Wenn
ich kleine Kinder sehe verstecke ich mich. Ich verberge das Gesicht in
meine Hände und schaue kurz zwischen meine Finger hindurch und ganz
schnell wieder weg. Ich spiele mit dem Kind verstecken. Kinder mögen das
sehr und fangen an zu lachen. Sie haben Vergnügen am Verstecken und
wiederentdecken. "Kuckuck, wo bin ich?" könnte das Spiel heißen.
Als
Erwachsener suchst du die Aufmerksamkeit des Kindes. Du hoffst, dass du
das Kind in deinen Bann ziehen kannst. Du wünschst dir vielleicht, dass
du es sogar schaffst, ein Kind vom Quengeln oder von Tränen abzulenken.
Das
erinnert mich an Runden unter Erwachsenen, wo mir das nicht gelingt.
Ich komme nicht dazwischen. Immer reden andere! Sobald ich ansetzen
möchte buhlt wenigstens einer um das nächste Wort. Manchmal gehe ich
hinein in den Kampf und denke: "Jetzt bin ich aber dran!" Oft ist jemand
anders schneller als ich. Irgendwann gebe ich auf! Die Themen haben
gewechselt. Meine Lust ist verschwunden und mein Selbstvertrauen sinkt
gleich mit. Dann denke ich daran, dass ich bei einem kleinen Kind nichts
sagen muss. Hände vor das Gesicht. Ein wenig zwischen den Fingern
hindurchschauen. Die Hände fallen lassen. Lachen und wieder verstecken.
Ich muss nichts sagen. Nicht kämpfen. Und wenn das Kind schon sprechen
kann wird es vielleicht sagen: "Noch einmal! Noch einmal!"
Ich
stelle mir vor, in einer Runde von Erwachsenen zu sitzen. Wir sprechen
über ein Thema und plötzlich wachen alle auf. Da sitzt jemand, der hat
auch etwas zu sagen. Wir müssen nur einen Moment innehalten und
schweigen. Uns gegenseitig anschauen und durch ein kurzes Nicken
ermutigen. "Kuckuck, da bin ich!" Ich glaube nicht, dass die Erwachsenen
in einem Gespräch immer wissen, wo sie sind! So viele kluge Worte! So
weit weg vom Leben! Manchmal so unwichtig! Aber zugleich sooo wichtig!
Dann
wechsle ich die Perspektive. Ich bin das Kind. Da macht ein Erwachsener
einen Spaß mit mir. Versteckt sich hinter seinen Händen. Blinzelt durch
eine Fingerritze. Lächelt mir zu! Grinst mich an! "Kuckuck, wo bin
ich?" Hinter den Fingern? Oder mit dem Herzen ganz nah bei mir!
www.matthias-koenning.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen