Rahel Varnhagen von Ense wurde gefragt: "Was machen Sie?" Sie antwortete: "Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen."
"Was machen Sie?" -
"Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen. " Ich habe einmal einen
Film über die Yanomami gesehen. Das kam mir so ursprünglich vor. So nah
bei sich selbst, bei der Natur und bei den Menschen. So stelle ich mir
das Leben im Paradies vor. Das Leben bestimmt von selbst die Themen.
Wenn ich Hunger habe esse ich. Wenn ein Mensch da ist bin ich gemeinsam
mit ihm. Wenn die Sonne scheint halte ich den Bauch da hin.Wenn
ich das wirklich so täte! Ich esse wenn ich keinen Hunger habe und kann
mit Menschen nicht gut zusammen sein. Ich schütze mich vor der Sonne
wenn sie kommt und sehne sie herbei, wenn sie sich nicht blicken lässt.
"Was
machen Sie?" - "Nichts." Ich mache immer etwas. Ich achte darauf, immer
alles richtig zu machen. Im richtigen Rhythmus und zur richtigen Zeit.
Ich führe dadurch ein anstrengendes Leben. Das Nichts leiste ich mir
nicht einmal im Urlaub. Höchstens mal für einen Tag oder für eine
Stunde. Frau Varnhagen von Ense lässt das Leben auf sich regnen. Sie
setzt sich dem Leben aus. Sie muss da nicht extra was machen. Vielleicht
geht sie auf die Straße und dann begegnen ihr schon die Themen. Ein
Hund, eine Sonne, ein Hunger, eine Lust! Vielleicht ist es möglich, auch
heute in der Zivilisation wie ein Yanomami zu leben. Im Einklang mit
sich, mit den Menschen, mit der Natur. Der Regen ist da und ich auch.
Einfach zulassen und nichts weiter machen. Darin liegt schon genug Stoff
für das Leben.
Wie sähe dein Leben aus, wenn es nichts mehr zu
tun gäbe? Dahinter steckt für mich der Gedanke des "Müssens". Mein Leben
als einen Ablauf von Zwängen. Eine Sklavenidentität. Jemand befiehlt
und ich gehorche. Einem Vorgesetzten oder einer inneren Stimme. Wenn es
nichts mehr zu tun gibt, dann hören die Stimmen auf, die da "müssen"
rufen. Dann kann ich tun ohne dass ich denke, dass ich was tue. Dann
würde mir jemand sagen: "Ständig tust du etwas!" Und du würdest
antworten: Wirklich? Kommt es dir so vor? Ich fühle mich völlig
tiefenentspannt. So, als hätte ich schon lange nicht mehr etwas getan."
www.matthias-koenning.de
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