Der folgende Text entstand im Rahmen unseres Kirchenkabaretts! Mein Beitrag für die karnevalistischen Tage!
Ich bin ein Sorgenmensch. Das
sieht man mir zwar nicht an, aber es ist wirklich so.
Ich bin ein richtiger
Sorgenmensch. Ich habe zwar keine großen Sorgen, ich habe ja Arbeit und ein
Dach über dem Kopf, also keine großen Sorgen; aber manchmal hätte ich
lieber große Sorgen, dann hätte ich die vielen kleinen Sorgen nicht. Die würden
halt durch die großen überlagert.
Ich mache mir fürchterlich
viele Sorgen, z.B. ob die Butter in der Butterdose am nächsten Morgen noch
reicht oder ob ich ein anderes Stück bereitlegen soll;
und wenn ich es bereit legen
würde hätte ich Sorge, dass es bis zum Morgen vielleicht ranzig werden könnte. Bei kaltem Wetter entfällt
diese Sorge, aber bei heißem Wetter wäre sie da, unausweichlich. Bei kaltem Wetter gäbe es da
noch die andere Sorge: ist die Butter noch zu hart? Lässt sie sich noch
streichen? Ist sie zu hart – wie früh
muss ich sie ins Wohnzimmer stellen, damit sie streichfähig wird. Da ist nur noch die Sorge –
eine zu weiche Butter mag ich nicht; sie sollte eher kühl sein; so ein Hauch von Kühle und
Frische. Diese Sorge kann mich die
ganze Nacht beschäftigen.
Wenn es nur die eine Sorge um
die Butter wäre, würde es mir ja noch ganz gut gehen.
Aber da ist auch noch der
Kaffee. Wie viel Pulver genau tue ich in den Filter?
Was ist, wenn ich das Maß
nicht treffe? Koche ich neuen oder trinke ich eher das Schlabberwasser? Wenn
ich die Plörre trinke, wie gehe ich dann in den Tag hinein?
Wer muss dann alles unter
meiner schlechten Laune leiden? So wird aus einem halben
Gramm Kaffee eine riesengroße Sorge.
Oder das mit der Wurst. Ist
noch genug Wurst da? Ist auch ja nicht zu viel
Wurst da?
Die geschnittene Wurst sieht
so schnell unappetitlich aus. Sage ich der Haushälterin,
dass sie weniger Wurst kaufen soll? Was wird sie dann denken? Bin ich denn
keine gute Haushälterin? Ich kaufe doch sonst auch immer richtig ein! Das macht mir dann auch
wieder Sorge; ich könnte sie verärgern. Wenn ich sie verärgere kocht
sie nicht mehr so gut. Vielleicht spuckt sie ja ins
Essen. Und wenn ich glaube, dass sie
ins Essen spuckt, esse ich ihr Essen vielleicht nicht mehr. Ich müsste sie dann
entlassen.
Dann machte ich mir Sorge,
dass sie keine Arbeit mehr findet, ihr Haus nicht abbezahlen kann, sich von
ihrem Mann trennt und in die Obdachlosigkeit landet – nur wegen einer Scheibe
Wurst.
Das sind so meine
Frühstückssorgen, jedenfalls ein Teil davon. Ich mache mir auch Sorgen
beim Treppensteigen. Gehe ich schnell oder
langsam. Gehe ich langsam denken die
anderen: Ach jeh, ist der schon alt! Gehe ich schnell, habe ich
Sorgen, dass ich zu sehr außer Atem gerate. Dann muss ich schwitzen, ich
erkälte mich, ich bekomme eine Lungenentzündung, ich sterbe und habe noch kein
Testament gemacht.
Also denke ich, bevor ich
eine Treppe hochsteige: Mach zuerst dein Testament.
Dann mache ich mir auch
Sorgen um meine Hände. Benutze ich beim Treppensteigen
mit ihnen das Geländer oder nicht. Rutsche ich daran hoch oder
fasse ich immer wieder neu zu. Wenn ich daran hochrutsche
mache ich mir Sorgen, es könnte Blasen geben. Die Blasen könnten sich
entzünden. Die Entzündung könnte fortschreiten und die Hand müsste amputiert
werden und das, wo ich noch nicht einmal ein Testament geschrieben habe. Oder soll ich lieber immer
wieder loslassen und zugreifen.
Dann mache ich mir Sorgen,
ich könnte beim Loslassen die Treppe herunterfallen. Oder meine Hände leiden
unter möglichen Abnutzungserscheinungen. Vorzeitiges Altern, oder
Rheuma oder die Gicht. Gott sei Dank steige ich die
Treppe immer erst nach dem Frühstück hoch. So kann ich die Sorgen sinnvoll
aufteilen.
Ich habe aber auch berufliche
Sorgen. Ich habe viele Sorgen um den
Messwein.
Zunächst einmal habe ich
Sorge, wie viel Wein die Küsterin in das Kännchen schüttet.
Ist es zu wenig, ist es zu
viel? Ist es zu viel – was macht sie dann mit dem Rest?
Schüttet sie ihn weg, oder
zurück in die Flasche? Verträgt das dann der Wein?
Die Weinkenner sagen, es
schadet! Oder kippt sie es in den Ausguss?
Dann mache ich mir Sorgen um
den vielen Wein, der im Laufe der Jahre im Ausguss landet. Vielleicht kann man
sich ja eines Tages dafür ein Haus kaufen.
Viel mehr Sorgen mache ich
mir jedoch beim Einschütten in den Kelch.
Nehme ich viel oder nehme ich
wenig. Ich nehme am liebsten nur
einen Schluck, keinen zu großen und keinen zu kleinen; nehme ich einen zu
großen Schluck habe ich Sorgen, dass ich mich verschlucke; das wäre mir schrecklich
peinlich. Ich müsste husten, ich könnte nicht mehr sprechen, ich könnte sogar
die Stimme verlieren und müsste meinen Beruf aufgeben und Handwerker werden, wo
ich doch zwei linke Hände habe. Nehme ich wenig, dann habe
ich die Sorge, es könnte nicht zu einem richtigen Schluck reichen. Ich hätte
dann gar nicht das Gefühl, getrunken zu haben. Und wenn ich nicht getrunken
habe, hätte ich die Angst zu verdursten. Das geht dann ziemlich schnell. Ich
würde verdursten und hätte noch kein Testament gemacht.
Also etwas weniger als ein
halbes Schnapsglas voll; ein angenehmer Schluck.
Doch wie kann ich erkennen,
wann es zu viel wird. Manchmal denke ich, ich
könnte im Kelch eine Markierung einritzen; dann wüsste ich genau wie
viel?
Aber ich traue mich nicht; würde
ich es tun, dann hätte ich Sorgen es kämen Metallpartikel in den Wein und ich
bekäme eine Metallvergiftung. Daran sind schon viele gestorben.
Ich mach mir aber auch Sorgen
um den Tropfen Wasser, der in den Wein kommt.
Ab wann ist ein Tropfen ein
Tropfen? Wenn der Tropfen zu groß ist – ist das dann nicht schon ein kleiner
Schluck? Im Messbuch steht aber nichts
von einem Schluck Wasser, der in den Wein kommt.
Im Laufe der Jahre habe ich
den Eindruck, ich kriege das irgendwie schon hin.
Wenn da nicht die Sorgen
wären um die großen Messdiener und die Kommunionhelfer.
Alle haben einen
unterschiedlichen Schluck. Die vorherige Berechnung für
den Kelch macht mir große Sorgen: Wie viele werden daraus
trinken, wie viel trinkt jeder einzelne.
Die männlichen Messdiener und
die Kommunionhelfer nehmen eher einen großen Schluck. Die weiblichen
Messdienerinnen und Kommunionhelferinnen nippen eher.
Aber nicht alle weiblichen
Wesen nippen und nicht alle männlichen Wesen nehmen einen großen Schluck. Nehme ich dann lieber ein
durchschnittliches Mittel? Aber ist es eher ein kleines
oder ein großes durchschnittliches Mittel? Das muss ich alles in dem
einen Augenblick entscheiden, wo das Messweinkännchen kommt.
Dazu kommt noch die Sorge, ob
der Messdiener mit seiner langen Kutte auch oben heil ankommt; ob dann, wenn er fällt noch
genügend Wein da ist. Da ist auch die Sorge, ob die
Übergabe klappt. Lässt der Messdiener bei mir
angekommen das Kännchen fallen oder lasse ich es fallen, bevor ich
eingeschüttet habe.
Ich mache mir auch noch
Sorgen um die Fliegen, die in den Kelch fallen könnten;
wie viel trinken sie davon,
bevor sie ertrinken. Wie groß muss mein Schluck
sein, damit ich die Fliege mitschlucken kann. Verschlucke ich mich dann
oder, was viel schlimmer ist; ist an der
Fliege etwas Giftiges – eine Bazille von einem anderen Kirchenbesucher? Ich bekomme eine Grippe oder
Speiseröhrenkrebs. Ich könnte daran sterben und dabei habe ich immer noch kein
Testament gemacht.
Jetzt habe ich Gott sei Dank
eine Lösung gefunden: im Internet – ein Angebot aus Amerika. Dort gibt es die
Kommunion in hygienisch abgepackten Einzelportionen, 60 Stück an der Zahl; auch noch romantisch verpackt: "Rememberence,
Individual Communion Wafer and Juices Sets – combination in a two-part
container."
Vielleicht denken Sie jetzt,
ich bin wohl völlig übergeschnappt. Wenn Sie das denken, macht mir das wieder
neue Sorgen; darum habe ich Ihnen das Sorglospaket aus Amerika mitgebracht.
Nicht für jeden, das wäre auch übertrieben, jetzt kümmere ich mich um die
übrigen Sorgen. Ihnen wünsche ich ein sorgenfreies Leben.
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