Zu mir kommt jemand mit einem Stapel voller Sorgen. Die Mutter ist schwer krank. Der Vater ist so hilflos. Der Bruder drückt sich. Der Pflegedienst kostet viel Geld, macht aber nicht seine Arbeit. Die Rente reicht nicht aus. Die eigene Familie streikt, die Oma weiterhin so intensiv zu betreuen. Dazu kommt noch ein Bandscheibenvorfall und eine berufliche Krise und die Aussicht in den nächsten Jahren keinen Urlaub machen zu können.
Dann kommen noch ein paar Kleinigkeiten hinzu, dass das Auto nicht mehr so richtig funktioniert und die Heizung erneuert werden müsste usw...
Dann sage ich: "Stopp! Das hält doch niemand aus!" Ich fange mit ihr noch mal von vorne an. Welche Probleme waren das noch mal? Die Mutter! Ich drücke der Ratsuchenden für die Mutter ein Buch in die Hand. "Die erste Last! Dafür symbolisch das Buch." Für den Vater das zweite Buch, für den Bruder das dritte Buch... du ahnst es schon. Der Bücherstapel wächst und wächst. Dieser Sorgenmensch sagt nach langer, langer Zeit: "Das ist aber echt schwer! Muss ich das jetzt tragen? Ich kann nicht mehr!" "Das finde ich auch! Aber es bleibt Ihnen nichts anderes übrig! Da müssen Sie jetzt durch!"
"Wer loslässt, hat beide Hände frei!" Wenn ich zu viel trage, werde ich am Ende handlungsunfähig. Also bleibt nichts anderes übrig als loszulassen. Aber wenn ich loslasse, dann habe ich beide Hände frei und kann etwas machen. Es wäre also hilfreich, sich sein Leben so einzurichten, auf jeden Fall handlungsfähig zu bleiben, also mit den "Händen" etwas machen zu können. Genügend Freiraum zu spüren. Wie viele Bücher kann man über einen längeren Zeitraum halten? Zwei, drei? Einen Stapel?
Oder gar keines? Ich plädiere für gar keines! Jedes Buch trage ich nur für eine kleine Weile und lass es dann wieder los. Jedes Buch. Jedes Problem. Jede Sorge! Nur für eine Weile! Ich habe nämlich gerne von Zeit zu Zeit meine Hände wieder frei! Neben dem Bewältigen von Problemen brauche ich meine Hände zum Essen und für die Streicheleinheiten!
www.matthias-koenning.de
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