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Sonntag, 22. Dezember 2019

Kraft sammeln im Rückzugsraum - die 22. Tür zum Advent




An Weihnachten erinnern wir uns, dass das göttliche Kind in den Raum eintritt, den wir Menschen bewohnen. Es beginnt im Bauchraum der Mutter und wird angebetet im zugigen Stall von Bethlehem. Ich möchte mit dir in der Zeit des Adventes Räume durchwandern. Was kann ich dort finden? Welche Qualität kommt dort zum Ausdruck? Wo möchte ich weiter und wo darf ich verweilen.
 
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Im „Rückzugsraum“ wird alles noch einmal in Ruhe bedacht. Alle Fakten für ein Urteil kommen auf den Tisch. Es wird abgewogen und nach einem gerechten Urteil gesucht.
Du kommst von der Arbeit nach Hause und brauchst etwas Zeit für dich. Du ziehst dich zurück in dein Zimmer oder in eine Ecke des Wohnzimmers und lässt den Tag an dir vorüberziehen. Du bist vielleicht noch aufgeregt. Dein Herz schlägt. Die eine oder andere Begegnung geht dir nicht aus dem Sinn. Du brauchst die Zeit damit du mit Kopf, Herz und Seele wieder ankommen kannst. Wenn dein System durcheinander gerät braucht es Zeit, sich wieder zu synchronisieren. Dazu braucht es Zeit und Raum.
Manche bevorzugen dafür einen bestimmten Platz. Ein Sessel, ein Blick aus dem Fenster, ein Platz draußen im Garten, auf der Terrasse oder in der freien Natur. Manche können einfach die Augen schließen und den Rückzugsraum im Innen aufsuchen.
Vielleicht ergeht es Menschen im Großraumbüro oft deswegen nicht gut, weil der Rückzugsraum fehlt. Sie sind immer öffentlich. Alles ist für alle zu hören und zu sehen. Wer traut sich schon in aller Öffentlichkeit während der Arbeitszeit die Augen zu schließen und sich zu sammeln?
Wie sieht dein Rückzugsraum aus? Nutzt du ihn? Welche Rituale findest du hilfreich? Besuchst du diesen Raum zu festgelegten Zeiten oder nach Bedarf und Möglichkeit?
Nach der Geburt, den Besuchen an der Krippe, den Verheißungen und Aufregungen heißt es in der Bibel über Maria: Sie bewegte alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Auch Maria nahm sich Zeit zum Sammeln und zum Verarbeiten der Ereignisse.
Ich entdecke darin die Einladung, nicht immer aktiv sein zu müssen. Immer in der Spirale von Hektik und Anstrengung sein. Ich habe ein Recht zum Rückzug. Ich habe eine Verantwortung mir selbst gegenüber. Ich kann mir die Erlaubnis erteilen und meiner Umwelt sagen: „Jetzt nicht!“ – „Ich nehme mir eine Auszeit!“
Bei der Nahrungsaufnahme machst du es ja auch so! Du nimmst die Nahrung auf und gönnst deinem Körper die Zeit des Sortierens und Verdauens. Und das braucht Zeit und Raum. 

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