Jesus
befindet sich in guter Gesellschaft mit Marius Müller-Westernhagen,
Bushido, Culcha Candela, Betontod und den Toten Hosen. Sie alle und noch
einige Künstler mehr sangen oder sprachen diese Aufforderung aus: „Steh
auf!“
Das sind
energische Worte! „Steh auf!“ Mit Ausrufezeichen! Jesus richtet diese
Worte an den verstorbenen Sohn einer Witwe. Dieser wird gerade auf der
Bahre liegend weggetragen. „Steh auf!“ ruft Jesus in einem eindeutigen
Befehlston. Man stelle sich einmal vor, er würde folgendes sagen:
„Junger Mann, es wäre doch schön für deine traurige Mutter und für alle
anderen Verwandten, wenn du es dir mit dem Sterben noch einmal überlegen
würdest. Die ganze Zukunft liegt noch vor dir! Willst du das alles
wegwerfen? Ist deine Zeit denn wirklich schon gekommen?“ Das wären zwar
sehr einfühlsame Worte gewesen und sicherlich angemessen für einen Toten
und zugleich tröstlich für die Mutter. Hätten solche Worte jedoch
ausgereicht, einen Toten aufzuwecken? Jesus entscheidet sich für die
harte Tour. „Steh auf!“
Die
Band Betontod singt in ihrem Lied: „Ich will Dich nie wieder am Boden
sehen, es ist Zeit aufzustehen und nach vorne zu sehen! Ich will Dich
nie wieder am Boden sehen, steh auf!“ Interessant, dass sowohl
„Betontod“ als auch die „Toten Hosen“ das Wort „Tod“ im Namen tragen.
Musiker mit solchen Namen werden so zu Verkündern des Evangeliums vom
Aufstehen!
„Am Boden liegen – und aufstehen“ – darüber möchte ich gerne noch ein
wenig intensiver nachdenken. Als kleines Kind bin ich mit meinen Eltern
und Geschwistern am Sonntag spazieren gegangen. Mein Vater erzählt mir
heute manchmal, dass ich mich einfach zwischendurch auf die Straße
setzte und nicht wieder aufstand. Alle seine Bitten und Appelle halfen
nichts. Ich blieb da einfach sitzen und die ganze Familie wartete, bis
ich von selbst wieder aufstand. Aus der Perspektive des am Boden
liegenden zeigt sich: Der muss
auch aufstehen wollen. Die Aufforderung muss das Ziel zuerst einmal
erreichen.
Wir Menschen
können nicht früh genug damit beginnen, das wieder Aufstehen einzuüben.
Wir alle haben irgendwann gelernt, das erste Mal auf eigenen Füßen zu
stehen und bewegten uns haltsuchend und wackelig auf den Beinen an den
Objekten im Wohnzimmer entlang. Dann gingen wir freihändig ohne
„Objektschutz“ zwischen Mama und Papa hin und her, strahlten über die
ersten wirklich freien Schritte und … wir fielen! Das Fallen gehört zum
Laufen lernen dazu.
Wenn
der Reiter zum ersten Mal vom Pferd fällt, muss er sofort wieder
aufsteigen, sonst prägt sich die Angst zu sehr ein. Wenn du das erste
Mal fällst, dann bleib lieber nicht zu lange angststarrend liegen. Steh
einfach auf und geh weiter. Ich glaube, da liegt des Pudels Kern. Wir
fallen und es schmerzt. Diesen Schmerz wollen wir nicht noch einmal
ertragen. Das Denken an einen möglichen Schmerz bereitet uns Angst, die
uns wiederum lähmt und vom Aufstehen abhält.
Der Tod ist die extremste Form des Liegenbleibens. Daneben gibt es die
vielen Vorformen der Lähmung. Du hast ein Problem und du findest für
dieses Problem keine Lösung. Es kann sich dabei um ein Berufs- Lebens-
oder Eheproblem drehen. Die Lähmung hindert dich daran, eine Lösung zu
finden. Du glaubst, erst wenn du eine Lösung gefunden hast, kannst du
weitergehen. Aber weil du gelähmt oder innerlich tot bist, findest du
keine Lösung.
Wie kann aus Totem
etwas wieder lebendig werden?
Die Lösung liegt auf einer anderen Ebene. Sitzen oder liegen bleiben
lähmt. Erst wenn du einfach aufstehst, wirklich und einfach dich
körperlich erhebst und ein paar Schritte machst, zeigt sich die Lösung
im Gehen. Der erste Schritt zur Heilung heißt also „aufstehen“. Du
stehst auf ohne zu ahnen, wofür das wohl gut ist.
Das
erinnert mich an die Ostererzählung von den Emmausjüngern. Auch sie
brechen in großer Traurigkeit einfach in Jerusalem auf. Erst im Laufe
des Weges
ereignet sich die Veränderung, die etwas zum Positiven verändert.
Der Impuls von Jesus: „Steh auf!“ ist geprägt von großer Weisheit. Es
geht dabei nicht nur um den Vorgang des Aufstehens, sondern zugleich um
das Aufwecken. „Hallo! Bist du wach? Bist du da? Hörst du mich?
Verstehst du mich? Ich spreche mit dir!“
Ich
habe im Rahmen der Erstkommunionvorbereitung auch einmal ein Lied
geschrieben mit dem Titel: „Steh auf!“ Da heißt es im zweiten Satz: „Und
nimm dein Herz fest in die Hand, steh auf!“ Dass wünsche ich dir, dass
du in deinem Herzen den Ort findest, an dem sich neuer Mut entwickelt.
Sei beherzt!
Da gibt es etwas in dir, dass ich die „Schmerzverhinderungssperre“
nennen möchte. Diese wird abgesichert durch die Angst und die Angst vor
der Angst. Werde dir dieser Angst und dieser „Sperre“ bewusst! Aktiviere
die Energie deines Herzens. Um diese Kraft aktivieren zu können,
brauchst du manchmal mehr als nur einen Weichspülsatz. Komm, fass dir
ein Herz und steh auf!
Jede
Nacht üben wir uns im Schlaf ein in den Umgang mit dem Tod. Im
Aufstehen nach der Überwindung der Angst üben wir uns ein in die
Auferstehung. Wer sagt dir, dass du nach deinem Tod wirklich auferstehen
willst? Vielleicht traust du dem Braten „vom Leben nach dem Tod“ ja gar
nicht. Also noch einmal: „Steh auf!“
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