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Donnerstag, 26. März 2015

Steh auf!

Jesus befindet sich in guter Gesellschaft mit Marius Müller-Westernhagen, Bushido, Culcha Candela, Betontod und den Toten Hosen. Sie alle und noch einige Künstler mehr sangen oder sprachen diese Aufforderung aus: „Steh auf!“ 
Das sind energische Worte! „Steh auf!“ Mit Ausrufezeichen! Jesus richtet diese Worte an den verstorbenen Sohn einer Witwe. Dieser wird gerade auf der Bahre liegend weggetragen. „Steh auf!“ ruft Jesus in einem eindeutigen Befehlston. Man stelle sich einmal vor, er würde folgendes sagen: „Junger Mann, es wäre doch schön für deine traurige Mutter und für alle anderen Verwandten, wenn du es dir mit dem Sterben noch einmal überlegen würdest. Die ganze Zukunft liegt noch vor dir! Willst du das alles wegwerfen? Ist deine Zeit denn wirklich schon gekommen?“ Das wären zwar sehr einfühlsame Worte gewesen und sicherlich angemessen für einen Toten und zugleich tröstlich für die Mutter. Hätten solche Worte jedoch ausgereicht, einen Toten aufzuwecken? Jesus entscheidet sich für die harte Tour. „Steh auf!“ 
Die Band Betontod singt in ihrem Lied: „Ich will Dich nie wieder am Boden sehen, es ist Zeit aufzustehen und nach vorne zu sehen! Ich will Dich nie wieder am Boden sehen, steh auf!“ Interessant, dass sowohl „Betontod“ als auch die „Toten Hosen“ das Wort „Tod“ im Namen tragen. Musiker mit solchen Namen werden so zu Verkündern des Evangeliums vom Aufstehen! „Am Boden liegen – und aufstehen“ – darüber möchte ich gerne noch ein wenig intensiver nachdenken. Als kleines Kind bin ich mit meinen Eltern und Geschwistern am Sonntag spazieren gegangen. Mein Vater erzählt mir heute manchmal, dass ich mich einfach zwischendurch auf die Straße setzte und nicht wieder aufstand. Alle seine Bitten und Appelle halfen nichts. Ich blieb da einfach sitzen und die ganze Familie wartete, bis ich von selbst wieder aufstand. Aus der Perspektive des am Boden liegenden zeigt sich: Der muss auch aufstehen wollen. Die Aufforderung muss das Ziel zuerst einmal erreichen. 
Wir Menschen können nicht früh genug damit beginnen, das wieder Aufstehen einzuüben. Wir alle haben irgendwann gelernt, das erste Mal auf eigenen Füßen zu stehen und bewegten uns haltsuchend und wackelig auf den Beinen an den Objekten im Wohnzimmer entlang. Dann gingen wir freihändig ohne „Objektschutz“ zwischen Mama und Papa hin und her, strahlten über die ersten wirklich freien Schritte und … wir fielen! Das Fallen gehört zum Laufen lernen dazu. 
Wenn der Reiter zum ersten Mal vom Pferd fällt, muss er sofort wieder aufsteigen, sonst prägt sich die Angst zu sehr ein. Wenn du das erste Mal fällst, dann bleib lieber nicht zu lange angststarrend liegen. Steh einfach auf und geh weiter. Ich glaube, da liegt des Pudels Kern. Wir fallen und es schmerzt. Diesen Schmerz wollen wir nicht noch einmal ertragen. Das Denken an einen möglichen Schmerz bereitet uns Angst, die uns wiederum lähmt und vom Aufstehen abhält. Der Tod ist die extremste Form des Liegenbleibens. Daneben gibt es die vielen Vorformen der Lähmung. Du hast ein Problem und du findest für dieses Problem keine Lösung. Es kann sich dabei um ein Berufs- Lebens- oder Eheproblem drehen. Die Lähmung hindert dich daran, eine Lösung zu finden. Du glaubst, erst wenn du eine Lösung gefunden hast, kannst du weitergehen. Aber weil du gelähmt oder innerlich tot bist, findest du keine Lösung.
Wie kann aus Totem etwas wieder lebendig werden? Die Lösung liegt auf einer anderen Ebene. Sitzen oder liegen bleiben lähmt. Erst wenn du einfach aufstehst, wirklich und einfach dich körperlich erhebst und ein paar Schritte machst, zeigt sich die Lösung im Gehen. Der erste Schritt zur Heilung heißt also „aufstehen“. Du stehst auf ohne zu ahnen, wofür das wohl gut ist. 
Das erinnert mich an die Ostererzählung von den Emmausjüngern. Auch sie brechen in großer Traurigkeit einfach in Jerusalem auf. Erst im Laufe des Weges ereignet sich die Veränderung, die etwas zum Positiven verändert. Der Impuls von Jesus: „Steh auf!“ ist geprägt von großer Weisheit. Es geht dabei nicht nur um den Vorgang des Aufstehens, sondern zugleich um das Aufwecken. „Hallo! Bist du wach? Bist du da? Hörst du mich? Verstehst du mich? Ich spreche mit dir!“ 
Ich habe im Rahmen der Erstkommunionvorbereitung auch einmal ein Lied geschrieben mit dem Titel: „Steh auf!“ Da heißt es im zweiten Satz: „Und nimm dein Herz fest in die Hand, steh auf!“ Dass wünsche ich dir, dass du in deinem Herzen den Ort findest, an dem sich neuer Mut entwickelt. Sei beherzt! Da gibt es etwas in dir, dass ich die „Schmerzverhinderungssperre“ nennen möchte. Diese wird abgesichert durch die Angst und die Angst vor der Angst. Werde dir dieser Angst und dieser „Sperre“ bewusst! Aktiviere die Energie deines Herzens. Um diese Kraft aktivieren zu können, brauchst du manchmal mehr als nur einen Weichspülsatz. Komm, fass dir ein Herz und steh auf! 
Jede Nacht üben wir uns im Schlaf ein in den Umgang mit dem Tod. Im Aufstehen nach der Überwindung der Angst üben wir uns ein in die Auferstehung. Wer sagt dir, dass du nach deinem Tod wirklich auferstehen willst? Vielleicht traust du dem Braten „vom Leben nach dem Tod“ ja gar nicht. Also noch einmal: „Steh auf!“ 

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