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Samstag, 6. August 2016

Ich packe meinen Koffer und nehme mit ...



Erinnerst du dich noch an das Spiel vom Kofferpacken aus Kindertagen. „Ich packe meinen Koffer und nehme ...“. Dabei geht es darum, einen Gegenstand für die Reise zu benennen. Die nachfolgenden Spieler wiederholen das Wort und fügen ein neues hinzu. Wer sich verhaspelt oder etwas vergisst scheidet aus.
Das Spiel erinnert mich an Urlaubsvorbereitungen. Was muss ich mitnehmen. Welcher Koffer ist für mich geeignet von der Größe und von den Transportmöglichkeiten. Schieben, rollen, tragen! Am Kofferpacken kleben viele Themen. Was sagt so ein Koffer über mein Leben aus? Über meinen Charakter? Über meine Ängste und Stärken? Darüber möchte ich gerne mit dir in dieser Urlaubszeit und im August nachdenken.
Im Internet lese ich den Artikel einer Psychologin, die verschiedene „Kofferpack – Typen“ unterscheidet. Es gibt den Minimalisten, den Planer, die Diva, den Pfadfinder, den Lastminute und den Kontrolleur.  Die Namensbezeichnungen drücken schon aus, was gemeint ist. Wo ordnest du dich am ehesten ein? Beschränkst du dich beim Reisen oder bist du für jede Situation gerüstet? Machst du dir Sorgen ums Überleben und nimmst auf jeden Fall irgendeine Notfallration mit? Oder geht dir das Reisen auf die Nerven und du wirfst so nebenbei ein paar Sachen in den Koffer? Es gibt auf jeden Fall Unterschiede, wie immer ich sie auch deuten mag.
Wenn ich die Wohnung mit der zweiten Haut des Menschen vergleiche, bildet der Koffer dann so etwas wie die zweite Haut des mobilen Menschen. Das merke ich besonders daran, dass es mir nicht so leicht fällt, den Koffer einfach am Schalter im Flughafen aufzugeben. Ich muss wirklich für ein paar Stunden dieses kostbare Stück „aufgeben“. Loslassen! Fremden Menschen anvertrauen! Und wehe, mein Koffer kommt nicht mit mir an! Das schmerzt! Am Urlaubsziel drängen sich die Menschen ganz nah an das Gepäckband. Hoffentlich kommt die „zweite Haut“ heil an und landet beim Besitzer. Da schaust du oft in angespannte Gesichter. Kein angenehmer Urlaubsstart!
Wenn hingegen Kinder in die Ferien fahren packen oft die Mütter. Am Ferienort angekommen weiß das Kind nicht einmal, was da drin steckt und vermisst auch nichts, wenn etwas verloren geht. Wenn es nach den Kindern geht, dann reichen die Sachen, die es gerade an hat. Ein Koffer für Anziehsachen ist eigentlich überflüssig, es reicht einer für die Spiele.
Wenn ich persönlich meinen Koffer packe, dann kommen auf jeden Fall ein paar Dinge mit, die auf keinen Fall fehlen dürfen. Meine Durchdrückkanne für den French Press Kaffee, mein Opinel-Messer, meine Creme für die Haut und Lesestoff. Was darf bei dir nicht fehlen? Wenn du deine persönlichen Notwendigkeiten einpackst, kannst du zugleich deine Abhängigkeiten feststellen. Das sind die Dinge, die du brauchst. Die du auch mit ins Grab nehmen würdest, wenn du könntest. Dabei fällt mir ein, dass ich bisher nur von den Dingen gesprochen habe, die der Körper braucht.
Hast du einmal daran gedacht, dass du auch einen Seelenkoffer packen könntest? Stell dir vor du fährst los mit deinem „Körperkoffer“ und hast nicht an deine Seele gedacht. Du denkst, dass sie schon irgendwie ankommen wird. Kofferpacken ist nicht notwendig. Welche Fragen beschäftigt denn wohl deine Seele, wenn du an deine Urlaubsreise denkst? Je besser du dich einfühlen kannst, desto entspannter wirst du reisen!
Manche Menschen wissen das instinktiv und packen Dinge in ihren Koffer, die der Körper gar nicht braucht, die eigentlich für die Seele bestimmt sind. Dazu gehören zum Beispiel Kuscheltiere und Glücksbringer.
Wenn ich an meinen „Seelenkoffer“ denke dann tauchen Fragen auf wie: Werde ich mich am Zielort wohlfühlen? Wird gut für mich gesorgt? Wird es mir an nichts fehlen? Gibt es dort nette Menschen? Werde ich mich mit den Menschen verstehen, mit denen ich reise?
Wenn mir die „Seelenfragen“ bewusst werden kann ich auch etwas konkret dafür tun. Ich erkundige mich nach den Schlafmöglichkeiten, recherchiere die Restaurants und Supermärkte. Setze mich mit der Vermieterin der Ferienwohnung in Verbindung und erspüre, ob sie fürsorglich genug ist. Ich schaue mir die Fotos im Internet an, ob sich das nett und gut anfühlt. Ich intensiviere die Freundschaft mit meinen Mitreisenden und frage die Bedürfnisse ab. So nach und nach füllt sich mein „Seelenkoffer“. Die Befürchtungen und Sorgen werden kleiner und das Vertrauen wächst.
Zwischendurch frage ich meine Seele: „Und? Alles gut? Fehlt noch was?“ Manchmal bemerke ich da noch ein leichtes Unbehagen und ich versuche zu erspüren, welches Bedürfnis dahintersteckt. Das erfordert ein wenig Zeit und Geduld. Die Seele mag es nicht auf Kommando zu reagieren. Darum fange ich mit den Reisevorbereitungen für die Seele sehr früh an. Viel früher als mit dem „Körperkoffer“.
Was benötigt dein „Seelenkoffer“, wenn du auf die Reise gehst? Brauchst du da eher Sicherheit oder doch mehr Spontaneität und Abenteuer? Eher stille Stunden mit dir allein und Partner/in oder verstärkt Rudel- Erlebnisse ;-)? Oder übergehst du lieber deine Seelenstimme, weil sie so anspruchsvoll ist und weil du dich ihrer schämst? Es gibt nämlich Seelen, die sind sehr zaghaft und sehr bedürftig. Die trauen sich nicht hervor und ordnen sich eher der Mehrheit unter. Lieber die Bedürfnisse übergehen als schief angeschaut zu werden. Du möchtest ja schließlich niemandem den Urlaub verderben, oder?
Manche schenken dem „Körpergepäck“ unendlich viel Aufmerksamkeit und vernachlässigen die Seele dabei. Im Lukasevangelium (Kapitel 10) schickt Jesus zweiundsiebzig Menschen auf die Reise. Dabei  gibt er ihnen vorher Hinweise für das Unternehmen. Keine Vorräte, keine Schuhe, kein Geld. Also ein kompletter Verzicht auf den „Körperkoffer“. Nada! Es braucht kein Gepäck denn es wird von allem reichlich da sein. Eine ganz schöne Herausforderung!
Typischerweise sorgt Jesus aber für den „Seelenkoffer“. Er geht davon aus, dass seine JüngerInnen den Frieden in sich tragen. Sie kommen mit diesem Frieden in fremde Häuser und es entsteht eine Atmosphäre von Wohlwollen, Behaglichkeit und Ankommen. Wenn der Mensch im Herzen vertraut und sich verbunden fühlt, wird alles gut. Wenig äußere Sicherheit und viel inneres Vertrauen - lautet sein Seelenkonzept.
Mich beschäftigt die Frage, wie ich in eine solche Haltung hineinkommen kann. Ich werde wohl immer einen materiellen Koffer mit auf die Reise nehmen, aber ich kann noch gezielter etwas mehr für meine Seele tun. Meine Einladung dazu heißt: Verlagere dein Bewusstsein in den Raum des Herzens. Was heißt das und wie geht das? Normalerweise bewegen wir uns mit unserem Bewusstsein im oberen Kopfbereich. Dort liegen das Gehirn, die Augen und die Ohren. Dort liegt auch der Schwerpunkt unserer Konzentration und Aufmerksamkeit. Quasi automatisch und naturgegeben. Sinnvoll und manchmal hinderlich. Wir sind dort räumlich sehr nah bei den Gedanken. Die Gedanken wiederum helfen uns dabei, das Leben gut zu organisieren. Das Ergebnis zeigt sich in einem perfekt gepackten Koffer und einer finanziell abgesicherten Reise.
Wir verbringen also den größten Teil des Tages in dieser oberen Region. Wenn du nun mit deiner Wahrnehmung und deiner Vorstellungskraft dich tiefer sinken lässt bis in den Raum, wo du dein Herz spürst, verändert sich etwas. Du denkst weniger und fühlst mehr. Das Herz hat eine ganz besondere Qualität und ganz intensive Kraft. Probiere es einfach einmal aus und beobachte den Unterschied. Wahrnehmung mit dem Verstand und Wahrnehmung mit dem Herzen.
Du stellst dir also deinen Urlaub einmal bildlich vor. Geh in den oberen Kopf und beobachte, welche Gedanken kommen. Wie geht es dir damit? Dann sinkst du mit deinem Bewusstsein ins Herz und beobachte wiederum, was dann an der Stelle geschieht. Wandere hin und her und lass es wirken. Und wenn du Lust hast, dann vollziehst du noch einen dritten Schritt. Lass dich tiefer sinken mit deinem Bewusstsein bis in den Bauch hinein. Wiederum wird sich etwas verändern. Du triffst dort auf ein anderes Nervensystem und bekommst wieder neue Impulse. Wundere dich nicht, wenn du auf einmal Hunger oder Durst bekommst J!
Es wird ganz leicht, wenn du oben auf dem Berg stehst oder am Strand liegst. Dein Bewusstsein sinkt automatisch in dein Herz. Für einen Moment hört der Verstand auf mit seinen Gedanken. Es kehrt Stille in. Innerer Frieden. Deine Seele freut sich weil du ihr dort nahe bist. Das Müssen hört auf und das Wollen. Du verweilst in einem Zustand jenseits von Raum und Zeit.
Dann bist du so richtig im „Urlaub“ angekommen. Bei deiner (ur)sprünglichen Er(laub)nis, einfach nur da sein zu dürfen ohne etwas dafür zu tun. 

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