Translate

Donnerstag, 5. Februar 2015

Wie man sich doch täuschen kann...?!


Seit meiner Kindheit lebe ich mit der Vorstellung: Ein Eisbär ist weiß! Oder vielleicht cremefarben! Jetzt höre ich im Radio: Die Haut des Eisbären ist tief schwarz. Wenn wir also den Eisbären rasieren würden, dann hätten wir einen tiefschwarzen Bären.
All die Jahre hat der Eisbär mich an der Nase herumgeführt. Er hat mir suggeriert, wie schön weiß er ist und wie er sich der Schneelandschaft anpasst. Filme, Photos, Postkarten, Knut, Zoobesuche: Alle sagen mir: Eisbären sind weiß! Weiß! WEISS!
Meine Augen haben mich getäuscht. Ich kann mir auch keinen schwarzen Eisbären vorstellen. Dann wäre es ja ein Schwarzbär. Es kann nicht sein, oder? Eisbären sind nicht wirklich schwarz. Das ist eine Erfindung! Wie mit der Yuccapalme! Da werden auch Geschichten erzählt, die ich glauben soll. Ich denke da an dieser Geschichte mit der Frau und ihrem Hund im chinesischen Restaurant. Wo die Frau auf den Hund zeigt, dass der auch etwas zu fressen bekommen soll. Und wie der Kellner mit dem Hund in die Küche geht, dann die Frau bedient und als die Frau das Essen bezahlen und den Hund wieder mitnehmen möchte erfährt, dass sie den Hund doch soeben aufgegessen hat. Das war bestimmt auch so eine Yuccapalmengeschichte. Das mit dem Eisbären ist so ähnlich gestrickt.
Nein, ich schau der Tatsache ins Auge! Eigentlich hatte ich mich schon immer gewundert warum das Weiß des Eisbären manchmal so schmutzig auf mich wirkt. Jetzt habe ich endlich eine Erklärung. Mein Unterbewusstsein hat es immer schon gewusst. Unter dem weißen Kleid verbirgt sich ein Geheimnis.
Hast du im Leben schon öfter mal solche Erfahrungen gemacht. Du warst felsenfest von etwas überzeugt. Es kam dir gar nicht anders in den Sinn und plötzlich erzählt dir jemand was vom Pferd, so sagen wir dann ja leichthin: "Erzähl mich doch nichts vom Pferd!" Dir prägen sich feste Bilder und Vorstellungen in deinem Hirn ein und du hältst diese Wahrheit für unumstößlich. Wenn du im Laufe des Lebens viele solcher unumstößlichen Wahrheiten gesammelt hast nennen die Leute das Altersstarrsinn. Egal was kommt, du hältst deine Wirklichkeitskonstruktion fest.
Jetzt stell dir einmal vor, das ganze Leben ist so wie mit dem Eisbären. Du siehst weiß und dahinter verbirgt sich schwarz. Deine Wahrnehmungen sind nur optische Täuschungen. Die Wirklichkeit ist anders. Früher hielten die Menschen die Erde für eine Scheibe und die Sterne waren in unerreichbarere Höhe an eine Decke geklebt.
Wir halten uns heute für aufgeklärt. Aber sind wir das? Was berechtigt uns zu dieser Hoffnung, dass wir anders gestrickt sind als unsere Vorfahren. Welche Geheimnisse verbergen sich hinter dem Sichtbaren? Du kannst davon ausgehen, dass wir mindestens so blind sind wie unsere Vorfahren. Nur die Themen haben sich geändert.
Lieber Eisbär, danke, dass meine Augen heute ein wenig geöffnet wurden und ich verzichte auf den Beweis, dich mit schwarzer Haut zu sehen. Lass es dir gut gehen in deinem weißen dichten Fell mit dem du es gut aushalten kannst in der polaren Luft. Und - einen Teil meines Lebens möchte ich damit verbringen hinter die Dinge zu schauen und meine Wirklichkeitskonstruktionen zu überprüfen.
www.matthias-koenning.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen