Im Advent möchte ich mit dir meine Aufmerksamkeit richten auf das Ziel
in Bethelehem. Ich möchte dem Kind begegnen und wahrnehmen, was dann
geschieht. Die Hinweise dafür geben die "Kinder" auf der Straße, das
"Kind" in dir, das "Kind" in mir und "Kinderweisheiten" von Menschen in
der ganzen Welt.
Die Frage finde ich spannend: Wie denkt Gott über uns? Macht er einen Unterschied wenn er einen Erwachsenen sieht oder ein Kind? Michael Quoist glaubt, dass Kinder noch ein ungetrübtes Bild von Gott haben.
Ich stelle mir vor, dass ich vor einem Spiegel stehe und das Glas ist getrübt. Ich kann mich nur noch so ungefähr erkennen. Je trüber das Glas, desto weniger wird von mir sichtbar. Die Augen verschwinden, der Blickkontakt geht verloren und irgendwann gibt es nur noch Schemen, die alles und nichts sein können. Irgendwann stehst du vor deinem trüben Spiegel und in dir taucht die Idee auf, dass du gar nicht existierst, denn du siehst dich ja nicht mehr.
Als Kinder hatten wir alle sozusagen einen direkten Draht zu Gott. Vielleicht war es nicht einmal ein Bild, sondern eher ein Lebensgefühl. Das ließ sich nicht sprachlich ausdrücken sondern eher umschreiben. Es fühlte sich sicher an, großartig, voll, geborgen, wie eine Kuscheldecke und wie die Sonne; vielleicht wie ein überraschend auftauchender Regenbogen oder wie Hineinbeißen in ein frisches Marmeladenbrot. Du kanntest das Wort "Gott" nicht, aber du wusstest genau, worum es ging.
Dann kamen die Erwachsenen und erzählten etwas von einem Wesen, das sie auch "Gott" nannten. Es war ein für dich unbekannter Gott. Sie erzählten von einem Wesen, das alles sieht und auch überall genau hinschaut. Dieses Wesen freut sich, wenn du gut bist und ist traurig, wenn du böse bist. Dieses Wesen mag nicht, wenn du nascht oder dich zankst. Und dieses Wesen fordert ein, dass du es regelmäßig in einem großen Haus besuchst. Dort versteckt es sich dann und die Erwachsenen behaupten einfach, es sei doch da. Du findest dieses Wesen der Erwachsenen seltsam, aber mit großer Ernsthaftigkeit machen sie dir klar, dass dein Leben davon abhängt, sich damit gut zu stellen und nichts falsch zu machen.
Dann merkst du, wie nach und nach deine erste Liebe zu dem "Gott ohne Namen" verlorengeht. Er verschwindet unbemerkt wie das trübe Glas in deinem Spiegel und wird ersetzt durch einen "Gott mit Namen", der aber nicht mehr dem Lebensgefühl entspricht, was du einmal hattest.
Und dann? Du wirst erwachsen und irgendwann sagst du dir: Das kann nicht sein, was die Erwachsenen da so behaupten. Du schüttelst dich und entfernst dich mehr und mehr von dem trüb gewordenen Spiegelbild. Und dann fängt deine Lebensreise erst so richtig an. Du denkst nach, ob etwas von dem, was die Erwachsenen sagten, stimmt. Du erinnerst dich an den "Gott ohne Namen" und machst dich vielleicht auf die Suche. Du machst aber vielleicht auch Pause weil du zu verwirrt oder ärgerlich bist.
Michael Quoist meint, dass Gott die Kinder liebt, weil das Bild noch ungetrübt ist. Es geht um den Fluss der Liebe. Die Liebe kann nur fließen, wenn es ein Gefühl von Verbundenheit gibt. Enttäuschungen und Irritationen führen zur Trennung.
Weihnachten ist von daher ein tolles Angebot. Geh zurück zu den Wurzeln, zurück zum Kontakt mit dem Kind, zurück zum ersten Fließen der Liebe. Es ist nur ein Angebot und eine Einladung. Einfach mal schauen was geschieht, wenn du zugleich ein Erwachsener bist und ein Kind.
Mein Impuls für heute: Erinnerst du dich an deinen "Gott ohne Namen"? Welches Lebensgefühl hat er in dir geweckt? Und welche Vorstellungen haben dir dann die Erwachsenen gegeben? Wo bist du jetzt bei deiner Suche?
www.matthias-koenning.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen