Ich gehöre zu den Menschen, die einen deutlichen Hinweis am
Briefkasten haben, dass Werbung unerwünscht ist. Gott sei Dank halten sich die
Prospektboten daran. Unser Kasten bleibt sauber. Meine Identität als kritischer
Verbraucher wird so wunderbar erfüllt und bestätigt.
Das ist aber nur die eine Seite. Für den Sonntag hat sich
inzwischen ein Ritual eingeschlichen, das ich nur hinter vorgehaltener Hand
preisgebe. Ich gehe mit meiner Lebensgefährtin spazieren durch die Straßen der
Innenstadt. Da hängen und stecken sie: Die Sonntagszeitungen und die
Werbeprospekte. Zwischen all diesen Werbepamphleten interessiert uns trotz
inneren Protestes ein gewisser Zettel in blauer Farbe. Er handelt sich dabei um
ein Prospekt unter al(l)di(esen) Prospekten. Manche besuchen an diesem Tag die
Kirche, um in der Predigt eine wichtige Botschaft für die Woche zu hören. Wir
lesen diese Botschaft regelmäßig und zugleicht verschämt auf diesem blauen
Zettel. Dort wird uns etwas versprochen, das sehr verheißungsvoll ist.
Die Botschaft lautet: „Ich habe was, was du nicht hast aber gerne hättest. Du hast schon lange darauf gewartet, nicht wahr? Du bist dafür in vielen Geschäften gewesen oder hast im Internet danach recherchiert. Du bist aber mit leeren Händen weggegangen. Du warst enttäuscht: Zu teuer! Und jetzt liest du diese Zeilen, deine vergeblichen Einkaufsversuche führst du dir vor Augen und gestehst dir ein: Darauf habe ich gewartet. Endlich! Das Warten hat sich gelohnt! Morgen sprinte ich los und bin um kurz vor Acht da. Ich werde dieses Teil ergattern unter dem Einsatz all meiner Kräfte. Das Objekt deiner Begierde ist wertvoll. Du bekommst es für wenig Geld, es ist fast geschenkt. Du zahlst es aus deiner Portokasse. Es steigert dein Selbstwertgefühl. Es bringt dich dem Himmel ein Stück näher.“
Die Botschaft lautet: „Ich habe was, was du nicht hast aber gerne hättest. Du hast schon lange darauf gewartet, nicht wahr? Du bist dafür in vielen Geschäften gewesen oder hast im Internet danach recherchiert. Du bist aber mit leeren Händen weggegangen. Du warst enttäuscht: Zu teuer! Und jetzt liest du diese Zeilen, deine vergeblichen Einkaufsversuche führst du dir vor Augen und gestehst dir ein: Darauf habe ich gewartet. Endlich! Das Warten hat sich gelohnt! Morgen sprinte ich los und bin um kurz vor Acht da. Ich werde dieses Teil ergattern unter dem Einsatz all meiner Kräfte. Das Objekt deiner Begierde ist wertvoll. Du bekommst es für wenig Geld, es ist fast geschenkt. Du zahlst es aus deiner Portokasse. Es steigert dein Selbstwertgefühl. Es bringt dich dem Himmel ein Stück näher.“
Zugegeben, die Predigt am Sonntag in der Kirche kostet noch
weniger Geld, aber da musst du dich auch nicht wundern über den mangelnden
Nährwert. Eigentlich sollten wir mit dem Ritual aufhören, Prospekte aus fremden
Briefkästen zu stehlen. Aber es bereitet ein unglaubliches Vergnügen. Und jetzt
kommt die Frage: War das jetzt nur eine Glosse oder wirklich ernst gemeint?
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