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Montag, 12. Januar 2015

Am Anfang, Teil 4: Wehret den Anfängen!


Dieser Spruch, so lese ich, geht auf Ovid zurück. Er schreibt dabei über die unglückliche Liebe und empfiehlt mit einem ironischen Ton, sich nicht zu sehr zu verlieben, weil der Weg daraus so schwer ist. "Wehre den Anfängen, Principiis obsta." Verlieb dich gar nicht erst, dann bekommst du auch kein Problem.
Heute denken wir bei diesem Vers eher an all die Anfangssituationen, die in eine soziale oder menschliche Katastrophe führen könnten. Wir erleben Neonazis und sind schon zu Beginn hellwach. Wir beobachten das Aufkeimen von Fremdenfeindlichkeit und machen durch frühzeitige Demonstrationen deutlich, dass es jederzeit eskalieren könnte.
"Wehret den Anfängen!" So wertvoll diese Einstellung ist, so gefährlich kann sie zugleich sein. Ich stelle mir eine Schulklasse vor, in der zwei Kinder miteinander streiten. Die Lehrerin kommt und greift ein. Sie spricht mit der Klasse und verschärft die Klassenregeln. Sie entwickelt ein "Frühwarnsystem" und geht mit den zwei Kindern zur Rektorin. Auch die Eltern werden informiert und ein Elternabend wird angesetzt. In der Klasse werden Plakate aufgehängt mit Sprüchen wie: "Frieden schaffen" "Kein Streit mehr, nie wieder!" Das wäre doch bestimmt überzogen. Die Lehrerin könnte aber sagen: "Wehret den Anfängen!" "Was ein kleiner Streit ist, kann schnell blutig enden!"

Ich glaube, es geht immer darum, das rechte Maß zu finden. Und wiederum: Der Anfang benötigt ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Manchmal gewinne ich eine neue Erkenntnis, nachdem ich eine Wegstrecke gegangen bin. Irgendwie funktioniert mein Weg nicht. Er führte in eine Sackgasse. "Da war von Anfang an der Wurm drin." Das bringt mich auf eine wichtige Spur. Wenn ich einen Anfang sehe, dann achte ich auf die Würmer, die sich versteckt halten. Ein komisches Gefühl in der Magengegend! Ein leichter Kopfschmerz! Ein nicht lokalisierbares Unbehagen! Es wäre aber schade, gleich den ganzen Apfel, die ganze Idee über Bord zu werfen. "Wehret den Anfängen?!" Lieber noch einmal genauer hinschauen und nachfragen!
www.matthias-koenning.de

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