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Freitag, 3. November 2023

Wie kannst du bestehen im Strom des Wandels?


Im Schaufenster eines Geschäftes sehe ich das Bild einer Schildkröte mit der Umschrift: "Im Strom des Wandels."
Mir kommt es so vor, dass ich in einem Strom schwimme und das Tempo wird ständig schneller. Als Kind lebte ich an einer Bundesstraße, wo ab und zu Autos herfuhren. Alles überschaubar. Wir winkten noch den Menschen im Zug nach, der langsam an unserer Siedlung vorbeifuhr. Auch da wandelte sich ständig etwas. In meiner Familie haben wir lange auf das Tastentelefon gewartet und fanden den Umstieg spannend. Dann wurde die Bundesstraße verlegt und wir wohnten auf einmal in einem reinen Wohngebiet ohne Schnellstraßenanschluss. Unser Dorf bekam ein Schwimmbad.
Mir kam es immer so vor, dass genug Zeit blieb, den Wandel zu bedenken und zu bearbeiten und zu verarbeiten. Die Seele kam nach. Wir konnten in der Familie und im Dorf die Veränderungen besprechen und waren anschließend sicher, dass das Leben immer noch sicher ist.

Wie auf dem Bild im Schaufenster erlebe ich mich in meiner seelischen Verfasstheit eher wie eine Schildkröte. Ich brauche meine Zeit. Das geht nicht alles so schnell. Und jetzt lebe ich als Schildkröte in einer Zeit, die sich ständig beschleunigt. Kaum habe ich ein Computerprogramm verstanden und kann es anwenden, ist es schon von vorgestern und ich muss ein neues lernen. Ständig neue Informationen strömen ungefiltert in mein Gehirn ein. Eine Flut von Mails, ein hohes Tempo bei den Filmen und in Gesprächen fordern meine Schneckenseele heraus. Werde ich zu alt für diese Welt?Empfinden das junge Menschen genauso wie ich?

Ich bin eine Schnecke im Strom des Wandels. Wie kann das gut gehen? Ich werde mir der Qualität meines Schneckendaseins bewusst. Hinter dem Tempo des Wandels bleiben die Grundbedürfnisse bei uns Menschen bestehen. Egal wie schnell und wie viel Wandel auch immer - ich habe ein Bedürfnis nach Freude, nach Sicherheit, nach Verbindung, nach Anerkennung... Ich lasse mich von der Unruhe des Tempos nicht anstecken und lerne, gut bei mir zu bleiben und mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Das gelingt mir nicht immer. Aber wenn es mir bewusst wird, lehne ich mich entspannt zurück und betrachte den Wandel von außen. Wie schön, dass ich hier sitzen und schauen darf. Soll sich die Welt doch abhetzen. Ich steige wieder ein, wenn es für mich Sinn macht!
www.matthias-koenning.de


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