Heute und in den kommenden Tagen geht es um Sätze aus der
tiefsten Seele. Sätze aus dem Abgrund verbunden mit dem Wunsch. Wie komme ich
da jetzt raus? Wenn aus quälenden Gedanken wieder quellende und pulsierende Lebensimpulse
werden, kann das zu einer österlichen Erfahrung werden.
„Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich völlig anders
entschieden. Ich bin von völlig anderen Tatsachen ausgegangen.“ „Wenn ich das
gewusst hätte, hätte ich nie das Haus gekauft. Jetzt hocke ich da mit den
Schulden, die ich nicht mehr bezahlen kann.“ „Wenn ich das gewusst hätte, dass
du ein so depressiv veranlagter Mensch bist, hätte ich mit dir nie eine
Beziehung aufgenommen.“ „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nie auf die Welt
gekommen. Da ist so viel Unfrieden und Zerstörung. Mehr als ich ertragen kann.“
So viel „Wenn ich das gewusst hätte...“ Gehörst du auch zu
den Menschen, die möglichst viel wissen möchten, damit sie eine Entscheidung
treffen können? Das hat ja auch eine gewisse Logik. Wenn ich viel über etwas
weiß, kann ich auch eine gute Entscheidung treffen. Ich kann abwägen und die
beste aller Möglichkeiten herausfinden.
Wenn du so denkst, dann bist du doch ein sehr
verantwortungsvoller Mensch. Dir kann man wirklich vertrauen. Du triffst keine
Entscheidungen ins Blaue hinein. Einfach so aus dem Bauch! Du überlegst
gründlich. Du beherzigst die Worte deiner Eltern und Lehrer die dir einmal
sagten: „Denk doch mal nach!“
Vielleicht hast du darum auch Angst vor einer Fehlentscheidung.
Wenn du das gewusst hättest, dann hättest du dich nicht „falsch“ entschieden. Leider
können wir immer nur eine Entscheidung treffen mit dem Wissen zu dem Zeitpunkt,
wo wir uns entscheiden müssen. Wenn du es gewusst hättest, hättest du eine noch
bessere Entscheidung treffen können.
Es kann aber auch passieren, dass du gar keine Entscheidung
triffst. Du wartest und wartest und informierst dich hier und dort. Du denkst,
dass du bestimmt was übersehen hast und dass irgendjemand noch mehr weiß. Dann
geschieht es, dass du auf einmal zu spät bist. Die Zeit ist abgelaufen. Die
Geschichte hat sich ohne dich weiterentwickelt. Ein anderer Interessent hat die
Ferienwohnung gemietet auf die du spekuliert hast. Dir fehlten noch ein paar
ganz wichtige „Details“. Dinge, die
nicht in der Internetbeschreibung waren wie: Wo gibt es den nächsten Bäcker?
Wann gibt es die stärkste Sonneneinstrahlung auf der Terrasse? Wie stark ist
der Strahl, der aus der Dusche kommt? Wenn du gewusst hättest, dass jemand
anders sich auch für die Wohnung interessiert, hättest du schneller
zugegriffen.
„Wenn du das gewusst hättest“ kann auch ein Ausdruck deiner
Angst sein. Die Angst überhaupt vor Entscheidungen. Deine Überzeugung, dass du
nichts falsch machen darfst. Deine Sorge, von anderen dafür kritisiert zu
werden. Die Stimme deines inneren Kritikers der da sagt: „Mach bloß nichts
unüberlegt!“ – „Nachher wirst du es bitter bereuen!“
Die österliche Umwandlung aus meiner Sicht könnte heißen: „Du
bist begrenzt. Du wirst nie alles wissen. Du wirst nie wirklich genug wissen
und du kannst dich auch entscheiden mit einem begrenzten Wissen. Du kannst
viele Dinge im Laufe des Weges noch korrigieren. Und vielleicht entsteht aus
dem scheinbar Negativen auch etwas Positives. Das Leben hält noch
Überraschungen für dich bereit und du kannst üben nur so ungefähr perfekt zu
sein.“ Der dazugehörige Umkehrsatz heißt: „Das, was ich weiß wird ausreichen
für meine Entscheidung. Und zugleich vertraue ich auf meinen Bauch, der mehr
und anders „weiß“ als mein Kopf.“
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