Heute
hörte ich im Radio eine religiöse Ansprache zum Thema "Unruhe". Da kam
mir der bekannte Satz von Augustinus in den Sinn: "Unruhig ist unser
Herz, bis es ruht in dir."
Ich bin direkt bei der Vorsilbe "Un"
steckengeblieben. Das Grundwort ist "ruhig", die Vorsilbe ist "un". Es
gibt zahlreiche andere Wörter in der deutschen Sprache, die eine
Grundausrichtung haben und durch "un" ergänzt werden. Das Wetter wird
zum "Un-wetter", möglich wird zu "un-möglich".
Statt unruhig
könnte ich auch sagen: "Aufgeregt ist unser Herz, bis es Ruhe findet in
dir." "Aufregung" wäre dann so etwas wie ein Gegensatz von "Ruhe." Das
Wort "Unruhe" nimmt seinen Bezug auf die "Ruhe". "Unruhe" meint also die
Abwesenheit von "Ruhe". Das Ziel ist also, Ruhe zu finden.
Gehen
wir neben dem sprachlichen Aspekt doch einmal der Unruhe nach. Gestern
erhielt ich eine Mail, dass ich heute unbedingt etwas erledigen müsste,
das keinen Aufschub mehr duldet. Da sei irgendwo etwas ganz schlimmes
passiert und nur der oder die könne da jetzt helfen. Ich sei der
Einzige, der zu dieser Person Zugang hätte. Das hat mein Herz ganz schön
in Unruhe versetzt. Diese Art von Unruhe schleicht sich häufig bei mir
ein. Ich kann etwas nicht einschätzen. Da kommt "Un"-bekanntes auf mich
zu. Ich muss unbedingt etwas erledigen. Weder Anfang noch Ende stehen
fest. "Unruhe" hat viel mit "Unsicherheit" und "Unwägbarkeit" zu tun.
Unruhig sind wir, wenn unsere Kinder auf Klassenfahrt gehen. Unruhig
werden wir, wenn unser Arbeitsplatz bedroht wird. Unruhig werden wir,
wenn wir von irgendwelchen Kriegsvorbereitungen hören.
Mit einer
permanenten Unruhe lässt es sich schwer leben. Hin und wieder einmal
führt Unruhe ja zu einer guten Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Auf die
Dauer wird aber immer wieder das Bedürfnis wach: "Endlich zur Ruhe
kommen!" "Keine Aufregung mehr!"
"Endlich" zur Ruhe kommen wir
jedoch erst im Tod. Ab dann kann uns kein irdisches Ereignis mehr
erschüttern. Was interessiert mich im Grab die Welt über mir. Ich kann
eh nicht mehr eingreifen. Alles läuft so ab wie es läuft. Augustinus
verlässt sich darauf, dass die endgültige Ruhe nicht im Sarg unter der
Erde stattfindet sondern in einem göttlichen Du! Da gibt es Sicherheit
und nicht "Unsicherheit". Da gibt es die große Ruhe und nicht "Unruhe".
Ich
möchte gerne Augustinus Gedanken erweitern. Wenn ich jetzt schon weiß,
dass eine Zeit kommen wird, wo ich die endgültige große Ruhe finde, dann
kann ich mich doch hier und jetzt schon darauf einstimmen und
einrichten. Ich hole die große jenseitige Ruhe jetzt in meine Gegenwart.
Das geht nicht? Für mich liegt da das Grundanliegen jeder
Spiritualität. Schon jetzt und mehr und mehr in der göttlichen Gegenwart
zu leben, in seiner lebendigen Ruhe!
www.matthias-koenning.de
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