es mir schwer den
richtigen Knopf zu drücken. Den Knopf, wenn es darum geht, das Geld zu
bezahlen. Habe ich den richtigen Tarif? Den günstigsten? Wenn ich fahren
will muss ich drücken. Es ist hilfreich, dabei nicht zu viel
nachzudenken. Sich entscheiden bevor die Bedenken kommen. Wenn die
Bedenken kommen und mächtig werden drücke ich die Knöpfe nicht mehr. Ich
drücke nicht und es bleibt ein unbefriedigendes Gefühl übrig. Wer
drückt bringt was in Bewegung!
www.matthias-koenning.de
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