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Freitag, 19. April 2019

Wenn ich das gewusst hätte...



Heute und in den kommenden Tagen geht es um Sätze aus der tiefsten Seele. Sätze aus dem Abgrund verbunden mit dem Wunsch. Wie komme ich da jetzt raus? Wenn aus quälenden Gedanken wieder quellende und pulsierende Lebensimpulse werden, kann das zu einer österlichen Erfahrung werden.
 
„Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich völlig anders entschieden. Ich bin von völlig anderen Tatsachen ausgegangen.“ „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nie das Haus gekauft. Jetzt hocke ich da mit den Schulden, die ich nicht mehr bezahlen kann.“ „Wenn ich das gewusst hätte, dass du ein so depressiv veranlagter Mensch bist, hätte ich mit dir nie eine Beziehung aufgenommen.“ „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nie auf die Welt gekommen. Da ist so viel Unfrieden und Zerstörung. Mehr als ich ertragen kann.“
So viel „Wenn ich das gewusst hätte...“ Gehörst du auch zu den Menschen, die möglichst viel wissen möchten, damit sie eine Entscheidung treffen können? Das hat ja auch eine gewisse Logik. Wenn ich viel über etwas weiß, kann ich auch eine gute Entscheidung treffen. Ich kann abwägen und die beste aller Möglichkeiten herausfinden.
Wenn du so denkst, dann bist du doch ein sehr verantwortungsvoller Mensch. Dir kann man wirklich vertrauen. Du triffst keine Entscheidungen ins Blaue hinein. Einfach so aus dem Bauch! Du überlegst gründlich. Du beherzigst die Worte deiner Eltern und Lehrer die dir einmal sagten: „Denk doch mal nach!“
Vielleicht hast du darum auch Angst vor einer Fehlentscheidung. Wenn du das gewusst hättest, dann hättest du dich nicht „falsch“ entschieden. Leider können wir immer nur eine Entscheidung treffen mit dem Wissen zu dem Zeitpunkt, wo wir uns entscheiden müssen. Wenn du es gewusst hättest, hättest du eine noch bessere Entscheidung treffen können.
Es kann aber auch passieren, dass du gar keine Entscheidung triffst. Du wartest und wartest und informierst dich hier und dort. Du denkst, dass du bestimmt was übersehen hast und dass irgendjemand noch mehr weiß. Dann geschieht es, dass du auf einmal zu spät bist. Die Zeit ist abgelaufen. Die Geschichte hat sich ohne dich weiterentwickelt. Ein anderer Interessent hat die Ferienwohnung gemietet auf die du spekuliert hast. Dir fehlten noch ein paar ganz wichtige „Details“.  Dinge, die nicht in der Internetbeschreibung waren wie: Wo gibt es den nächsten Bäcker? Wann gibt es die stärkste Sonneneinstrahlung auf der Terrasse? Wie stark ist der Strahl, der aus der Dusche kommt? Wenn du gewusst hättest, dass jemand anders sich auch für die Wohnung interessiert, hättest du schneller zugegriffen.
„Wenn du das gewusst hättest“ kann auch ein Ausdruck deiner Angst sein. Die Angst überhaupt vor Entscheidungen. Deine Überzeugung, dass du nichts falsch machen darfst. Deine Sorge, von anderen dafür kritisiert zu werden. Die Stimme deines inneren Kritikers der da sagt: „Mach bloß nichts unüberlegt!“ – „Nachher wirst du es bitter bereuen!“
Die österliche Umwandlung aus meiner Sicht könnte heißen: „Du bist begrenzt. Du wirst nie alles wissen. Du wirst nie wirklich genug wissen und du kannst dich auch entscheiden mit einem begrenzten Wissen. Du kannst viele Dinge im Laufe des Weges noch korrigieren. Und vielleicht entsteht aus dem scheinbar Negativen auch etwas Positives. Das Leben hält noch Überraschungen für dich bereit und du kannst üben nur so ungefähr perfekt zu sein.“ Der dazugehörige Umkehrsatz heißt: „Das, was ich weiß wird ausreichen für meine Entscheidung. Und zugleich vertraue ich auf meinen Bauch, der mehr und anders „weiß“ als mein Kopf.“ 

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