Ein
junger Mann in der Fußgängerzone sprach mich an: "Kannst du mir mal
einen Euro leihen?" Das ist doch eine schöne Umschreibung dessen, was er
eigentlich wollte. Früher hieß es: "Haste mal ne Mark für mich?" Da war
klar, dass es um das Verschenken ging. Der junge Mann wollte einen Euro
geschenkt haben und nicht geliehen.
Wenn ich mir etwas ausleihe,
dann gebe ich damit zugleich das Versprechen ab, dass ich das Geliehene
zurückgebe. Ich mache deutlich, dass der Besitzer immer noch der
Besitzer bleibt. Ich verleihe dir mein Auto. Damit stelle ich es dir für
eine Zeit zur Verfügung und dann gibst du es mir zurück. Ich bleibe
immer der Besitzer des Autos. Wenn ich Geld verleihe, dann bleibe ich
auch der Besitzer des Geldes. "Kannst du mir einen Euro leihen?" Das
verhindert, dass der junge Mann zum Bettler wird. Er bleibt in seiner
Größe und macht deutlich, dass mein Geld auch mein Geld bleiben wird. Er
wird es auf der einen Seite ausgeben und auf der anderen Seite bleibt
mein Geld mein Geld. Nur die Wahrscheinlichkeit des Wiederbekommnens
geht gegen null. Wenn der Mann mich gefragt hätte, ob ich ihm einen Euro
schenke, dann hätte ich ihm eher das Geld gegeben. Dann hätte ich es
einfach hergegeben und auch innerlich losgelassen. Wenn ich den Euro
verleihe, dann muss ich ja darauf bestehen, dass er mir den auch
zurückgibt. Das gehört zum "Leihen" einfach dazu!
Ich warte
übrigens immer noch auf so manchen Euro von so manchem Menschen. Ich
sollte die Leihgabe in ein Geschenk umwandeln, dann muss ich nicht mehr
auf die Rückgabe warten. Und das geht ganz schnell. Solltest du bei mir
etwas geliehen haben, dann schenke ich es dir. Und zwar jetzt!
www.matthias-koenning.de
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