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Donnerstag, 12. Mai 2016

Der Abgrund als eine machtvolle Illusion

In einem Tagungshaus stand ich auf einer Glasplatte. Darunter lag ein tiefer Schacht. Ich stand also auf dieser Glasplatte und mein ganzes Körpersystem geriet in Alarm. Es fühlte sich an als würde ich fallen. Tief hinein in den Abgrund.
Dabei war der Schacht aufgefüllt mit einem Kunstwerk aus Holzreifen. Die Platte war stabil und stark und trug locker mein ganzes Gewicht. Meine Augen sahen und konnten einschätzen, dass es nicht so tief war, dass es tödlich ausgehen könnte. Mein Verstand sagte mir, dass ich mich ruhig auf diese Platte verlassen könnte.
Dennoch befand sich mein Körper im Alarmzustand. Mir zitterten die Knie und ich wollte schnell weg. Auf sicherem Boden. Aber ich blieb stehen und ließ es zittern. Ich mutete meinem Körper diesen Zustand einfach zu. Nur widerwillig ließ er sich darauf ein. Er sagte: "Schau wenigstens nicht hin! Das Hinschauen macht es so schrecklich!" Aber ich schaute hin. Ich wollte die Erfahrung machen. Ich wollte dem nachspüren, was ich nicht verstand. Die Gedanken versprachen mir völlige Sicherheit, das Gefühl hatte Angst zu sterben.
Wenn ich über den Tod nachdenke, dann passiert nicht viel. Ich bin einverstanden und füge mich ein im großen Kreislauf des Entstehens und Vergehens. Wenn ich meinen Körper frage, dann sagt der etwas völlig Gegenteiliges. Er möchte bleiben und nicht gehen. Für ihn "fühlt" sich das ja auch sehr bedrohlich an. Er weiß, dass der Tod für ihn das Ende ist. Die Körperzellen lösen sich auf und verändern ihre molekulare Struktur bis hin zur Unkenntlichkeit.
Mein Geist ist unsterblich und ewig. So stehe ich auf dieser Platte und werde konfrontiert mit diesem Widerspruch, der einfach zu mir dazugehört. Darf die Angst sein? Ja! Darf das Vertrauen sein? Ja! Darf der Widerspruch sein? Ja, der auch!
www.matthias-koenning.de

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