Liebst du "Unkraut"? In meiner Kindheit war Unkraut der Feind meiner Eltern. Ich habe das nie verstanden, mit welcher Vehemenz meine Mutter in den Beeten herumhackte und zog. Egal ob Chemie oder Handarbeit. Das Zeug musste heraus. Ohne Gnade! Das war im Garten nicht erwünscht. Meine Eltern konnten den Kampf leider nicht gewinnen. Oder nur so ungefähr. Das Unkraut gab einach nie auf. Sie wurden nie damit fertig. Diese Kräuter bahnten sich immer wieder ihren Weg.
Ich habe diese Kräuter bewundert.
Das Schild mit dem Spruch von Oskar Kokoschka habe ich bei einer Gartenbesichtigung fotografiert. Die Gärtnerin wollte wohl nicht den Garten diktatorisch regieren. Sie entschied sich für eine wirksame und üppige Opposition.
Wenn ich mich in meinem Inneren besuche, dann kann ich mich sehen wie einen Garten. Auch dort gibt es eine Regierung und eine Opposition. Da will ein Teil Ordnung und ein Teil will Chaos. Die Ordnung bekommt ganz selbstverständlich ihren Platz. Pünktlich zur Arbeit. Die Miete bezahlen. Sich an Regeln halten. Der oppositionelle Anteil in mir meldet sich auch: "Schlaf doch mal ein wenig länger. Merkt doch keiner!" "Fahre ruhig über die durchgezogene Linie. Du bist doch ein freier Bürger. Das ist nur eine Straße!" "Bevor die Äpfel verfaulen, nehme ich mir einen."
Dann beginnt der Kampf im Inneren zwischen Regierung und Opposition. Oft gewinnt die Opposition nicht, weil die Regierung halt die Macht hat. Nur manchmal, wenn die Regierung schläft, schlägt die Opposition zu. Immer wieder schlägt sie der Regierung ein Schnippchen.
In mir gibt es zugleich einen Beobachter, der darauf achtet, dass Regierung und Opposition zu einem Gesamtsystem gehören. Sie bedingen sich gegenseitig. Sie brauchen einander. Ohne Opposition wird das System starr und ohne Regierung entsteht das Chaos.
Wenn ich der Opposition in mir die Erlaubnis erteilen würde, die Regierung zu übernehmen: Was würde wohl geschehen? Würde mein innerer Garten zuwuchern? Wie im realen Garten? Nur auf den ersten Blick und im ersten Moment. Im ersten Moment gäbe es tatsächlich Chaos. Aber mit der Zeit würde sich ein neues System herausbilden. Eine neue Ordnung. In der Natur ist es genauso. Es braucht dafür nur einen längeren Zeitraum.
Jedes System hat seine Regierung und seine Opposition. Arbeitsplatz, Familie, Vereine und Gruppen... Interessant wird die Frage, wenn du dich einmal selber beobachtest. Wo findest du deinen Platz in diesen Gruppen. Bist du eher Regierung oder Opposition?
www.matthias-koenning.de
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