Na? Bist du schon angekommen? Was meine ich mit
ankommen, könntest du jetzt fragen. Du hast ein Dach über dem Kopf und
im weitesten Sinne eine Familie. Also bist du irgendwo im Leben
angekommen. Dabei ist die Frage gar nicht abwegig. Wenn du in deinem
Leben schon einmal umgezogen bist weißt du, wovon ich spreche. Du ziehst
an einen dir fremden Ort und sensible Menschen fragen dich, ob du schon
angekommen bist. Der Körper mag zwar vor Ort sein, aber das Herz und
die Seele sind noch am alten Standort oder unterwegs. Du musstest einmal
im Berufsleben ankommen, im Rentnerdasein, im Urlaub, in deiner
„Seele“.
Über das Ankommen möchte ich heute ein wenig mit dir
nachdenken. Immerhin feiern wir an Weihnachten die „Ankunft“ des Kindes
in der Krippe. Mir kommt in den Sinn, dass es da einen Dreischritt gib,
der im Leben immer wieder auftaucht und sich im Advent auch abzeichnet.
Die drei Schritte heißen für mich aufbrechen, unterwegs sein und
ankommen. Viele Menschen die ich kenne, haben mindestens mit einem der
Schritte so ihre Schwierigkeiten. Manchen fällt der Aufbruch schwer
aufgrund vieler Hindernisse, andere finden das heimatlose Umherirren
schwierig oder finden keinen passenden neuen Platz.
Wenn du aufbrichst, musst du dich von Vertrautem
verabschieden und loslassen. Da gibt es die Sätze wie: „Eigentlich
müsste ich … aber“ und dann tauchen die vielen Hindernisse im Kopf auf,
warum das nicht geht. Außerdem macht es nur Sinn aufzubrechen, wenn du
ein lohnenswertes Ziel vor Augen hast. Du suchst z.B. eine andere
Wohnung, weil die Jetzige nicht mehr passt oder weil du eine andere
Arbeitsstelle bekommen hast. Manche halten auch lieber am Alten fest
obwohl sie richtig leiden, weil das Neue zu ungewiss und beängstigend
ist. Lieber bekanntes und vertrautes Leiden als das unkalkulierbare
Neue. Dennoch ist es wichtig für die persönliche Weiterentwicklung,
immer wieder aufzubrechen und nicht mehr Stimmiges und Abgestorbenes
hinter sich zu lassen. Wie mag der Entstehungsgedanke und der Prozess in
Gott gewesen sein bevor es zum Kind in der Krippe kam? Welche
Notwendigkeiten sah er und was war sein Ziel? War es leicht für ihn,
aufzubrechen in die menschliche Gestalt?
Der zweite Schritt nach dem Aufbruch liegt im
„unterwegs sein“. Für eine Zeit bewohnst du keinen festen inneren oder
äußeren Ort. Du musst ausprobieren, Erfahrungen sammeln, finden und
wieder loslassen. Du schaust dir verschiedene Wohnungen an, du denkst
dir neue Berufsleben aus, du erfindest neue Rituale und Sprechweisen in
deiner Ehe oder deiner Familie oder du hangelst dich von Gottesbild zu
Gottesbild. Dabei spürst du vielleicht auch die tausend Möglichkeiten
und Freiheiten, die dir damit gegeben sind. Diese zeigen sich erst im
Gehen des Weges. „Ah, da gibt es eine Abzweigung und da noch eine.
Welche nehme ich denn jetzt?“ Wenn du nie aufbrichst, bleibt dir das
Auswählen der vielen Wege erspart.
Irgendwann möchtest du oder wirst du irgendwo
ankommen. Es sei denn, du gehörst zu denen, die dauerhaft irgendwie
unterwegs sind. Kennst du solche Menschen, die bei dir den Eindruck
vermitteln, dass sie wie getrieben sind? Wie die Hummeln verweilen sie
nur kurz und sind mental schon wieder weg, bevor der Körper sich auch
auf den Weg macht. Vom Leben Jesu kennen wir eigentlich nur die Zeit der
„Unterwegs-sein-Phase“. Die Geschichten aus den Evangelien wirken auf
mich aber immer wie eine Kombination aus „Ankommen im Unterwegs sein.“
Aufbrechen, unterwegs sein und ankommen wirken bei ihm verbunden.
Ich hoffe, du bist wenigstens einmal
im Leben
wirklich angekommen. Wirklich mit Körper, Geist und Seele, fast ohne
jede Einschränkung mit einem völlig klaren „Ja“. Vielleicht fällt es dir
aber auch schwer, dich hinzusetzen, wo immer du bist, die Hände in den
Schoß zu legen und dir zu sagen: „Jetzt bin ich angekommen, jetzt bin
ich da!“ Ich glaube, dass es im Leben immer nur so ungefähre Momente
dieser Art gibt. Wirklich angekommen sind wir, wenn wir es ohne jede
Einschränkung fühlen und sagen können. Wahrscheinlich in aller
Endgültigkeit nicht in diesem irdischen Leben.
Weihnachten lädt dazu ein, die Sehnsucht nach dem
Ankommen stärker in den Blick zu nehmen. Am Unsere Aufmerksamkeit geht auf den Stall zu Bethlehem, den Ankunftsort Jesu.
Die Menschen an der Krippe kommen dort an, kommen an diesem Ort zu Ruhe,
machen in der Gottesbegegnung die Erfahrung der „Erleuchtung durch den
Stern von Bethlehem“ und den Frieden in der Seele mit dem göttlichen
Kind.
Bis dahin machst du die merkwürdige
Erfahrung einer
oft angespannten Gleichzeitigkeit. Gleichzeitig brichst du mit
bestimmten Lebensthemen auf, bist mit anderen Themen schon länger
unterwegs und bist schon irgendwie angekommen. Du bist vielleicht
angekommen an deinem Arbeitsplatz, brichst aber auf in eine neue
Beziehung und bist unterwegs auf der Suche nach dem tieferen Sinn in
deinem Leben. Manchmal scheint es dich zu zerreißen und manchmal erlebst
du das Geschenk, dass alles synchron schwingt und innere Ruhe einkehrt.
Gelassenheit breitet sich in deinem Inneren aus. So lädt Weihnachten
dich ein, dass du einfach vor der Krippe sitzt und einmal nichts machst
und stattdessen geschehen lässt was immer auch mit dir geschieht.
www.matthias-koenning.de
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