Programmierer entwickeln bekanntlich Software. Kann man sich
die Techniken der Software-Entwicklung auch für die innere Entwicklung eines
Menschen zu Nutze machen? Kann man sich selbst wie Software entwickeln?
Es gibt durchaus einige Parallelen zwischen diesen beiden
Arten der Entwicklung. Drei davon möchte ich dir vorstellen:
1. Beteiligte identifizieren
Zu Beginn eines Software-Projekts werden die sogenannten
Stakeholder identifiziert. Das sind verschiedene Gruppen von Menschen, die
irgendein Interesse an dem Projekt haben. Also z.B. die späteren Anwender der
Software, die Support-Abteilung, die Entwickler, das Management...
Eine sehr hilfreiche Frage für die
Persönlichkeitsentwicklung ist: Wer ist daran beteiligt? Friedemann Schulz von
Thun schreibt über ein „inneres Team“ und meint damit die unterschiedlichen
Impulse innerhalb deines Bewusstseins. Besonders deutlich kann man die Existenz
des inneren Teams wahrnehmen, wenn man etwas tut und sich dabei über sich
selbst ärgert. Dann gibt es also mindestens zwei Teammitglieder, die
unterschiedlicher Meinung sind. Einer ist dafür, dass ich das tue (und hat sich
offensichtlich gerade durchgesetzt), einer ist dagegen und macht mir nun ein
schlechtes Gewissen. An so einer inneren Diskussion können aber auch mehr als
zwei Teammitglieder beteiligt sein. Hast du mal darauf geachtet, welche
Meinungen, Impulse oder Tendenzen es in dir regelmäßig gibt? Möglicherweise
gibt es da ja den inneren Schweinehund, das moralische Gewissen und jemanden,
der gerne akzeptiert werden möchte? Nimm dir mal Zeit und schreibe auf, wer
sich da regelmäßig zu Wort meldet. Wer bevölkert dein inneres Team?
Eine weiteres Modell, dass dir beim Finden von Beteiligten
hilft, sind die Lebensrollen oder auch Lebenshüte. Frage dich, welche Rollen du
in deinem Leben aktuell spielst. Bist du Elternteil, Partner in einer
Beziehung, Kind, Freund, Schatzmeister, Chef, Klarinettist? Schreibe auch deine
Rollen mit auf.
Auch sehr wichtige Personen in deinem Leben könnten deine
Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen dürfen, wenn du das erlaubst. Gibt es
Personen, die dir so viel bedeuten, dass du für sie bestimmte
Entwicklungsschritte machen möchtest? Möchtest du zum Beispiel geduldiger mit
deinen Kindern umgehen?
2. Ziele formulieren
Wenn die Interessensgruppen für ein Software-Projekt
feststehen, ist die große Frage: Was wollen die Beteiligten? Welche Interessen
haben die denn am Projekt? Und welche Interessen haben die höchste Priorität?
Aus den Antworten auf diese Fragen werden die sogenannten Anforderungen
formuliert, die beschreiben, welche Kriterien die Software später einmal
erfüllen soll.
Jetzt könntest du daran gehen und dich fragen, welche
Anforderungen die Beteiligten in deinem Leben haben. Welche Anforderungen haben
die Mitglieder deines inneren Teams? Welche Anforderungen entstehen aus den
Rollen, die du spielst? Welche Anforderungen haben deine Liebsten an dich?
Das kann eine ganz schön lange Liste werden. Deshalb frage
dich: Welche dieser Anforderungen möchtest du erfüllen? Welche Wünsche und
Träume hast du? Hast du eine Lebensvision? Worauf möchtest du an deinem 80.
Geburtstag zurückblicken? Was soll auf deiner Beerdigung mal über dich gesagt
werden?
Wenn du die Anforderungen kennst, kennst du deine Ziele und
kannst daraus die nächsten Schritte ableiten, die du auf dem Weg dorthin gehen
kannst.
3. Regelmäßig Rückschau halten und Anpassungen vornehmen
Wenn es mit der Programmierung dann endlich losgehen kann,
wird seit einigen Jahren oft auf einen sogenannten iterativen Prozess
zurückgegriffen. Das bedeutet unter anderem, dass die Entwickler in
regelmäßigen Abständen einen Schritt zurück treten und sich ansehen, wo sie
jetzt stehen. Ist alles gut gelaufen? Gab es Schwierigkeiten? Wollen wir in Zukunft
etwas anders machen? Und: Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Und vor allem:
Ist das Ziel, das wir mal festgelegt haben, immer noch sinnvoll – oder haben
wir vielleicht etwas gelernt, das erfordert, dass wir den Weg oder sogar das
Ziel anpassen?
Diese Fragen sollte man sich auch im Laufe seines Lebens
regelmäßig stellen. Ein guter Moment dafür ist z.B. der Jahreswechsel. Wie war
das letzte Jahr? Bin ich meinen Zielen näher gekommen? Wie ist es gelaufen?
Haben sich meine Ziele verändert? Wie will ich von hier aus weiter machen?
Das ist ja alles ganz schön viel Planerei...
Das liest sich so, stimmt's? Ich denke, wem die strategische
und voll-organisierte Art der Programmierer nicht so liegt, kann diese Ideen
auch spaßiger nutzen: Ich denke da an bunte Mindmaps oder Collagen von den
„Stimmen in meinem Kopf“, an Steckbriefen von meinen Lebensrollen, an
unverblümte Anforderungssätze, an eine bewegende Grabrede und an eine epische
Formulierung und Gestaltung deiner Herzensziele. Worauf wartest du?
Autorin: Friederike Löwe ist
Software-Entwicklerin und schreibt auf happyhacker.de
darüber, wie du dein Leben in die Hand nehmen kannst, um etwas Großartiges
daraus zu machen.
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