Manchmal gestalte ich eine Abschiedsfeier für einen Verstorbenen und sehe mit den Angehörigen auf das Ende dieses Lebens. Da geht etwas zu Ende. Für manches gibt es keine Fortsetzung in gleicher Weise. Eine Fernsehserie geht zu Ende. Ein altes Gleis. Ein Arbeitstag und ein Arbeitsleben.
Eigentlich wäre das ja völlig neutral. Ich könnte sagen: Na und? So ist das halt. Logisch! Alles hat ein Ende. Grundlage dieser Welt.
Ich denke an das Ende und mir wird bewusst, dass ich dann etwas oder jemanden nicht mehr habe! Ich verliere etwas. Und das macht mich traurig, wütend oder ängstlich. Und erfüllt mich mit Schmerz. Diese Gefühle möchte ich nicht. Und wenn ich kann, vermeide ich sie. Ich zögere das Ende hinaus. Ich verlängere noch einmal. Ein weiterer Arbeitstag. Noch eine Schleife mit den medizinischen Geräten. Vor dem Abschied noch einmal umarmen und sich dann noch einmal umdrehen und zum Schluss noch einmal winken und in der Ferne noch einmal hupen.
Während ich mich noch im Abschiedsschmerz befinde bahnt sich jedoch schon ein neuer Anfang. Es gibt kein Vakuum! Am Ende des Bahngleises beginnt irgend etwas neues. Eine Straße oder ein Feld oder eine Weide! An meinem letzten Arbeitstag bahnt sich schon der Weg für den ersten Tag "ohne Arbeit". Aber es ist kein Tag "ohne". Es wird etwas alternativ geschehen. Und sei es, dass ich "nur" herumsitze. Es gibt kein Vakuum - also ein "Nichts".
Ich kann mich am Ende von etwas also in den Schmerz hineinbegeben oder mir ins Bewusstsein rufen, dass da jetzt etwas neues anfängt. Der Anfang von etwas kann Angst machen. Aber vielleicht auch Freude oder Spannung, oder...
Es gibt das Ende von etwas, das zugleich der Anfang von etwas ist. Wenn ich damit einverstanden bin, kann ich mich da hinein entspannen. Ich sperre mich nicht gegen das Grundgesetz des irdischen Lebens. Es ist wie bei einem Ballspiel. Du nimmst den Ball auf und gibst in weiter. Bei dir ist nur eine Durchgangsstation. Wenn du den Ball festhältst ist das Spiel vorbei. Du empfängst und gibst weiter. Wie die Liebe. Du empfängst und schenkst. Du folgst einem Rhythmus. Anfang und Ende und wieder ein Anfang. Nichts als ein Rhythmus. Du atmest ein und du atmest aus und gibst dein Einverständnis.
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