In Santa Cruz habe ich Bäume fotografiert, die behäkelt waren mit bunten Stoffkleidern. Die Idee finde ich witzig. Aber wie kommen Menschen auf solche Ideen. Ein Baum ist doch schon schön an sich. Vielleicht wäre ich aber achtlos vorbeigegangen. Ich hätte den Baum gar nicht bemerkt im Stadtbild. Jetzt fiel er mir auf wegen der Verkleidung.
Allerdings fiel mir so das Kleid auf und nicht der Baum. Das Kleid hat vom Baum abgelenkt. Ein Baum ist schön, so wie er ist. Er entfaltet sich an seinem Platz ganz individuell und entsprechend seiner Möglichkeiten. Faszinierend.
Wir Menschen tragen ein Kleid. Eine Verkleidung. Zeigen etwas von uns und verdecken etwas. Wenn wir immer so herumlaufen würden wie Bäume, also im "naturbelassenen" Zustand - wie sähe dann unser Leben aus? Immerhin wird in der Bibel erzählt, dass die ersten Menschen nackt waren. Und sich nicht schämten. Erst als sie erwischt wurden mit der Frucht hatten sie plötzlich das Bedürfnis, sich zu verstecken. Auf die Dauer ist es jedoch anstrengend von Busch zu Busch zu hüpfen. Also erschaffe ich mir ein praktisches Gebüsch zum dauerhaften Verbergen angesichts der Scham.
Klar, wir kleiden uns auch aus Schutz vor Kälte, aber im Sommer? Tragen wir immer noch das Erbe der ersten Menschen in uns? Wir spielen verstecken? Wie die kleinen Kinder?
Ich stehe vor diesem Baum in Santa Cruz und denke mir: "Nackt gefällst du mir besser!" Gedanklich ziehe ich meine Kleidung aus und bin mir meiner Nacktheit bewusst. Ich bin so, wie ich bin. Mit allem, was dran ist und mit allem, was fehlt oder zu viel ist. Es ist alles richtig so und fühlt sich gut an! Vielleicht krämpel ich wenigstens die Hemdsärmel hoch! ;-)
www.matthias-koenning.de
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