Ich schaue in den Kühlschrank und finde noch Karotten, Kürbis und Süßkartoffeln. Ich suche im Internet nach einem Rezept mit diesen drei Gemüsezutaten und freue mich. Da ist was für mich dabei und ich muss nicht mehr in den Laden. Beim genaueren Hinsehen jedoch stelle ich fest, dass ich kein Sternanis im Haus habe. Ich hatte mir das doch so schön ausgedacht. Dumm gelaufen!
Ich habe mir den Ablauf des Arbeitstages genau überlegt.
Wann stehe ich auf? Was frühstücke ich? Welchen Weg fahre ich? Was mache ich an
meinem Arbeitsplatz zuerst und was zuletzt? Wenn ich das mache, dann bekomme
ich ein Gefühl von großer Zufriedenheit. Ich weiß genau, dass ich am Abend dort
ankomme, wo ich ankommen möchte. Mein Arbeitsalltag läuft präzise ab wie ein
Navi. Alle Knotenpunkte sind eingegeben und ich habe Sicherheit und Halt. Doch
dann stehe ich an der Abfahrt auf der A1 in Richtung Münster im Stau. Schaffe
ich noch meinen Zeitplan? Mein Adrenalinspiegel steigt. Noch ist alles möglich.
Aber das Zeitfenster schrumpft immer mehr. Ich muss mich vom ersten Teil meines
Planes verabschieden. Der Tagesplan fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ich
hatte mir das doch so schön ausgedacht. Dumm gelaufen!
Ich mache einen Plan und dann läuft es einfach anders. Den
Plan habe ich ja mit einer guten Absicht entwickelt. Ich möchte meine Aufgaben
stressfrei bewältigen. Alles möge im Fluss sein. Ein Plan hilft mir dabei,
meinen Alltag gut zu strukturieren. Wenn ich allerdings näher hinschaue stelle
ich fest, dass meine Pläne nie genau so ablaufen, wie ich sie mir ausgedacht
habe. Der Plan gelingt nie zu hundert Prozent!
Manchmal beobachte ich Menschen, die völlig planlos
sind. Wenn ich das mitbekomme rutsche ich nervös auf meinem Stuhl hin und her.
Das ist doch kostbare Lebenszeit! Man muss doch nur mal eben kurz nachdenken!
Den Verstand einschalten. Sich vorher etwas Sinnvolles überlegen. Auf der
anderen Seite kenne ich Menschen, die planen ihren Urlaub komplett durch. Vom
ersten bis zum letzten Tag. Und andere planen nichts. Sie wachen am ersten
Urlaubstag auf und stellen fest, dass sie nicht zur Arbeit müssen. Und jetzt?
In Gedanken stelle ich mir eine Skala vor von eins bis
zehn. Eins steht für völlige Strukturlosigkeit und zehn für den totalen
Superplan. Wo auf dieser Skala machst du dein Kreuz wenn ich dich frage: „Wann
fühlst du dich wohl? Wie viel an Planung brauchst du, damit es dir mit dir gut
geht?“
Ich finde das sehr hilfreich im Zusammenleben und Arbeiten
mit anderen Menschen. Jeder hat da ein anderes Bedürfnis und eine andere
Mentalität. Der eine liebt den Plan und der andere die Flexibilität. Bloß nicht
festlegen. Stress kommt auf, wenn die Bedürfnisse sehr voneinander abweichen.
Da fährst du mit deiner Familie in den Urlaub. Ein Partner
sagt: „Wir müssen unseren Urlaub planen. Sonst wird es nichts.“ Der andere
Partner sagt: „Unser ganzes Leben ist durchgeplant von früh bis spät. Wenigstens
einmal im Jahr möchte ich keine Pläne machen.“
Dem einen gibt ein Plan Halt und Sicherheit, dem anderen bedeutet das
eine Einschränkung der Freiheit. Wenn uns das bewusst wird und wir darüber
reden können, wird es leichter.
Wenn ich mir einen Plan vom Tag mache, bekommt er
Struktur und es geht mir gut damit. Ich kann überblicken, ob ich meine Arbeit
schaffe und ob mir genug Zeit zur Verfügung steht. Wenn ich genauer hinschaue
stelle ich fest, dass selten ein Plan sich so erfüllt, wie ich es mir vorher ausgedacht
habe.
Und da nehme ich einen Unterschied wahr. Wenn jemand
meinen Plan durcheinanderbringt werde ich für einen kleinen Moment unruhig,
manchmal auch ärgerlich. Aber dann lasse ich los und es ist wieder in Ordnung.
Ich gebe mir die Erlaubnis, mich nicht mehr an meinen Plan zu halten. Ich mache
einfach einen neuen Plan. Beim Fahrplan der Bundesbahn bestehe ich auf
unbedingte Einhaltung. Aber meinen eigenen Plänen gewähre ich einen großzügigen
Freiraum.
Ich kenne Menschen, deren Plan darf ich auf keinen Fall
durcheinanderwerfen. Bei der geringsten Abweichung versinken sie in eine Art
Ohnmacht oder Hilflosigkeit. Oder sie fangen an, kämpferisch um jeden Preis
daran festzuhalten. Ohne Einhalten würde die Welt aus den Fugen geraten.
Wenn ich jetzt eine Schicht tiefer schaue kommt mir ein
weiterer Gedanke. Pläne entwickle ich ja, weil ich damit ein Bedürfnis erfüllen
möchte. Vielleicht mein Bedürfnis nach Sicherheit. Die Programmpunkte des Tages
geben mir die Gewissheit, dass ich am Abend heil ankomme und noch leben werde.
Ich werde mich nicht verlaufen und ich weiß jetzt schon, was am Ende des Tages
auf mich zukommt. Ich weiß, in welches Bett ich mich heute Nacht legen werde.
Meine Phantasie geht dahin, dass ich den Umfang meiner Sicherheit stark
mitgestalten kann. Die Gedankenlogik sagt mir: Je besser mein Plan, desto
sicherer komme ich ans Ziel.
Allein wenn ich diese Zeilen schreibe fange ich an,
innerlich zu grinsen. Welch eine riesige Illusion! Was mache ich mir da nur
vor! Das konstruiert sich alles mein Verstand. Das Leben und die Erfahrung
sprechen eine andere Sprache. Es kommt doch immer irgendetwas dazwischen. Mal
mehr und mal weniger. Soll ich mein Leben abhängig machen von illusorischen
Sicherheitsplänen? Das funktioniert doch nie!
Da möchte der Trump eine Mauer errichten zwischen den
USA und Mexiko. Die Einwanderer könnten ja das eigene Land unkontrolliert
überschwemmen. Als ob da schon Heerscharen von Einwanderern an der Grenze
herumlungern würden.
Da möchten mir die Versicherungen so viele Verträge
verkaufen, dass ich zwar rundum abgesichert bin, aber den Spaß am Leben
verliere. Wenn ich jetzt hundert Euro zur Seite lege gibt der Arbeitgeber etwas
dazu. Das Geld wird so angelegt, dass ich jetzt nur fünfzig Euro real bezahlen
muss. Dann habe ich im Alter vielleicht vierhundert Euro im Monat mehr. Fürsorge
für das Alter? Weiß ich, wie die Welt in zehn Jahren aussehen wird? Weiß ich
was von meinem Leben im nächsten Jahr? Eine Freundin hatte die Idee, dass sie
im Alter nach Tansania auswandern will. Da kommt man mit einer kleinen Rente
gut aus. Ihre Altersvorsorge heißt: Ich lerne afrikanische Sprachen.
Ich plane also, damit ich damit mein Sicherheitsbedürfnis
befriedige. Dahinter steckt ja ein Grundgefühl der Angst. Ich glaube, dass ich
damit mein Angst bewältigen kann. Ich plädiere dafür, sich eher mit dem Thema
Angst zu beschäftigen. Wenn ich mit der Angst im Inneren umgehen kann, bin ich
nicht mehr so abhängig von meinen Pläne. Ich lerne, mehr zu vertrauen. Ich
pflege Kontakte und soziale Beziehungen.
Ein Plan dient dem Menschen. Er ist hilfreich, den Tag
zu koordinieren, sich mit anderen Menschen abzusprechen und für ein gewisses
Maß an Ordnung zu sorgen. Pläne können hilfreich sein und mehr nicht.
Der Plan ist kein Gott, dem ich gehorchen müsste. Der
Plan kann aber schnell zu meinem inneren Gott werden, dem ich unbedingt folgen
muss.
In der Bibel zeigt Gott manchmal seine Irritation über
unser Pläneschmieden. Beim Propheten Jesaja (55,8) heißt es: „Denn meine Gedanken sind nicht eure
Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege.“ Scheinbar hat Gott auch einen
Plan. Einen Masterplan. Viele Geschichten und Begegnungen in der Bibel erzählen
davon, dass Gott „Heilspläne“ entwickelt. Wenn Gott uns liebt und wir ihn
lieben, wenn wir also in einer liebenden Verbindung sind mit allem, was ist –
dann hat sich Gottes Plan verwirklicht.
Und? Hat Gott es schon geschafft? Ich sehe mir die Welt
im Großen und im Kleinen an und denke mir, dass Gott für die Umsetzung noch ein
paar Jahrhunderte brauchen wird. Auch seine Pläne laufen manchmal ins Leere.
Ist Gott darüber verzweifelt? Ich denke nicht. Er richtet sich nach der
Erfüllung eines Planes sondern nach einer Vision.
Wenn der Plan zu eng und lebensfeindlich wird lohnt es
sich, einmal wieder nach der Vision zu fragen. Wovon träumt Gott? Wovon träumst
du? Was möchtest du jetzt, in dieser Phase deines Lebens. Wohin möchtest du
dich entwickeln? Welche wichtigen Erfahrungen möchtest du machen?
Und wenn es mal dabei dumm läuft? Na und? Gibt es
irgendwo ein Zeugnis? Eine Belohnung? Eine Medaille? Eine Anerkennung? „Alles
Misslingen hat seine Gründe, aber alles Gelingen sein Geheimnis.“ (Joachim
Kaiser) Ich kann das Misslingen ergründen oder dem Geheimnis des Gelingens
folgen. Jenseits aller Konstruktionen und Pläne liegt das Geheimnis des Gelingens.
Wenn ich in Übereinstimmung mit mir bin und ein großes Ja in mir trage.
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