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Montag, 15. Januar 2024

Das Auge führt den Menschen in die Welt, das Ohr führt die Welt in den Menschen ein. Lorenz Oken (1779 - 1851)

So erlebe ich unsere Wirklichkeit. Ständig bekommt das Auge Futter. Ich sehe Menschen, Straßen, Häuser und Pflanzen. Ich sehe aber auch Geschäfte und Werbebotschaften. Ständig drängt sich mir etwas auf. Schau mich an! Schau hin! Bilder über Bilder. Der Bewegungsimpuls lautet: Komm zu mir und schau mich an. Eine Bewegung von mir weg und hin zu dem, was ich sehe. Und weil die Welt mir immer wieder neue Bilder entgegenwirft ist mein Auge ständig herausgefordert. Erst, wenn ich die Augen schließe, tritt eine Pause ein. Welche Erholung! Aber so ist das Auge und das Sehen gestrickt.
Das Ohr hat eine andere Aufgabe. Da kommt die Welt zu mir. Ich muss nichts aktiv machen. Ich kann sitzen und abwarten. Und ich kann mich entscheiden, was ich einlasse und was draußen bleibt. Die Eindrücke beim Hören sind stiller, einfacher, klarer. Bei einem Vortrag höre ich Wort für Wort. Ich kann bei einem Satz verweilen und die anderen Sätze ausschalten. Auf eigenartige Weise ist das Sehen laut und das Hören leise. Ich kann die Ohren nicht verschließen. Sie sind mein ganzes Leben lang geöffnet. Die Ohren geben mir den Hinweis, dass die Welt zu mir kommt. Dabei kann ich ruhig sitzen und mich entspannen. Ich muss nichts aktiv machen. Mit den Augen gehe ich in die Welt. Mit den Ohren kommt die Welt zu mir. Das Sehen kann zur Zerstreuung führen, das Hören in die Sammlung. Wir könnten wieder stärker Hörende werden und diese Qualität neu entdecken.
www.matthias-koenning.de

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