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Dienstag, 17. Juli 2018

Die zweite Freiheit nach Virginia Satir: Ich spreche aus, was ich wirklich fühle und denke!


Die zweite Freiheit: Die Freiheit das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke, und nicht das, was von mir erwartet wird.

Was wird von dir erwartet? Von einer Mutter wird erwartet dass sie empört ist, wenn das eigene Kind ungerecht behandelt wird. Von einem Kind wird erwartet, dass es auf  seine Eltern hört.
Was wird von dir in einer Beziehung erwartet? "Wenn du mich wirklich liebst, dann wüsstest du jetzt wie es mir geht!" "Wenn ich wirklich wichtig für dich wäre, dann würdest du dich heute nicht mit deinen Freunden treffen sondern bei mir bleiben!"
Ich kenne solche Merkwürdigkeiten zur Genüge aus meiner Kindheit. Häufig hatte ich so Fragen und
Sätze im Kopf wie: Wie sage ich es meiner Mutter? Wie sage ich es, wenn mir etwas kaputt gegangen ist? Mir ist einmal eine kostbare Tasse auf den Boden gefallen und sie ging dabei kaputt. Eigentlich war mir diese Tasse egal. Eine Tasse ist eine Tasse. Mir war nicht egal, dass meine Mutter vielleicht traurig war, aber die Tasse an sich fand ich nicht wichtig. Also musste ich überlegen wie ich mich denn jetzt gegenüber meiner Mutter verhalte. Was erwartet sie? Sie erwartet bestimmt, dass ich den Kopf senke, mich entschulde, drei Tage mit einem schlechten Gewissen herumlaufe, mich klein mache, mich nie wieder aufrichte usw. In meiner Phantasie malte ich mir aus, wie schlecht es jetzt meiner Mutter geht und was ich alles dazu beigetragen habe dass es ihr jetzt so schlecht geht. Ich war also immer damit beschäftigt, was meine Mutter erwartet, was ich jetzt fühlen müsste.
Ich erinnere mich an so einen Spruch von meinem Vater: "Du müsstest dich schämen!" Aber ich schämte mich nicht. Sich nicht zu schämen war also falsch! Für das, was ich getan hatte, musste ich mich schämen. Scham war das angemessene und richtige Gefühl.
So kann es kommen, dass du ständig mit der Frage beschäftigt bist, wie muss ich denken und fühlen, dass die anderen das als richtig empfinden. Irgendwann kenne ich meine eigenen, unmittelbaren und ursprünglichen Gefühle gar nicht mehr. Ich fühle und denke, was die anderen meinen, das ich fühlen und denken müsste. So wirst du zu einem Sklaven von fremden Gefühlen und Gedanken.
Ich las einmal von einer Frau, die mit einem ehemaligen Mönch zusammenlebte. Ihr Mann war kaum in der Lage, eigene Bedürfnisse zu äußern. Das mönchische Leben hat ihn bedürfnislos gemacht. Das Leben war bestimmt durch die Klosterregeln und dem Gehorsam gegenüber dem Abt.
Jetzt stell dir vor, dass du eigene Gedanken und eigene Gefühle hast. Es sind deine! Nicht die deiner Eltern, deiner Freunde, deiner Familie oder deines Arbeitgebers. Es sind deine Gefühle! Sie gehören zu dir. Du darfst sie haben, deine Gedanken und deine Gefühle! Niemand kann sie dir absprechen. Niemand hat das Recht, sie zu bewerten. Und wenn, musst das nicht beachten. Du hast die Freiheit das auszusprechen was du wirklich selber fühlst und denkst. Das ist wichtig, damit du spürst, wo du stehst und wer du gerade bist.
Zugegeben! Es ist nicht immer leicht, die eigenen Gefühle auszusprechen. Möglicherweise wirst du dein Gegenüber enttäuschen. Dein Gegenüber hat etwas anderes erwartet. Aber zugleich ist es wichtig, dass dein Gegenüber auf ein wirkliches "Du" trifft und nicht auf eine "Eigenprojektion". Wenn den Gegenüber enttäuscht ist über deine Gedanken und Gefühle gibst du die Möglichkeit, dass dieser sich von seinen "Täuschungen" befreien kann. Du gibst ihm die Gelegenheit, dich wirklich kennenzulernen und wahrzunehmen, was du gerade fühlst und denkst.
Du hast die Freiheit auszusprechen was du denkst und fühlst! Die Freiheit, nicht den Zwang. Es heißt nicht, dass du das tun musst. Dann wäre das ein neuer Zwang. Du kannst es dir einfach mal überlegen ob das für dich eine Möglichkeit sein kann. Hin und wieder experimentierst du uns sprichst aus, was du wirklich denkst und fühlst. Du darfst, aber du musst nicht! Du hast die Freiheit!
www.matthias-koenning.de

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