In einem Buch bleibe ich bei dem Satz hängen: "Ich halte Ausschau nach dir." Ich weiß gar nicht, warum mich der Satz so berührt.
Immer
wieder einmal kommt es vor, dass ich mich verabrede. Vor allem, wenn
der Treffpunkt unüberschaubar oder unvertraut ist und mich verwirrt,
habe ich gerne eine kleine Sicherheit. "Wie finde ich dich?" heißt dann
meine Frage. Natürlich kann ich schauen im Café auf dem Platz zwischen
den vielen Fußgängern wo die Person ist, mit der ich mich treffen will.
Wenn ich aber höre, dass mir jemand sagt: "Ich halte Ausschau nach dir!"
Dann bin ich beruhigt. Ich muss das nicht alleine hinbekommen. Mein
Gegenüber unterstützt mich. Er schaut nicht wahllos in der Gegend herum
und wartet still vor sich hin, liest ein Buch oder schreibt SMS. Da
wirft jemand seine Fäden oder sein Netz aus, so dass ich nicht verloren
gehen kann.
Im Schreiben merke ich, was mich berührt. Ich könnte
meine Verabredung verpassen. Er oder sie ist nicht da und ich bleibe
allein. Ich gehe verloren! Ich bin hilflos! Da springen ganz alte Muster
an aus meiner kindlichen Vergangenheit.
Ich kann mich nicht
erinnern, dass meine Mutter Ausschau nach mir gehalten hat wenn ich
draußen spielte. Andere Mütter sind am Abend auf die Straße gegangen und
haben nach ihren Kindern geschaut und gerufen. "Thomas, komm rein, es
gibt Abendessen!" Meine Mutter hat einfach erwartet, dass wir als gut
erzogene Kinder die Regeln beachten. Wenn wir Kinder das Haus betraten
war unsere Mutter immer beschäftigt mit irgendeiner Arbeit. Etwas war
immer zu tun. Da hielt niemand "Ausschau". Da gab es kein Erwarten oder
Ausdruck von Wiedersehensfreude.
"Ich halte Ausschau nach dir!" Da
werde ich erwartet! Da kümmert sich jemand um mich! Da bin ich für
jemanden wichtig! Ich gehe nicht verloren! Das fühlt sich wirklich gut
an, nicht wahr?
www.matthias-koenning.de
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